Spielbericht Jugend

Eine Zugfahrt die ist lustig...

13.03.2006, 00:00 Uhr von:  Tommy
Eine Zugfahrt die ist lustig...
Der Gästeblock in Stuttgart

Bekanntlich führen ja sehr viele Wege nach Stuttgart. Doch welches ist eigentlich die beste Möglichkeit? Etwa mit dem Auto? Wohl nicht bei den aktuellen Spritpreisen. Mit dem ICE? Viel zu teuer. Eine Gruppe von über 40 BVB-Fans entschied sich für die Möglichkeit, welche auch gleich die günstigste darstellte: das Wochenend-Ticket der Bahn AG.

Schon seit einigen Wochen diskutierten zahlreiche Fans im Fan-Forum der BVB-Fanabteilung, aber auch in unserem schwatzgelb.de-Forum über eine mögliche Fahrt nach Stuttgart mit dem Wochenendticket der Deutschen Bahn AG. Diese eher unorganisierten Fans ahnten jedoch nicht, dass sich eine große Anzahl Mitglieder einer Gruppe aus der aktiven Dortmunder Fanszene bereits vor Wochen für eine Anreise mit dem „WET“ entschieden hatte. Grund hierfür war vor allem die nicht endgültige Terminierung des Spiels, da die Wahrscheinlichkeit für eine Terminierung auf Sonntag durch ein Weiterkommen des VfB im UEFA-Cup möglich gewesen wäre. Darüber hinaus wollte man endlich mal wieder mit dem Zug nach Stuttgart fahren, wie es einige Fans bereits in der Saison 2001/02 getan hatten. Die Nacht von Freitag auf Samstag nutzen dann auch einige Fans, um sich schon einmal auf die Fahrt einzustimmen. Ab vier Uhr morgens trafen sich dann alle WET-Fahrer am Dortmunder Hauptbahnhof, kaufte sich die benötigte Anzahl WET für schlappe sechs Euro pro Person und schon konnte die Zugfahrt des Jahres beginnen.

Über acht Stunden Fahrt für die Hinfahrt

Nicht weniger als acht Stunden Fahrt und Umstiege in Duisburg, Koblenz, Mainz, Worms und Karlsruhe erwartete die etwa 80-Mann starke Truppe, die in Düsseldorf, Köln und Koblenz auf über 100 BVB-Fans anwuchs. Der „NRW-Express“ verließ pünktlich um 04:45 Uhr morgens die Westfalenmetropole und obwohl dem ein oder anderem BVB-Fan die Müdigkeit förmlich im Gesicht geschrieben stand, entwickelte sich eine prächtige, nahezu ausgelassene Stimmung, welche sich von Minute zu Minute steigerte, was nicht zuletzt an dem ein oder anderem alkoholischem Getränk gelegen haben dürfte. Nach fast 45-minütiger Fahrtzeit mit dem RE 1 meisterte man auch den Umstieg in Duisburg ohne weitere Probleme und begab sich fortan mit dem RE 5 gen Koblenz. In Koblenz klappte auch der Umstieg in Richtung Mainz ohne Probleme, was nicht unbedingt selbstverständlich ist. Bei der Bahn gilt die rechtsrheinische Bahnseite intern als Problemfall, was auch einige Fans in der Vergangenheit schon schmerzhaft erfahren mussten. Doch es ist sehr schön mit anzusehen, dass auf dieser Linie eine kontinuierliche Pünktlichkeitsverbesserung stattgefunden hat, was durch die beiden WET-Reisen nach Kaiserslautern und Mainz bestätigt wurde. Denn auch in der Hinrunde gab es in Koblenz keine Probleme mit dem Anschlusszügen. Die Strecke Koblenz-Mainz zählt wohl für viele WET-Fahrer zu einer der schönsten und zugleich romantischsten Strecken. Nicht nur das man bis Bingen stundenlang den Rhein entlang fährt – auch die zahlreichen Burgen, Schlösser und Weinberge entlang der Strecke sind selbst für Romantikmuffel nicht schlecht zureden. Einige Fans mussten jedoch auf den Ausblick verzichten, da sie ihrer Müdigkeit und dem Alkohol Tribut zollen mussten. Bis kurz vor Bingen lief die Fahrt ausgezeichnet. Die Fahrt verlief nach Plan und alle Mitreisenden waren äußerst friedlich, wäre da nicht der Schaffner im Zug gewesen. Quasi durch Zufall bekamen einige Borussen mit, dass die Strecke Mainz-Worms aufgrund einer Baustelle gesperrt sei. Für den Schaffner, ein Rheinhesse wie er im Buche steht, jedoch kein Grund zur Panik.

