Nullnummer im Schwabenland
Wenn beide Seiten beste Torchancen ungenutzt lassen, geht ein Spiel zwangsläufig 0:0 aus. Mit diesem Ergebnis trennten sich dann auch gerechterweise der VfB Stuttgart und unser BVB. Unter dem Strich ein verdientes Ergebnis, auch wenn beide Teams nach dem Abpfiff den zahlreichen vergebenen Chancen zum Siegtreffer nachtrauern dürften. Eins schon mal vorweg: Die fußballerische Feinkostabteilung blieb geschlossen und es entwickelte sich ein Spiel, das für Freunde der Abteilung Kampfspiel ein Genuss gewesen sein muss.
Der Stimmung im Stadion und den Problemen bei der An- und Abfahrt mit dem Zug wird diesmal ein extra Artikel, der in Kürze folgt, gewidmet. Aus diesem Grunde verzichte ich jetzt auf den üblichen Einstieg und gehe sofort zum Fußballk(r)ampf über.
Vor 45.000 Zuschauern im Stuttgarter Stadion konnte der BVB gleich zu Beginn einen Sieg erzielen. Siege in Stuttgart sind äußert selten und so wollen wir die gewonnene Platzwahl durch Kapitän Christian Wörns auch würdigen. Wir blieben stehen und überließen den Schwaben großzügig den Anstoß.
Halbzeit 1:
Die VfB’ler begannen druckvoll und bereits die erste Offensivaktion brachte beinahe die Führung für die Hausherren. In der 3. Spielminute entwischt Ludovic Magnin Degen auf dem Flügel und passt flach in den 5er. Dem ansonsten gewohnt abgeklärten Christian Wörns passiert der erste Fehler der Rückrunde und der Ball rutscht ihm unter dem Fuß durch, so dass die Kugel bei Thomasson landet. 2 Meter vor dem Tor, freie Schussbahn – eigentlich eine todsichere Sache für einen, der immerhin eine ganze Zeit lang für Milan gekickt hat. Aber nicht nur die BVB-Stürmer haben zurzeit Ladehemmungen, auch der Däne schafft es nicht den Ball im Dortmunder Tor unterzubringen und Gentenaar kann zur Ecke klären. Auch diese Ecke ist brandgefährlich. Erst kratzt Buckley den Kopfball von Delpierre von der Linie und dann klärt Odonkor in höchster Not den Nachschuss von Babbel. Mit Glück und Geschick verhinderten unsere Jungs einen absoluten Fehlstart in die Partie.
Bereits in der Spielminute 09 konnten die Borussen erstmals auf sich aufmerksam machen. Der stark verbesserte Dede zieht eine schöne Flanke gefährlich in den Strafraum und Delpierre kann so eben noch den Ball vor dem einschussbereiten Smolarek zur Ecke klären.
Die Anfangsphase gehörte den Hausherren, der BVB agierte zu langsam im Spielaufbau und leistete sich zahllose Fehlpässe. Da sich die Stuttgarter diesem Niveau recht schnell annäherten, scheint der Rasen nicht ganz unschuldig zu sein. Dennoch ist es ein erschreckendes Bild, wenn Kringe, Odonkor und Kehl es hintereinander nicht schaffen eine Flanke in den Strafraum zu schlagen. Die Stuttgarter hatten keinerlei Probleme die drei aufeinander folgenden Versuche abzublocken.
Bezeichnenderweise entsprangen die nächsten beiden Szenen einer Standardsituation und einem Fehler. In Minute 24 schießt Nuri Sahin einen Freistoß hoch in den Strafraum – der wuchtige Kopfball von Wörns wird zur Ecke geklärt. Schade für den BVB, der Ball wäre ganz gefährlich für VfB-Keeper Hildebrand geworden. Nur zwei Minuten später leistete sich Kringe einen kapitalen Bock. Seine Kopfballrückgabe zum Torwart ist viel zu kurz und der stets agile Grönkjaer kann die Situation beinahe für sich nutzen. Genetenaar hat aber aufgepasst und kann die Situation bereinigen.
Kurz darauf ist es wieder Grönkjaer, mit dem Degen große Probleme hatte, der über die linke Stuttgarter Seite für Gefahr sorgt und gefährlich vors Tor passt. Tiffert kann sich gegen Dede durchsetzen, schießt den Ball aber über das Tor. Die 36. Minute bringt dann die größte BVB-Chance. Smolarek erkämpft sich den Ball genau auf der Seitenauslinie und schickt von dort gekonnt Odonkor steil. Genau so muss David angespielt werden. Dieser sprintet allen davon und steht allein vor Hildebrand. Der Winkel ist ziemlich spitz und Odonkor nun mal kein Torjäger. Das Ergebnis ist somit recht vorhersehbar und der Torwart kann mit dem Fuß klären. Solche Chancen bekommt man nicht oft.
