...Dr. Reinhold Lunow und Martin Sinken: "Alles kommt und geht, aber was immer bleibt, ist der Verein"
Am 09.12.2008 traf sich nach dem Pressetermin in der Heiligen Dreifaltigkeitskirche (wir berichteten davon) schwatzgelb.de mit den beiden wichtigsten Personen für das Borusseum im Westfalenstadion. Inmitten der Baustelle, die 10 Tage später ein fertiges Museum sein soll, sprachen wir mit Dr. Reinhold Lunow, dem obersten Wächter über das Borusseum, und Martin Sinken, dem Ausstellungsgestalter im Borusseum-Team von facts+fiction aus Köln.
Interview mit Dr. Reinhold Lunow und Martin Sinken
schwatzgelb.de: Wie sehen bisher die Vorbereitungen zum Borusseum aus?
Dr. Reinhold Lunow: Es sind nur noch zehn Tage bis zur Eröffnung am 19.12., dem 99. Geburtstag des BVB. Aber wir sind jetzt schon ein großes Stück weiter als vor einer Woche, so dass ich ganz optimistisch bin, dass wir das alles so schaffen, wie wir uns das vorstellen. Herr Sinken teilt meinen Optimismus.
Martin Sinken: Es geht jetzt langsam an die Feinheiten. Die groben Sachen - der eigentliche Ausbau - ist fast fertig. Wir sind noch an der „Roten Erde"-Insel dran, da muss noch ein bisschen geschliffen und lackiert werden. Also die letzten Sachen, die noch Dreck machen. Gleichzeitig läuft schon die Bestückung mit Grafik und sobald der letzte Dreck aus dem Bau ist, fangen wir auch schon an, die Exponate einzustellen. Peu à peu, Insel für Insel. Parallel läuft der Videoeinbau. Also alles was es an Video- und Hörstationen gibt. Das ist ein strammer Zeitplan, aber wir kriegen das hin.
schwatzgelb.de: Können Sie mal kurz erklären, was der Besucher des Borusseums gegenüber anderen Museen erwarten kann?
Dr. Lunow: Ich halte es ohne jeden Zweifel für das schönste Fußballmuseum in Deutschland. Vielleicht ist es sogar das beste in Europa. Den entscheidenden Unterschied zu bisherigen Fußballmuseen sehe ich darin, dass es von Anfang an mit Fans zusammen geplant und nicht von oben aus dem hohen Elfenbeinturm projektiert worden ist. Initiator und treibend Kraft für den Bau des Borusseums ist und war die Fanabteilung. Ein nicht unerheblicher Teil des Borusseums ist von den Fans gestaltet worden. Die historische Entwicklung der BVB- Fangeschichte wird dargestellt und gewürdigt. Hinzu kommt, dass das Borusseum vollgespickt ist mit audiovisuellen Medien, die zudem auch noch oft interaktiv gestaltet sind.
Martin Sinken: Ich kann dem kaum was hinzufügen. Was uns wirklich wichtig war, war die Frage: Was unterscheidet das Museum von Borussia Dortmund von einem anderen Fußballmuseum? Und da ist nicht nur die Geschichte, sondern die besondere Fankultur. Eine der großen Standsäulen, die den Verein ausmacht und die neben den sportlichen Erfolgen einen deutlichen Raum bekommt.
schwatzgelb.de: Herr Sinken, Sie sind ja nicht BVB-Fan, Sie sind dazu gekommen. Was fasziniert Sie an dem BVB?
Martin Sinken: Ich bin zumindest als wohlwollender Neutraler dazu gekommen und je mehr ich mich in die Vereinsgeschichte eingelesen habe, eben in diese jetzt 99 Jahre mit all ihren Anekdoten und Besonderheiten, und je mehr man feststellt, dass die Bindung, die es zu diesem Verein gibt, eine ganz andere ist, als es bei anderen Vereinen der Fall ist, desto interessanter fand ich den BVB: die Verwurzelung der Menschen mit dem Ruhrgebiet und mit dem Verein und dieses Zusammenwachsen. Das ist schon eine besondere Geschichte, die Dortmund von anderen Vereinen unterscheidet.
