Im Gespräch mit...

...Olaf Suplicki (Teil 2): "Da muss man auch mal bereit sein, so eine Pille zu schlucken"

25.10.2007, 00:00 Uhr von:  CHS Arne
...Olaf Suplicki (Teil 2): "Da muss man auch mal bereit sein, so eine Pille zu schlucken"

Jetzt geht es ans Eingemachte: Olaf Suplicki nimmt im Gespräch Stellung zur Kritik an seiner Person, den brisanten Interviews über Delron Buckley und Bert van Marwijk, zu VIP-Raum-Aufenthalten, Sponsorenaktivitäten der Fanabteilung und der neue Riesenfahne vor der Südtribüne.

schwatzgelb.de: An der Fanabteilung hat es in den letzten drei Jahren auch immer wieder Kritik gegeben. Teilweise Kritik an der Fanabteilung an sich, teilweise aber auch sehr starke Kritik an Dir persönlich. Ich erinnere da an das Buckley- Interview, aber auch an die Stellungnahme zu Bert van Marwijk. Rückblickend betrachtet: Würdest Du alles noch mal genau so machen und war die Kritik überzogen? Oder war sie doch berechtigt? Wie hast Du beide Situationen erlebt?

Olaf Suplicki: Also, zunächst mal fange ich mal mit der „Buckley-Geschichte“ an. Die war eine Zerreißprobe für die Fanabteilung. Die Fanabteilung war noch sehr jungfräulich, und dann kommt da einer hin und reißt die Klappe auf. In einer Art und Weise, wo ich heute sage, das gehört sich eigentlich gar nicht und das kannst du als FA-Vorsitzender gar nicht machen. Würde ich heute, im Nachgang, auch gar nicht mehr so machen. Damals, wohlgemerkt im Nachgang betrachtet, war das genau die richtige Sache zum richtigen Zeitpunkt. Weil plötzlich alle hellhörig wurden. „Fanabteilung? Was ist das denn? Da gibt es Fans, die sagen plötzlich was.“ Ob das der Mehrheit gefallen hat oder nicht, das sei mal dahingestellt. Der persönliche Angriff gegen Buckley war ja auch nur ein Teil dieses Interviews. Ich habe damals gesagt, wir brauchen eine Umschuldung. Wir müssen jetzt 25 Millionen mehr aufnehmen und müssen zusehen, dass die Schulden an eine Stelle kommen. Da bin ich fast für gesteinigt worden! Da sehe ich noch die Zeitungsüberschriften in den Ruhr Nachrichten: „Wie kann man so was sagen? Neue Schulden fordern in so einer Situtation?“. Kein halbes Jahr später ist genau das eingetreten, was ich da gesagt habe! Wir haben 25 Millionen neue Schulden aufgenommen, um das Stadion letztendlich wieder zurückzubringen. Wir haben eine Umschuldung vorgenommen, damit du nur noch an einen bezahlst, und nicht an Bauunternehmer Sale und Hinz und Kunz, bei denen Niebaum und Meier sich Geld geliehen haben. Mit Buckley habe ich danach gesprochen und der tat mir schon leid. Er ist ein sehr sensibler Mensch und da bin ich auch über das Ziel hinaus geschossen. Sehe ich auch so. Für die Fanabteilung war es sicherlich nicht falsch, weil wir uns auch dadurch einen gewissen Respekt erarbeitet haben. Auch im Umgang mit der Situation dann. Es wäre einfach gewesen jetzt zu sagen, der Suplicki tritt zurück und haut ab. Nein, aber auch meine Vorstandskollegen, gerade Reinhard Beck als Erster Vorsitzender, haben sich da vor mich gestellt und gesagt: „Nö, der macht hier so eine gute Arbeit und da steht ihm das auch mal zu, da auch selbst mal was zu zu sagen.“ Von daher war es damals zu dem Zeitpunkt für die Fanabteilung richtig und wichtig, menschlich gegenüber Buckley war es eine ganz schlechte Nummer. Würde ich auch nie wieder so tun - ich würde nie wieder einen Spieler in der Öffentlichkeit so angreifen.

schwatzgelb.de: In dem Fall heiligt der Zweck also nicht die Mittel?