Vor dem Pausentee durften die Stuttgarter dann noch einmal am Führungstor schnuppern. Zum wiederholten Male lässt Grönkjaer Philipp Degen alt aussehen und zieht an ihm vorbei in die Mitte. Sein satter Schuss aus gut und gerne 25 Metern geht aber knapp über das Tor.
Mit einem 0:0 gingen beide Mannschaften in die Kabine. Beide Seiten hatten Chancen zur Führung, die aber oft Fehlern des Gegners entsprangen. Der kämpferische Einsatz und der Wille war bei beiden Teams deutlich zuerkennen, aber es zeigten sich gravierende Mängel im Spielaufbau. Oftmals zog man es vor den Ball planlos aus dem eigenen Strafraum zu schlagen, statt einen konzentrierten Spielaufbau zu versuchen.
Halbzeit 2:
Der VfB Stuttgart wechselte zum Beginn zweimal aus. Heiko Gerber und Mario Gomez kamen für Ludovic Magnin und Thomas Hitzlsperger ins Spiel. Und wie schon in der ersten Halbzeit hatten die Hausherren die erste Chance. Der glücklose Thomasson legt eine Flanke per Kopf in den Rücken der Abwehr für Tiffert auf, der will es besonders schön machen und schlenzt den Ball mit dem Innenrist weit über das Gehäuse.
In der 59. Spielminute brachte eine, aus der Hilflosigkeit geborene, Aktion die erste Chance für den BVB in der zweiten Halbzeit. David Odonkor kommt an der rechten Strafraumecke an den Ball und sieht den Passweg versperrt. Er hält einfach mal drauf, aber Hildebrand lässt sich nicht überraschen und klärt den Schuss aufs kurze Eck. Im direkten Gegenzug setzt Grönkjaer geschickt Thomasson in Szene. Thomasson geht in den Strafraum und flankt flach vors Tor. Gomez verpasst diese Hereingabe nur knapp. Nur drei Minuten später wieder die Schwaben. Zvonimir Soldo, seines Zeichens mit 38 Jahren ältester Spieler auf dem Platz, schießt aus 18 Metern mit der Picke aufs Tor, aber Gentenaar kann mit einer schönen Flugshow klären.
Kurz darauf war der BVB wieder am Zug. Dede setzt sich schön auf seiner Außenbahn durch und kann den Ball von der Grundlinie vor das Tor befördern. Delipierre und Gerber stehen um Ebi Smolarek herum und schauen zu wie er zum Kopfball hochsteigt. Aber Ebi scheint momentan nicht nur die Seuche am Fuß, sondern auch an der Stirn zu haben und sein Kopfball geht aus kurzer Distanz nur aufs Tornetz und nicht hinein.
Dass nicht nur wir hervorragend Großchancen auslassen können, beweist in der 71. Minute mal wieder Jon Dahl Thomasson. Gomez setzt sich im Strafraum gegen Dede durch und schiebt den Ball an Gentenaar vorbei in die Mitte. Dort ist der Däne postiert und müsste den Ball nur noch über die Torlinie drücken. Der Ball springt Thomasson aber ans Schienbein und von dort in die Arme von unserem Keeper. Eigentlich unfassbar, dass man aus dieser Situation kein Tor machen kann. Nur 5 Minuten später kam die nächste Chance auf der anderen Seite. Eine der wenigen brauchbaren Flanken von Odonkor landet in Höhe des Elfmeterpunktes bei Smolarek. Eine geschickte Drehung um Babbel und freie Schussbahn. Aber Ebi haut über den Ball und dieser hoppelt in die auffangbereiten Arme von Hildebrand.
In der 78. Minute wechselten dann beide Mannschaften gleichzeitig. Auf Seite der Stuttgarter verließ der unauffällige Meißner für Gentener den Platz. Beim BVB durfte Christoph Metzelder endlich mal wieder aufs Spielfeld. Er übernahm die Position als linker Verteidiger für Dede. Der Brasilianer hatte bis dahin ein gutes Spiel gemacht und endlich auch mal wieder in der Offensive Akzente setzen können, musste aber aufgrund von muskulären Problemen den Platz verlassen. Danach hatte man den Eindruck, dass die Stuttgarter das Tempo erhöhen wollten und auf Sieg spielten. Echte Chancen zum Sieg hatten aber nur noch unsere Jungs.
In der 85. Minute flankt Odonkor hoch auf den langen Pfosten und Smolarek legt per Kopf zurück auf den mit aufgerückten Sebastian Kehl. Kehl macht es richtig und anstatt den Ball umständlich anzunehmen hält er einfach auf das Tor. Leider wurde diese Aktion nicht belohnt und der Ball geht nur an die Oberkante der Latte.
