Übrigens: Wir werden immer noch Meister
Da ging auf einmal ein Aufschrei durch die Liga und die Tribünen des Landes: Borussias einst üppiger Vorsprung ist geschmolzen auf nur noch fünf Zähler. Na und?
Jetzt mal im Ernst: Braucht es tatsächlich bis zum 29. Spieltag, damit sich die wenig überraschende Erkenntnis durchsetzt, dass die Saison 34 Spieltage lang ist und der Meister gar nicht zwischendrin gekürt wird? Na sowas aber auch!
Rächen sich nun also all die Meisterfeier-Planungen und die hochnotpeinlichen Shirts und Schals mit "Deutscher Meister 2011"-Aufschrift, die man zuletzt des Öfteren mitansehen musste? Mitnichten! Die Träger dieser Devotionalien sollten ihr Handeln zwar durchaus mal hinterfragen und die entsprechenden Kleidungsstücke möglichst weit hinten im Schrank verstecken - zu frühe Feierei hat im Ruhrgebiet schließlich schon ganz andere Dimensionen bekommen. Trotzdem wird es sich auf das Endergebnis am 34. Spieltag kaum auswirken, denn die Borussia ist einfach zu stark - und bringt das Woche für Woche auch auf den Rasen, selbst wenn es nach 90 Minuten einmal ein Törchen zu wenig zu bejubeln gibt.
Es gibt schlichtweg keinen Grund, auf einmal ins Heulen und Zähneklappern zu verfallen.
Ja, keine Frage: Lediglich fünf Punkte aus vier Spielen sind in der Tat keine optimale Ausbeute. Doch wie immer ist zum einen dieser Bezugsrahmen recht willkürlich gewählt. Zum anderen war de facto nur das Spiel in Hoffenheim wirklich schwach. Gegen starke Mainzer hat sich der BVB zwar eine Halbzeit lang schwer getan, die Rheinhessen in der zweiten Hälfte jedoch deutlich dominiert. Und wenn alles richtig und fair läuft, gewinnt die Borussia dieses Spiel locker. Ähnlich in Hamburg, wo die Borussia durchaus auch 6:1 hätte gewinnen können und lediglich unglücklich bis zuletzt um ihren wohlverdienten Punkt zittern musste. Das einzige, was man der Borussia in dieser Saisonphase also ankreiden könnte, wäre die Chancenverwertung.
Doch ist das nur eine Seite der Medaille. Die zweite ist, dass Bayer Leverkusen als Verfolger sich aktuell im Gegenzug wenige Schwächen leistet. Sechs Siege in sieben Spielen hat die Werkself zuletzt in der Liga errungen. Das ist zweifellos recht respektabel - und kommt dem BVB natürlich nicht gelegen in der ersten Saisonphase ohne Siege am Fließband. Angst machen braucht dieser Mini-Höhenflug der Werkself trotzdem niemandem.
Denn bei genauer Betrachtung hatte Bayer eben auch verhältnismäßig schwache Gegner vor der Brust: Mit Stuttgart, Bremen, Wolfsburg, Kaiserslautern, St. Pauli und unseren westlichen Nachbarn ist das Gros der zuletzt bespielten Mannschaften nicht eben in der Spitze der Liga angesiedelt. Einzig der FSV Mainz stellt unter Bayers letzten Gegnern so etwas wie gehobene Klasse dar. Da könnten die restlichen Saisonspiele gegen Bayern, Hoffenheim, Köln, Hamburg und Freiburg schon ganz anders aussehen. Zumal Leverkusen auch in den gewonnenen Partien nicht annähernd jene Dominanz aufzubauen vermochte, mit der die Borussia fast ausnahmslos seit nunmehr 29 Spielen durch die Saison marschiert. Allein schon gegen entsetzlich schwache Paulianer hat sich Bayer trotz Überlegenheit lange sehr schwer getan.
Und auch die Statistik spricht für die Borussia: Dass die 43 Punkte der Vorrunde so wohl kaum zu wiederholen sein dürften, war auch schon im Winter klar. Mit durchschnittlich mehr als zweieinhalb Punkten pro Spiel hat der BVB eine enorme Marke gesetzt und sich eine fantastische Grundlage für das Meisterstück gelegt. In der Rückrunde sind es bislang "nur" gut 1,9 Punkte - was, wenn es auch in den nächsten Partien dabei bleibt, nur dann nicht reichen würde, wenn Leverkusen tatsächlich jedes verbleibenden Spiele siegreich gestalten würde.
Doch das alles sind nur Zahlenspielchen. Um das also mal ganz klar festzuhalten: Bayer Leverkusen mag den Vorsprung verringert haben. Auf Augenhöhe mit dieser herausragenden BVB-Mannschaft der aktuellen Spielzeit befinden sich die Werkself-Kicker aber auch objektiv betrachtet noch bei weitem nicht. Die Borussia 2010/2011 ist ein Team, das nahezu in jedem Spiel seinen Gegner dominiert und die Zuschauer mit attraktivem Offensivfußball begeistert hat. Genau mit diesem Fußball, dieser Leidenschaft und dieser Hingabe werden die Jungs auch die restlichen fünf Partien noch so gestalten, dass sie sich am Ende den redlich verdienten Lohn dafür abholen können.
Und das ist auch der Grund, warum es uns völlig egal sein sollte, wie Leverkusen am Wochenende in München aufspielt. Bayer ist schlichtweg unwichtig, solange unser Team sich auf seine Stärken besinnt und diese ausspielt. Ganz getreu eben jener Taktik, die Trainer und Mannschaft schon seit der Hinrunde propagieren: Einfach von Spiel zu Spiel denken und alles raushauen.
Dann klappts auch mit dem Titel. Da mache ich mir keine Sorgen.
Arne, 14.04.2011