Der Countdown zur Ausbaustufe des Tempels läuft!
Geredet wird über die 3. Ausbaustufe des Westfalenstadion schon lange. Noch im letzten Jahr berichtete das BVB Hochglanzmagazin „Borussia live“ von den fast im Gigantismus abdriftenden Pläne für diesen wohl letzten Ausbau des Dortmunder Fußballtempel. Hatte die Führung des BVB bereits 1992 damit begonnen aus der einst tristen Betonschachtel in zwei Ausbaustufen ein richtiges Schmuckkästchen zu machen (schon jetzt ist es mit 68.600 Plätzen das größte reine Fußball-Stadion Deutschlands), so soll nun endgültig mit den großen Stadien in Europa gleichgezogen werden.
Gerne möchte man das eigene Stadion in einem Atemzug mit Mailand, Madrid oder Barcelona genannt wissen. Eine schnelle Entscheidung muss nun fallen. Aber warum plötzlich diese Eile? Die Antwort ist einfach: Am 13.12.2001 findet die Präsentation des Spielort Dortmund bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 statt und bis dahin muss dem DFB ein nachvollziehbares und umsetzbares Konzept vorgelegt werden.
Seit dem bekannt ist, das die WM-Endrunde 2006 in Deutschland stattfindet, träumt die Führungsspitze der Borussia einen ganz besonderen Traum. Die Macher des BVB wollen mit dem Ausbau des Westfalenstadion eins der Halbfinale nach Dortmund holen. Längst hat man erkannt, wie wichtig die WM 2006 als Werbung für den Verein ist. Schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre es ein eminent wichtiger Schritt. Allein hier wäre es schon interessant zu sehen, wie sich der Aktienwert des BVB bei einem Zuschlag des DFB bewegen würde.
Ein kleiner Rückblick
Die letzte WM in Deutschland liegt über 27 Jahre zurück. Damals traf die Stadt Dortmund die richtige Entscheidung und entschloss sich anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1974 ein reines Fußballstadion, mit einem Fassungsvermögen von 52.000 Zuschauern, zu bauen. Vier komplett überdachte Tribünen grenzen direkt an das Spielfeld an, wodurch die einmalige Atmosphäre entsteht.
1992 wurde die Nordtribüne von Steh- in Sitzplätze umgerüstet, die Kapazität schrumpfte auf 43.000 Plätze und in den folgenden 3 Jahren herrschte absoluter Kartennotstand bei den Fan´s des BVB. Es folgte 1995 die 1. Ausbaustufe des Stadions. Die West- und Osttribünen wurden um einen Oberrang mit jeweils 6.000 Sitzplätzen aufgestockt, gleichzeitig wurde das Gastronomieangebot erweitert.
Die 2. Ausbaustufe wurde 1998 von der Planungsgesellschaft Gustav Schulze und Partner geplant. Die Zuschauerkapazität wurde auf den derzeitigen Stand von 68.600 Zuschauer erhöht.
Bei der vorerst letzen Ausbaustufe erhielt die Nordseite eine neue Fassade aus einer Stahlkonstruktion mit vorgehängten Aluminiumlamellen und einer Glasfront. Außerdem wurde der neue Oberrang um einen Gastronomiebereich, Fanshops und das BVB-Museum erweitert. Im Untergeschoss befinden sich seitdem die Räume für Polizei und Sicherheitsdienst.
Die Südtribüne wurde mit 25.000 Plätzen zur größten Stehplatztribüne Europas ausgebaut. Dieses „Projekt“, das der Verein damals unbedingt umgesetzt haben wollte, war der Uefa von Anfang an eine Dorn im Auge. Borussia umging die harten Vorschriften der Uefa mit einer einfachen, aber wirkungsvollen Lösung. Die 25.000 Stehplätze lassen sich für internationale Spiele in 2 Tagen in 10.500 Sitzplätze umwandeln. Somit hat das Stadion bei internationalen Spielen ein Fassungsvermögen von 52.000 Zuschauern.
Was folgt ist der 3.Akt
Der bedarfsgerechte Ausbau des Westfalenstadions ist somit bereits beschlossene Sache. Doch um in die Auswahl einer der zwei Austragungsstätte für ein WM Halbfinale zu kommen, muss ein das Stadion laut FIFA-Richtlinien folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Eine Zuschauerkapazität von mindestens 60.000 - bei Eröffnungsspiel, Endspiel und Halbfinals - ist erforderlich.
- Der Zuschauerbereich muss komplett überdacht sein.
- Alle Plätze müssen Sitzplätze sein. Es müssen nummerierte, befestigte Einzelsitze mit Lehne und ausreichend Beinfreiheit sein.
- Genügend sanitäre Anlagen, Essen- und Getränke-Stände, Ticketverkauf, Fanshops und Telefone müssen vorhanden sein.
