..."Micky Stevic" - Einer der letzten "Grasfresser"
Sein kämpferischer Einsatz ist vorbildlich und seine Einstellung überaus profihaft. Nie muckt er auf, wenn er im "Kader der Ergänzungsspieler" Platz nehmen muss. Bundesliga.de charakterisierte ihn mit den Worten: "Micky Stevic hält nichts von Alibis und Gequatsche". Der 31 jährige Mittelfeldrenner, der in 19 Spielen selbst 4 Tore erzielte und 7 Assists auflegte, will mit dem BVB "immer Oben dabei sein2. schwatzgelb.de sprach mit dem sympathischen Jugoslawen vor dem Auswärtsspiel in Wolfsburg.
schwatzgelb.de: Micky, Du bist jetzt seit Dezember 1998 beim BVB. Wie würdest Du diese Zeit bisher bewerten?
Micky:
Ich habe mich damals hier sehr schnell eingelebt. Die Mentalität der
Menschen hier liegt mir. Ich bin auch ein Typ der offen und ehrlich ist.
Da gab es am Anfang überhaupt keine Probleme.
Als ich zur Borussia kam, war ich im ersten Jahr mit meiner und der Leistung der Mannschaft zufrieden. Der BVB stand auf dem 7. Tabellenplatz und wir haben dann sogar noch den Sprung in die CL geschafft. Damit war ich sehr zufrieden.
In der 2 Saison lief es in der Hinrunde noch sehr gut für uns, doch dann haben wir leider unsere Kontinuität verloren und durch die Trainerwechsel haben wir es nicht geschafft unsere eigenen Ziele und die der Fans zu erreichen. So muss man sagen, dass es für alle Seiten eine verlorene Saison war.
Vor allem mussten wir alle erleben wie schnell man sich selber in größte Not bringen kann, wenn man nicht als Einheit auftritt.
Diese Saison haben dann viele nicht damit gerechnet, dass die
Mannschaft eine so gute Saison spielt. Aber die Arbeit die wir vorgelegt
haben in den Trainingslagern sowie die Arbeit unseres Trainerteams
unter Leitung von Matthias Sammer hat eins besonders bewirkt. Er hat
wieder für Teamgeist und Respekt untereinander gesorgt. Das hat dazu
geführt, dass wir wieder als Mannschaft auftreten und verdient oben
stehen.
Die Saison ist ja noch nicht beendet und so lange eine
Möglichkeit besteht, werden wir alles dransetzen um am Schluss ganz oben
zu stehen.
schwatzgelb.de: Du bist ein großer Kämpfer.
Deine Zweikampfwerte sind konstant hoch und Dein Engagement werden
gerühmt. Wo siehst Du noch Schwächen?
Micky:
Meine Schwäche sehe ich darin, dass ich zu ehrlich bin für dieses
Geschäft. Aber trotz aller Nachteile, die diese Ehrlichkeit mit sich
bringt, werde ich mich nicht ändern und so bleiben wie ich bin. Den am
Ende habe ich bei jedem Verein bei dem ich gespielt habe noch viele
Freunde .
schwatzgelb.de: Du gilst in Fachkreisen ja als
Freistoßspezialist. Was würdest Du sagen wenn ich Dir verrate, dass ein
Großteil der riesigen Borussenfamilie die Ausführungen saumäßig findet?
Micky:
OK, selbst als Freistoßspezialist bist Du von den Spielern abhängig,
die diese Bälle verwerten sollen. So profitieren beide Seite davon.
Diese Saison hat das ja erst gut geklappt, da ich mit Heiko einen guten
Partner hatte, der meine Bälle verwertet hat. So hatte wir viel Erfolg
damit. Leider kam ja Heikos schlimme Krankheit dazwischen. Sicher, wenn
Du 3:0 führst redet keiner groß drüber wenn der Freistoß nicht gut war.
Anders sieht das aus, wenn es 0:0 steht und die Fans erwarten, dass Du
in Führung gehst. Dann ist es schon normal, dass eine Reaktion von den
Fans kommt. Leider sind es dann oft Pfiffe, die für einen Spieler nicht
sehr hilfreich sind.
schwatzgelb.de: Kaum ein Spieler wird derart kritisch gesehen, wie Du. Kannst Du Dir das erklären?
Micky: Ich muss sagen, dass ich am Anfang einer der
wenigen Spieler im Team war der nicht ausgepfiffen wurde. Erste Pfiffe
habe ich bemerkt in der Phase als Barbarez den Verein verlassen hatte
und in den Zeitungen gestanden hat, dass ich mit Sergej befreundet bin.