Olaf Suplicki: Auf keinen Fall. Und die zweite Nummer war ja eigentlich die mit Bert van Marwijk. Da muss man auch mal zugestehen, dass jemand wie ich so eine Äußerung macht, der tagtäglich Borussia lebt und der plötzlich seinen Verein den Berg runterfahren sieht. Und das nicht im Schneckentempo, sondern rasend gegen eine riesige Mauer. Und wenn ich dieses ganze Rumgehampel dann gesehen habe, diese elende Pressekonferenz. „Ja, wir sind die besten Freunde und wir machen bis nächstes Jahr weiter“. Ich habe schon gegen Mainz gesagt „Was passiert hier, was ist hier los? Das geht nicht gut.“ Und dann kriegst Du dieses Pokalspiel gegen Hannover zu Hause, wo Du aus dem Pokal ausscheidest. Erbärmlichen Fußball spielst. Dann platzt Dir irgendwann der Kragen. Und dann fahre ich nach Gelsenkirchen und verliere da wieder 3:1, was für jeden Borussen die Hölle ist, da überhaupt zu spielen und dann auch noch zu verlieren. Du siehst eine leblose Mannschaft. Ich sehe da einen Alex Frei, der da den Anschlusstreffer macht, wo aber vorher schon seine Tafel in den Wind gehalten wird, dass er gleich ausgewechselt werden soll. Wir haben eine Weihnachtsfeier der Fanclubs, wo dann Spieler da stehen, mit Tränen in den Augen, und mir erzählen wie scheiße doch alles ist. Es gab allerdings auch im Nachgang Spieler, die mir dann gesagt haben, das war scheiße, was ich gemacht habe. Überhaupt keine Frage. Da war auch sicherlich eine Spaltung innerhalb der Mannschaft da. Nur ich konnte dieses Rumgeeier nicht mehr ertragen. Der ganze Frust hat sich dann gegen Leverkusen entladen, wo ich mich ernsthaft auch für unsere Fans geschämt habe. Wo ich gesagt habe „Es ist alles ok, Kritik an der Mannschaft üben, pfeifen, wegdrehen, alles noch wunderbar.“ Aber was da dann passiert ist, dann auch noch so einen Retortenverein wie Bayer Leverkusen zu feiern - das ging dann auch selbst mir dann zu weit. Ich denke, das war so ziemlich das Schlimmste. Die Buckley- Ding war dagegen noch eine kleine Nummer. Aber die van Marwijk-Nummer hat mich schwer Nerven gekostet. Hat mich viele schlaflose Nächte gekostet. Und ich wusste zum Schluss gar nicht mehr, lieg ich mit der Geschichte richtig oder nicht. Also, im Nachgang würde ich auch da sagen „Lieber mal die Fresse halten“ und nichts sagen. Der Fanabteilung hat es in dem Falle nichts gebracht. Es hat Borussia Dortmund vielleicht die Veränderung gebracht, dass der Trainer schneller gewechselt wurde. Weiß ich nicht, will ich auch gar nicht behaupten, dass ich da so ein Anstoß war. Die ganze Nummer stand Borussia Dortmund schlecht zu Gesicht, so darf sich ein Verein nicht präsentieren, und so darf sich gerade Borussia Dortmund nicht präsentieren. Und schon gar nicht eine Fanabteilung. Das habe ich auch nachher intern bei uns gesagt, dass war keine gute Zeit. Das war ganz schlecht. So und ich habe dann eigentlich gehofft, nachdem Röber kam, dass es richtig war, den Weg zu gehen. Und plötzlich siehst du, dass die Mannschaft dann wieder zusammenbricht und mit dem Mann auch nicht klar kommt. Warum auch immer. Das lasse ich mal dahingestellt. Und dann zweifelst Du schon, was hier überhaupt los ist. Und dann kriegst Du plötzlich dieses Spiel in Bielefeld, wo du von innen zerfressen wirst. Da fragst Du Dich: “Was ist denn jetzt los? Wir wollten in den Uefa-Cup, wir haben eine Top- Mannschaft und wo stehen wir? Was ist hier los?“ Die Leute total zerstritten. Jeder erzählt wieder irgendeinen Quatsch. Gerade in dieser schwierigen Phase lernst Du dann aber auch Leute kennen, wo du sagst, auf die kannst Du Dich verlassen.

