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Das tat weh. Wieder einmal hat sich der BVB international als bessere und konkurrenzfähige Mannschaft präsentiert. Wieder einmal können sich die Schwatzgelben dafür aber nichts kaufen und fahren stattdessen mit einer bitteren Lehrstunde nach Hause. Das ist bitter und schmerzt, ein Drama ist es aber nicht. Denn die Champions League ist nur die Sahne auf der Torte.
Dabei ist es schon ein Kuriosum: Der BVB kassiert trotz stabil stehender und funktionierender Defensive deutlich zu viele Tore. Insbesondere wenn man sich die Partien der zurückliegenden zwei Wochen ansieht, fällt auf, dass die Gegner kaum in der Lage sind, sich aus dem Spiel heraus Chancen zu erspielen. Ob Kehls Fehlpass gegen Arsenal, Subotic’ Wegrutschen in Hannover, Piszczeks Wahnsinnspass direkt in die Gefahrenzone in Mainz oder jetzt eben das erneute Wegrutschen von Subotic, die völlig missglückte Kopfballrückgabe von Hummels oder die zum Elfmeter führende Co-Produktion von Piszczek und Kehl: Jedes dieser Gegentore ist ein Geschenk der Hintermannschaft an den Gegner gewesen. Selbst das einzige halbwegs normale Gegentor, Hagguis Kopfball in Hannover, ist nicht aus dem Spiel heraus gefallen, sondern nach Standardsituation.
Diese individuellen Fehler sind vergleichsweise leicht abzustellen. Schlimmer wäre es, der Defensivverbund würde insgesamt und im Zusammenspiel nicht funktionieren. Gleiches gilt für den Angriff, wo die inzwischen wieder durchaus zahlreich heraus gespielten Gelegenheiten „nur“ endlich genutzt werden müssen: ein deutlich bessere Ausgangslage, als wenn es diese Chancen gar nicht gäbe.
Die Verbesserung muss aber eben auch passieren. Die unselige Kombination aus unglaublichen Böcken hinten und mangelnder Treffsicherheit vorn gilt es dringend abzustellen. Denn unterm Strich nervt es Spieler wie Fans unsäglich, dass gefühlt inzwischen nahezu jedes Spiel gleich verläuft: Der BVB ist überlegen, vergibt selbst klarste Torchancen und baselt sich hinten die Dinger selbst rein. Dass die Gegner bei diesen Gelegenheiten im Moment genau die Chancenverwertung unter Beweis stellen, die der Borussia abgeht, ist kurios. Praktisch jeder Fehler wird auch ausgenutzt. Das ist auch ein Stück weit Pech, aber eben nicht nur. Denn Glück wie Pech kann man sich erarbeiten.
Noch ist international aber auch nichts verloren. Wenn die nun notwendigen guten Ergebnisse gegen Piräus eingefahren werden, während sich Arsenal und Marseille gegenseitig Punkte wegnehmen, können die Jungs sich noch immer eine gute Position erarbeiten.
Trotzdem: Unter Druck steht der BVB hier sicher nicht. Die Champions League ist Kür. Hier kann die Mannschaft wertvolle Erfahrungen sammeln, aber eben auch relativ befreit aufspielen, weil niemand, der klar denkt, großartige Erwartungen hegt. Und in drei von vier Halbzeiten ist es nun auch gelungen, den Fußball zu präsentieren, der den BVB inzwischen auszeichnet. Ob wir damit die Bundesliga würdig vertreten haben: Wahrscheinlich, aber wen interessiert das schon? Die Jungs haben bislang gezeigt: Das ist Borussia Dortmund, das sind wir, das ist unser Fußball. Wenn das am Ende nicht reichen sollte – ob aufgrund mangelnder Erfahrung oder infolge vermeidbarer Fehler - ist das eben so.
Viel wichtiger als die Champions League ist für die langfristige Entwicklung von Mannschaft und Verein aber die Bundesliga. Hier entscheidet sich, ob der BVB auch nächstes Jahr international dabei ist und ob die Königsklasse lediglich ein kurzes Intermezzo bleibt. Und eben deswegen müssen hier nach dem erkennbaren Aufwärtstrend nun auch die entsprechenden Ergebnisse her, will man den Kontakt zu diesen Tabellenrängen möglichst bald wieder herstellen.
Gegen den FC Augsburg muss gewonnen werden, da gibt es wohl keine zwei Meinungen. Im Anschluss bietet dann hoffentlich die Länderspielpause Gelegenheit, vorhandene Blessuren auszukurieren und den zweiten Teil der Hinrunde gestärkt anzugehen. Mit hoffentlich weniger Böcken, mehr Treffsicherheit uns idealerweise auch einer besseren Abstimmung auf dem Platz.
Und bis dahin müssen wir nach den Höhenflügen der vergangenen Saison eben akzeptieren, dass es im Fußball auch mal anders laufen kann. Wir haben uns über die junge und zukunftsträchtige Mannschaft gefreut, dann müssen wir eben auch damit leben, dass es der gleichen Truppe an Routine, Abgeklärtheit und – ja – im Endeffekt dann auch ein Stück weit an Klasse fehlt.
Doch das Potential, um diese Klasse zu erreichen, das besitzt sie mit Sicherheit. In diesem Wissen lässt sich auch der ein oder andere schmerzliche Moment leichter ertragen.