Ich hatte beim BVB das Zimmer mit ihm geteilt und wir sind immer noch
gute Freunde. Aber genauso wie zu ihm, habe ich auch zu den anderen
Spielern in der Mannschaft ein gutes Verhältnis. Ich sehe keine Grund
darin, meine Freundschaften zu beenden, nur weil einige Fans den Spieler
Barbarez nicht mochten.
schwatzgelb.de: Im Fall Barbarez
kann man aber sagen, dass ein Großteil der Fans Sergej nicht so kritisch
gesehen hat. Nur wenn in der Südtribüne oder im Stadion sich ein paar
tausend Fans negativ über einen Spieler äußern, dann fällt das natürlich
auf.
Micky: In Barbarez speziellen Fall kann ich auch
nicht soviel dazu sagen, da ich in der ersten Saison von Sergej noch
nicht bei Borussia war. Ich kenne ihn nur als Mensch und als Spieler und
da kann ich sagen das er ein guter Mensch und auch ein guter Spieler
ist. Ich habe früher als kleiner Junge immer mit der Illusion gelebt,
dass mich jeder mögen muss, weil ich auch zu andere Menschen immer nett
sein wollte. Mit den Jahren habe ich gelernt, dass das nicht immer geht.
Aber warum soll ich den Menschen misstrauisch gegenübertreten?
Ich bin nun mal ein Mensch, der zuerst immer das Gute in den anderen
sieht. OK, dass mich nicht alle Fans mögen und ein paar hundert auch
gegen mich Pfeifen das ist nun mal so.
Nun gut, am Anfang hat
man mir einen Fehler nicht übel genommen, nur heute gibt es eben für
eine missglückte Aktion Pfiffe von den Fans. Ehrlich gesagt verstehe ich
das nicht, denn allein von meinem Charakter her will ich immer alles
geben und kämpfe bis zum umfallen. Ich verstehe die Pfiffe nicht. Denn
Kampf und ehrliche Arbeit sind doch die Eigenschaften, die diese
Menschen und die Region so prägt.
schwatzgelb.de: Deine sportliche Situation stellt sich nach Deiner auskurierten Muskelverletzung als schwierig dar...
Micky:
Nun in der Hinrunde lief es sehr gut für mich. Alle waren mit meiner Leistung zufrieden und dann kommt mir diese blöde Verletzung dazwischen. Leider hat es nach der Verletzung länger gedauert als ich erwartet habe bis ich wieder in den Kader gerückt bin. Mit meiner Leistung gegen Bochum konnte ich nach der längeren Pause ganz zufrieden sein.
schwatzgelb.de: Nach Deinem guten Spiel über die volle Distanz und durchweg guten Noten; siehst Du Dich wie in der Vorrunde jetzt wieder als erste Wahl?
Micky: Das entscheidet natürlich der Trainer. Ab so wie er sich in den Medien geäußert hat, habe ich schon die Hoffnung das ich auch weiter spiele wenn ich gute Leistungen bringe.
schwatzgelb.de: Der Kölner Express zitierte Dich noch Ende Januar mit den Worten: "Kein Trainer hat bislang hinter mir gestanden"...
Micky: Das habe andere Zeitungen auch
geschrieben, aber das habe ich nicht so gesagt. Gesagt habe ich: ?Kein
Trainer hat hinter meiner Person gestanden sondern hinter meiner
Leistung.? Dazu stehe ich auch noch heute.
schwatzgelb.de:
Dein Vertrag läuft 2002 aus. Willst Du dann noch einmal eine neue
Herausforderung annehmen, oder könntest Du Dir auch vorstellen, in
Dortmund zu verlängern?
Micky: Ich fühle
mich hier sehr wohl. Zu meiner Überraschung ist der Verein bis heute
nicht zu mir gekommen um mit mir über einen neuen Vertrag zu sprechen,
obwohl letztes Jahr im August/September der Verein mir etwas anderes
gesagt hat.
Aber das bringt mich nicht aus der Ruhe. Ich würde
gerne hier beleiben, den allein vor dieser Kulisse im Westfalenstadion
zu spielen ist ein Traum für jeden Spieler. Darum werde ich auch alles
dafür tun, dass Fans und Verein mit mir zufrieden sind und ich somit
noch einige Jahre hier bleiben kann. Wenn das nicht der Fall sein
sollte, so werde ich nicht um jeden Preis bleiben. Da habe ich auch
meinen Stolz. Wenn man jedoch mit mir Fair umgeht ist das alles kein
Problem.
schwatzgelb.de: Beim Lokalderby gegen Bochum hast Du den Elfmeter
souverän versenkt. Als Du angelaufen bist, hat es Unruhe im Stadion
gegeben. Hast Du das mitgekriegt?