"Mir ist es scheißegal, ob ich 100mal in der Zeitung stehe"

schwatzgelb.de: Seit diesen beiden Interviews bist Du jedenfalls eine Reizfigur. Es gab und gibt Vorwürfe, Du wärst nicht kritikfähig und hättest auch aus dem Fehler des Buckley-Interviews nicht gelernt

Olaf Suplicki: Ich hätte es mir auch einfach machen können und einfach sagen: „Ich bin ehrlich. Ich bin ja nur ein normales Mitglied. Ich mache das Ganze ehrenamtlich. Ich schmeiße die Klamotten jetzt hin“. Im Gegenzug wird Dir als Dankeschön noch unterstellt, Du bist mediengeil und Du würdest so gerne in der Zeitung stehen. Ich sag mal, wer so ein Ding macht, wie der Vorsitzende einer BVB-Fanabteilung zu sein, und möchte nur gerne in der Zeitung stehen, der soll sich am besten gleich verabschieden. Das macht keinen Sinn. Mir ist es scheißegal, ob ich 100mal in der Zeitung stehe oder einmal oder keinmal. Das ist mir völlig egal. Mir geht es um Schwarzgelb und Borussia Dortmund. Sonst hätte ich das ganze Ding gar nicht angefangen. Natürlich, was ich zugeben will: Als ich bei der Gründung der Fanabteilung angesprochen wurde durch die Initiatoren – Du warst ja dabei, Arne – ob ich da mitmachen will, da hatte ich natürlich noch eine offene Rechnung mit Herrn Meier, unter dem ich meine Fanarbeit, die ich vorher auch erfolgreich gemacht habe, beendet habe. Da wollte ich schon beweisen, was man hier mit den Fans und dem Potential auf die Beine stellen kann. Na klar, das gebe ich auch gerne zu. Aber andere Beweggründe hatte ich nicht, außer diesem Verein zu helfen. Ich hätte es damals auch einfach machen können. Ich hätte auch einfach Herrn Meier nach dem Mund reden können und hätte die Meisterschale hochgehalten und hätte schön mit allen gefeiert. Leider habe ich aber den Finger in die Wunde gelegt. Es hat mir nur aber keiner zu gehört. Jetzt hast Du eine Fanabteilung und da hören Dir die Leute plötzlich zu. Und denken zumindest schon mal nach, ob da was dran sein könnte. Kritiker gibt es immer wieder. Damit muss man auch leben. Du versuchst immer, Dein Bestes zu geben und das Beste für Borussia zu erreichen, aber es wird immer Kritiker geben. Das ist auch in Ordnung, die Kritiker sind auch immer gerne gesehen - wenn sie denn fair sind. Und wenn sie konstruktiv sind. Wenn mir jemand sagt, „Pass mal auf, das und das ist scheiße, ich würde vorschlagen, denk doch mal darüber nach, ob man es nicht so oder so machen kann“, dann ist das für mich ok. Wenn ich aber Heckenschützen habe, die in verschiedenen Foren im Internet unter aller Kanone über anstatt mit einem zu reden, dann macht mich das schon wütend. Aber mittlerweile, das muss ich auch sagen, bin ich in den drei Jahren Fanabteilung auch in diesem Punkt abgestumpft, so dass ich das auch gar nicht mehr wahrnehme. Da kann jeder erzählen, was er will. Das interessiert mich nicht. Ich glaube, dass ich immer das Beste für Borussia versuche, und ich habe die Unterstützung durch unseren Vorstand und auch durch den Fanbeirat. Und der Erfolg der Dinge gibt Dir den inneren Schub, da noch mal eine Schüppe drauf zu legen und immer weiterzumachen. Das ist das, was dich treibt. Das ist die treibende Feder. Und da bin ich auch stolz drauf. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Das, was da in der Fanabteilung passiert ist, dass finde ich total klasse. Ich habe viele neue Freunde dadurch gefunden. Das ist ja im Übrigen auch das, was Borussia Dortmund immer auszeichnet: Du findest immer wieder Freunde. Du findest interessante Leute, mit denen Du zusammen kommst, der Verein bindet das zusammen. Und das findest Du nirgendwo sonst. Daher habe ich auch nicht bereut, dass gemacht zu haben. Es waren schwierige Dinge dabei, aber Du lernst eine Menge dazu. Für Dein Leben und auch an Menschenkenntnis und wie Du mit Leuten umgehst. Auch wenn Du mit dem Präsidenten Rauball und dem Hans- Joachim Watzke zusammen bist, lernst du jeden Tag viele neue Dinge dazu. Wenn man dafür offen ist, dann ist das eine tolle Geschichte. Und dich denke, da haben wir alle viel dazu gelernt. Ob das jetzt Reinhard ist, ich ganz sicher oder auch die Leute im Fanbeirat. Wir haben alle viel dazu gelernt. Das ist schon toll.

