Saison 1993/94 - Teil 2: Eine Übergangssaison
Gerne erzählt man in Dortmund von der Saison 1992/93 (UEFA-Cup-Endspiel) und der Saison 1994/95 (Deutsche Meisterschaft), aber dazwischen war auch noch eine Saison. Diese Spielzeit zeichnete sich dadurch aus, dass sie ein Übergang zwischen den beiden Highlights war. Erstmals war der BVB kein Außenseiter mehr, sondern Mitfavorit und genauso spielte man gegen sie. So reichte es nach einem schwachen Saisonverlauf doch noch für den vierten Platz und die damit verbundene Qualifikation für den UEFA-Cup. Im besagten Pokalwettbewerb erreichte man das Viertelfinale und verlor dort aber unglücklich.
Hier findet ihr übrigens den ersten Teiil des Saisonrückblicks 1993/94 (Juni bis Dezember 1993).
Am 8. Dezember fand dann das Rückspiel in der 3. Runde des Uefa-Cups statt. Im Westfalenstadion verfolgten 38.000 Zuschauer die Begegnung gegen Bröndby Kopenhagen. Bereits in der 28. erzielte man den einzigen Treffer, diesmal durch Michael Zorc. Die Dänen ließen reichlich Chancen liegen, so dass der Trainer nach dem Spiel sagte: „Ein glücklicher Arbeitssieg“. Drei Tage später musste der BVB nach Freiburg und verlor klar mit 4-1 gegen den SCF. Somit lag man dann in der Winterpause nur auf dem 10. Platz mit 20-20 Punkten und 29-31 Toren. Während die Nationalspieler zu Ihren Länderspielen mussten (Klos zum U21-Länderspiel in Spanien – 1-3 verloren, Klos sah bei den ersten beiden Gegentoren nicht gut aus – Sammer zum Länderspiel in Argentinien – wurde bei der 1-2-Niederlage eingewechselt), durften die restlichen Borussen zu Freundschaftsspielen. Am 15.12. gewann man mit 10-2 bei SuS Rünthe 08 und zwei Tage später gab es einen 5-1-Sieg gegen die Kombination Teutonia bzw. Borussia Lippstadt. Einen Tag später gab es das nächste Länderspiel gegen die USA (3-0-Sieg), wo Sammer erneut eingewechselt wurde und als Ideengeber im Mittelfeld glänzte. Das letzte Länderspiel fand vier Tage später gegen Mexiko statt. Beim 0-0 spielten sowohl Sammer als auch Schulz durch, konnten aber keine Akzente setzen. Einen Tag vorher verkündete der BVB, dass man die auslaufenden Verträge von Steffen Karl und Lothar Sippel nicht verlängern werde.
Das neue Jahr begann am 8. Januar für Manager Michael Meier gleich mit dem Dementieren eines Gerüchtes. Laut italienischen Medien sollte der argentinische Nationalspieler Leonardo Arian Rodriguez einen Vertrag beim BVB unterschrieben haben, weil er bei Atlanta Bergamo nur zweite Wahl war. Zwei Tage später war dann Trainingsbeginn beim BVB und zur allgemeinen Verwunderung stand der 27-jährige Rodriguez nun doch auf dem Platz. Aber das war es erst einmal mit den positiven Nachrichten, denn einen Tag später verletzte sich Gerhard Poschner, als er bei einem Autounfall ein leichtes Schleudertrauma erlitt. Außerdem hatte Michael Schulz Probleme mit dem Sprunggelenk. Drei Tage später meldeten sich Uwe Grauer mit Knie- und Lothar Sippel mit Adduktorenproblemen ab.