Dazu diese besondere Kultur. Die Menschen, die den Verein prägen. Ja, ich glaube so kann man das zusammen fassen.
Dr. Lunow: Ich hab den Verein ja schon immer geliebt und ich habe mich auch schon immer für die Geschichte des Vereins interessiert. Aber jetzt - durch diese drei Jahre bei diesem Projekt - ist die Liebe zu diesem Verein noch viel größer geworden. Wenn man die Entwicklung von diesem vierten Adventssonntag 1909 über die verschiedenen Spielstätten sieht, über all die Geschichten, die seither passiert sind: Wenn man das durchlebt, dann wird einem bewusst, dass eben nicht Spieler wichtig sind für den Verein, auch keine Verantwortlichen oder Funktionäre, auch selbst die Fans nicht. Ich sag es mal ganz mutig, selbst die Fans haben nicht diese Bedeutung. Sie kommen und gehen. Alles kommt und geht, aber was immer bleibt, ist der Verein. Dies hat etwas von Unendlichkeit oder Unsterblichkeit. Deswegen wäre es auch so furchtbar gewesen, wenn dieser Verein verschwunden wäre.
schwatzgelb.de: Es gab ja auch vier Fast-Pleiten, die aber umschifft wurden. Mal zu einem anderen Thema: Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie denn pro Jahr?
Martin Sinken: Da müssen wir mal hochrechnen. Wir dürfen ja dummerweise nicht mehr als 300 Personen gleichzeitig rein lassen, das beschränkt das Ganze. Wir haben eben mal einen kleinen Probelauf gemacht, um zu schauen, wie lange man eigentlich einen Besucher durch die Ausstellung führt. Wir waren ganz schnell, wir haben es wirklich nur angerissen und es hat eine Dreiviertelstunde gedauert. Das heißt, die Ausstellung gibt locker genug Stoff her, das man auch 90 Minuten oder 2 Stunden hier verbringt, wenn man sich intensiv damit beschäftigen möchte.
Dr. Lunow: Ich hoffe aber, dass man deshalb auch öfters reingeht. Dass man nicht nach dem ersten Mal fertig ist, sondern dass man immer mal wieder etwas Neues entdecken kann.
Martin Sinken: Lass uns doch mal hochrechnen, was das an maximalen Besucherzahlen im Jahr bedeutet. Das hab ich noch nicht getan.
Dr. Lunow: Ich wage da noch keine Prognose. Es wird sicherlich in den Zehntausenden sein, aber ob das nun 30.000, 40.000 oder 50.000 sein werden, das muss man mal schauen. Das hängt mit Sicherheit auch davon ab, wie sehr wir uns um das Museum kümmern, wie weit wir es nach vorne bringen. Es hat es auf jeden Fall verdient, dass viele, viele Besucher kommen.
Martin Sinken: Das sicherlich.
schwatzgelb.de: Eine Frage aus unserem Forum: Es hieß ja, die Spender kriegen eine Jahreskarte und es kam die Frage auf, wann diese verschickt werden.
Dr. Lunow: Es ist so, dass diese Zusage nicht von mir oder anderen Vorstandsmitgliedern stammt, sondern der ehemalige Vorstand der Fanabteilung hat dies in Unkenntnis des steuerlichen Spendenrechts einem Kreis von etwa 200 Spendern versprochen. Es ist aber ganz einfach. Spenden, für die ich eine Gegenleistung bekomme, sind keine Spenden mehr. Wir werden die betroffenen Fans anschreiben. Ich bin sicher, dass wir dabei auf großes Verständnis treffen werden.
schwatzgelb.de: Gibt es denn auch die Möglichkeit, eine Jahreskarte zu erwerben, so dass man immer wieder hingehen kann?