schwatzgelb.de: Du hast ja gerade selber angesprochen, dass Dir eine gewisse „Mediengeilheit“ angedichtet wird. Weitere Kritik an Dir ist ja auch, dass Du profilneurotisch bist und ständig im VIP Raum rumhängen würdest. Jetzt ist mal die Gelegenheit, damit aufzuräumen…hängst Du zu viel im VIP-Raum rum?

Olaf Suplicki: Natürlich bin ich auch im VIP-Raum. Ich bin aber auch genauso viel auf der Südtribüne. Und das registriert überhaupt niemand. Ich bin auch vor den Spielen am Infostand. Das registriert aber auch keiner. Und wenn ich dann nach dem Spiel oben im VIP Raum unterwegs bin, dann sagen alle „Oh, guck mal da, mit Udo Jürgens pissen gehen, das ist sein Ding!“. Darum geht es gar nicht - sich da mit irgendwelchen Leuten abzugeben. Aber wenn ich sehe, welchen Kontakt wir zum DFB dadurch bekommen haben, sprich zu Theo Zwanziger. Wenn ich sehe, wie wir auf Sponsoren einwirken können…Das möchte ich auch mal sagen. Wie finanziert sich eine Fanabteilung? Die greift nicht die Mitgliedsbeiträge des e.V. ab, der verschuldet ist wie sonst was. Wir finanzieren uns selbst. Und da bin ich verdammt noch mal auch dazu gezwungen, mit Sponsoren zu reden. Und du bist auch Repräsentant, wenn Du Abteilungsleiter der Fanabteilung bist. In gewisser Weise Repräsentant der Fans, der dort auch mal auftreten muss. Und wenn ich sehe, dass wir von der RAG vielleicht 80.000 bis 90.000 Euro als Unterstützung für unsere Zugfahrten und die Arbeit der Fanabteilung bekommen haben. Wenn ich sehe, dass wir mit Warsteiner einen Partner gefunden haben, der zum Beispiel die Gläser für die Saisoneröffnung gemacht hat. Das kommt doch nicht von ungefähr! Das kommt doch daher, weil du mit den Leuten sprichst! Und, was auch noch ganz entscheidend ist: Viele der BVB-Mitarbeiter, ob dass jetzt ein Herr Knipping ist (Leiter Finanzen des BVB, Anm. d. Red), ein Dr. Hockenjos (Leiter Organisation), ein Carsten Cramer im Bereich Sport Five ist, die arbeiten alle die Woche über auch, da hast du wenig Möglichkeiten, dich mit ihnen zu treffen. Also triffst Du die Leute am Spieltag. Und die halten sich nun mal alle in den Stammtischebenen auf. Da kannst Du auch noch Gespräche führen. Ich bin ja auch nicht drei Minuten vor Spielbeginn da, schmeiß meinen Mantel auf den Haken, gehe dann auf den Ledersitz und guck das Spiel. Ich bezahle meine Dauerkarten selber. Das glaubt ja auch keiner! Ich habe zwei Dauerkarten im Block 25, Reihe 38, die kosten 436 € pro Stück, da habe ich eine für meinen Sohn und eine für mich, die bezahle ich selber. Die kaufe ich. Das wäre jetzt auch einfach zu sagen, „Ich lasse mir jetzt zwei VIP Karten, oder zwei Freikarten von Borussia geben“. Nein, ich will die Unabhängigkeit haben. So dass ich mich bei niemanden bedanken muss und immer meine Meinung sagen kann. Dazu gehört, dass ich mir meine Karten selber kaufe. Aber es gehört auch genauso gut dazu, dann auch mal da oben zu sein und mit den Leuten zu reden, die entscheidend sind, um etwas für die Fanabteilung zu bewegen. Das ist hundertprozentig so. Oder mit anderen Fanabteilungen: Da sagt ja auch keiner was. Wir laden die Frankfurter oder die Hamburger ein, die kommen hier runter und dann haben wir für die Jungs, weil die es umgekehrt auch so machen, Stammtischkarten für das Spiel. Und dann setzen wir uns mit denen oben an einen Tisch, trinken ein Bier und bereden mal die Dinge, wie sie im Augenblick sind. Zum Beispiel über Unsere Kurve, den der HSV Supporters Club, die Eintracht Frankfurt Fanabteilung und unsere Fanabteilung ins Leben gerufen haben. Das gehört einfach dazu. Da musst Du auch mal vor Ort sein. Und dann glaubt ja auch keiner, was so Sponsoren teilweise für Ideen entwickeln. Wenn Du da nicht mal hingehst und dann sagt Sportfive zu Dir: „Rede mal mit dem, der hat das und das vor, das können wir doch gar nicht machen!“ Und dann gehst Du da hin und sagst, „Hallo, Fanabteilung, das und das sind unsere Ideen, die funktionieren auch. Das andere lässt du besser sein.“

