Tatort Bundesliga - der 31. Spieltag: Graue „Theorie“ in Magdeburg, emotionale Praxis im Stadion - Der DFB-Bundestag tagte in muffigen Räumen während die Stadien bebten
Der Titelkampf der Fußball-Bundesliga hat sich in der Zielgeraden auf die beiden führenden Klubs aus Gelsenkirchen und München zugespitzt, nachdem Borussia Dortmund „liebenswerterweise“ ja bereits am Freitag Abend „den Weg da oben freigemacht“ hatte. Dagegen heißt es wohl langsam Abschied nehmen vom Club vom Riederwald, der sich offenbar – Rausch zum Trotz – bereits aufgegeben zu haben scheint. Beständig in diesen Zeiten ist also weiterhin allein die Unbeständigkeit. In einer Saison der Irrungen und Wirrungen, in der jeder jeden schlägt abseits von Ansehen, Stellung und vermeintlicher Leistungsstärke, passiert meistens das Unerwartete. Also nix für passionierte ODDSET-Tipper...
Abseits der um wertvolle Punkte kämpfenden Teams ist Gerhard Mayer-Vorfelder ist beim 37. ordentlichen Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes in Magdeburg zum neunten DFB-Präsidenten gewählt worden. Eine überzeugende Mehrheit stimmte für Mayer-Vorfelder. Der 68-Jährige war der einzige Kandidat und war im Vorfeld des Bundestages bereits von den DFB-Landesverbänden, dem DFB-Vorstand und durch die Mitglieder-Versammlung des neuen Ligaverbandes einstimmig vorgeschlagen worden.
Der frühere Kultus- und Finanzminister von Baden-Württemberg ist damit Nachfolger vom „Sozialexperten“ Egidius Braun, der in Magdeburg nicht mehr für das Amt des DFB-Präsidenten zur Verfügung stand und am Freitagabend im Rahmen des Festaktes im Theater von Magdeburg zum „DFB-Ehrenpräsidenten“ ernannt wurde. Der DFB setzt das soziale Engagement von Präsident Egidius Braun in einer neuen Stiftung fort. Zum Kuratorium der Egidius-Braun-Stiftung mit Sitz in Egidius Brauns Heimatstadt Aachen gehören unter anderem Teamchef Rudi Völler und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement. Seit der Bypass-Operation von Egidius Braun im Sommer 2000 hatte Mayer-Vorfelder bereits als Geschäftsführender DFB-Präsident den 6,3 Millionen Mitglieder starken Verband geleitet. Seit 1986 führte Mayer-Vorfelder den DFB-Ligaausschuss und gehörte dem DFB-Präsidium an, seit 1992 als Vizepräsident. Seit Mitte des letzten Jahres ist Gerhard Mayer-Vorfelder Mitglied im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Darüber hinaus stand er als Präsident 25 Jahre lang dem VfB Stuttgart vor.
Nach seiner Wahl tönte er selbstbewusst vom Podium herab: "Ich wehre mich gegen die Aussage, ich sei ein zahnloser Tiger oder ein König ohne Reich. Sie werden noch sehen, was ich sein werde." Das klang allemal wie eine Drohung und als wolle er seine "beachtliche Machtfülle" (verarschender O-Ton Beckenbauer) trotz des für den DFB verloren gegangenen Profifußballs beweisen, wird sich Mayer-Vorfelder gleich den Themen zuwenden, die den selbstständigen Liga-Verband tangieren: Mit Nachdruck will sich "MV" nun in die nach den Fan-Protesten anstehenden Verhandlungen mit dem TV-Rechteinhaber Kirch einschalten und die Sonntagspiele abschaffen, obwohl ab der neuen Saison die Liga für den Spielplan zuständig ist und dies HSV-Hackmanns Aufgabe wäre.
Wünschen wir ihm ein gutes Händchen für diese kommende schwere Zeit, in der es gilt die Kommerzschraube einen Gewindegang zurückzudrehen. Seine mutigen Aussagen hinsichtlich der Abschaffung der Sonntagsspiele jedenfalls, lassen große Hoffnung bei „uns Supportern“ reifen!
Spitzenreiter Sch*lke – kurzzeitig für Stunden von den Bajuwaren auf zwei verdrängt – fürchtete aus gutem Grund vor dem Revierderby beim Schlusslicht Bochum vor allem das Gesetz der Serie. Denn bei den letzten sieben Gastspielen im Ruhrstadion wechselten sich die beiden Klubs in schöner Regelmäßigkeit mit Sieg und Niederlage ab. Demnach wäre diesmal Bochum mit drei Punkten an der Reihe gewesen – und fast hätte es ja auch geklappt.
Unmittelbar vor dem kleinen Revierderby 04 war durch die einschlägigen Medien alter Ärger zwischen Trainer Rolf Schafstall und Manager Rudi Assauer "aufgewärmt" worden. "Das ist ein älterer Herr, der bei Schalke 04 große Arbeit geleistet hat und jetzt noch einmal in Lohn und Brot steht. Es gibt Menschen, besonders im Ruhrgebiet, mit denen ich ein Bierchen trinken würde, Rolf Schafstall gehört nicht dazu", so Assi seinerzeit despektierlich. In der Saison 1986/87 war Schafstall "auf Schalke" Trainer, Assauer Manager, seitdem hassen sich die beiden bis auf´s Blut. Der Grund: Schafstall intrigierte gegen Assauer, der dann von Vereinschef Dr. Hans-Joachim Fenne entmachtet wurde und daraufhin gehen musste. Warum er dann aber am Wochenende mit den Worten: „Um Gottes Willen, ich gebe nur Menschen die Hand, die es verdient haben“ , noch mal einen nachlegte, wird sein Geheimnis bleiben! Beim grußlosen Wiedersehen der beiden Kontrahenten jedenfalls verweigerte man sich dann sogar den im Sport obligatorischen Händedruck. Rudi hier, Rudi da, man hat bald den Eindruck, dieser Mensch ist Sch*lke ganz allein!