Dr. Lunow: Wir haben uns da bisher noch keinen Preis ausgedacht, aber das ist eine super Idee. Wir sind erst einmal froh, wenn wir die Eröffnungswochen hinter uns haben und dann wird sich das entwickeln. Aber warum sollte es das nicht geben? Also ich bin hier bestimmt alle 14 Tage drin (lacht).
schwatzgelb.de: Und wie sind die Öffnungszeiten des Borusseums?
Dr. Lunow: Die Öffnungszeiten werden von 10.00 - 18.00 Uhr sein. Und zwar jeden Tag. Also auch sonntags.
schwatzgelb.de: Und was kostet der Eintritt?
Dr. Lunow: Der Eintritt wird 6 € für Vollzahler betragen und ermäßigt 4 € für Schwerbehinderte, Studenten, Schüler und diesen Kreis.
schwatzgelb.de: Die ersten Wochen wird es ja nur Führungen geben. Wissen Sie schon, wie der Verkauf angelaufen ist?
Dr. Lunow: Ab heute werden in allen BVB-Vorverkaufsstellen Karten für die Eröffnungswochen verkauft, ich kenne da aber noch nicht den Stand. Es wird so sein, dass es jeden Tag eine Führung um 11.00 Uhr gibt. Beginnend am 20.12.08 bis hin zum 18.01.09. Sollten sich Gruppen anmelden - das Kontaktformular dafür befindet sich auf der Homepage - und den Wunsch haben, zum Beispiel am 05.01. um 15 Uhr mit seinem Fanclub dort eine Führung zu erleben, dann wird man sich mit demjenigen in Kontakt setzen und wir werden das sicherlich auch möglich machen. Es ist nur so, dass wir die ersten vier Wochen, also bis einschließlich 18.01.09, das alles in geordneten Bahnen haben wollen und deshalb nur geführte Touren machen. Aber in diesem Fall kostet dann die Museumstour nichts extra, die Führung ist im Preis inbegriffen. Später wird die Museumsführung noch zusätzlich etwas kosten. Ab 19.01.09 gibt es die Eintrittskarten nur noch direkt am Eingang im Fanshop des August-Lenz-Hauses.
schwatzgelb.de: Ist dies auch mit der Stadionführung verbunden?
Dr. Lunow: Dies ist bisher nur eine Führung im Museum, und in dieser Form auch nur auf die ersten Wochen beschränkt. Abgesehen davon ist das Interesse sehr groß, und es hat aus unserer Sicht wenig Sinn, mehrere hundert Leute in einem Museum haben, dass gerade eben erst eröffnet ist. Selbstverständlich werden nach diesen Eröffnungswochen auch sogenannte Kombitickets angeboten, also Stadion- und Museumsführung als eine Einheit.
schwatzgelb.de: Werden denn weiterhin noch Exponate gesucht? Wenn ja, was?
Martin Sinken: Was die eigentlichen historischen Inseln angeht, sind wir mittlerweile ganz gut bestückt und auch sehr zufrieden. Allerdings ist noch ein Bereich vorhanden, der auf Wachstum ausgelegt ist, und das betrifft die Kammer der Fangeschichten und -rituale. Dort haben wir insgesamt 63 Fächer zur Verfügung, von denen bisher jedoch nur ein Drittel gefüllt ist. Das ist ganz bewusst so entschieden worden, weil wir glauben, dass viele Menschen in das Museum kommen werden, denen dort erst auffällt, dass sie selbst doch auch solche besonderen Geschichten zu erzählen haben. Von daher existieren in diesem Bereich noch etwa 40 freie Fächer, in denen das Museum in Zukunft noch wachsen kann.
schwatzgelb.de: Wie wäre das dann geregelt? Können die Interessenten ihre Exponate direkt im Museum abgeben?