schwatzgelb.de: Ihr besprecht mit den Firmen, was sie machen können und was nicht?

Olaf Suplicki: Es gibt natürlich auch beratungsresistente wie Signal Iduna im Falle Heidi Klum. Da kann ich drei Wochen vorher erzählen, „Macht doch bitte so was nicht!“. Mit diesem Topmodel-Scheiß. Da hört Dir keiner zu. Da hört Dir definitiv keiner zu! Die machen dann ihr Ding, weil es ja auch schick ist, sich mit Heidi Klum zu zeigen. Ja, da bin ich außen vor. Aber ich kann es ja wenigstens versuchen, etwas Positives zu bewirken. Da musst Du auch mal da oben sein und da oben auch Gespräche führen, und so habe ich auch mal die Möglichkeit, Dr. Rauball zu treffen. Da habe ich auch mal die Möglichkeit, zwischendurch mit Aki Watzke zu sprechen. Das sind ganz wichtige Dinge und Gespräche, die da auch geführt werden. Und da geht es nicht darum, in „Schickimicki“ zu verfallen. Das liegt mir völlig fern. Ich würde mir auch nie eine Karte für da oben kaufen. Erstens sind sie viel zu teuer, das könnte ich mir gar nicht leisten, und zweitens ist das auch nicht mehr Fußball pur. Manchmal, sag ich auch ganz ehrlich, sehne ich mich auch danach zurück, mit meinem kleinen Sohn das Auto zu Hause zu lassen und mit der S-Bahn ins Stadion zu fahren, eine Wurst zu essen, ganz normal zum Spiel zu gehen und dann wieder nach Hause zu fahren. Es ist zurzeit so, dass ein Bundesligaspieltag auch Arbeit ist. Die einzige Freizeit, die du hast, ist zwischen Anpfiff und Abpfiff, wo du sagst, da kannst du mal richtig Vollgas geben und kannst dich ausleben.

"Irgendwann sagt Du auch: Interessiert mich nicht, sollen die Leute reden."

schwatzgelb.de: Aber ist das gut, wenn der Vorsitzender der Fanabteilung so oft im VIP-Raum ist?