Keine Panik trotz Streckensperrung

Spruchband im Heimblock

Absolut gelassen teilte uns dieser mit, dass wir doch in Bingen-Stadt aussteigen sollten und dann eine Regionalbahn nach Ludwigshafen nehmen sollte. Während der ein oder andere dieser Strecke nicht traute, legte der Schaffner gleich noch einen drauf und versprach gar, dass die Verbindung über Ludwigshafen quasi eine Abkürzung zu der geplanten Verbindung sei. Warum die Streckensperrung um Worms allerdings nicht im Computerinformationssystem der Bahn geführt wurde, wird wohl für immer ein Rätsel der Bahn bleiben. Somit kam man den Anweisungen des Schaffners nach und trat die Reise mit der genannten Regionalbahn fort. Während die Regionalbahn nach Bingen noch über drei Doppelstockwagen verfügte, bestand diese Regionalbahn aus lediglich einem Triebwagen. Der Stimmung sollte dieser Platzmangel jedoch keinen Abbruch tun –ganz im Gegenteil. Die Stimmung kann getrost als eine der besten bezeichnet werden, die man in den letzten Jahren auf einer Wochenendtickettour erleben durfte und die Zeit verging im Flug. Auch der RB-Lokführer bemühte sich um ein rasches Weiterkommen und managte dazu noch den Rest unserer Fahrt nach Stuttgart. In Ludwigshafen angekommen gab es dann zum ersten Mal polizeiliche Begleitung von etwa 50 Beamten der Bundespolizei. Eine absolut überflüssige Maßnahme, da sich alle BVB-Fans sehr diszipliniert verhielten. Von Ludwigshafen ging es dann weiter nach Karlsruhe und vorerst zum letzten Umsteigebahnhof. Hier erwartete uns eines der alten IR Gespannen, die nun unter dem Namen IRE verkehren, den gleichen Standard aufweisen, nun aber auch mit dem WET benutzt werden dürfen. Somit erreichte man kurz nach eins die Schwabenmetropole – mit weniger als fünf Minuten Verspätung. Für eine über achtstündige Fahrt mit fünf Umstiegen ein absoluter Spitzenwert, womit insgeheim auch niemand gerechnet hatte. Am Stuttgarter Hauptbahnhof erwartete uns dann ein recht großes Aufgebot der dortigen Bundespolizei, die quasi für die nunmehr 130-köpfige Gruppe „Spalier“ standen. Von Einkesselungen und zügigem Abtransport gen Stadion konnte hier erfreulicher Weise nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil - keine einschüchternden Worte etc.. Diese seltene Freiheit war für einige so ungewohnt, dass sie orientierungslos in der Bahnhofseingangshalle standen und partout keine Ahnung hatten, wie sie denn nun zum Stadion gelangen sollten. Während eine kleinere Gruppe die Stuttgarter Innenstadt bevorzugte, fuhr der Großteil mit der S-Bahnlinie 1 zum Stadion. Nach fünfminütiger Fahrtzeit und kurzem Fußmarsch erreichte man zügig das ehemalige Neckarstadion.

Und die anderen?

Der restliche Dortmunder Anhang wählte eher die bequemere Variante und entschied sich für eine Busfahrt ins Schwabenland. So fuhren sechs Busse, davon vier schon recht früh, zwei weitere etwas später. Während sich der Bus der Bulldogs direkt zum Stadion aufmachte, verirrten sich die drei artig von der Dortmunder Polizei aufgeschriebenen Busse einer Dortmunder Fangruppe in einen Stuttgarter Quasi-Vorort, in dem es abends noch ordentlich zur Sache gehen sollte. Wer jetzt auf einen kleinen oder großen Ausschreitungs-Live-Bericht hofft, wird sich enttäuscht sehen, es fand „lediglich“ eine Party statt. Wie dem auch sei, vom U-Bahnhof ging es zügig in Richtung Stadion, ein paar Mädels entschieden sich für Kulturprogramm, der Rest für essen und trinken, bzw. Fußball. Nebenan spielten die B-Jugendlichen des VfB und hatten damit wohl Besucherrekord. Im Stadion selbst, konnte man den abgeschlossenen Umbau der Gegentribüne beobachten, welche extra für die nahende WM umgebaut wurde und nun auch über einen deutlich sichtbaren Oberrang verfügt. Im Gästebereich hat sich dagegen gar nichts getan. Vor allem der Stehbereich ist nach wie vor eine Frechheit. Wahrscheinlich hat man diesen Bereich extra mit einem Zentimetermaßband nachgemessen, dass man auch ja nicht mehr als auf die von der DFL geforderten 10% Gästebereich kommt.