Martin Sinken: Wir überlegen momentan noch, wie wir das genau machen werden. In der Kammer wird es sicher eine Aufforderung nach dem Motto „Hier könnte auch deine Fangeschichte stehen" geben, aber darüber, wie wir letztlich die Geschichten entgegennehmen, ist noch keine Entscheidung gefallen. Wahrscheinlich wird man das bei Interesse zunächst per E-Mail besprechen. Neben diesen „realen" Geschichten werden wir auch ein Computerterminal einrichten, wo Besucher ihre Geschichte direkt eintippen und für spätere Leser zurücklassen können. Das ist aber kein Exponat im eigentlichen Sinn, sondern eine Erinnerung, die man hinterlässt.
schwatzgelb.de: Noch eine Frage aus dem Forum: Wann erhalten die Spender ihren Borusseum-Pin?
Dr. Lunow: Eigentlich müssten alle Spender, zumindest die ersten 500, ihre Unterlagen mittlerweile erhalten haben. Es hat sich leider alles verzögert, da wir aus Kostengründen das Gründerzertifikat, den Pin und die Spendenquittung gemeinsam verschicken wollten.
schwatzgelb.de: Wer kommt denn zur Eröffnung?
Dr. Lunow: Zum einen haben wir die all diejenigen eingeladen, die bei der Erstellung geholfen haben: Viele Leute aus der Fanabteilung, aus der Projektgruppe Tradition, die Leute, die die Becheraktion gemacht haben, diejenigen, die die Internetseite betreut haben. Ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe. Erst vorhin habe ich noch mit der Fanabteilung telefoniert, und die haben mir eine Person genannt, der noch keine Post erhalten hatte. Ich selbst kann gar nicht beurteilen, wer wie viel beigetragen hat, aber es wird sicherlich eine Eröffnungsfeier werden, an der sehr viele Fans teilnehmen werden und nicht nur die Personen aus dem öffentlichen Leben. Natürlich sind diese Leute auch eingeladen, das gehört dazu, aber es ist bestimmt eine Premiere, dass so viele mitarbeitende Fans bei solch einer Eröffnung teilnehmen.
schwatzgelb.de: Wie viele Gründerzertifikate sind mittlerweile denn verkauft?
Dr. Lunow: Ich schätze, dass beim Start des Museums etwa ein Drittel verkauft sein wird. Wir haben insgesamt 3.000 Stück zur Verfügung, und ich mache mir auch keine Sorge um den Verkauf der restlichen Zertifikate. Wenn die Besucher erst einmal kommen, dann werden sie sehen, dass sie sich hier verewigen können und nicht nur für 50 oder 100 Jahre, sondern wirklich solange wie das Borusseum stehen wird. Auch für Fanclubs ist das eine ideale Geschichte, wenn man 20 Mitglieder hat, dann ist das bei 109,09 € fast eine Pflicht, dass man sich hier herein setzt. Eine schöne Idee, auf die mich jemand anderes gebracht hat, ist außerdem hier seinen Eltern zu gedenken. Ich habe das selbst mit meinem Vater schon gemacht und auch mit meinen Onkel Willi, durch den ich überhaupt erst zu Borussia gekommen bin. So gesehen sind 3.000 Namensschilder wahrscheinlich auf Dauer eher zu wenig.
schwatzgelb.de: Wie viele Bodenplatten sind mittlerweile verkauft?
Dr. Lunow: Es sind jetzt nur noch etwa sechs von ursprünglich 80 Platten übrig.
schwatzgelb.de: Also konnte beim Ausbau des Borusseums die große Lösung realisiert werden?
Dr. Lunow: Das ist richtig, wird sind jetzt bei Ausgaben für die Ausstattung von etwa 700.000 €, und wir werden dieses Geld rein über Spenden eingenommen haben. Das bezieht große Spenden wie von Evonik, aber auch kleinere Spenden wie über die Bechersammlungen mit ein. Und das ist schon eine enorme Leistung, dass man ein so schönes Museum rein über Spenden und ohne Geld aus den Mitgliedsbeiträgen realisieren konnte. Natürlich muss man auch der KGaA einen Dank aussprechen, die uns hier die Räume für eine Dreiviertelmillion Euro zur Verfügung gestellt hat. Was man hier also nun sehen kann, hat in etwa den Gesamtwert von 1,5 Millionen €.
schwatzgelb.de: Zahlt der e.V. also Miete?
