Tatort Bundesliga - der 09. Spieltag: Die Verhältnisse wurden klargerückt!
In München, in Mönchengladbach, in Hamburg... überall knisterte es im Vorfeld. Die mit ausländischen Spitzenspielern gespickte Bundesliga boomt, die deutsche Nationalmannschaft kriselt dagegen vor sich hin. Nur eine Woche nach der verpassten direkten WM-Qualifikation der Völler- Mannschaft kehrte dennoch bei den Fans die Freude am Fußball zurück. Bei insgesamt 29 Treffern und allerbestem Wetter, konnte der Fan ein siegreiches Spitzenquartett erleben, das für höchsten Unterhaltungswert sorgte.
„Pannenmänner 04“
titelte die BAMS so treffend über die Versager aus der Nachbarstadt. Das „Stadion des Schreckens“ wurde auch diesmal wieder für die Schalker zum Alptraum. Am 12. Mai 2001 verspielte das Team von Huub Stevens dort mit dem 0:1 die Meisterschaft und wurde der FC Hosenscheißer 04. Das 0:3 war noch schlimmer als die Pleite im Mai. Und Schalke noch harmloser. Die Leistung indiskutabel für einen selbsternannten Meisterschaftsaspiranten. Mit einem von allen guten Geistern verlassenen „Pannen-Olli“ in seinem 444. Bundesliga-Spiel, nehmen die „Himmelblauen“ mit nur 14 Punkten jetzt sogar Kurs auf Mittelmaß, denn Spitzenreiter Lautern ist schon zehn Punkte enteilt. „Es kann nur besser werden“, stöhnte der mit solchen Situationen vertraute Routinier Olaf Thon. Huub Stevens, dessen Jubiläum kräftig vermiest sein dürfte (er sitzt seit fünf Jahren auf der Bank der Blauen - so lange wie keiner seiner Vorgänger), betrachtete die Partie von vornherein nicht als Revanche, sondern als normales Auswärtsspiel. Und er sollte Recht behalten. Seine Truppe hat bisher auswärts nur bei Aufsteigern gepunktet, und selbst das immer mühsam!
Rolf Rüßmann hingegen feierte an diesem Wochenende vergnüglichen seinen 51. Geburtstag. Wie Stuttgart sich „ohne Stars und Neuzugänge“ auf den Europacup-Rängen hält, zeigt, welch ausgezeichnter Trainer Felix Magath wirklich ist. Mehr als nur ein willkommener Feuerwehrmann. Die Gründe des VFB-Erfolgs? Nun, sie sind schnell erklärt. Mit den abgeklärten Routiniers Bordon und Soldo sind die beiden absoluten Defensiv-Stützen wieder mit an Bord. Und auf dieser gesicherten Basis entwickeln die Schwaben mit ihren Youngstern im Schlepptau ihren unerwarteten Höhenflug. Rolli´s Ex-Arbeitgeber Schalke aber (dort war er als Spieler und Manager) erlebt einen Einbruch wie auch vor zwei Jahren schon. Da kam nach dem Höhenflug der Absturz, und jetzt scheint es wieder so zu sein. In die Herzen der Fans spielt sich der „Meister der Herzen“ des vergangenen Jahres jedenfalls lange nicht mehr. „Da arbeitet keiner – vor allem in der Abwehr – mehr für den anderen. Die sind jetzt alles Stars!“, analysierte DSF-Trainer Udo Lattek knallhart das Schalker Debakel vor Ort.
Und Assauer knallt durch...