"Dummes Rumgeplapper"
„Cigar“ hatte dann sogar noch Zeit, sich mit Gelsenkirchens Oberbürgermeister Oliver Wittke anzulegen, der bereits die Meisterfeier der Himmelblauen geplant hat: "Das ist dummes Rumgeplapper, das sich Politiker erlauben können, wir aber nicht. Es gibt erst dann was zu Feiern, wenn wir etwas erreicht haben. Wir haben nichts geplant und planen auch nichts." Derweil hat der Tabellenführer aus dem Herner Umland vor dem Restprogramm Respekt und der Trainer aus dem ungeliebten „Linda de Mol-Land“ warnt bereits vor "Unterschätzung der Gegner": "Wer jetzt so denkt, hat im Profisport nicht zu suchen." Und einer, der immer was zu sagen hat, schob da noch nach: "Wir sollten die Spiele angehen, als ob es gegen Bayern München geht", meinte der „Westenhellweg-Boutiquenstürmer“ Möller, seines Zeichens vom wütenden Holländer ausgewechselt, “weil man schließlich gewinnen wolle!“ Auf die Prognose für nächste Woche angesprochen, sieht Assauer eine Vorentscheidung nahen: Im Gespräch mit Uli Potofski sagte er in Deutschlands überflüssigster Sendung gestern: „Wir spielen gegen Wolfsburg, Bayern in Leverkusen und Borussia Dortmund hat ein Heimspiel, da sehe ich eine Vorentscheidung fallen.“
Man, was würd´ ich drum geben, wenn ich nur wüsste, wie der „Kaschmir-Prolet“ das getz gemeint hat ?!
„Effe“ eröffnet Nervenkrieg
Die Münchner indes sagen den Blauen den Kampf an. "Das ist ein Nervenkrieg eröffnet Mr. Unsymp den Psychokrieg gegen den Spitzenreiter. Wir werden bei jeden Patzer von Schalke da sein", prognostiziert „Effe“, der Finger der Nation nach dem Heimspiel gegen den bis dato in sechs Spieltagen ungeschlagenen SC Freiburg. Seinen Optimismus folgerte er aus der Tatsache, dass Bayern München zu Hause noch nie gegen die Breisgauer verlor. Dennoch ärgerten die Schwarzwälder den Rekordmeister schon mal mächtig mit einem 0:0 - an jenem 10. Mai 1997 schrieb man auch den 31. Spieltag. Ansonsten Freiburg? Unwichtig“ Franz „der Kaiser der Nation“ Beckenbauer leitete nach dem mühevollen 1:0 reibungslos über zum eigentlichen Thema, der Champions League, und das war schon kurios. Auch für den Brasilianer Giovane Elber wird die Meisterschaft immer mehr zur lästigen Randerscheinung, zumal sie nun das Privatleben aufs Unangenehmste beeinflusst. Am Samstag musste er sich rechtfertigen. Warum er am Abend nicht die Bundesligapartie VfL Bochum gegen Schalke 04 am Fernseher verfolgen wollte? "Weil ich mir das Madrid-Spiel anschaue", seine den Reporter überraschende Antwort. Auch Carsten Jancker wollte "erstmal gucken, ob nicht sonst was Gutes im Fernsehen läuft" und sogar Trainer Ottmar Hitzfeld feierte mit seinem Dauer-Assistent Michael „Chapi-Ummäher“ Henke dessen Geburtstag. Man setzt ja Prioritäten. Die Gelassenheit der Bayern begründet sich durch unerschütterliches Selbstvertrauen, denn irgendwie wird die Meisterschale ohnehin wieder in München landen. Das wird selbstverständlich passend zum letzten Spieltag sein, weil ja Unterhaching das bei den Blauen eh schon richtet!
Bis auf die Bayern hatten beim VfL Wolfsburg in dieser Saison alle Titelanwärter verloren. Was Borussia Dortmund das 1:1 vom Freitag Abend bringt, darüber waren sich Spieler und Trainer nach der Partie noch längst nicht sicher. Erst mal Abwarten hieß die Devise. „Billy“ Reina hatte vor einer Woche nach dem 5:0 über Bochum noch vollmundig „den Kampf um den Titel“ verbal eröffnet. Jetzt war er still. Komplett abschreiben aber wollte der Stürmer die Meisterschaft indes auch nach dem Unentschieden noch nicht: „Mal sehen, was die anderen Teams am Wochenende so machen.“ Selbst Trainer Matthias Sammer wusste noch nicht, ob er mit dem einen Zähler im erst zum 2. mal ausverkauften VfL-Stadion zufrieden sein sollte oder nicht. „Ich muss das Spiel erstmal sacken lassen – ein Punkt kann schließlich auch Gold Wert sein“, meinte der 33-Jährige in seiner gewohnt gelassenen Art und weiter: "Wolfsburg ist nicht Herborn 05. Wir sind noch nicht so weit, solche Mannschaften einfach wegzuhauen." Das wäre auch nicht nötig gewesen, ein knapper Sieg hätte ja auch gereicht. Die Leidenschaft habe seiner Elf eigentlich nicht gefehlt – „aber wir sind halt noch nicht wieder da, wo uns manche gerne sehen würden“. Immerhin, sind die Westfalen mit 23 Punkten aber die erfolgreichste Auswärtself der Liga und verloren nur zwei der letzten 10 Gastspiele. Ob das wohl auch für U´haching verpflichtend ist?