Olaf Suplicki: Man muss natürlich auch sagen: Als Fanabteilung bist Du vielleicht nicht nur zuständig für die Fans auf der Südtribüne, sondern da hast du auch noch ganz viele auf der Sitzplatztribüne und Du hast auch Fans, die oben im VIP Bereich sind. Das darf man auch nicht vergessen. Das sind ja auch nicht nur Firmen, die sagen, ich will mich da repräsentieren und Kunden einladen, sondern es sind auch ganz viele Firmen, die uralt eingesessen sind in Dortmund. Und da sitzen auch Fans. Hinzu kommt, Du triffst ja Leute wie den Ältestenrat. Die haben einen eigenen Raum da oben – ich weiß gar nicht, ob das überhaupt jemand weiß. Die sitzen auch zusammen. Da kannst Du auch Gespräche führen. Da kannst Du auch mal sagen: „Wie ist das mit der Tradition, wie wollen wir das aufleben lassen? Wie gehen wir mit solchen Geschichten um?“. Da sind dann Leute, die bei Borussia Dortmund auch im Wahlausschuss sitzen. Da sind ja jetzt auch, dank der Satzungsänderung, die die Fanabteilung begleitet hat, alle Abteilungsleiter mit vertreten. Ich erinnere mich daran, wie wir die Handballdamen unterstützt haben beim letzten entscheidenden Spiel. Da auch den Bus organisiert haben und solche Geschichten. Das kommt auch nicht von ungefähr. Das kommt auch aus solchen Gesprächen heraus. Ich weiß gar nicht, ob da überhaupt schon mal ein Prominenter herum geflitzt ist, außer vielleicht ein Fußballspieler, aber das interessiert mich herzlich wenig. Für mich geht es eigentlich mehr um Arbeit. Ich bin da mehr mit Gesprächen beschäftigt und rum zu rennen, als das ich da überhaupt etwas essen würde. Ich glaube, ich habe da oben bis auf einen Apfel und einen Wackelpudding noch nie irgendwas zu mir genommen, weil da nicht die Zeit für da ist. Und ich finde es auch nicht gut, wenn man sich da für solche Dinge rechtfertigen muss. Bei dem Einsatz, den man für den Verein zeigt, wäre ich sicherlich unter den Top Ten in Dortmund, der da sitzen und fürstlich speisen dürfte, sogar noch mit Nacktbedienung. Aber ich lege gar keinen Wert auf solche Dinge. Irgendwann sagst du auch: „Das interessiert mich nicht mehr, sollen die Leute reden.“ Wichtig ist, was für die Fanabteilung dabei herauskommt. Die Fanabteilung gewinnt mehr, wenn man da oben auch mal Präsenz zeigt, als das sie verliert.

schwatzgelb.de: Du hast ja vorhin die Sponsoren angesprochen und Euren Kontakt dazu. Da gibt es ja auch Kritik aus Teilen der Fanszene, dass die Fanabteilung sich zu sehr vereinnahmen lässt. Gerade solche Aktionen wie mit der Warsteiner, so ein „Flaschenaufpumpen“ in der Halbzeitpause. Das sind ja gerade Aktionen, diese albernen Spielchen, die man nicht so gerne sieht im Stadion. Warum macht die Fanabteilung so etwas mit? Verstehst Du die Leute, dass sie sagen, dass ist einfach zu viel?

Olaf Suplicki: Es gab Spiele, da kann ich mich entsinnen, wo es wirklich zu viel war. Wo tonnenweise Prospekte verteilt wurden, wo tonnenweise Sitzkissen verteilt wurden. Das wurde schon des Öfteren wirklich übertrieben. Das ist völlig klar, dass die Leute da dann auch verärgert sind. Leider hast Du da als Fanabteilung wenige Möglichkeiten, das ist alles vertraglich geregelt. Und wenn die etwas machen wollen, kannst du höchstens versuchen, es ihnen auszureden.

schwatzgelb.de: Ja, aber das ist doch nur die halbe Wahrheit. An einigen Aktionen wie dem angesprochenen Flaschenaufpumpen für Warsteiner seid Ihr doch sogar aktiv beteiligt gewesen. Da gab es doch die lautesteste Kritik dran.