Und als wenn das alles noch nicht genug wär, musste Rudi-Cigar heute noch dem ganzen Scherbenhaufen die Krone aufsetzen. Beim majorkinischen Abschlusstraining ging er schnurstracks in die Kabine und faltet seine Profis nach alter Gutsherrn Sitte! Die überlieferten, wenig druckreifen Sätze lassen auf eine absolut cholerische Handlung schließen! „Ich habe am Morgen eine Ansprache an die Mannschaft gehalten und gesagt, dass ich es leid bin, mich für ihre Leistungen zu schämen. Ich habe allen angeboten, den Verein sofort zu verlassen. Jeder, der will, kann sofort gehen. Natürlich gegen eine angemessene Ablöse. Das gilt ohne Ausnahme“, sagte Assi. Anschließend befahl er Möller und Mpenza trotz Verletzung den Flieger auf die deutsche Urlaubsinsel Nr.1 zu besteigen. Mpenza, derzeit wegen einer Drüsenentzündung in der Leistengegend außer Gefecht, ließ sich daraufhin vom Arzt schriftlich bestätigen, dass er nicht mitspielen könne. Das wiederum deuteten Stevens und Assauer als Arbeitsverweigerung und suspendierten den belgischen Stürmer gestern kurzerhand auf unbestimmte Zeit! „Die Puderzuckerzeit ist vorbei.“ Er habe nicht den Eindruck gehabt, „dass Mpenza alles tut, um fit zu werden. Obwohl die medizinische Abteilung eine gute Chance sah, ihn mit Antibiotika fit zu bekommen, hat er von vornherein gesagt, dass er nicht spielt. Da haben wir ihn ins Flugzeug nach Deutschland gesetzt.“ Dazu noch einmal O-Ton Cigar: „Er kriegt so einen vor den Kopf gehauen, wie noch nie ein Spieler auf Schalke vor den Kopf bekommen hat.“ Und weiter... „Ein Teil seines Gehaltes wird eingefroren und wird nicht ausgezahlt in den nächsten Monaten!“ Puh... raue Sitten bei den Nachbarn. Das kann ja noch heiter werden!!! J
Lautern freut sich jetzt auf den Tabellen-Gipfel
Davon konnte beim 3:1 von Kaiserslautern gegen Rostock nicht die Rede sein. Erst nach verschlafenen 45 Minuten, in denen die Gäste das Spiel kontrollierten, wurde der Spitzenreiter höheren Ansprüchen gerecht. Erst als Brehme sein Team mit Halbzeit-Standpauke Sieg gebrüllt hat, lehnte sich der Coach zurück: "Jetzt fahren wir entspannt zu den Bayern. Wenn wir da so guten Fußball zeigen wie in der zweiten Halbzeit, können wir auch in München bestehen. Spielen wie aber so wie in den ersten 45 Minuten, kriegen wir reichlich eingeschenkt“ meinte der Weltmeister von 1990, der in den kommenden Tagen seinen Vertrag in der Pfalz bis 2004 verlängern wird.
Nach dem letztlich souveränen Sieg gegen den Tabellenvorletzten ging Brehme dann auch nicht blauäugig zur Tagesordnung über. Der Teammanager sparte nicht mit Kritik an seiner Mannschaft. "In der ersten Halbzeit haben wir richtigen Schlafwagenfußball geboten. Wir sind Tabellenführer. Da musst du zu Hause ganz einfach selbstbewusster auftreten, als wir es in der ersten Hälfte getan haben. Der Pausenrückstand war verdient". Der Trainer musste in der Halbzeit alles geben, um seine "Schlafwandler" aufzuwecken. Er entschuldigte sich bei der Pressekonferenz für seine Reibeisenstimme: "Ich musste in der Halbzeit richtig laut werden. Davon bin ich jetzt noch heiser". Seine Worte scheinen tatsächlich zu den Spielern durchgedrungen zu sein. In der zweiten Halbzeit lieferten die "Teufel" nämlich eine Galavorstellung ab. Mit Abschnitt zwei war auch der kritische Teamchef zufrieden. "In der zweiten Halbzeit haben wir sehr guten Fußball geboten", sagte er, fügte aber in Blickrichtung auf die nächsten schweren Gegner hinzu: "Wenn wir gegen die Spitzenteams der Liga spielen, reicht eine gute Hälfte einfach nicht. Da müssen wir 90 Minuten lang hochkonzentriert zur Sache gehen". Brehme ist dennoch nicht bange vor den nächsten schweren Spielen. Er freut sich sogar auf den Megahit des nächsten Spieltags. Wer hätte das vor der Saison gedacht, was ein funktionierendes Kollektiv alles zu leisten imstande ist...
