Ein Tag Gefängnis in Sevilla II
Hier ist der zweite Bericht eines der Verhafteten aus Sevilla. Wir veröffentlichen die Berichte, weil es uns am Herzen liegt, die unglaublichen Vorgänge, die mitten in der europäischen Union geschehen sind, zu dokumentieren. Wie einzelne Berichte von Fans anderer Vereine zeigen, scheinen wir Borussen kein Einzelfall gewesen zu sein. Wir bedanken uns bei allen Geschädigten, die in so kurzer Zeit es fertig brachten, von diesen Geschehnissen zu berichten.
Am Tag des Spiels haben wir uns gemeinsam die Stadt angeschaut und sogar abends friedlich mit Sevilla-Anhängern gefeiert (es existieren Fotos). Auf dem Weg zum Eingang vom Stadion begannen die Probleme. Aus unerfindlichen Gründen wurde mein Schwiegervater plötzlich von mehreren Polizisten zu Boden geworfen und es wurden ihm sofort Handschellen angelegt. Da er keine Fremdsprachen beherrscht, rief er auf bosnisch immer wieder: "Ich habe keine Schuld, nichts gemacht. Was wollt ihr von mir?" Dies nahm die Polizei dann zum Anlass, mit Schlagstöcken auf ihn einzuschlagen. Er hat Verletzungen am Hinterkopf, im Gesicht und einen
riesigen Bluterguss auf dem Oberschenkel. Aufgrund seiner erheblichen Verletzungen wurde er von mehreren Polizisten, unglaublicherweise in Handschellen, ins Krankenhaus gebracht. Dort bemerkte er, wie selbst die diensthabende Ärztin die Polizisten anschrie, den armen, alten Mann endlich in Ruhe zu lassen. Dies schien diese Herren in keinster Weise zu beeindrucken. Vielmehr wurde er ins Gefängnis gebracht. Dort ging die Schlägerei weiter. Er wurde auf dem Weg zur Zelle mehrfach mit Schlagstöcken malträtiert, die Brille ihm brutal vom Gesicht geschlagen.
Er verbrachte die gesamte Nacht in einer eiskalten Zelle, ohne Wasser und Nahrung. Am nächsten Tag wurde er zum Gericht gebracht. Hier musste er gestehen und wurde zivilisierter behandelt. Man stellte ihm eine Dolmetscherin. Er sollte ein Schuldanerkenntnis unterschreiben und 1.200 Euro Strafe zahlen, dann wäre er frei. Dies wollte er anfangs überhaupt nicht. "Ich unterschreibe nichts, was ich nicht gemacht habe." Die Dolmetscherin redete auf ihn ein, er komme nicht mehr aus Spanien raus und würde sofort ins Gefängnis gehen. Unter diesem totalen Druck brach er ein und unterschrieb - wie schon in diversen Internetforen richtig beschrieben - ein total an den Haaren herbeigezogenes Schuldanerkenntnis. Das Einzige, was ihm gestattet wurde, war den Betrag in Schweden zu begleichen. Wenn er das nicht macht, käme die schwedische Polizei und würde das Geld eintreiben. Da er diese Summe faktisch nicht hat, werde ich für ihn zahlen.
geschrieben von Alex Günther
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