- Das Stadion muss in mindestens vier getrennte Bereiche mit eigenem Zugang und Versorgungseinheiten aufgeteilt sein.
- Das Spielfeld muss 105 x 68 Meter groß sein, die Rasenfläche 120 x 80 Meter. Feuerwehr und Notarztwagen müssen Zugang zum Spielfeld haben. Es muss Naturrasen sein.
- Zwischen Tribünen und Spielfeld muss eine Absperrung für die Zuschauer in Form von Zäunen, Gräben oder einem Höhenunterschied sein.
- Der Abstand zwischen Spielfeld und Absperrung muss mindestens an den Längsseiten sechs Meter und an den Querseiten 7,5 Meter betragen.
- Werbetafeln dürfen nicht gefährdend oder sichtbehindernd angebracht sein.
- Es müssen ausreichend Umkleideräume und Sanitäreinrichtungen für Spieler, Trainer und Schiedsrichter mit unabhängigen Zugängen vorhanden sein.
- Das Stadion muss über Doping-Kontroll-Räume, Sanitätsräume, Polizeiräume und eine Hubschrauberlandemöglichkeit verfügen.
- Ein Medienbereich mit Pressetribüne und sogenannter "Mixed-Zone" für Interviews muss vorhanden sein.
- Ein VIP-Bereich mit mindestens 300 Plätzen, Restaurant und Empfangsbereich auf der Haupttribüne sollte ebenfalls zur Verfügung stehen.
- Ausreichend Behindertenplätze in einem dafür vorgesehenen Bereich sind gefordert.
- Flutlichtanlage, elektronische Anzeigentafeln, Lautsprecheranlage und Überwachungskameras gehören zur technischen Ausstattung. Logen für Stadionsprecher und Polizei mit Überblick über das gesamte Stadion sind erforderlich.
- In und um das Stadion müssen ausreichend Parkplätze in getrennten Bereichen (VIPs, Mannschaft, Versorgung, Polizei, Presse und Zuschauer) zur Verfügung stehen.
Viele der genannten Punkte kann der BVB bereits abhaken. Zur Zeit werden die Spieler-Kabinenbereiche (Umkleiden und Schiedsrichterräume) im Westfalenstadion nach Plänen der Planungsgruppe Drahtler erweitert und neugestaltet. Vor dem UEFA-Cup-Finale am 19. Mai 2001 wurden bereits folgende Verbesserungen durchgeführt :
- Installation eines neuen, modernen Beschallungssystems.
- Ausstattung der Tribünensitze im Ehrengastbereich der Westtribüne mit Arm- und Rückenlehnen
Die ersten Arbeiten sind also schon längst im Gange. Einen genauen Zeitpunkt, wann die offiziellen Arbeiten beginnen sollen, gibt es jedoch noch nicht. Dazu Michael Meier: "Wir haben es nicht eilig. Bis 2006 ist es ja noch etwas Zeit." Auf jeden Fall soll das Westfalenstadion keine Multifunktions-Arena wie auf Schalke werden. Meier: "Wir bleiben ein reines Fußballstadion."
Damit dürften die Dortmunder Fans erst einmal tief durchatmen. Noch vor einigen Monaten war ausgerechnet in einer Ausgabe der Zeitschrift „Borussia live“, von einem „Champions Dome“ zu lesen und beim studieren des Artikels, sah sich manch BVB Anhänger schon bei Popkorn und Cheerleadersbetreuung in so einer Multifunktions-Arena sitzen, die mit dem Erlebnis eines Fußballstadions, dass in Deutschland wohl kein zweites Stadion so in Reinkultur darstellt wie das Westfalenstadion, wenig zu tun hat.
So kommen zum ersten Mal auch die genauen Zahlen auf den Tisch. Manager Michael Meier: "Wir wollen die Zuschauerkapazität von derzeit 68.600 um rund 10.000 auf 78.000 erhöhen. Nach dem Umbau soll das Stadion über fast 60.000 Sitzplätze verfügen."
Gigantische und einmalige Dimensionen in Deutschland. Zu den Unternehmen, mit denen der BVB bereits Gespräche über die bauliche Umsetzung geführt hat, zählt auch diesmal wieder die Hochtief AG. Der hierzulande größte Baukonzern hatte in der Vergangenheit auch schon die 67,5 Millionen Mark teure Erweiterung der Osttribüne abgewickelt. Planungsbüros, wie Drahtler oder die Schulze Planungsgruppe, arbeiten fieberhaft an einem Modellvorschlag, der vom BVB Vorstand abgesegnet werden soll.
Was wird neu?
Doch was bringt dieser Umbau nun für wesentliche Neuerungen? Der Zaun hinter den Toren soll entfernt werden und durch Installation eines flexiblen Zaunsystems oder Errichtung eines Grabens ersetzt werden.