Hansa-Mittelfeldspieler Marco Weißhaupt dagegen weiß, warum die Rostocker derzeit nichts zustande bringen: "Wir sind einfach zu dumm zum Siegen." Nun, Einsicht ist der erste Weg zur Besserung - sollte dieser eher abgedroschene Spruch auf die aktuelle Situation des FC Hansa zutreffen, dann dürfte es ab sofort eigentlich nur noch steil bergauf gehen. Denn zumindest Weißhaupt weiß um das ganz große Problem der Rostocker, die seit sieben Spielen in der Bundesliga sieglos sind. Es ist das dritte oder vierte Mal, dass wir gut spielen, couragiert zu Werke gehen, ja sogar in Führung gehen und auch die eine oder andere Chance herausspielen. Aber dann macht man die individuellen Fehler, die zur Wende führen und dann hat man auch nicht verdient das Spiel zu gewinnen", geht Weißhaupt mit sich und den Kollegen hart ins Gericht. Vor allem für Trainer Friedhelm Funkel tut es dem ehemaligen Freiburger in der derzeitigen, prekären Lage der Rostocker leid. " Er kann nun wirklich nichts dafür, dass wir dieses Spiel verloren haben. Er hat uns in der Halbzeitpause noch mal richtig motiviert, hat uns gesagt wie wir hier zu agieren haben. Aber wir haben es nicht verstanden umzusetzen. Was soll dann der Trainer dafür können, dann sind wir selber Schuld", stellt sich der Mittelfeldspieler demonstrativ hinter den Coach. Wie man diese Problematik abstellt, da ist auch er im Moment allerdings selbst auch noch ratlos: "Wir müssen es endlich schaffen zu gewinnen, wie ist mir inzwischen egal." Ob das den im Norden Mecklenburgs nicht gerade beliebten Friedhelm Funkel noch retten kann?
Bayer marschiert und marschiert...
In der giftigen Atmosphäre des Cottbuser Stadions der Freundschaft hat sich Bayer Leverkusen für den Auftritt im großen „Nou Camp“ des ruhmreichen FC Barcelona gerüstet. Doch trotz des bravourös ertrotzten 3:2 bei Energie Cottbus, nunmehr 16 Spielen ohne Niederlage und der Siegesserie in der Champions League bleibt Bescheidenheit das oberste Gebot bei den Werkskickern. Vor dem wegweisenden Duell bei den Katalanen verkündete Klaus Toppmöller pflichtbewusst: “Wir sind dort absoluter Außenseiter.“ Doch nur zu gern würde der Coach dort mit einem Unentschieden den Einzug in die Zwischenrunde der europäischen Eliteklasse perfekt machen und damit seine persönliche Erfolgsserie weiter ausbauen.
Deutliches Lob gab es vom Cottbuser Trainerfuchs Eduard „Ede“ Geyer, der vorab mit markigen Worten den deutschen Fußball kritisiert hatte. „Für mich ist Leverkusen zur Zeit die zielstrebigste Mannschaft der Bundesliga. Sie sind noch gefährlicher als Bayern München“, sagte Geyer. „Toppi“ indes wiegelte clever ab: „Ne, so weit wie die Bayern sind wir noch nicht.“ Aber fast schon gleichermaßen kaltschnäuzig wie erfolgsorientiert: Ulf Kirsten leitete bereits in der 4. Minute den Sieg ein. Der im Bayertrikot immer überdurchschnittlich kickende Michael Ballack setzte dann kurz vor der Halbzeit noch eins drauf und nutzte erneut Schwächen in der Energie-Abwehr. Zwar kamen die Lausitzer zwei mal zum Ausgleich, aber Kirsten vertrat am Elfmeterpunkt Keeper Hans-Jörg Butt erfolgreich - zuletzt gegen Barcelona mit einem Fehlschuss - und sorgte für den Sieg. Dass Leverkusen nach der frühen Gelb-Roten Karte für Zoltan Sebescen 70 Minuten lang in Unterzahl spielen musste, fiel durch die starke Teamleistung kaum ins Gewicht.