BVB ist für den Titel einfach noch zu schlecht
Jörg Heinrich, der nach einem Freistoß des ansonsten von Waldemar Kryger abgemeldeten BVB-Stars Tomas Rosicky den zu diesem Zeitpunkt (22. Minute) glücklichen Ausgleich erzielte, redete Klartext: „Das 1:1 ist zu wenig für den Titel, aber wir sollten uns sowieso eher an Platz fünf oder sechs orientieren. Unser großes Ziel lautet schließlich nicht Meisterschaft, sondern Qualifikation für die Champions League.“ Den Grund für die realistische Einschätzung lieferte die Nummer sechs der Dortmunder gleich mit: „Eine sehr gute Mannschaft schafft in solch einem Spiel auch noch das 2:1.“ Genau aus diesem Grund verbrachte Giuseppe Reina eine fast schlaflose Nacht. Er vergab in der 82. Minute, von der linken Seite in den Strafraum kommend, eine Riesenchance, als er das Leder am langen Pfosten vorbei spitzelte, statt auf den mit aufgerückten Otto Addo zu passen. „Über diese Szene mache ich mir wirklich Gedanken. Wenn man „ein Großer“ werden will, muss man so eine Chance reinmachen.“ Nunja, das dürfte wohl wirklich zu spät sein...
Warum die Dortmunder allerdings in der ersten Viertelstunde so verhalten spielten, phasenweise sogar von den Wölfen wiederstandslos vorgeführt wurden, vermochte Trainer Sammer nicht zu erklären. „Nach dem, was wir uns im Saisonverlauf erarbeitet haben, müsste man doch eigentlich voller Spielfreude in die Partie gehen.“ Richtig! Gegenhalten? Fehlanzeige! Mittelfeldüberlegenheit? Null! Torgefahr? Mangelhaft! Was muß eigentlich noch alles passieren, bevor sich mal ALLE den Arsch aufreissen? Micky Stevic jedenfalls zeigte die im schwatzgelb.de - Interview versprochene Einstellung: "In solch wichtigen Spielen fehlt uns die Gier, Tore zu machen", sagte er hinterher frustriert und enttäuscht über den mangelnden Siegeswillen einiger seiner Teamkameraden, "uns fehlt einfach der letzte Kick."
Und dann das: Durch
einen 16-Meter-Glücksschuss von Andrzej Juskowiak, der Kohler und
Heinrich düpierte, führte der VfL früh und verdient. „So etwas kann
passieren. Von zehn solchen Schüssen trifft der nur einen, und diesmal war es
halt soweit“, zuckte Kohler mit den Schultern. Auch der Routinier war der
Meinung, dass „zumindest theoretisch noch immer alles offen“ sei im
Titelkampf. Durch das Unentschieden in Bochum und
den nach Erfolg schnappenden Wolfsburgern, die am kommenden Sonnabend in
Gelsenkirchen, könnten die Niedersachsen im Kampf um die Meisterschale das Zünglein
an der Waage spielen. „Die Mannschaft ist gut drauf, warum sollte uns nicht im
ausverkauften Parkstadion eine Überraschung gelingen?“, fragte VfL-Manager
Peter Pander nach Spielschluß in die Runde.
Große Hoffnung auf Deutschen U 16 - Kapitän
Gut das wir beim BVB guten
Nachwuchs haben! Bei der U 16-Europameisterschaft in England hat die deutsche
Auswahl im zweiten Spiel deutlich mit 8:2 Werbung in eigener Sache für gute
Jugendarbeit in Deutschland betrieben.
Einer der erfolgreichsten
Spieler in Darlington war einmal mehr der Kapitän David Odonkor von Borussia
Dortmund, der wieder eine überragende Partie ablieferte und sich erneut als
Torschütze hervortun konnte. Auswahltrainer Klaus Sammer zeigte sich hoch
erfreut ob der großen Qualitäten des jungen Borussen. Da wird Matthias aber
genau hinhören, wenn sein Vater ihm den Jungen im persönlichen Gespräch
anempfiehlt...
Kein Spaß mehr: "Wir haben eine große Tribüne"
Das Duell der direkten Verfolger 1. FC Kaiserslautern gegen Bayer Leverkusen am 31. Spieltag erinnert bei diesen Resultaten mehr an den dramatischen Abstiegskampf 1995/96. Damals stieß Bayer den FCK beim Saisonfinale mit einem 1:1 in die zweite Liga. Die Lauterer spielten zuletzt teuflisch schlecht, wurden mit 25 Gegentoren in sechs Pflichtspielen zur "Schießbude" der Liga, und Teamchef Andreas Brehme schießt nun auch verbal gegen seine saturierten Spieler: "Was wir zuletzt geboten haben, war unseres guten Namens nicht würdig. Die meisten haben zuletzt einfach ganz erbärmlich gespielt. Wir haben eine große Tribüne, da werden sich einige wiederfinden. Für Angsthasen ist gegen Leverkusen kein Platz im Team." Da die Talfahrt der Lauterer allerdings abermals nicht gestoppt werden konnte, bleiben weiterhin viele Fragen offen. Im Duell der Minustrainer der vergangenen Wochen, Brehme und Vogts, verloren die Pfälzer auf eigenem Geläuf mit 0:1 gegen die Werkskicker. Es war bereits die fünfte FCK- Heimniederlage der Saison. Weil wenigstens die kämpferische Einstellung stimmte, soll es keine personellen Konsquenzen geben - beteuern die Verantwortlichen auf dem Betzenberg ...