Dr. Lunow: Ja. Wir haben die Räumlichkeiten für einen sehr langen Zeitraum bei der KGaA angemietet.
schwatzgelb.de: Kommen wir jetzt zu den Hundert Jahren BVB. Vorhin gab es ja die Pressekonferenz, was halten Sie vom Logo?
Dr. Lunow: Eigentlich bietet es sich es an, wenn man eine Hundert hat und ein rundes Logo hat, dass es in die mittlere Null kommt. So gesehen ist es eine organisch gewachsene Sache. Das Logo gibt es ja in verschiedenen Versionen. Ich persönlich habe natürlich eine Lieblingsversion, aber es ist halt Geschmacksache. Insgesamt gesehen finde ich das Logo aber richtig klasse.
schwatzgelb.de: Es wurden ja noch mehrere Aktionen vorgestellt, unter anderem am 19.12.2008 die Eröffnung hier. Wird es auch Aktionen bezüglich der 100 Jahre BVB innerhalb des Borusseums geben? Oder bleibt es bei der Ausstellung?
Dr. Lunow: Angedacht sind z. B. sogenannte Traditionsabende. Wie das genau funktioniert, dass werden wir dann noch schauen. Aber eigentlich soll jeden Monat ein Traditionsabend stattfinden. Es wird sich automatisch ergeben, dass hier, wo jetzt die Keimzelle der Tradition im Stadion zu sehen ist, dass man alles, was mit Tradition zu tun hat, auch hier stattfinden lassen wird.
schwatzgelb.de: Eine Frage an beide: Was bedeuten Ihnen die 100 Jahre BVB?
Dr. Lunow: Für mich ist es ein Traum. Wenn mir vor zehn oder fünfzehn Jahre gesagt hätte, dass ich aktiv dabei sein kann, wenn mein Verein 100 Jahre alt wird, den hätte ich für verrückt erklärt. Das gibt es nur einmal, das wird es nie wieder geben.
Martin Sinken: Ich finde es den perfekten Zeitraum, vorher das Borusseum zum 99-jährigen fertig zu stellen. Damit man es zum 100-jährigen stehen hat.
schwatzgelb.de: Herr Dr. Lunow, Sie waren jetzt drei Jahre im BVB-Vorstand, was bleibt Ihnen bis jetzt in Erinnerung?
Dr. Lunow: Was bleibt in Erinnerung? Ich war vorher „nur" Fan - „nur" in Anführungsstrichen. Es gibt aber Situationen, wenn man sich mit den Problemen des Vereins beschäftigt, in denen das Fansein schon in den Hintergrund tritt. Manchmal fragt man sich dann, warum bist du nicht einfach Fan geblieben? Du hast diese gewisse Naivität dann, die gibt dir auch Lebensqualität, aber dann kommt es immer wieder zu Situationen, das ist genau der Moment, warum du es gemacht hast, dafür hat es sich gelohnt. Wenn man dann das als Summe sieht, waren die Momente, wo es sich gelohnt hat, deutlich größer. Und deshalb habe ich auch, als man mich gefragt hat, ob ich es weiter machen will, gerne zugesagt. Es ist halt mein Leben.
schwatzgelb.de: Wie können Sie denn Ehrenamt und Beruf unter einem Hut bringen?
Dr. Lunow: (lacht) Das fragen mich viele. Es ist gerade jetzt in der letzten Zeit mit der Entwicklung des Borusseums sicherlich nicht leicht gewesen, aber das trifft ja viele Ehrenämtler, das sie den Beruf dann etwas zurückstehen lassen müssen. Ich mache es freiwillig, mich hat niemand dazu gezwungen und das schöne für mich ist: Ich habe zwei Leben. Ich habe mein Leben als ärztlicher Leiter einer Praxisklinik, wo die Leute mich nur als Arzt definieren. Es ist sehr selten, dass ich dort auf Fußball angesprochen werde und wenn ich mich dann ins Auto setze und hier bin, definieren mich die Leute über Fußball. Da das zwei völlig getrennte Leben sind, kann ich mich in dem einen Leben von dem anderen erholen und dadurch geht das.
schwatzgelb.de: Wie sieht im Moment die Mitgliederentwicklung aus? Wie viele Mitglieder hat der BVB? Gut 32.000 oder?