Am 17.01.1994 gab es das erste Freundschaftsspiel des BVB im neuen Jahr. Gegen Deportivo Saprissa reichte es nur zu einem 1-1. Auch zwei Tage später gegen Liga Deportiva Alajuela reichte es nur zu einem 0-0. Wiederum zwei Tage später konnte man auch nur ein 1-1 gegen Parana erreichen. Den ersten Sieg im neuen Jahr gab es dann erst gegen die U18-Nationalmannschaft Costa Rica wiederum zwei Tage später. Man gewann mit 2-0. Schlecht lief auch das Hallenmastersfinale am letzten Januar-Wochenende in Dortmund. Zwar konnte man den HSV mit 5-2 besiegen, kassierte aber gegen VfL Bochum (2-3) und Eintracht Frankfurt (3-5) Niederlagen, so dass man in der Vorrunde ausschied. Am ersten Februar spielte der BVB gegen VfL Grevelsberg und gewann mit 4-1. Wichtiger war die Rückkehr von Ottmar Hitzfeld auf die Trainerbank, der drei Wochen wegen einer Bauchfelloperation ausgefallen war. Der Trainer meinte dazu nur: „Mir geht es sehr gut, es macht wieder Spaß“. Beim 2-1-Sieg gegen Grashoppers Zürich vier Tage später erzielte Rodriguez sein erstes Tor im BVB-Trikot. Auch am nächsten Tag gab es für den BVB einen standesgemäßen 5-1 Sieg beim VfB Waltrop. In der Nacht vom 7. zum 8. Februar war der BVB-Spieler Steffen Karl in einen Autounfall verwickelt. Mit seinem Auto fuhr er einen Ampelmast um und bei der nachfolgenden Kontrolle wurde ein Alkoholspiegel von mehr als 2,5 Promille festgestellt. Karl wurde danach vom Verein abgemahnt und bekam eine 8.000 DM-Geldstrafe. Im letzten Vorbereitungsspiel in Cordoba gegen den FC Barcelona gab es eine klare 0-3 Niederlage für die Westfalen. Zwar hatte man gegen den spanischen Weltklub keine Chance, zeigte aber viele gute Ansätze, so dass man guter Hoffnung in die Rückrunde gehen konnte. Einen Tag vor dem ersten Bundesligaspiel im Jahr 1994 verlängerte Stefan Klos seinen Vertrag vorzeitig zu verbesserten Konditionen bis 1998.
Am 12. Februar empfing der BVB im Westfalenstadion Bayer Leverkusen. Den einzigen Treffer beim 1-0 erzielte Stéphane Chapuisat. Es war sein 50. Bundesligatreffer. Eine Woche später ging es für Borussia nach Sachsen. Wiederum gab es bei Dynamo Dresden eine klare 0-3 Niederlage. Damit konnte der BVB nur eins seiner letzten sechs Spiele gewinnen. Trostlos sah auch die Auswärtsbilanz der Dortmunder aus. Seit sieben Spielen war man sieglos (nur zwei Unentschieden), blieb dabei fünfmal ohne eigenen Treffer (4-18 Tore). Im Uefa-Cup-Viertelfinal-Hinspiel hieß der Gegner im Westfalenstadion am 1. März vor 36.000 Zuschauer Inter Mailand. Bereits zur Halbzeit war das Spiel durch zwei Treffer von Wim Jonk (33. und 36. Minute) entschieden, denn die Italiener ließen nach dem Wechsel nichts mehr anbrennen. Zwar gab es in der 85. Minute den Anschlusstreffer von Michael Schulz, nur zwei Minuten später erzielte Schalimow den 1-3 Endstand. Einziger Trost war vielleicht noch die 4,5 Mio. DM-Einnahme für das Spiel. Vier Tage nach der bitteren Niederlage konnte Borussia endlich wieder einen Erfolg in der Fremde verbuchen. Beim VfB Leipzig gab es einen 3-2-Sieg. Dabei waren Doppeltorschütze Sippel und Vorlagengeber Rodriguez die Matchwinner. Aber nur drei Tage später gab es den nächsten Dämpfer. Im Heimspiel gegen VfB Stuttgart verlor man mit 1-2. Das nächste Heimspiel drei Tage danach brachte dann wiederum einen Sieg ein. Beim 2-1 gegen MSV Duisburg erzielte Youngster Lars Ricken seinen ersten Bundesligatreffer.
Während ein Stern am Dortmunder Himmel aufging, verabschiedete sich ein anderer. Am 13.03.1994 wechselte der bereits suspendierte Mittelfeldspieler Steffen Karl auf Leihbasis zum englischen Erstligisten Manchester City. Die Engländer überwiesen dafür 80.000 DM, weitere 1,6 Mio. DM wurden fällig, wenn die Citizens den Spieler verpflichten wollten. Vier Tage später fand in Mailand das Rückspiel im Uefa-Cup-Viertelfinale statt. Nach der 1-3-Heimniederlage bestand die Chance aufs Weiterkommen nur noch auf dem Papier. Vor 35.000 Zuschauern im Giuseppe-Meazza-Stadion spielten die Dortmunder ihr bestes Saisonspiel. Bereits in der 39. Minute erzielte Michael Zorc den Führungstreffer. Zwei Minuten nach der Halbzeit erzielte Youngster Lars Ricken das 2-0 und egalisierte das Hinspiel (leider gab es dann die Regelung, dass auswärts erzielte Tore mehr zählen). In der 77. Minute hatte Borussia Pech. Matthias Sammer traf mit seinem Schuss nur die Latte. Drei Minuten später erzielte dann Manicone den Anschlusstreffer. Damit gewann zwar der BVB das Spiel in Italien, schied aber unglücklich aus dem Uefa-Cup aus. Sammer ärgerte sich nach dem Spiel vor allem über die Fehler im Hinspiel und Trainer Hitzfeld sprach von einem bitteren Sieg.