Wie gereizt jedoch das Binnenklima beim 1. FC Kaiserslautern nach der jüngsten Serie von Misserfolgen wirklich ist, wurde nach der 2:5-Niederlage beim SC Freiburg deutlich. In einer "Aussprache" beschimpfte Torwart-Trainer Gerald „Tarzan“ Ehrmann (42) die heutigen FCK-Profis ("Ihr Schwuchteln") derart geschmacklos, dass gleich mehrere Spieler aufstanden und ihm echt an den Kragen wollten. Seine Ex-Team-Kollegen Trainer Andy Brehme (40) und Reinhard Stumpf (39) sollen übrigens nur wortlos zugeschaut haben. Gewitter reinigen die Luft, heißt es.
Berti im „Big Brother“ Fokus
Es ist Frühling - die Zeit der (Stil-)Blüten. In diesen Tagen werden haufenweise abenteuerliche Geschichten rund um das Bayer-Kreuz erzählt. Ob sie stimmen, ist nicht so wichtig, Hauptsache, sie haben unterhaltsamen Charakter und Berti Vogts kommt medienwirksam darin vor. Etwa in der Episode, wie alles begonnen haben soll mit Vogts und dem Werksclub aus Legokusen. Der Grund also, warum sich der Klub im November für den im Vereinsleben völlig unbedarften Ex-Bundestrainer Hans-Hubert Vogts und gegen den Bundesliga-erfahrenen Klaus Toppmöller entschieden habe, soll ausnahmsweise mal „in der Ausdrucksweise“ des Korschenbroichers gelegen haben, denn er begeisterte sämtlichst die Herren Calmund, Holzhäuser & Co. mit seinem Modell der Gewaltenteilung, sprich: mit den vielen Trainern, der Bildung eines Future-Teams und so weiter. Dennoch tendierten sie in der sportlichen Führung eher mehr zu Toppmöller, bis dieser zu seinem Konzept befragt wurde. Da soll er unentwegt an seiner Zigarette gezogen und geantwortet haben: "Ich bin das Konzept" und schwupps erhielt Berti den Zuschlag. "Und das war eine einstimmige Entscheidung der Bayer 04 Fußball GmbH", versicherte seinerzeit sogar Meinolf Sprink, seines Zeichens Sportbeauftragter des Werks. Heute wissen sie, dass das „diktatorische Modell“ auch seine Vorzüge hat.
Nicht nur der Typ Berti Vogts, der noch bis Saisonende trainieren darf, ist gescheitert, sondern auch sein pseudomodernes Modell. Aber ist das alles ein Grund, diesen ehrlichen wie redlichen Menschen derart der Öffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen? Calmund – dessen Sitzschale nach einigen Patzern inzwischen auch nicht mehr so festgenietet scheint – jedenfalls hat schon wieder menschlich versagt. Sein einbrechendes in-den-Rücken-fallen hat die sportliche Situation unter´m Bayer Kreuz nicht gerade gestärkt. Reiner „der Pate“ Calmund (52) hat sich dennoch in diesen Tagen nach eigenem Bekunden "köstlich amüsiert". Sehr gelungen habe er jene Geschichten gefunden, die sich kritisch mit seinem jüngsten Wirken als Manager der Abteilung Fußball in der ausgegliederten GmbH beschäftigt hätten. "Wunderschön" sei auch die Erfindung des Boulevardblattes "Express", das den Werksverein nur noch unter "Zirkus Don Calli" firmieren lässt. Da verschmerzt es die rheinische Frohnatur (Lebendgewicht ca. 270 Pfund) gern, "dass ich im Moment mehr auf die Nuss kriege als der Trainer". Aber, wer viel redet, den holen freilich auch öfter die alten Sätze ein. Zum Beispiel dieser: "Wenn das mit Berti schiefgeht, dann muss ich mich der Verantwortung stellen. Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus", hatte Calmund noch vor fünf Monaten gesagt.
Selbst der ehemalige DFB-Trainerausbilder Gero Bisanz geißelte in einem
Kommentar in der WELT die Führungsriege: „Nennt man das Vertrauen, wenn zu
dem bisherigen Funktionsteam weitere, andere Personen hinzukommen und eingreifen
dürfen? Das ist Demontage der Trainerpersönlichkeit. Das ist ein völliges
Misstrauen der bisher verantwortlichen Trainer. Es ist bedenklich, wenn nicht
die Spieler, sondern die Trainer in die Pflicht genommen werden. Oder gesteht
man sich halbherzig Fehler bei der Verpflichtung eines Trainerteams zu Beginn
der Saison ein? Traut man den Trainern erfolgreiche Arbeit zu, dann vertraut man
ihnen voll und ganz. Wenn nicht, dann müssen notwendige Konsequenzen gezogen
werden - aber andere als bisher.“
Magath und der Ruf eines Retters
Auch der krisengeschüttelte VfB Stuttgart konnte vor seinem schweren Auswärtsspiel in Dortmund endlich „Big Points“ verbuchen. Im Kampf gegen den Abstieg gewann das Team von Trainer Felix Magath glücklich mit 2:1 gegen den SV Werder Bremen. Der Mann des Spieles war dabei der wieder genesene brasilianische Stürmer Adhemar. Nach fast fünfwöchiger Verletzungspause meldete sich der 1,68 Meter große VfB-Stürmer mit zwei Treffern auf beeindruckende Art und Weise zurück. Seine spektakuläre, allerdings wenig brasilianische Grätsche gegen (den künftigen BVB-Keeper?) Frank Rost hätte jedoch mit Rot geahndet werden müssen! Merk beließ es bei einer Verwarnung und griff nicht zur Gesäßtasche, wo die Rote Karte sitzt. Er zeigte gelb und schaute dem reuigen Sünder noch mal ganz streng in die Augen. Dieser so hart erkämpfte Erfolg hilft einer verunsicherten Mannschaft, und er hebt zumindest kurzfristig die Stimmung in der gesamten Region.
Bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Werder Bremen war der mit dem „Retterruf“ ausgestattete Magath bereits sichtlich nervös. Die anwesenden Journalisten beobachteten, dass er gedanklich abwesend schien, öfter mal auf den Boden blickte und äußerst angespannt wirkte. Zu der Torflaute gefragt antwortete er zwar noch mit seherischen Fähigkeiten: "Wird Zeit, dass wir mal wieder ein Feldtor schießen - ich hoffe auf Adhemar'', allerdings auf die mögliche Verunsicherung von Torwart Timo Hildebrand, der zuletzt nur auf der Bank saß keifte er genervt zurück: "Der ist nicht verunsichert, er hat ja auch gar keinen Grund''. Dann aber fragt jemand, ob das vorbereitende Trainingslager nicht kontraproduktiv sein könnte. Da verdrehte Magath die Augen und fing an zu lachen. Und was man da sah, war keineswegs ein freundliches Lachen, mehr ein zynisches. "Sensationell was hier in Stuttgart abläuft'', sagt er, "egal was wir machen: Es wird immer nach dem Negativen gesucht.'' Ungewohnt weinerliche Töne, für einen „harten Hund“ wie ihn...
Bislang war der Abstiegskampf vor allem die „Monoshow“ des Rettungs-Experten Felix Magath. Was er heute sagte oder dachte, war morgen schon überholt. Wie die Menschenführung und teils schon chaotische Personalpolitik des Trainers aufs Betriebsklima gewirkt hat, lässt sich aus den Aussagen des überragenden Torwarts Hildebrand ableiten: "Wir haben in dieser Woche zum ersten Mal richtig untereinander geredet. Seither ist auch der Trainer lockerer." Aber wie lange hält diese Atmosphäre? Und ist der veränderte Umgangston Magaths etwa vom Manager Rüssmann angeordnet worden? Rund ums Rote Haus schwirrten am Samstag viele Fragen. Auch die, auf welchem Tabellenplatz der VfB stehen könnte, wenn der Torjäger aus Sao Caetano (sieben Tore in acht Spielen) noch ein paar Mal öfters aufgelaufen wäre. Adhemar war vier Wochen lang verletzt gewesen. Er hatte sich sogar verletzen müssen. Denn obwohl er spürte, wie "ein Muskel im Oberschenkel zumachte", so der Fußballerjargon, und über seinen Dolmetscher Magath dreimal auf diese Problematik aufmerksam machte, beschied der Sportchef: "Wenn einer verletzt ist, muss er mich erst von der Verletzung überzeugen." Der Muskelfaserriss überzeugte. Frei nach Hägele: Spät, aber vielleicht nicht zu spät.
Und immer wieder wird der bislang als äußerst blaß eingestufte „Präsi“ Manfred Haas gefragt: "Warum haben Sie sich das Präsidenten-Amt beim VfB Stuttgart in dieser schweren Zeit eigentlich angetan?'' Aber eine schlüssige Antwort (Eitelkeit?) konnte er nicht geben. Dafür plauderte Haas offenbarte lediglich, dass er Mitleid nicht möge. Das betonte er gleich mehrfach. Aber gerade weil er es dauernd betont, schimmert durch: Der Nachfolger von Gerhard Mayer-Vorfelder fühlt sich ungerecht bewertet. Er habe nicht die übliche Schonfrist von 100 Tagen bekommen, sagt er larmoyant. Und schließlich mündet seine Klage in der Feststellung: "Der Sport ist die Spielzeugabteilung des Lebens. Aber das gilt nicht für die Vereinsführung eines Bundesliga-Clubs. Das ist hartes Business.'' Immerhin, das hat er schon mal geschnallt!
Rausch ratlos: "Retter" haben derzeit keine Konjunktur
Eindringlich appellierte Friedel Rausch nach neun sieglosen Spielen und vier Pleiten in Folge an das Team der Frankfurter Eintracht vor dem Spiel bei Hertha BSC Berlin. "Wir müssen hoffen, arbeiten und ein bisschen beten", sagt Rausch. Half nix. Der 61 Jahre alte Coach kassierte seit seinem Amtsantritt drei Niederlagen, mit der weiteren im Olympiastadion dürfte der zweite Abstieg nach 1995 fast besiegelt sein. Nur ein drittes Wunder kann Eintracht Frankfurt jetzt noch vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga bewahren. Was der Traditionsclub beim 0:3 bei Hertha BSC bot, glich erneut einem Offenbarungseid, der sogar ein „Kampfschwein“ wie Trainer-Routinier Friedel Rausch ratlos machte. Die Partie war praktisch nach zwei Minuten gelaufen: Alex Alves hörte die erfreuliche Nachricht von der Verpflichtung seines Landsmannes Marcelinho Paraiba, schaute genau und traf. Die Eintracht-Abwehr hatte Rausch zwar zugehört, schaute dennoch trotzdem zu und war tödlich getroffen.
