Tulpen oder Tomaten?!
Mit 4:0 schickte Ajax Amsterdam uns kürzlich nach Hause. Und auch für das morgige Heimspiel sind die Erwartungen ähnlich. Aber es gibt auch kleine Hoffnungsschimmer.
Die Abfuhr in Amsterdam war nicht nur in der Höhe verdient. Die Chancenlosigkeit, die Geschwindigkeit im holländischen Spiel, die Schlampigkeit auf unserer Seite - alles Dinge, die sich vor kurzem ins Gedächtnis eingebrannt haben. Sehnsüchtig schauten viele auf den Spielansatz der Mannschaft aus Amsterdam: "So würde ich den BVB auch gerne mal sehen." Es erinnerte an Vollgasfußball, an mentale und taktische Überlegenheit, daran, wie wir selber mal Amsterdam vor deren Kulisse zerpflückten.
Anlass zur Sorge
Letztes Jahr um diese Zeit herum bewegte der BVB sich in eine Abwärtsspirale, die schließlich mit der Entlassung von Lucien Favre endete. Diese Spirale war vor allem mit einem Namen verknüpft: Erling Haaland. Nachdem der Norweger sich verletzt hatte und mehrere Spiele fehlte, brach das Haaland-zentrierte Spiel der Borussen zusammen. Es fehlte an Toren, an Mentalität, auf einmal an allem. Jetzt fällt Erling Haaland wieder aus, was dem einen oder anderen Fan durchaus Sorgenfalten auf die Stirn schreiben dürfte.
Dann ist da noch unsere Abwehr. Mats Hummels scheint nicht im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein und schleppt immer noch seine gereizte Patellasehne mit sich herum. Pongracic fehlt es noch an Rhythmus und Spielpraxis. Dann werden sich hoffentlich auch bald die katastrophalen Fehlpässe im Spielaufbau erledigt haben. Einzig Akanji hält die "Formfahne" momentan weit nach oben. Trotzdem haben wir in der Bundesliga erst ein Spiel zu Null gespielt - jüngst gegen den 1. FC Köln. Sattelfest ist etwas anderes.
Ajax ist in Topform: Wie wir im Hinspiel bereits schmerzhaft erfahren durften, spielt Ajax Amsterdam aktuell einen sehr ansehnlichen Fußball. Sporting ging bereits unter, PSV Eindhoven (immerhin mit einem Weltmeister) bekam Schläge und wir konnten mit dem starken Pressing und dem schnellen Spiel der Holländer auch nicht mithalten. Wenn Ajax die Form aus dem Hinspiel abrufen kann, wird es kein Zuckerschlecken.
Anlass zur Hoffnung
Mit Gregor Kobel haben wir zu dieser Saison einen starken Rückhalt bekommen. Sowohl gegen Bielefeld als auch gegen Köln hielt der Schlussmann zahlreiche Bälle und verhinderte somit Rückstände und mögliche Punktverluste. Auch in den Spielen davor erwies er sich als sichere Bank - wenn auch selten mit weißer Weste.
Es geht auch ohne Haaland: Inzwischen scheint die Mannschaft zumindest phasenweise einen Ansatz gefunden zu haben, mit dem man Spiele im Griff hat, ohne dass der norwegische Hüne auf dem Platz steht und jeder Ball hoch in des Gegners Hälfte gebolzt wird. Mentalität bringt auch ein Jude Bellingham auf den Rasen und tatsächlich können auch andere Spieler Tore erzielen. Es scheint, als wäre der BVB nicht mehr ganz so abhängig von Haaland, auch wenn trotzdem fehlt.
So richtig sind wir in der Champions League eigentlich selten untergegangen, vor allem nicht in Heimspielen. Vor gar nicht allzu langer Zeit haben wir sogar Atletico Madrid im Westfalenstadion nach allen Regeln der Kunst dominiert, was wir im Auswärtsspiel nicht bestätigen konnten. Vielleicht zeichnet sich mit Ajax Amsterdam ja ein ähnliches Bild: auswärts chancenlos, zu Hause sieht es anders aus.
Und dann sind da noch die Fans
The Unity wird wieder im Stadion sein. Zum ersten Mal in dieser Saison wird man bei einem Heimspiel wieder als Gruppe auftreten. Obwohl es zwischenzeitlich schon wieder organisierten Support gab und es lautstärketechnisch phasenweise sehr ordentlich war, wird eine sangesfreudige Gruppe die Stimmung hoffentlich noch einmal befeuern können.
Auf den weiteren Rängen wird es hingegen eher mau aussehen. Eine Gemengelage aus Hinspielfrust, später Anstoßzeit, fehlenden Dauerkarten, hohen Preisen und einem reinen Mitgliedervorverkauf aus Angst vor einfallenden holländischen Horden sorgt dafür, dass viele Plätze unbesetzt bleiben werden. Amsterdam reist mit ca. 5-6.000 Fans an und wird auf den Rängen vermutlich genauso motiviert sein wie auf dem Platz. Eigentlich die besten Voraussetzungen für ein tolles Champions-League-Spiel.