„Weite Wege, keine Reue – unsere Farben, unsere Treue“

„Weite Wege, keine Reue – unsere Farben, unsere Treue“

Denn auch die Stuttgarter haben wohl einen der kleinsten Stehplatzbereiche in der Bundesliga, nutzen diesen aber recht effektiv. Während es zum Einlauf der Spieler im Stehplatzbereich einige Doppelhalter gab, zeigten die Stuttgarter im darunter gelegenen Sitzplatzbereich zahlreiche große Schwenkfahne, dazu kleinere Schwenker und kleinere weiß-rot-weiße Fähnchen. Dazu machte das Commando Cannstatt mit einem Tapetenspruchband „Ausreiseverbot durch Szene-unkundige Beamten – IHR macht unseren Sport kaputt!“ auf Polizeiwillkür und den daraus resultierenden unsinnigen Entscheidungen aufmerksam. Auch auf Dortmunder Seite gab es zum Einlauf ein von der Haupttribüne aus sehr schön anzuschauendes Bild. Die Swiss-Crew, eine Gruppe vielreisender Schweizer BVB-Fans, hatte eine Aktion vorbereitet, die aus dem Spruchband „Weite Wege, keine Reue – unsere Farben, unsere Treue“ am Zaun und über tausend gelben in die Höhe gezogenen Luftballons im Block bestand - quasi eine Mutation der Penis-Ballons aus dem Derby. Dazu rundeten zahlreiche große Schwenkfahnen und jede Menge Doppelhalter und Schwenker die Aktion ab. Schade nur, dass es außer Bremen, Hamburg, Kaiserslautern und eben Stuttgart leider nicht mehr allzu viele Stadien in der Bundesliga gibt, die eine größere Anzahl an Doppelhaltern erlauben. Die Stimmung im Stadion entwickelte sich in den Anfangsminuten auf beiden Seiten sehr gut, vor allem das neue „Einklatschen“ zu Trommeltakten à la Nürnberg oder Dresden war ein voller Erfolg auf Dortmunder Seite. Doch mit steigender Spieldauer nahm die Stimmung auf beiden Seiten ab, zum Ende hin ging der harte Kern von gut 400 Leuten auf Dortmunder Seite weiterhin gut ab, der Rest verlor nach und nach die Lust am singen. Als erschreckend schwach darf man die Stimmung vor der Pause auf Stuttgarter Seite bezeichnen. Trotz Beschallungsanlage beschränkte sich die Stimmung auf einen kleinen Teil und beim restlichen Stuttgarter Anhang im weiten Rund stieg der Geräuschpegel nur bei der Einblendung der Zwischenstände deutlich an. Dabei entwickelten die Schwaben eine Vorliebe für Ergebnisse aus Köln. So war es keine Seltenheit, dass die Dortmunder Gesänge im Stadion dominierten, obwohl auch der Gästeblock nur eine durchschnittliche Leistung bot. Als ein Problem dürfte auf Dortmunder Seite hingegen die stattliche Anzahl an Umlandfans die unter den etwa 3.000 BVB-Fans im Gästeblock weilten, angesehen werden, die trotz Einsatz eines Megafons noch nicht einmal die einfachsten Gesänge kannten. Andererseits muss man anscheinend auch für jeden Zuschauer Verständnis zeigen, der bei solch einem schlechten Spiel, derart vielen Fehlpässen und so vielen verunglückten Flanken, einfach keine Lust hat, seine Mannschaft zu unterstützen. In der zweiten Halbzeit wechselte dann in der Cannstatter Kurve der Vorsänger und der Heimblock erwachte für kurze Zeit aus seiner Lethargie und man konnte die gewohnten Stuttgarter Lieder vernehmen. In der Schlussviertelstunde passte sich dann noch das Wetter dem Spiel auf dem Platz an und es fing kräftig an zu regnen. Spätestens als Sebastian Kehls Schuss fünf Minuten vor Anpfiff an die Latte ging, war jedem Dortmunder klar, dass es nach Gelsenkirchen und Köln die mittlerweile dritte Nullnummer in diesem Jahr auf fremden Plätzen geben würde. Wollen wir mal hoffen, dass Matthew Amoah zum nächsten Heimspiel gegen Kaiserslautern zum Kader gehören wird und die mit ihm verknüpften Hoffnungen auf ein Stürmertor auch erfüllt. Nach dem Schlusspfiff kam dann fast die komplette schwatzgelbe Mannschaft in Richtung Gästebereich um sich für die Unterstützung zu bedanken und damit sollte für die Zugfahrer auch schon wieder die Heimreise beginnen.