Die vier offenen Ecken zwischen den einzelnen Tribünen-Komplexen sollen mit Türmen geschlossen werden. In diesen Türmen sollen die weiteren Zuschauerränge, Veranstaltungs- und Büroräume sowie Parkhäuser für VIP-Gäste untergebracht werden.
Doch gerade das Thema Parkplätze sorgt im Moment noch für sehr große Probleme. Die Politik ist mit den bis dato vorgelegten Lösungsvorschlägen unzufrieden. Der Beschlussvorschlag der Dortmunder Stadtverwaltung stößt bei SPD und CDU noch auf Ablehnung. Der Bebauungsplan ist den Politikern viel zu eng gestrickt. Nach Ansicht der Parteien muss ein Verkehrskonzept her, dass den gesamten Veranstaltungsbereich einschließt. Bei der SPD stößt vor allem auf Kritik, dass der BVB plant von den benötigten 1000 Stellplätzen aufgrund der fehlenden Fläche nur 850 bauen zu lassen. Die fehlenden 150 Plätze will der Verein bei der Stadt gegen Bares ablösen. Ähnliche Kritik ist auch aus den Reihen der CDU zu hören. Den Christdemokraten sehen einen großen Kritikpunkt darin, dass der BVB die FKK-Wiese wohl aus Kostengründen nur als oberirdischen Parkplatz nutzten will. So hält sich bei der CDU die Meinung, dass wenn diese Grünfläche genutzt wird, dann entweder als Parkhaus oder als Tiefgarage.
Die etwas festgefahrenen Situation ist auch darauf zurückzuführen, dass der BVB schon bei der 2. Ausbaustufe die Bauerlaubnis nur erhalten hatte, mit dem Versprechen, die benötigten Stellflächen mit dem jetzigen Ausbau zu realisieren.
Letzten
Mittwoch nahm die Planungsverwaltung einen erneuten Anlauf und soll nach
Informationen der SPD ein „Optimierungskonzept“ vorgestellt haben. Die
Verwaltung hat der Politik vorgeschlagen, weiteren neuen Stellplätzen am
Luftbad zu erschließen sowie auf dem Parkplatz F (hinter der Westtribüne)
Paletten-Stellplätze zu bauen. Gleichzeitig soll ein neuer Verkehrsknoten
geschaffen werden, der diese Stellplätze erschließt. Ganz zufrieden zeigt sich
die Politik noch nicht und stellt nochmals klar, dass der BVB die Baugenehmigung
nur erhält, wenn die erforderlichen Stellplätze nachgewiesen werden können.
Und wer bezahlt das alles?
Borussia hält 75 Prozent am Westfalenstadion und die weitere Vermarktung des „Tempel“ wird mit dem geplanten Umbau unumgänglich. Geschätzte 60Millionen Mark wird die 3. Ausbaustufe kosten und somit muss ein Sponsor gefunden werden, der bereit ist diese Investition zu tragen.
Wie man an das Geld eines interessierten Sponsors kommen will, weiß man schon beim BVB. Mit der Vermarktung des Stadionnamen ließe sich ein potenter Geldgeber finden. Bei der Umsetzung dieser Planung zeigt sich, dass der Vorstand seinen Lehren aus früheren Aussagen(z.B. in „Borussia live“) gezogen hat. So hat man auch bei dieser angedachten Lösung genau darauf geachtet, wie die Ligakonkurrenten, die eine Vermarktung ihres Stadionnamens bereits vollzogen haben, dabei vorgegangen sind.
Das Musterbeispiel, wie man es nicht machen sollte, wurde dann auch schnell gefunden. Der Hamburger SV verhökerte jüngst den Namen, des altehrwürdigen Volksparkstadions, an die amerikanische Internetfirma AOL, die dem Stadion dann auch sofort einen schicken Namen „Made in USA“ verpasste und so wurde aus dem Volksparkstadion die neue AOL – Arena. Werner Hackmann, Ligaverbandsvorsitzender und im Zweitberuf Chef beim HSV, hatte in amateurhaften „Altherren-Funktionärmanier“ mal kurz gezeigt, dass er auf die Befindlichkeiten der Fans wenig Rücksicht nimmt. Damit war ihm die Feindschaft der HSV-Anhänger gewiss.
Hackmann berührte das damals wenig und er mutmaßte lapidar, "Das legt sich wieder." So will und wird der BVB es nicht umsetzten wollen. Michael Meier ließ die Fans bereits auf der letzten Fandelegiertentagung wissen, dass der Verein großen Wert auf die Meinung der Fans legt und man eine Vernünftige und Fanverträgliche Lösung finden will und wird.
Spätestens am 13.12.2001 werden die BVB Fans wissen, wie das Westfalenstadion im neuen Gewand aussehen wird.
Wir werden die Entwicklung weiter verfolgen und berichten im 2. Teil über die vorgesehene Vermarktung des Stadionnamen.