Fehlfarben

Diktator Magath und die blauen Rebellen

24.08.2010, 20:39 Uhr von:  Redaktion
Der Diktator @ work
Bei unserem geliebten Hasskonkurrenten aus Gelsenkirchen stehen die Zeichen gerade auf Sturm. Felix Magath hat Fanbetreuer Rolf Rojek gefeuert. Und das war wohl die eine diktatorische Maßnahme zu viel, die das Fass zum Überlaufen brachte. Dass die Schalker Fans doch nicht wie das treudumme Vieh sind, die sich von Treiber Magath unter großen Jubelstürmen zur Schlachtbank leiten lassen, das wurde ja schon bei der Jahreshauptversammlung ansatzweise deutlich. Der Schalke-Trainer verlangte dort eine Satzungsänderung, die ihm noch mehr alleinige Machtkompetenzen verleihen sollte. Die Mitglieder des FC Schalke 04 stimmten dagegen.

Seitdem hat der Trainer und Manager, Sportdirektor, Scout und was weiß ich noch alles Magath irgendwie keinen Bock mehr auf die Fans. Es sei aber nur eine kleine Gruppe, die immer wieder gegensteuern würde und dem Verein Schalke 04 schaden würden. Dass Felix Magath damit völlig schief liegt, wird jetzt immer mehr deutlich. Der Fanclub-Verband der Blauen und alle großen Fanorganisationen verlangen von ihrem Trainer nun ein klares Bekenntnis zu demokratischen Strukturen. Bis Mittwoch, 25. August, hat Magath noch Zeit, dieses Bekenntnis zu liefern. Dann läuft das Ultimatum ab.

Und am ersten Spieltag wurde deutlich, was Felix Magath schon alles angerichtet hat mit seinem Streben nach alleiniger Macht und dem Nichtdulden von abweichenden Meinungen. Etwa 3.000 blaue Fans trugen nicht ihr Trikot, sondern T-Shirts der „Kleinen Gruppe“, jene „rebellierenden“ Fans, die sich Magath zu Ehren so genannt haben. Aber damit nicht genug. Nach Schlusspfiff sah man sogar Spieler mit den Solidaritätsshirts rumrennen.

"Manuel Neuer soll das ganze angezettelt haben."
Jermaine Jones, Ivan Rakitic und Christoph Moritz machten mit. All das zeigt, dass Felix Magath vielleicht schon mehr auf Schalke kaputt gemacht hat, als er mit CL-Teilnahmen wieder gerade biegen könnte.

Aber warum sind viele Fans nicht mehr gut zu sprechen auf ihren bis vor kurzem etwas sehr naiv als „Heilsbringer“ angebeteten Trainer? Warum halten sie Schilder hoch wie „Kein FC Magath“ und fordern ein Bekenntnis zu demokratischen Strukturen? Es kann nur eine Erklärung geben. Die Angst geht um. Die Angst, dass der FC Schalke 04 vollends den Bach runtergeht. Nicht sportlich, da sind sie nach wie vor gut aufgestellt, auch wenn es auch in dem Bereich derzeit drunter und drüber geht.

Auch wenn dies jetzt ins Blaue philospohiert ist, so scheinen viele Anhänger des FC Schalke 04 zu befürchten, dass Magath aus einem lebendigen, „dreckigen“ (und das ist ausnahmsweise in bezug auf die Blauen mal nicht negativ gemeint) Ruhrgebietsverein ein seelenloses Wirtschaftsunternehmen und austauschbares Projekt wie die TSG Hoffenheim macht. Und soweit sind die Blauen davon noch nicht mal entfernt. Das hat aber Clemens Tönnies zu verantworten. Denn wenn er, wie es vermutet wird, die von Magath geforderten 35 Millionen Euro für Transfers tatsächlich aus eigener Tasche aufgestockt hat, dann ist der S04 vom Mäzenatentum nicht mehr ganz weit entfernt.

Typisch Metzelder
Apropos 35 Millionen Euro und Transfers. Es ist ja schon absurd, was da auf Schalke passiert Täglich werden neue Superstars ins Spiel geworfen. Der aktuellste: Stefan Kießling. Aber der hat nur müde gelächelt. Und nun eine Aufzählung weiterer Spieler, die Felix Magath gerne im blauen Trikot sehen würde: Julio Baptista (AS Rom), Diego (Juventus Turin), Zvjezdan Misimovic (VfL Wolfsburg), Vincenzo Iaquinta (Juventus Turin) und ganz neu in der Liste Guillaume Hoarau (Paris St. Germain) und Klaas-Jan Huntelaar (AC Mailand). An diesen Namen sieht man, dass Felix Magath anscheinend nicht mehr gewillt ist, mit jungen Spielern oder Talenten zu arbeiten. Wird er aber wohl müssen, denn außer Raúl und Christoph Metzelder konnte noch nichts nennenswertes an Land gezogen werden. Julio Baptista scheint auf dem Sprung nach GE zu sein.