Rückfahrt mit ICE 592 & ICE 502

Zuvor wurde allerdings das Gottlieb-Daimler-Stadion auf seine ÖPNV-Tauglichkeit getestet – mit Erfolg. Nach nur kurzer Zeit erreichte man die Gleise und dank großzügiger Wageneinheiten hatte man gar Platz en masse und erreichte zügig den Stuttgarter Bahnhof. Da man bei einer etwaigen Rückfahrt mit dem Wochenend-Ticket nur bis Koblenz kommen würde, hatte sich der Großteil mit günstigen ICE-Fahrscheinen einer bekannten Fastfood-Kette versorgt. Den Rest besorgte Fanprojektleiter Rolf Majewski, dem hier großer Dank gebührt und zugleich bei vielen Dortmundern ihre Meinung vom Dortmunder Fanprojekt stark verbesserte.

So ging es zuerst mit dem ICE 592 innerhalb von 40 Minuten von Stuttgart nach Mannheim, wo schon der ICE 502 für die Weiterfahrt nach Dortmund warten sollte. Während auf der Fahrt nach Mannheim aufgrund der recht hohen Auslastung so ziemlich alle Borussen recht verstreut saßen, ließ sich die Bahn ab Mannheim nicht lumpen uns reservierte uns kurzerhand einen eigenen Waggon, womit einer ausgelassenen Party nichts mehr im Wege stehen sollte. Natürlich darf an dieser Stelle das umsichtige Verhalten der mitreisenden Bundespolizisten nicht vergessen werden. Während der Großteil auch im eigenen Wagen blieb um auch die letzten Getränkevorräte zu vernichten, bevorzugten einige anderen die Theke im Bord Bistro. So verging die Rückfahrt wie im Flug, wobei man hier das Wort „fliegen“ in Bezug auf die Neubaustrecke Frankfurt-Flughafen bis Köln Hbf, ruhig wörtlich nehmen kann. Hier flog man mit teilweise über 300 Stundenkilometer durch die Nacht und erreichte schon um kurz vor halb elf die heimische Westfalenmetropole. Rückfahrt mit dem Bus

Vom Stadion ging es durch den neuen Gästeausgang direkt zu den Busparkplätzen, wo die eine Hälfte in diesen verschwand, während sich knapp 150 Leute auf den Weg zur S-Bahn machten. Das wiederum verwirrte Freund und Helfer doch sehr. Eine kurze Erklärung folgte, dass man auf den Weg zu einer Party sei und die Busse eben in diesem Vorort standen, da sie sonst ihre Lenk- und Ruhezeiten nicht hätten einhalten können. Nachdem das Problem geklärt war, ging es stressfrei weiter in Richtung Hauptbahnhof, dort umsteigen in die U-Bahn und nach 20 Minuten Fahrt waren wir da. Die Party war absolut geil, klasse, grandios – ein fettes Dankeschön an Fanabteilungs-Regionalvertreterin Heike und ihr Team. Da es eine interne Party war, brauchte man auch keine Sicherheitsmenschen mit bösen Blicken. Einige packten die Party nicht bis zum Ende, die Müdigkeit forderte ihren Tribut. Um 0:30 Uhr riefen die Busfahrer dann zum Aufbruch und über glatte Fußwege ging es geschlossen zu den Bussen. Kurz nach der Abfahrt kam es im Gegenverkehr zu einem Unfall, eine Fahrerin verlor die Kontrolle über ihr Fahrzeug und legte sich auf dem Acker auf die Seite. Dank beherztem Zupacken einiger Businsassen wurde die Frau aus ihrem Auto geholt und sich vergewissert, dass ihr nichts passiert war. Kurz danach dann endlich Richtung Heimat, im Bus war es sehr, sehr still, einzig diverse Sägewerke waren zu vernehmen.

Fazit

Hätte Borussia das Spiel gewonnen, so könnte man von einer der besten Fahrt der letzten Jahre sprechen. Aber auch mit nur einem Punkt im Gepäck war es wohl eine der geilsten Fahrten, die ihresgleichen sucht. Selbst bei der kommenden Fahrt mit dem Sonderzug nach München muss schon Außergewöhnliches passieren, um den Spaßfaktor der gestrigen Hin- und Rückfahrt zu schlagen. Positiv bleibt darüber hinaus anzumerken, dass die Fahrt absolut friedlich verlief und niemand zu Schaden kam. Auch das Verhalten der Bundespolizei und der Zugbediensteten war stets sehr vorbildlich und sicherlich mit ein Grundstein für die so tolle Fahrt. Das gilt auch für die Beamten in Stuttgart am Stadion und für unsere anwesenden Zivis, die auch nicht übergroße Hektik verbreiteten.

Hier findet ihr den ausführlichen Spielbericht.

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