"Es war alles für die Katz. Man trainiert eine Woche lang, weist auf die Stärken des Gegners hin, ist zuversichtlich und dann passiert wieder ein individueller Fehler. Vor dem 0:1 war der Ball zwei Minuten in der Luft. Danach war die Mannschaft wie gelähmt. Schlechter kann man nicht Fußball spielen", sagte Rausch erzürnt. Seit zehn Partien ist Frankfurt nun ohne Sieg, zuletzt gab es fünf Niederlagen, darunter vier unter dem vermeintlichen Retter Rausch, mit dem die Eintracht zuvor gegen Leverkusen (1:3), Kaiserslautern (2:4) und Bayern München (0:2) verlor. Der 61-Jährige betonte, niemand habe aus diesen Spielen fünf oder sechs Punkte erwartet: "Ich weiß, worauf ich mich eingelassen habe. So lange es theoretisch eine Chance gibt, wird hart gearbeitet. Die Leute da draußen haben ein Recht darauf, dass wir uns anders präsentieren." Auch am kommenden Samstag gegen den VfL Bochum will Rausch wieder auf die Jugend setzen, obwohl ein Debütant wie der 19-jährige Jermaine Jones im Mittelfeld überfordert wirkte. Die „FR“ titelte: „Hilflose Bubis hissen die weiße Fahne. Ohne Mumm, ohne Engagement, ohne Plan, ohne taktisches Verständnis schlichen da elf mehr oder weniger junge apathische Männer mit hängenden Köpfen über den Rasen, unfähig oder nicht willens, wenigstens das kleine Einmaleins dieses an und für sich schönen Spiels zu beherrschen.“ Was bleibt, sind dürre, blutleere Durchhalteparolen: "Wir geben nicht auf", sagt der AG-Vorstandsvorsitzende Steven Jedlicki, und Rausch verkündet, dass man, "so lange noch theoretische Chancen bestehen", alles versuchen wolle, "da unten irgendwie noch raus zu kommen." Aber wie geht irgendwie?
Bourgeoise Dekadenz statt Demut: Der tiefe Fall des HSV
Hamburg, schon immer Städte boulevardträchtiger Schlagzeilen! Diesmal ist´s - wie die „WELT“ weiß - das "Wollenberg" an Hamburgs Außenalster, ein sagenhaft protziger Gourmet-Tempel der Schönen und Reichen in der sündenfuhligen Hansestadt. Auch die monetär üppig ausstaffierten Profis des Hamburger SV feiern hier schon mal ab – gern auch bis in die frühen Morgenstunden. Und sogar unabhängig davon, ob sie gewonnen oder verloren haben. Dass sie seit Wochen mitten im Abstiegskampf stecken, spielt ebenfalls keine Rolle und tut der ausgelassenen Stimmung, wie Augenzeugen jetzt wieder berichteten, scheinbar keinerlei Abbruch. Feiern als Frust-Abbau? Womöglich sogar angeordnet, um den Teamgeist anzuregen? Keineswegs. Es feiert sich halt leichter, als gut Fußball zu spielen. So tauchten etliche HSV-Profis auch nach dem 1:1 gegen Köln vor zwei Wochen bis Tagesanbruch in die Partyszene der Stadt ab. Abstiegskampf in Hamburg - Dekadenz statt Demut. Doch nicht nur bei den Spielern ist der Hang zu „großen Auftritten“ festzustellen. Seit dem Abenteuer-Ausflug in die Champions League tragen auch andere Klubangestellte die Nase gern ein Stück höher. Deren Selbstgefälligkeit auf heimischen Pressekonferenzen löst inzwischen selbst bei Ufa, immerhin Kohle reinschaufelnder HSV-Vermarkter reichlich Unbehagen aus. "Die sind wohl ein wenig abgehoben, die Herrschaften", stellte auch der frühere HSV-Trainer Quälix Magath nach seinem Gastspiel mit dem VfB Stuttgart fest. Tatsächlich sah alles vor Monaten so viel versprechend aus: Das neue Volksparkstadion, eine der schönsten deutschen Fußball-Arenen. Der neue Ligachef – immerhin kein geringerer als Werner Hackmann, ehemaliger Innensenator und mächtiger HSV-Boss. Der Shootingstar am Manager-Himmel – Europacupsieger Holger Hieronymus in seltengekannter Konstanz. Die "dritte Kraft hinter Bayern und dem BVB" - sei der HSV, so jedenfalls sah es Hackmann seinerzeit vollmundig kommen. Außerdem: Die Mannschaft mit den besten Perspektiven? Natürlich die von Trainer Frank Pagelsdorf. Alles schien bestellt für die große Renaissance des Europacupsiegers von 1983. Doch in nur einem Jahr hat sich der HSV mit Riesenschritten von solchen Visionen entkernt. Nicht nur, weil das Spiel gegen Hansa Rostock ein weiteres Endspiel um den Klassenerhalt war und Klubchef Hackmann soeben eine drastische Etatkürzung verkündete. Komisch: Der Poker um Yildiray Bastürk - er ist noch immer nicht zu Ende. Sportchef Holger Hieronymus sah sich den HSV-Wunschkandidaten am Sonnabend in Bochum gegen S05 an, gestern war Bastürk-Berater Reza Fazeli im Volksparkstadion. "Es ist immer noch keine Entscheidung gefallen", kontert Fazeli die Andeutungen aus Leverkusen, man sei sich mit dem VfL-Spielmacher bereits einig. Noch, versichert der Iraner, seien beide Klubs im Rennen. Also keine Planungssicherheit!