Micky:
Ja das habe ich natürlich mitbekommen. Am Anfang hat mich das schon
etwas geärgert. Ich verstehe die Fans natürlich auch. Der Verein hat mit
Rosicky einen jungen Spieler verpflichtet, der ein großes Potential hat
und der ganz sicher dazu beigetragen hat, dass wir oben mitspielen.
Aber auch wir als Mannschaft haben unseren Teil dazu beigetragen, dass
Tomas ein gutes Umfeld vorfindet. Nur so kannst Du auch gute Leistungen
bringen. Ich hoffe das einige Fans gesehen habe, dass ich Tomas gefragt
habe, ob er schießen möchte. Aber er gab mir zu verstehen, dass er nicht
schießen wollte.
schwatzgelb.de: Wie fühlt man sich in so einer Situation. Ist es nicht schwer, mit dem Unmut des Publikums zu leben?
Micky:
Das ist ja das was ich im Moment erlebe. Bis jetzt hatte das immer ganz
gut mit mir und dem Publikum geklappt. Ich war immer sehr stolz darauf,
das ich lange einer der wenigen war, der selbst bei einem Fehler keine
Pfiffe einstecken musste.
In der letzten Zeit, vor allen meine ich nach der Geschichte mit Sergej, ist das leider anders geworden.
schwatzgelb.de: Bist Du den der Meinung, dass sich das Publikum verändert hat?
Micky: Wie meinst Du das, allgemein gegenüber der ganzen Mannschaft?
schwatzgelb.de: Wir haben doch hier in den 90er Jahren sehr viele
Erfolge gefeiert, meinst Du das sich das Publikum seit dem verändert
hat?
Micky: Das ist die Meinung vieler
meiner Mannschaftskollegen, die schon länger bei Borussia spielen. Ich
bin ja noch nicht so lange in Dortmund und ich muss ehrlich sagen und
dabei bekomme ich echt eine Gänsehaut, dass ich zu Borussia Dortmund
nicht nur wegen des Geldes gewechselt bin. Ich habe damals im Fernsehen
immer die Europapokalspiele von Borussia verfolgt und da habe ich dieses
Publikum erlebt, wie es immer das Lied ?Borussia? gesungen hat und das
war so unglaublich für mich als junger Spieler.
Auch Michael
Zorc und die anderen Spieler haben mir sehr imponiert, wie sie sich auf
dem Platz verhalten haben und dazu diese tolle Atmosphäre.
Bis
heute bin ich immer noch der Meinung, dass es die richtige Entscheidung
war nach Dortmund zu gehen, auch wegen des Publikums. Es scheint schon
so, dass die Fans etwas verwöhnt sind durch die tollen Erfolge. Aber
viel Schuld haben auch die negative Medienberichte.
Aber ich bekomme auch von dieser großen (Fan)Familie viel Anerkennung und das macht mich sehr stolz.
schwatzgelb.de: In der Vergangenheit hast Du ja oft über den
Charakter der Mannschaft gesprochen. Dinge wie das Zusammenwachsen, der
Weg dorthin und was noch geschehen muss. Wo steht das Team heute?
Micky:
Das Team ist auf einen sehr guten Weg. Es gibt natürlich viele Wege die
auch in die verkehrte Richtung führen, aber ich glaube der Trainerstab
hat alles gut in Griff und was uns noch fehlt ist ein großes
Erfolgserlebnis das aber in naher Zukunft sicher kommen wird.
Die Probleme der Vergangenheit sind ausgeräumt. Es wird bestimmt auch
mal neue Probleme geben, aber ich bin mir heute sicher, dass wir das
alles intern lösen werden. Bei uns in der Mannschaft stimmt es
charakterlich und ich glaube auch das wir Spieler die Bindung zum
Publikum noch verbessern können. Den Spieler ohne Fans, aber auch Fans
ohne Spieler sind eben nur halb so wertvoll.
schwatzgelb.de: Ein Zitat von Dir lautet: "Wer bei Borussia
Dortmund spielt, muss immer Meister werden wollen". Glaubst Du, dass die
Mannschaft momentan an einem Punkt ist, wo sie das auch verstanden hat,
wo sie weiß, worum es geht, oder haben wir mit Niederlagen wie in
Berlin bereits alles verspielt?