„Wir wollten das Spiel vor allem gewinnen“, sagte der nimmermüde Routinier Kirsten, schon wieder mit sechs Saisontreffern zweitbester Bundesliga-Torjäger der laufenden Saison. „Wir haben gewonnen, weil wir sehr konstant gestanden haben, aber auch, weil uns der liebe Gott geholfen hat“, urteilte Manager Reiner Calmund feixend. Die tolle Serie unter dem neuen Coach spielte Calmund herunter: „Dat is alles Pillefax. Da kannst du dir in Barcelona nix für kaufen.“ Sprachs und entschwand.
Zumindest selbstbewusst dürfen die oft verhöhnten Werksprofis in die katalanische Metropole fliegen. Toppmöller rechnet damit, dass Ze Roberto und Yildiray Bastürk nach ihren Bänderdehnungen zurückkehren und Jens Nowotny wieder von Anfang an auflaufen kann. „Ich hatte ihn gebeten, sich zur Verfügung zu stellen, wenn es brenzlig wird, und das hat er getan», meinte der Erfolgscoach zum erfolgreichen Halb-Stunden-Einsatz seines Kapitäns in Cottbus.
Der FC Energie gerät nach fünf Spielen ohne Sieg allmählich unter Zugzwang, um den Absturz in die Abstiegszone aufzuhalten. Doch anders als beim FC St. Pauli wird es danach daheim gegen die konterstarke Borussia aus Dortmund ungleich schwerer als gegen Bayer. Besonders deshalb ärgerten sich die Cottbuser über die verschenkte Gelegenheit vom Samstag. „Wir hatten sie voll im Griff. Normalerweise müssen wir mindestens einen Punkt holen“, trauerte Torschütze Helbig nach Spielschluß immer noch der verpassten Chance nach. Seinen Trainer Geyer erzürnte lange noch der dilettantische Ballverlust von Laurentiu-Aurelian Reghecampf vor dem Elfmeter. „So etwas kann und darf ein Trainer nicht verzeihen“, schimpfte „Ede“, schwieg sich allerdings über mögliche Konsequenzen aus. Einzig die Steigerung seiner Schützlinge in der Offensive nach drei Begegnungen ohne Torerfolg registrierte er wohlwollend. Der „Pate“ machte den Lausitzern dagegen Mut: „Mit dieser Leidenschaft kommen sie nicht in den Abstiegskampf.“ Aber mal Hand auf´s Herz, was kann man sich dafür schon kaufen?
In München sind die Verhältnisse gerade gerückt!
Nun liegen also die zu Tatsachen gewordenen Fakten endlich auf dem Tisch. Entgegen allen Regularien weltweiter Verbandssrechtssprechung hat man also dem „größten Talent Deutschlands“ einfach mal eben so 20 Millionen überweisen! Und das auch noch mitten in der laufenden Saison und als Handgeld für den Spieler deklariert!! Nun verstehen wir alle, warum so viele Spieler so gern bei den Bayern im wunderschönen München spielen möchten. Erinnerungen an en Fall Pizarro werden wach, als Manager Delgado durch monetäre Einflüsse sich „zwingen ließ“ das Schöne an München zu entdecken (Wir berichteten) Handgeld. Immer wieder taucht dieses Wort im Transfergeschäft auf. Die Situation bei Sebastian Deisler unterstellt ja gewissermaßen, dass alles und jeder seinen Preis hat und von Bayern jederzeit nach Gutdünken erworben werden könne! Fifa-Regeln? Für die „Monarchen von Nordflorenz“ indes gelten sie sicher nicht... Was sind da schon die erwarteten 50.000 Schweizer Franken Strafe? Ja richtig, es sind die berühmten Peanuts! Dafür darf man auch ruhig mal das Recht beugen!
