Kein Zwanni - Kundgebung in Hamburg
Vor dem Auswärtsspiel beim HSV demonstrierten bis zu 700 Fans auf dem Hamburger Rathausmarkt für faire Eintrittspreise im Fußball. Schwatzgelb.de sprach direkt im Anschluss mit zwei Mitgliedern des Organisationsteams, Marc und Jojo (Chosen Few Hamburg).
Wie zufrieden seid ihr mit dem Ablauf der Kundgebung? Könnt ihr schon eine erste Bewertung abgeben?
Jojo: Kurz und knapp: Alles in Ordnung! Es war wichtig, die Nachricht in die Innenstadt zu tragen und eine vernünftige Rahmenberichterstattung hinzubekommen. Ich hatte mich auf vielleicht 100 Leute eingestellt und weiß nicht wie viele letztlich da waren, aber 300 bis 400 Leute waren das bestimmt (Anm.: Die Polizei sprach später von rund 700 Teilnehmern). Insofern kann man die Kundgebung nur als Erfolg werten.
Marc: Ich fand den Ablauf der ganzen Aktion super gut. Dass sich so viele Fans zweier Vereine vor dem Spiel zusammenschließen, um für eine faire Preisgestaltung zu demonstrieren, begeistert mich total.
Wäre das große Polizeiaufgebot in dieser Form nötig gewesen?
Marc: Nein, da wie meistens bei Fußballspielen und erst recht bei gemeinsamen Aktionen keine bürgerkriegsähnlichen Zustände zu erwarten waren. Die Polizisten haben aber auch nicht gestört, da sie sich angenehm zurückgehalten und ordentlich verhalten haben.
Wie viel traut ihr der „Kein Zwanni für nen Steher“ Initiative zu? Hat sie das Potenzial ein richtiges Umdenken zu begründen?
Marc: Ich glaube, dass diese Aktion ein sehr großer Erfolg werden wird. Sie wird von einer breiten Masse getragen und verfolgt sinnvolle Ziele, mit denen sich viele Menschen auch auf Seite der Vereine identifizieren können. Wir kämpfen ja nicht gegen die Vereine und haben überhaupt nicht vor, ihnen ihre Einnahmequellen zu verschließen, im Gegenteil: Wir weisen auf die Fans hin, die ohnehin schon sehr viel Geld für ihren Verein ausgeben und meist in einem Alter sind, in dem sie nicht übermäßig viel Geld haben. Die sollen auch in Zukunft noch zum Fußball gehen und für stimmungsvolle Stadien sorgen können, dafür möchten wir einen Lösungsweg aufzeigen.
Jojo: Man muss den Leuten ihre Ausreden nehmen. „Wir haben unsere Etatplanungen schon abgeschlossen und können da nichts mehr ändern, nur weil sich ein paar Fans beschweren“ mag ein verständliches Argument sein, zur neuen Saison kann man das aber hundertprozentig neu regeln. Wir vertreten ein sehr nachvollziehbares Anliegen auf eine sehr vernünftige Weise, da bin ich zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung finden werden.
Auf den ersten Blick sah es so aus, als wären mehr Dortmunder als Hamburger bei der Kundgebung gewesen. Täuscht dieser Eindruck?
Jojo: Das Interesse auf Hamburger Seite ist vielleicht noch nicht ganz so groß, weil wir mit der Problematik nicht so breit konfrontiert wurden. So sind wir zwar eine fan- und vereinspolitisch sehr aktive Szene, aber dieses 20 Euro Problem hatten viele einfach gar nicht auf dem Schirm. Wir bemühen uns derzeit, die Leute aufzuklären und das Bewusstsein zu schärfen. Dabei ist es mir wichtiger zehn Leute zum Nachdenken zu bringen, als einen mehr zum Rumstehen her zu bekommen – deshalb wird es im Stadion ein paar Aktionen gemeinsam mit den Dortmundern geben, die auch parallel zur Kundgebung vorbereitet wurden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns die Überzeugungsarbeit gelingen wird.
Wäre eine solche Kundgebung mit Fans anderer Vereine auch möglich gewesen?
Marc: Wir verstehen uns mit den HSV-Fans seit jeher ganz gut und wären sicher nicht auf die Idee gekommen, eine solche Kundgebung vor dem Derby anzugehen – da stehen ganz einfach andere Probleme im Vordergrund. Insgesamt sehe ich aber in den wenigsten Fällen echte Hindernisse. Beim Spiel in München gab es beispielsweise ein Treffen und eine gemeinsame Aktion mit den Bayern, bei den meisten anderen Vereinen hätte das genauso funktionieren können.
Wie steht es um euren Kontakt zu den Vereinen?
Jojo: Wir stehen in engem Dialog mit dem HSV, gerade was die Dauerkartenpreise angeht. Ich muss zugeben, dass wir die Eintrittskartenproblematik und insbesondere die Abzocke von Gästefans noch nicht so sehr auf dem Zettel haben, aber da hilft eine solche Aktion natürlich ungemein. Wir haben uns zum Beispiel immer dafür eingesetzt, dass Gästefans in Hamburg vernünftig behandelt werden, gerade was Sicherheitsauflagen und Choreografien angeht – da gehören die Eintrittskarten unbedingt mit dazu, denn gerade die Fans, die schon eine weite Anreise hinter sich haben, verdienen faire Eintrittspreise. Alles, was vor dem günstigsten Ticketpreis eine zwei stehen hat, ist definitiv nicht mehr fair.
Marc: Auch wir befinden uns im Dialog mit unserem Verein, müssen aber letztlich abwarten, was dabei herauskommt. Das wird genau wie auch beim HSV der Blick auf die Zahlen zeigen: Steigen die Preise weiter, waren die Gespräche nicht erfolgreich, bleiben sie stabil oder sinken im Idealfall, dann war der Dialog ein richtig guter. Da kann man viel reden, wichtig ist letztlich der Blick auf die nackten Zahlen.
Die alte HSV-Führung sagte für die Sommerpause Gespräche über die Ticketpreise zu. Können wir uns nach dem Führungswechsel darauf verlassen, dass diese Zusage noch aktuell ist?
Jojo: Ich denke nicht, dass sich aus diesem Wechsel eine negative Wirkung ergeben wird, der neue Vorstand ist mindestens so dialogbereit wie der alte. Wir befinden uns sowohl mit dem BVB als auch dem HSV in Gesprächen, weil wir eine Lösung für alle Fans und nicht nur für den BVB finden möchten.
Knueppler17, 09.4.2011
Übrigens: "Kein Zwanni" twittert - unter twitter.com/kein_zwanni erfahrt ihr zeitnah Neuigkeiten zur Aktion.