Drei Tage später traf man in München auf den FC Bayern. Hier konnte man einen Teilerfolg feiern und erreichte ein torloses Unentschieden im Olympiastadion. Vor dem nächsten Bundesligaspieltag fand drei Tage später in Stuttgart ein Länderspiel zwischen Deutschland und Italien statt. Beim 2-1-Sieg der Deutschen fiel der Dortmunder Sammer auf. Er bereitete den zwischenzeitigen Ausgleich vor. Am folgenden Wochenende kam die SG Wattenscheid ins Westfalenstadion. Beim 2-0-Sieg der Borussen erzielte Thomas Franck seinen ersten Bundesligatreffer seit fast zwei Jahren. Am letzten Märztag unterschrieb der 17-jährige Junioren-Nationalspieler Marcell Fensch vom FC Berlin bei den Dortmundern einen Vorvertrag.
Mit einem Hattrick durch Stephane Chapuisat gewann der BVB im Heimspiel gegen Werder Bremen mit 3-2. Drei Tage später fand in Hamburg das nächste Spiel statt. Erneut konnte man auswärts nicht gewinnen und trennte sich vom HSV torlos. Verletzungssorgen hatte der BVB wiederum drei Tage später. Im Heimspiel gegen den 1. FC Köln musste man auf Reuter (Fußprellung) und Chapuisat (Sehnenscheidenentzündung) verzichten, konnte aber durch Tore von Zorc und einem Eigentor von Higl das Spiel drehen und mit 2-1 gewinnen. Der BVB stand nach diesem Spiel wieder unter den ersten vier Mannschaften in der Bundesliga. Außerdem verkündete Uwe Grauer, dass er den Verein zum Saisonende verlassen werde. Beim U18-Länderspiel gegen Belgien in Hannover trennte man sich fünf Tage später mit 0-0. Die Dortmunder Riethmann und Ricken konnten bei diesem EM-Qualifikationsspiel leider keine Akzente setzen.
Doch der vierte Platz war schon am nächsten Bundesligaspieltag futsch. Durch ein erneutes torloses Unentschieden am 17. April bei dem Namensvetter aus Mönchengladbach fiel man auf den sechsten Platz zurück. Trotzdem gab es was zu feiern. Zum 103. Mal saß Trainer Ottmar Hitzfeld in Folge beim BVB auf der Trainerbank und löste damit die bisherige Bestmarke von Horst Köppel ab. Eine Woche später war Eintracht Frankfurt zu Gast im Westfalenstadion. Durch einen 2-0 Sieg konnte man einen direkten Konkurrenten besiegen und sich wieder Platz vier sichern. Zwei Tage danach wurde bekannt gegeben, dass Grauer in der kommenden Saison auf Leihbasis nach Uerdingen wechseln werde, egal ob Bayer aufsteige oder nicht. Auch Ersatztorhüter Philipp Laux wechselte zu diesem Zeitpunk den Verein und ging zum SSV Ulm 1846. Am nächsten Tag traf die U18-Nationalmannschaft mit Riethmann und Ricken in Eupen erneut auf Belgien. Nach der regulären Spielzeit endete das EM-Qualifikationsspiel ebenfalls 0-0. Das Elfmeterschießen gewannen die Deutschen mit 4-2 und qualifizierte sich für die U18-EM in Spanien. Wiederum einen Tag später spielte die A-Nationalmannschaft in Abu Dhabi gegen die Vereinigten Arabische Emirate. Zur zweiten Hälfte kam Sammer für Matthäus als Libero ins Team und brachte viele Impulse hinein. Deutschland gewann mit 2-0.
Am 30. April mussten die Dortmunder beim Auswärtsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern die möglichen Hoffnungen begraben, als man sich mit 0-2 trennte. Damit waren die Dortmunder auf fremdem Platz seit nunmehr 376 Minuten ohne eigenen Torerfolg. Am letzten Spieltag eine Woche später gewann man daheim mit 4-1 und belegte mit 39-29 Punkten und 49-45 Toren den vierten Platz. Es war der sechste Heimsieg in Folge (15-5-Tore). Wieder qualifizierten sich die Dortmunder für den Uefa-Cup und hatten mit Chapuisat den erfolgreichsten Bundesliga-Scorer (26 Punkte, davon 17 Tore). Der Zuschauerschnitt lag bei 42.064 und man konnte elf ausverkaufte Heimspiele vorweisen. Vor der Sommerpause hatte man noch drei Testspiele vereinbart. Am 23. Mai gewann man bei RW Lüdenscheid (3-2), zwei Tage danach siegte man mit 6-1 bei L/M Wolfsburg und beim FC Gernsbach gab es ein 12-3. Nur für die Dortmunder Matthias Sammer und Karlheinz Riedle war die Saison noch nicht beendet, es ging zur WM in die USA.