Olaf Suplicki: Ich glaube, dass es gar nicht so ist. Ich kann euch ja mal sagen, was die Warsteiner ursprünglich an dem Tag vor hatte. Die Idee war, sie wollten dieses Warsteiner „Orange“, dieses neue Bier, präsentieren. Und dazu wollten sie 50.000 Orangen an das Publikum verteilen. Da habe ich gesagt: „Leute, wenn das Spiel nicht so läuft, wie ihr euch das vorstellt, dann habt ihr von den 50.000 Orangen wahrscheinlich 10.000 auf dem Platz liegen. Und das geht überhaupt nicht. Und dann haben wir gesagt „Was können wir da machen? Ok, Ihr wollte Eure Flasche zeigen. Dann pumpt doch da die Flasche auf, lasst das Fanclubs machen und sponsert denen doch mal einen Bus.“ Da hat sich auch keiner irgendwas Großes bei gedacht. Das war aber auch nur eine Aktion in der gesamten Saison, wo wir mal einen Ratschlag gegeben haben, der angenommen worden ist von den Leuten. Wir haben uns da nachher auch irgendwo gar nicht beteiligt. Und wenn ich über den Sommer mit Warsteiner rede, dann haben wir gesagt „Ok, diese goldenen Momente, wo man diesen Fanbus ersteigern kann für Auswärtsfahrten, das haben wir über unsere Homepage publik gemacht“. Warsteiner hat jetzt zur Saisoneröffnung Krüge zur Verfügung gestellt: „Fanabteilung Saison-Eröffnung 2007“. Die haben wir zugunsten des Borusseums verscheuert. Da ist also auch noch Geld wieder für das Borusseum rein gekommen. Noch nicht mal für die Fanabteilung! Und ich denke, dass auch die Betreuung eines Sponsors durch die Fans, an die er letztendlich natürlich heran möchte, auch nicht verkehrt sein kann, wenn man ihm beratend zur Seite steht und ihm sagt, was geht und was nicht. Das Paradebeispiel ist ja die RAG, die sehr stark auf das hört, was wir sagen. Da werden wir immer mit als Erstes gefragt, wenn irgendwas geht. Da versucht man natürlich schon, dass auch möglichst herunter zu fahren und möglichst so hinzukriegen, dass es noch fannah ist und glaubwürdig bleibt. Wenn ich zum Beispiel sehe, was in anderen Stadien passiert, hier nebenan im Bierkasten, die Präsentation von Gazprom, das war ja eine bessere Butterfahrt. Das kannst Du eigentlich nicht bringen. Es geht ja auch darum zu sagen: Kommerzialisierung wirst du nicht verhindern können. Wenn Du über Kommerz im Fußball redest, dann wird der immer da sein. Und den wirst Du nicht verhindern können. Du kannst ihn eindämmen. Du kannst versuchen, ihn möglichst klein zu halten und daran mitzuwirken. Aber Du wirst ihn nicht verhindern können - das geht nicht. Und wir haben natürlich auch Leute in der Fanschaft, die sagen „Interessiert mich gar nicht“, die feiern auch die Blue Man Group, wenn sie auftritt. Und es gibt genauso viel andere die sagen „Finde ich total Scheiße“. Was war das für ein Theater in Foren und überall zur Blue Man Group. Im Stadion selber hat es keiner so empfunden. Das war eine Klasse-Aktion. Außer die, die im internen Kreis sind. Da musst Du auch mal gucken. Du hast nicht nur eine Gruppe von, ich sag mal, 8,9 oder 1000 Leuten, denen Du gerecht werden musst. Sondern Du hast eine Gruppe von 80.000 Leuten im Stadion, denen Du gerecht werden musst. Man muss einen vernünftigen Mittelweg finden. Und ich denke, wir werden mit Sicherheit nicht zu viel Werbung machen. Mit Sicherheit gibt es auch Leute, die sagen „Wir steigen nicht in den Sommerzug ein, weil die RAG den sponsert. Kann ich mit meinen Gewissen nicht vereinbaren.“ Dann sage ich „Ja gut, völlig in Ordnung. Akzeptieren wir auch. Dann bitte müsst ihr euch eine alternative Fahrtmöglichkeit suchen. Dann können wir da auch nichts machen.“ Wir wollen möglichst viele Fans zum Auswärtsspiel bringen und brauchen da auch eine gewisse Unterstützung. Damit dann auch der Preis vernünftig ist. Wenn Du mal siehst: Wir fahren da hin für 25 € inklusive Karte. Wie willst Du das anders machen? Du wirst es nie allen Recht machen können. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass eine Fanabteilung ihr eigenes Profil hat und immer ihren Weg geht, und immer zu 100% den Gedanken im Kopf hat, das Beste für Borussia zu geben. Nicht für die eine Gruppierung oder für die andere Gruppierung, sondern immer das Beste für Borussia. Und diesen Weg musst Du verfolgen.