Die Zukunft des HSV - sie läuft davon. Hans-Jörg Butt beispielsweise, wechselt ablösefrei ausgerechnet unter´s Bayerkreuz nach Leverkusen. Vor einem Jahr hätten die Hamburger zehn Millionen Mark von Bayer haben können, aber nein, unverständliche Unprofessionalität und dümmliche Eitelkeit gingen einmal mehr einher. Jungnationalspieler Ingo Hertzsch – derzeit von „Pagel“ ausgemustert – will, ungeachtet seines Vertrages bis 2003, ebenfalls zur Werkself. Der cometenhafte Aufsteiger der vergangenen Saison fühlt sich vom Trainer fallen gelassen. Noch vor kurzem galt der 23-Jährige als Eckpfeiler des "HSV der Zukunft". Das war schon bei Supertalent Fabian Ernst, 21, der Fall, der vor der Saison desillusioniert zu Werder Bremen flüchtete. Thomas Gravesen (25, gegen seinen Willen abgeschoben zu Everton) und Dimitrios Grammozis (22, ging nach Kaiserslautern) waren - nicht allein des Geldes wegen - ebenfalls nicht zu halten. Marcel Ketelaer, 23, einst für stolze für 5,5 Millionen Mark und vollmundigen Versprechen als "Perspektivspieler" (Hieronymus) vom Bökelberg in Mönchengladbach losgeeist, würde am liebsten sofort wieder reumütig zurück nach Gladbach davoneilen. Diesbezügliche Gespräche laufen bereits! Für Unruhe könnte auch Sergej Barbarez sorgen. "Wenn ein großes Angebot kommt, würde ich das Gespräch mit dem Verein suchen", sagte der Bosnier". Berater Jörg Neubauer soll angeblich 10 Anfragen für den Torjäger vorliegen haben. Barbarez: "Ich möchte wieder in der Champions League spielen."
Kein Wunder, dass immer mehr Zweifel an den pädagogischen Fähigkeiten des ehemaligen BVB-Liberos Pagelsdorfs aufkommen. Hat er einen Spieler erst einmal verpflichtet, stellt er seine Bemühungen um ihn und die weiterfördernde Kommunikation offenbar weitesgehend ein. Dieses jedenfalls bescheinigten dem inzwischen zu den Topverdienern der Gilde zählenden Übungsleiter (fast fünf Millionen Mark Jahresgage) schon Spieler seiner Ära bei Hansa Rostock. HSV-Profis der heutigen Generation bemängeln immer wieder anonym: "Der redet nicht mit uns." Auch der wegen der Zusatzbelastung durch die Champions League auf 35 Spieler aufgeblähte Kader entpuppte sich schlicht als unlösbares Problem. Quantität statt Qualität schien noch vor Jahresfrist die Losung zu lauten. Schädliche Grüppchenbildung war unvermeidlich, ebenso der täglich allgegenwärtige Frust von über 20(!) Ersatzspielern. Der viel gepriesene Teamgeist der vergangenen Saison wurde geradezu verscheucht. "Hier denken zu viele nur an sich und glauben, sie sitzen zu Unrecht auf der Bank und müssten anstelle eines schwachen Kollegen spielen", hatte Stürmer Erik Meijer kurz nach seiner Verpflichtung bereits lauthals bemerkt. Doch nur "Altlast" Harald Spörl (über Nacht zu Asi Neururer nach Ahlen abgeschoben) konnte kurzfristig von der Gehaltsliste gestrichen werden. Transfererlös: null. Nahezu grotesk mutet der Fall des „ewigen Enddreißigers“ Anthony Yeboah (feiert vermutl. im Juni zum 5-ten mal seinen 35-ten Geburtstag!) an: Der zog kackenfrech selbst die Option auf ein weiteres Jahr „gutdotierte Beschäftigung an der Alster“ und streicht dafür noch einmal knapp drei Mille Salär ein. Dass Pagelsdorf nicht mehr mit dem Stürmer plant, ist selbstredend sekundär. Um ihn 1997 zum HSV locken zu können, sicherte man ihm vertraglich eben jene Klausel zu, die den Klub nun teuer zu stehen kommt. Weitaus teurer jedenfalls als die jährlich 700000 Mark, die Leistungsträger Niko Kovac für eine vorzeitige Vertragsverlängerung als Gehaltsaufstockung (von 1,8 auf 2,5 Millionen) von Hieronymus gefordert haben soll, bevor im vergangenen Jahr der FC Bayern immerhin 20 Millionen Mark für ihn bot. Hieronymus sagte natürlich auch hier Nein. Nun ist der Ärger groß, weil Kovac bei einem Wechsel zum FC Bayern nicht einmal mehr die Hälfte an Ablöse einbringt und wohl kaum zu halten sein wird. Die Zukunft des Vereins, die noch vor kurzem so glänzend schien, erscheint plötzlich in ziemlich düsteren Farben. Ob man es sich beim HSV angesichts der langen Mängelliste weiter leisten sollte, so weltmännisch bis überheblich aufzutreten, darf als mehr als fraglich bezweifelt werden!