Fazit:
Im Nachhinein kann man von dieser Saison von einer Übergangssaison reden. Allerdings hatte man sich für diese Saison viel vorgenommen. Am Ende blieb dann ein enttäuschender DFB-Pokal-Auftritt, ein durchschnittlicher Uefa-Cup-Auftritt mit einem packenden Viertelfinale und ein zufriedenstellender Bundesliga-Auftritt. Gerade die Auswärtsschwäche der Borussen (nur zwei Siege in der Fremde) in dieser Saison verhinderte eine bessere Platzierung. Trotzdem konnte man erneut einen Uefa-Cup-Platz erreichen.
Zur neuen Saison verpflichtete man mit Karlheinz Riedle (mit 9,5 Mio. DM der bis dahin teuerste Einkauf der Bundesliga-Geschichte) und Steffen Freund zwei Hochkaräter. Durch diese Verpflichtung stieg natürlich die Erwartungshaltung in Dortmund. Alleine 30.000 Fans kamen zur Saisoneröffnung in den Hoeschpark. Zum Saisonstart hatte man 12 Mio. DM ausgegeben, aber nur knapp eine halbe Mio. DM eingenommen. Bei keinem anderen Klub in der Bundesliga wurde so ein Defizit erwirtschaftet. Erst während der Saison gab es mehr Transfereinnahmen. Auch war der BVB in den meisten Spielen nicht mehr der Außenseiter, sondern die „Neureichen“ aus dem Ruhrgebiet waren die Favoriten, was dem Spiel der Dortmunder nicht zugute kam. Leider schaffte es der Rekordtrainer Hitzfeld (sein Rekord wurde erst 2014 von Jürgen Klopp gebrochen) lange Zeit nicht, die Mannschaft in eine konstante Form zu bringen. Immer wenn die Fans glauben konnten, man habe die Kurve gekriegt, kassierte man eine Niederlage. Und die Mannschaft verkrampfte mehr und mehr. Die Wende schaffte der BVB erst Mitte der Rückrunde, als eigentlich alles schon verloren schien. Dank einer 15-5-Serie in der Rückrunde erreichte man den Uefa-Cup-Platz. Was aber noch auffiel, war ein Disziplinproblem, denn man kassierte 97 Gelbe, drei Gelb-Rote und eine Rote Karte.
Ein weiteres Problem war der Sturm. Zwar traf Stéphane Chapuisat 17 mal für die Borussen in der Bundesliga, aber sein Partner Kalle Riedle fiel nach einer Verletzung in der Vorbereitung mit vier Treffern deutlich ab. Die anderen Stürmer (Povlsen 0 Tore, Sippel 3 Tore und Frank Mill wurde gar nicht eingesetzt) fanden nicht statt. Auch die Spielweise galt es zu kritisieren. Teilweise traten die Dortmunder wie die Bayern auf. Überheblich und gelangweilt, keine Spur von Kampf, nur Schönspiel war die Devise. Hier konnte man eigentlich froh sein, dass die BVB-Führung nicht wie in vielen Jahren davor den Trainer in die Wüste schickte, sondern Vertrauen hatte und es auch nach außen gezeigt wurde. Die Belohnung sollte es in den nächsten Jahren geben.
Bereits während der
Saison, aber vor allem nach der Saison machte man das Richtige.
Verdiente Spieler mussten den Hut nehmen. Bereits während der Saison
gingen Steffen Karl und Michael Rummenigge, nach der Saison durften
Grauer, Mill (ohne Einsatz), Poschner und Schulz den Verein
verlassen. Dafür kaufte man dann Qualität ein. Aus Italien kamen
mit César und Möller zwei Spieler, die sofort einschlugen. Auch die
Verpflichtung von Kree war ein Erfolg. Vor allem wurden dadurch dann
die Probleme der Saison 93/94 (Abwehr und Kreativität) behoben. Das
Märchen vom Borsigplatz konnte beginnen. So gesehen war diese
teilweise enttäuschende Saison am Ende wichtig, man lernte aus
Fehlern und machte es dann besser.
Hinweis: Dieser Text ist der fünfte Teil der Serie "Die goldenen Jahre" und umfasst die Saison von 1991/92 bis 1996/97.