Micky:
Das war sicher eine sehr bittere Niederlage, die mich sehr getroffen
hat. Viele Reporter haben mich gefragt, ob ich sauer bin weil ich nicht
gespielt habe. Ich habe gesagt, dass ich nicht sauer bin weil ich nicht
gespielt habe, sondern das ich sauer bin weil wir die große Möglichkeit
verspielt haben uns oben festzusetzen.
Nun, dass ist Schnee von
gestern. Wir sind nach dem Sieg gegen Bochum weiter oben dabei und
manch einer mag sagen damit konnte man nach dem letzten Jahr doch gar
nicht rechen dass Borussia in der Tabelle ganz oben steht.
Aber
der Verein und die Fans haben eine hohe Erwartung und unsere Aufgabe
ist es diese Erwartungen zu erfüllen. Der Druck gehört bei einem so
großen Verein einfach dazu. Wenn ich als Profi hier damit nicht umgehen
kann und nicht immer den maximallen Erfolg will, dann kann ich mir
gleich einen anderen Verein suchen oder Amateursport betreiben.
schwatzgelb.de: Ich stelle jetzt mal die These auf, das im
Meisterschaftsfinish überall bloß gemeckert, gejammert, gelogen und
betrogen wird. Würdest Du mir zustimmen?
Micky:
Das sieht man deutlich. Plötzlich ist eine Verein der oben mitspielt
wieder an einem Spieler von einem der anderen Vereine die oben
mitspielen interessiert usw. Das ist doch ein alter Trick um die
Konzentration der Spieler und der ganzen Mannschaft zu stören.
schwatzgelb.de: Gestern auf der Pressekonferenz sagtest Du in Anspielung auf Deinen Wechsel vom TSV 1860 München zur Borussia: ?Jetzt müssen wir zeigen, dass der schwatzgelbe Porsche besser ist, als ein grüner VW.? Was heißt das für uns jetzt konkret für Freitag?
Micky: Soll heißen, dass jeder der mitreißt nach Wolfsburg nur einen Gedanken im Kopf haben muss. Wolfsburg als Sieger wieder zu verlassen. Alles andere ist verfehlt am Platz.
schwatzgelb.de: Wirst Du dann Deine Mitspieler in der Kabine nochmals anfeuern und motivieren, damit sie das letzte aus sich rausholen?
Micky: Ich weiß nicht ob ich das in der Kabine mache, ich bin er der Typ, der dass auf dem Platz tut. Wir können uns beim Training alles noch so schön erzählen, wichtig ist das auf dem Platz was passiert.
Mein Lieblingssatz ist: "Die Worte können lügen, die Taten nicht!"
Du kannst erzählen was Du willst, aber Deine Taten sind es die man sehen kann und so werde ich auch in Wolfsburg auftreten.
schwatzgelb.de: Themenwechsel. Du bist ja nun auch wie einige Deiner Kollegen im Internet präsent. Auf Deiner Webpage ist das Tagebuch seit Anfang März nicht mehr aktualisiert worden. Warum?
Micky: Wenn ich was mache, dann mache ich es entweder richtig oder ich lasse es. Die Seite wurde von der Firma die das für mich macht nicht so betreut wie ich mir das vorgestellt habe. Zum Beispiel sind immer noch alte Bilder von mir (altes Trikot , Anmerk. der Redaktion) auf der Seite.
Deshalb werde ich in der Sommerpause eine neue Seite entwerfen lassen, die meinen Vorstellungen entspricht.
schwatzgelb.de: Beantwortest Du die eingehende Fanpost eigentlich immer und wie gehst Du da vor?
Micky: Nein, dass ist ja alles über diese Internetfirma gelaufen. Sie betreut viele Fußballspieler. Ich gebe meine Antworten mündlich an Sie weiter und die leiten es dann an die Fans weiter. Ehrlich gesagt kenne ich mich mit der Technik auch nicht so gut aus und dann lasse ich das lieber. Mir fehlt auch nötige Zeit um mich mit dieser Technik vertraut zu machen.
schwatzgelb.de: Um eine Frage kommen wir nicht herum. Seit wann schon kennst Du schwatzgelb.de - Das BVB-Online-Fanzine?
Micky: Vom Namen her kenne ich die Seite schon sehr lange. Einige Spieler hatten mich schon über eure Seite informiert und mir gesagt, dass sie sehr gut und seriös sei.
schwatzgelb.de: Danke für das Gespräch Micky.
Information zu Micky Stevice findet ihr hier.