Derweil darf man sich beim Blick auf´s sportliche über die bewegenden Szenen beim Abpfiff im Volksparkstadion freuen, die eine Stimmung wie seinerzeit gegen Juve in der Champions League erzeugten. Frank Pagelsdorf ließ mal wieder seinen Gefühlen freien Lauf und weinte erlösende Freundentränen. Er weiß es in diesen Sekunden: Der 2:1-Sieg gegen Hansa Rostock mit nunmehr 39 Punkten bedeutet für seinen HSV nach einer völlig verkorksten Saison wohl endgültig die Rettung vor Liga zwo.
Das Comeback des Jahres: Heiko´s langer Weg zurück in die BVB-Normalität
Er ist wieder da! Nach seiner Krebsbehandlung schnürt Heiko Herrlich erstmals wieder die Fußballschuhe für seinen Verein. In der Tat, die Blässe ist gewichen, das Gewicht gestiegen, auf dem Kopf wachsen wieder Haare. Langsam, ganz langsam kehrt bei Heiko Herrlich die Fitness vergangener Tage zurück. Nach fünfmonatiger Leidenszeit und der Entfernung eines bösartigen Gehirntumors schnürt der 29 Jahre Angreifer von Borussia Dortmund wieder die Fußballschuhe.
Die ersten Gehversuche auf dem langen Weg zurück in die Normalität eines Fußball-Profis bereiteten sichtbare Freude. "Es ist ein wirklich tolles Gefühl", schwärmte Herrlich, "ich bin sehr zufrieden."
Nicht nur die ersten Ballkontakte sorgten für glänzende Stimmung. Auch der Kurzurlaub in der Sonne der portugiesischen Algarve-Küste Mitte April weckte neue Lebensgeister. "Diese Woche hat mir verdammt gut getan", sagte der ehemalige Krebspatient, "ich habe vor allem wieder richtig essen können." Mit regelmäßigen Einheiten auf dem Fahrrad-Ergometer und leichtem Lauftraining kämpft er seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus gegen die Kräfte zehrenden Folgen der erfolgreichen Strahlentherapie an. Die schleppenden, aber stetigen Fortschritte ermutigten ihn zur Rückkehr in den Mannschaftskreis: "Mir ist nach Belastungen nicht mehr so schlecht."
Noch schlägt er auf dem Trainingsgelände nur Flanken, erfreut sich am Spiel 7 gegen 3. Gleichwohl wird vielerorts bereits über sein baldiges Comeback und seine Teilnahme am Höhentrainingslager der Borussia in der Steiermark vor Beginn der kommenden Saison spekuliert. Von solch optimistischen Prognosen hält nicht nur BVB- Trainer Matthias Sammer wenig: "Heiko bestreitet in erster Linie ein körperliches Aufbauprogramm. Das dauert noch eine Weile, und ein Ende dieser Rehabilitation ist nicht abzusehen."
Sehstörungen machen noch zu schaffen
Auch Herrlich tut sich mit der großen Erwartungshaltung schwer: "Von einem vernünftigen Plan oder einem Aufbau kann derzeit nicht die Rede sein. Ich muss vorsichtig sein, denke von Tag zu Tag." Bei aller Freude über die vielen Fortschritte ist Vorsicht geboten. Nach eigenem Bekunden machen ihm nicht nur Sehstörungen mit Doppelbildern zu schaffen: "Noch vor drei Wochen musste ich mich gelegentlich übergeben - und so etwas ist auf dem Weg zur völligen Genesung natürlich kontraproduktiv."
Die positive Lebenseinstellung des bekennenden Christen hilft ein Stück weit über die vielen Hürden hinweg. Genau wie der große Zuspruch, den Herrlich tagtäglich per Fanpost erhält. Einladungen der deutschen Bischofskonferenz sowie zahlreicher Pfarrgemeinden zu Podiumsdiskussionen und Themenabenden bezeugen darüber hinaus seine Popularität. Doch bis zu seiner vollständigen Genesung will Herrlich öffentliche Auftritte weitesgehend meiden. Am Mittwoch allerdings stellte er sich den Fragen des Sportsenders „DSF“ und stimmte damit erstmals seit seiner Erkrankung einem TV-Interview zu.
Dennoch tut er sich mit der großen Erwartungshaltung im Dortmunder Umfeld schwer: „Von einem vernünftigen Plan oder einem Aufbau kann derzeit nicht die Rede sein. Ich muss vorsichtig sein, denke von Tag zu Tag.“ Bei aller Freude über die vielen Fortschritte ist Vorsicht geboten. Nach eigenem Bekunden machen ihm nicht nur Sehstörungen mit Doppelbildern zu schaffen: „Noch vor drei Wochen musste ich mich gelegentlich übergeben - und so etwas ist auf dem Weg zur völligen Genesung natürlich kontraproduktiv.“ Momentan spricht jedoch vieles dafür, dass der fünfmalige Nationalspieler sich einen großen Wunsch erfüllen und in seinen Beruf zurückkehren kann. Der Aufwärtstrend der vergangenen Tage verleitet Herrlich schon zu einem ironischem Umgang mit noch vorhandenen Krankheitssymptomen: "Ich werde wieder richtig gut. Schließlich sehe ich jetzt immer zwei Bälle, da kann ich mir ja einen aussuchen."