Im Anschluss dann noch eine Ecke für uns. 2 Stuttgarter sehen einen Borussen, den sonst niemand im Stadion sieht und köpfen den Ball ohne Not gemeinschaftlich vor die Füße von Wörns. Dieser hat freie Schussbahn und die Chance den zweiten Treffer innerhalb von 2 Spielen zu erzielen. Aber auch dieser Ball geht nicht ins, sondern über das Tor.
Nach 89 Minuten und 58 Sekunden erfolgte der Abpfiff.
Fazit:
Das Spiel war jederzeit spannend und hätte anhand der Torchancen eigentlich nicht 0:0 ausgehen dürfen.
Beide Mannschaften scheinen aber derzeit die Seuche am Fuß zu haben und vergaben auch dickste Chancen. Die Vielzahl an Tormöglichkeiten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass spielerisch große Tristesse auf dem nicht optimalen Platz herrschte. Rein rechnerisch haben beide Teams noch Chancen auf einen UEFA-Cup Platz, ließen aber spielerisch jede internationale Klasse vermissen. Sowohl bei den Borussen, als auch bei den Schwaben machte sich das Fehlen einer ordnenden Hand im Mittelfeld bemerkbar und so ging dem Match das spielerische Element fast völlig ab. Bei den Dortmundern bemühten sich Sahin, Kehl und Kringe im Mittelfeld Struktur ins Spiel zu bringen, was jedoch nur ansatzweise gelang. Lobend muss man aber erwähnen, dass die Borussen auf dem Platz wieder Leidenschaft und Aggressivität zeigten. Zwei Eigenschaften, die in den letzten Partien nicht unbedingt zu bewundern waren, so dass man dem Team eigentlich kaum einen Vorwurf machen kann. Positiv ist ebenfalls die Schiedsrichterleistung zu bewerten. Der oft (zurecht) gescholtene Michael Weiner leitete die Partie ausgezeichnet. Er machte nicht den Fehler das eh schon zerfahrene Spiel noch durch kleinliche Pfiffe weiter zu unterbrechen, sondern pfiff nur, wenn es wirklich nötig und richtig war. Allerdings machten es ihm auch beide Mannschaften sehr leicht und spielten hart, aber meistens fair. Knifflige Szenen blieben Mangelware.
Stimmen zum Spiel:
Christian Wörns: "Es gab Chancen hüben wie drüben. Es hätte auch 3:3 ausgehen können. Das Unentschieden insgesamt geht aber in Ordnung. Fußballerisch haben wir überzeugt und uns auch wieder gute Torchancen herausgearbeitet."
Florian Kringe: "Es war ein offener Schlagabtausch, zum Schluss hätten beide gewinnen können. Von daher geht das Unentscheiden in Ordnung. Wir kommen endlich wieder gefährlich vor das gegnerische Tor. Uns fehlt ein bisschen Glück in der Offensive. Die Leistung war ansprechender als in den letzten Auswärtsspielen. Darauf können wir aufbauen, auch wenn wir jetzt im fünften Spiel sieglos sind."
Sebastian Kehl: "Wenn man in der 85. Minute ein Tor schießt, gewinnt man auch das Spiel. Leider habe ich nur die Torlatte getroffen. Gerade nach vorne waren wir gefährlicher als in den letzten Wochen. Aber man darf nicht vergessen: Stuttgart hatten auch Möglichkeiten. Man muss mit dem Remis leben. Der Punkt bringt uns im Rennen um einen internationalen Platz aber nicht nach vorne. Wir müssen endlich einen Dreier nachlegen. Wenn nicht am Samstag zu Hause gegen Kaiserslautern, wann dann?"
Die Aufstellungen:
Borussia Dortmund: Dennis Gentenaar (2) – Philipp Degen (5-), Markus Brzenska (2-), Christian Wörns (2), Leonardo Dede (2-) – Sebastian Kehl (3+), Nuri Sahin (3-), Florian Kringe (4) – Delron Buckley (4-), Ebi Smolarek (4+), David Odonkor (5)
VfB Stuttgart: Timo Hildebrand – Andreas Hinkel, Markus Babbel, Mathieu Delpierre, Ludovic Magnin – Silvio Meißner, Zvonimir Soldo, Thomas Hitzlsperger – Christian Tiffert, Jon Dahl Thomasson, Jasper Grönkjaer
Auswechselungen:
BVB: Christoph Metzelder für Leonardo Dede (78.)
Stuttgart: Heiko Gerber für Ludovic Magnin, Mario Gomez für Thomas Hitzlsperger (beide 46.), Christian Gentener für Silvio Meißner (78.)
Gelbe Karten: Gomez (73.), Gerber (75.) / -
Eckstöße: 5:7
Chancen: 6:7
Schiedsrichter: Michael Weiner (2), zur großen Überraschung mit einer souveränen und so gut wie fehlerlosen Partie.
Hier findet ihr den Stimmungsbericht.