Dr. Lunow: Ja, es werden jetzt am Ende des Jahres ungefähr wieder 32.000 sein, weil wir etwa 1000 Mitgliedern kündigen müssen, weil sie nicht gezahlt haben und 1000 Mitglieder selber gekündigt haben. Dennoch ist es ein enormer Anstieg, seit wir die Mitgliederwerbekampagnge haben. Das sind fast 11.000 neue Mitglieder. Die Mitgliederentwicklung ist sehr, sehr positiv.
schwatzgelb.de: Was ist für die nächsten Jahre geplant, damit mehr BVB-Fans in die Vereinsarbeit integriert werden?
Dr. Lunow: Ich sagte es ja bereits. Mich hat niemand gezwungen und man kann auch niemanden zwingen, aber es ist wirklich erstaunlich, wie viele BVB-Fans es gibt und wie klein der Kreis derer ist, die wirklich aktiv sind. Wenn man hier drei Jahre unterwegs ist, kennt man jeden, man kennt jedes Gesicht, derjenigen, die ehrenamtlich aktiv ist. Aber nun gut, man kann niemanden zwingen, es muss ja von einem selber kommen, um für sich die Entscheidung zu treffen:„Ich tue etwas für den Verein."
Dr. Lunow: Dieses Thema beschäftigt mich nun auch schon lange und es ist immer dieselbe stereotype Antwort, die ich geben muss, und die ist auch ehrlich. Wir stehen als e.V. immer noch auf einer wackeligen Basis wegen der Altlasten. Dem e.V. ist mal ein Kredit durch diese Pre-IPO-Vereinbarung in Höhe von 8 Millionen mit der WGZ Bank aufgehalst worden. Inzwischen sind wir durch verschiedenste Maßnahmen runter auf 2,8 Millionen. Aber auch 2,8 Millionen - das sind 5,6 Millionen DM - sind für einen Verein mit 30.000 Mitgliedern Wahnsinn. Die Frage, die sich immer stellt ist: Gebe ich diesem Personenkreis, also Schülern, Studenten, Rentnern, eine Ermäßigung, wie jetzt zum Beispiel den Jugendlichen? Ich habe das immer wieder von der Finanzabteilung hochrechnen lassen, wir haben ja die Altersstruktur, und was dabei rauskommt, wenn wir das so und so machen. Aber solange wir den Kredit in dieser Größenordnung haben, wird es enorm schwierig, an der Staffelung etwas zu ändern. Im Moment wäre das Harakiri.
schwatzgelb.de: Kommen wir langsam zum Schluss. Herr Dr. Lunow, was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche für das Jahr 2009?
Dr. Lunow: Was Borussia angeht wünsche ich mir, das im sportlichen Bereich die sehr erfolgversprechende Entwicklung fortgeführt werden kann und dass es im Finanzbereich, sowohl im e.V. als auch in der KGaA, weiter so aufwärts geht wie bisher. Letztendlich ist das Allerwichtigste aber immer die persönliche Sphäre, und da wünsche ich mir, dass meine Familie und alle mir Nahestehenden gesund bleiben. Als Arzt weiß ich zur Genüge, wie von einer Sekunde zur anderen alles, was vorher wichtig war, unwichtig werden kann. Ein Gesunder hat tausend Wünsche, ein Kranker nur einen.
schwatzgelb.de: Ein schönes Schlusswort, vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Lunow! Vielen Dank, Herr Sinken!
Bericht über die Eröffnung des Borusseums