Apropos Metzelder. Der Metze wird uns noch eine Menge Freude bereiten diese Saison. Sein Einstand war auf jeden Fall schon mal hervorragend. Gleich im ersten Spiel im Liga-Pokal holte er sich einen Assist, indem er einen HSV-Spieler mustergültig bediente, der dann locker einnetzte. Im Pokal gegen Aalen machte er das Spiel noch mal spannend, als er hölzern einen Aalener im Strafraum umriss. Und im ersten Bundesligaspiel beim HSV stoppte er gerade noch rechtzeitig ab, um Ze Roberto die nötige Lücke zu bieten, auf Ruud van Nistelroy zu passen, der dann den Siegtreffer markierte. So kann es weitergehen, Metze. Einfach so weiterspielen, dann wird alles gut.

Zurück zu Felix Magath. Der ist ja angetreten mit zwei Versprechen. Er will den Club sanieren und auf ein gesundes wirtschaftliches Fundament stellen. Und er will binnen vier Jahren die Meisterschale holen. So langsam scheint der Wolfsburger Meistertrainer zu merken, dass beides gleichzeitig nun mal nicht geht. Und hat Versprechen 1 schon mal komplett über Bord geworfen. Mit dem Verkauf von Westermann, Rafinha und Asamoah und mit der Vertragsauflösung von Bordon und dem Abschied von Kuranyi sind zwar Großverdiener von der Gehaltsliste, aber mit Raúl und Metzelder sind schon wieder zwei neue da. Und weitere sollen ja folgen. Eine ernsthaft betriebe Verringerung der Gehaltskosten sieht definitiv anders aus.

GE-Fans laufen Sturm
Und genau deswegen laufen die Fans jetzt Sturm. Bei aller Abneigung, ein wenig Respekt muss man den Schalker Anhängern schon zollen, dass sie so relativ schnell erkannt haben, was da auf sie zukommt. Klar gibt es noch unzählige, die außer den Buchstaben C und L gar nichts sehen, aber anscheinend schauen sehr viele doch über den Tellerrand und lassen sich nicht von mit Mauertaktik ergurkten sportliche Erfolgen blenden. Auch wenn das hier kein Raum für Pathos sein sollte und jetzt nicht übertrieben werden soll, vielleicht haben wir uns dem verhassten Rivalen noch nie so nahe gefühlt. Denn auch wir haben damals das Unheil kommen sehen, auch hier haben sich nicht alle von Niemeierschen Verschleierungstaktiken blenden lassen. Und so geschieht es wohl auch gerade auf Schalke. Das ist konsequent, das ist richtig. Das mag ein Felix Magath nicht wahrhaben wollen, der sich zwar nicht für unfehlbar hält, wie er selbst sagte, aber immerhin meint, seine Anwesenheit wäre ein Privileg für jeden Verein. Anders ist seine Aussage: Es geht immer um Geld und ich verdiene immer zu wenig!, nicht zu deuten.

Doch diesem Mann haben die Schalker Verantwortlichen jetzt das Wohl und Wehe des Vereins in die Hand gelegt. Und sie stopfen ihn mit jedem Cent voll, den er verlangt. Dabei sollten sie vielleicht mal überlegen, Schulden zurückzuzahlen. Denn die Rechnung, jedes Jahr mit 20 Millionen CL-Geldern irgendwann vollkommen saniert zu sein, geht nicht so einfach auf. Denn sollte Magath bleiben, dann will er die CL-Gelder auch wieder in Spieler investieren, bis er irgendwann die Meisterschaft hat. Aber der Mann hat doch gar nicht vor, langfristig für Schalke zu arbeiten. Deswegen ist er momentan auch so hektisch und will jeden guten Fußballer haben, der die Mannschaft weiterbringen könnte. Sei es Kießling, Diego oder Julia Baptista. Franz Beckenbauer sagte ja schon, dass er das Gefühl habe, der Schalke-Trainer wolle den Erfolg übers Knie brechen. So wirkt es tatsächlich. Und es ist Indiz dafür, dass Magath seinen Abschied zu Red Bull Leipzig schon fest geplant hat. Dieses Jahr soll es aber noch mal die Meisterschaft werden. Und dafür braucht er so viele Spieler von Real Madrid, AS Rom, FC Barcelona und Juventus Turin wie möglich. Was dann danach ist, das ist doch Felix Magath völlig egal.

Was können wir froh sein, Jürgen Klopp und eine umsichtig handelnde Wirtschaftsabteilung mit Aki Watzke an der Spitze zu haben.

DvB, 24.08.2010

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