Wenn einer eine Reise tut... dann muss er was bezahlen
Noch ist Sommerpause, der Fahrplan für den Saisonauftakt ist noch in Arbeit. Ein Spiel steht allerdings schon fest. In der ersten Begegnung der DFB-Pokal-Hauptrunde muss der BVB nach Baden-Württemberg zum Drittligisten SV Sandhausen reisen. Unsere Borussia ist jetzt nicht gerade für ihre glorreiche Pokalgeschichte berühmt, ihre Fans jedoch für ihre Reisefreude. Und gerade diese Reisefreude wollen die Sandhausener größtmöglich ausnutzen. Der deutsche Meister zu Besuch – Jackpot.
Bei Bekanntgabe der Eintrittspreise dürfte manchem BVB-Fan die Kinnlade herunter gefallen sein. Ein Stehplatz kostet stolze 18,00 €, für die einzige Sizplatzkategorie werden herzhafte 49,00 € ausgerufen. Jeweils plus 10 Prozent Vorverkaufsgebühr. Das bisschen Porto für den Ticketversand fällt da kaum noch ins Gewicht. Einzig und allein das für Fans günstige Verhältnis von Steh- zu Sitzplätzen sorgt dafür, dass der durchschnittliche Eintrittspreis mit 26,64 € noch halbwegs im Rahmen ist. Pro Preiskategorie gesehen bewegen die Sandhausener sich allerdings in einem Preissegment, mit dem man selbst in der ersten Bundesliga zur Spitze gehören würde.
Dass vom sportlichen Gedanken, sich mit einem höherklassigen Gegner zu messen, auch handfeste wirtschaftliche Gründe bei der Pokalauslosung regelmäßig zu Jubelstürmen bei den kleineren Vereinen führen, ist absolut normal und selbstverständlich. Man kann es den Vereinen nicht verdenken, dass sie die Chance eines attraktiven Loses nutzen und ihren Jahresetat deutlich aufbessern wollen. Das ist auch legitim. Ob man aber gleich so zuschlagen muss, wie es unser Pokalgegner tut, das sei dahin gestellt. Fair den Fans – es betrifft zumindest Heim- wie Gästefans – gegenüber ist das nicht. Bei einem Zuschauerschnitt unterhalb von 3.000 in der letzten Saison würde man mit einem einzigen Spiel Einnahmen generieren, wie sonst nur mit 3 oder 4 zusätzlichen Heimspielen. Sicherlich, es ist für unseren Gegner absolut das Spiel der Saison. Das rechtfertigt allerdings nicht, dass man Erstligapreise nimmt. Für 18,00 € in einem Bundesligastadion weiß man immerhin, dass man, von eventuellen Bierduschen abgesehen, das Spiel im Trockenen verfolgen kann. Nicht überdachte Betonstufen versprühen zwar den rustikalen Charme vom bodenständigen Fußball, rechtfertigen allerdings keinesfalls derartige Preise.
Zu Gute halten muss man den Vereinen unterhalb der zweiten Liga sicherlich, dass sie auch von einem enormen Kostendruck getrieben werden. Die vom DFB gestellten Anforderungen bis in die NRW-Liga hinab sind teilweise wahnwitzig. VIP-Parkplätze, fernsehtaugliche Flutlichtanlagen, Multimediaplätze im Pressebereich etc. – all das wurde diesen Vereinen an Auflagen aufgebürdet, ohne auf der anderen Seite für die Vereine für eine annähernd deckende Steigerung auf der Einahmenseite zu sorgen. Das hat schon einigen alteingesessenen Vereinen das Genick gebrochen. Dennoch, das sind die Anforderungen und in Sandhausen hat man sich entschieden, sich diesen Auflagen an der Schwelle zwischen Amateur- und Profifußball zu stellen. Diese Kosten müssen im normalen Ligabetrieb zu stemmen sein. Kann ein Verein das nicht leisten, muss er sich ernsthaft über eine für ihn passende Ligazugehörigkeit Gedanken machen. Bei unserem Gegner scheint das ganz gut zu funktionieren, Probleme mit der Lizanzerteilung gab es keine. Vor der letzten Saison war man sogar in der komfortablen Situation, nachbarschaftlich den angeschlagenen Waldhöfern zu helfen, indem man das Pokalspiel gegen Augsburg in ihrem Stadion austrug und einen Euro pro Eintrittskarte spendete. Das ist löblich und für manche Vereine in den unteren Ligen geradezu vorbildlich. Solide finanziert bedeutet allerdings auch, dass man mit dem Pokalspiel Rahm abschöpft. Und das mit der ganz großen Kelle.
Nicht vernachlässigen darf man dabei aber auch die Rolle der Proficlubs, die hier über die „Dörfer" tingeln. Im Gegensatz zum Bundesligabetrieb werden im Pokal die überschüssigen Einnahmen zwischen dem Heim- und Gastverein geteilt. Oder anders ausgedrückt: auch der BVB profitiert von den hohen Eintrittspreisen. Unfair insofern, als das in der Außenwahrnehmung „der Kleine" der Buhmann ist, wenn er zu diesem Topspiel auch einen Toppreis verlangt, während der Große sich zurück lehnen und ohne Imageschaden davon profitieren kann. Wobei klar ist, dass die Preisgestaltung letztlich natürlich Sache des Gastgebers ist. Im Geiste des Solidaritätsgedankens sollte der DFB hier einmal über eine Reform nachdenken. Wenn unterklassigen Vereinen im Duell mit Proficlubs schon automatisch Heimrecht gegeben wird, sollte man den Schritt weiter gehen und ihnen auch die Einnahmen in voller Höhe zugestehen. Spielen Amateur- oder Profivereine gegeneinander, kann man nach dem bisherigen Prinzip verfahren. Die Amateurvereine würden davon profitieren und einen deutlichen Beitrag zur Deckung der Kosten durch DFB-Auflagen erfahren. Die Fans, weil diese notwendigen Mehreinnahmen auch mit verträglichen Preiszuschlägen zu erreichen wären. Und den Proficlubs sollte der Ausfall der Einnahmen in dieser Höhe nicht weh tun.
So lange sich daran allerdings nichts ändert, muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er zu solchen Preisen ins Stadion geht oder nicht. Das ist die andere Seite der Medaillie. Niemand wird gezwungen, sich eine Eintrittskarte zu kaufen und die Preispolitik zu legitimieren.