"Da kann man den Leuten auch nicht helfen"

schwatzgelb.de: Es gibt Deiner Erfahrung nach also Unterschiede zwischen den Sponsoren?

Olaf Suplicki: Wenn ich zum Beispiel Easy Jet nehme: Was haben wir uns über die aufgeregt und versucht, Dinge zu verbessern. Die redeten ja gar nicht mit uns. Nike ist auch so ein Thema. Da hatten wir die Diskussion „gelb-weißes Trikot“ letzte Saison. Da wurde vollmundig gesagt „Die Fanabteilung, die binden wir ein und wir zeigen denen die neuen Vorschläge.“ Von Nike hat bis zum heutigen Tag nicht einer mit uns gesprochen. Nicht einer! Es gibt null Kontakte zu Nike. Es gab danach das Schreiben von uns an Nike, nach dem gelb-weißen Trikot, es gab dieses Schreiben zurück „Wir laden euch ein“ - und danach ist nie wieder was passiert. Da kann man den Leuten auch nicht helfen. Ich kann mich ja nicht aufdringen und sagen ich bestehe darauf. Das kannst Du nicht machen. Aber ich denke, unsere Sponsor-Aktivitäten halten sich schon in Grenzen. Wir haben mit Warsteiner und der RAG zwei Sponsoren in der Fanabteilung, mit denen du den Laden einigermaßen finanzierst. Wo du dann auch mal 50.000 Buttons anfertigen lässt und die dann verteilst. Wo soll das Geld denn herkommen? Nur so waren wir auch stark genug, so eine „Wir sind Borussia- Aktion“ durch zu powern. Dazu brauchst du auch Geld. Sonst hast du die Stärke nicht. um Aktionen zu starten und durchzusetzen. Das ist ganz klar. Und du bist halt auch unabhängig. Der Verein kann dir nicht sagen „Hör mal, wenn du jetzt nicht so schwimmst, dann kürze ich dir dein Budget.“ Das geht nicht, weil wir unabhängig sind. Und wir sind auch unabhängig gegenüber den Sponsoren.

schwatzgelb.de: Läuft man denn nicht Gefahr, sich vor den Karren der Sponsoren spannen zu lassen?

Olaf Suplicki: Diese Abteilung lässt dich vor gar keinen Karren spannen. Zumindest nicht so lange, wie ich Erster Vorsitzender bin. Null! Es gibt keinen Karren, vor den wir uns spannen lassen. Wenn wir gegen Dinge sind, oder meinen, dass Dinge aus dem Ruder laufen, dann werden wir das immer ansprechen. Und wenn ein Sponsor mir sagen würde „Wir haben euch jetzt 10.000 € gegeben, aber dafür erwarten wir XYZ zu machen“, dann würden wir sagen „Ok, damit ist die ganze Sache beendet. Wir buchen das Geld wieder zurück. Das Thema ist erledigt.“ Niemals! Wir lassen uns vor keinen Karren spannen.

schwatzgelb.de: Es gab zuletzt einigen Ärger um die Riesenfahne vor der Südtribüne. Von der Fanabteilung wurde sie ausdrücklich begrüßt und als Geschenk an die Fans gefeiert. Ist das wirklich Eure Meinung gewesen? Ward Ihr Euch nicht im Klaren darüber, wie viel Ärger das Teil erzeugt?

Olaf Suplicki: Gefeiert und begrüßt? Das ist so nicht richtig. Es war der Wunsch des Vereins diese Fahne zu installieren. Ich finde das ganze Theater auch völlig überzogen. Wir reden hier über 90 Sekunden, 20 Minuten vor dem Spiel. Damit kann und muss man Leben. Was auch immer der Beweggrund für den Verein war. Hier wird so viel für die Fans getan, da muss man auch mal bereit sein, so eine Pille zu schlucken. Man muss die Fahne nicht akzeptieren, aber man sollte sie respektieren. Die Entscheidung des Vereins respektieren und ein wenig mehr Vertrauen in die handelnden Personen haben.

Im letzten Teil sprechen wir mit Olaf über Außendarstellung und Postential der Abteilung, seinen angekündigten Rücktritt, mögliche Nachfolger, Basisarbeit, Mitgliederzahlen und mehr. Hier findet ihr den ersten Teil.

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