Uli Hoeneß, dessen Welt nach dem Deal scheinbar wieder rosarot aussieht, tönt nach dem deutlichen 5:1-Sieg im Lokalderby über den TSV München 1860 als wäre nix gewesen schon wieder kackenfrech: „Nächste Woche dann wollen wir Platz eins übernehmen!“ Allerdings spricht einiges dafür, dass der Wunsch des ungeliebten Managers in Erfüllung geht. Nach dem neunten Pflichtspiel ohne Niederlage wird der Titelverteidiger mehr denn je wieder als Meisterschaftsfavorit gehandelt. Mehr als den höchsten Derbysieg aller Zeiten, treibt beide Vereine derzeit der wie ein Damokles-Schwert über ihnen hängende Bürgerentscheid am nächsten Sonntag um! Es gibt zwar eine Interessengemeinschaft „Blau Rot United München“, was das neue Stadion betrifft, aber was der mündige multikulturelle Münchner Bürger darüber denkt, steht in den Sternen! ---> Siehe auch hier
Immerhin war es schon das 194. Derby in München. „Jetzt kann ich die ganze Woche mit breiter Brust durch die Stadt laufen und beim Bäcker in Hosenträgern die Brötchen kaufen,“ so lustig formulierte das Owen Hargreaves, der junge Bayern-Star, nachdem sie den „Löwen“ keine Schnitte ließen. Ottmar Hitzfeld fasste das sportliche Geschehen kurzerhand zusammen: "Es war keine so leichte Aufgabe wie es am Ende ausgesehen hat. Das 0:1 hat uns gar nicht gepasst. Wir hatten anfangs Probleme, Sechzig hat sehr kompakt gestanden. Das 1:1 hat dann Kräfte freigesetzt, das 2:1 fiel zum psychologisch günstigsten Zeitpunkt. Und mit dem 3:1 war praktisch die Vorentscheidung gefallen." Punkt. Aus. Fertig.
Jetzt kommt Kurt...
SAT1 brachte diesen alten Gassenhauer von Frank Zander gestern als passende Hommage für den Tiroler Fußballlehrer. Bereits vor dem Anpfiff standen zwei Personen ganz besonders im Mittelpunkt. Auf der einen Seite blickten die Fans in der AOL-Arena auf HSV-Trainer Kurt Jara. Der Nachfolger von Frank Pagelsdorf, der gegen Hertha sein Debüt an der Seitenlinie gab. Ein Neuer, der die Norddeutschen wie einst Trainerlegende Ernst Happel mit österreichischem Schmäh und taktischer Finesse zurück auf die Erfolgsspur führen soll. Ein Hoffnungsträger, dem. beim ebenfalls kriselnden HSV nach sechs sieglosen Spielen ein perfekter Einstand glückte. Das beste Trainerdebüt in der Vereinsgeschichte sorgte bei Fans und Spielern für Hochgefühle. „Das ist wie im Märchen, aber es ist Wirklichkeit“, jubelte Jara fast ausgelassen. Mit dem Rückgriff auf den zweifachen Torschützen Marcel Ketelar bewies der österreichische Fußball-Lehrer gleich bei seinem Traum-Einstand ein glückliches Händchen.
Schweren Zeiten sieht dagegen Hertha-Coach Jürgen Röber entgegen. Nach der dicken Schlappe beim Hamburger SV ist der vermeintliche Geheimfavorit bereits am 9. Spieltag 13 Punkte von der Tabellenspitze entfernt. Es ist erst zwei Wochen her, als die Profis von Fußball-Bundesligist im Olympiastadion mit 3:0 gegen Köln die große Versöhnung mit ihren Fans feierten. Es sollte eine Siegesserie folgen. Mit neuem Selbstbewusstsein und besseren Leistungen sollte der Anschluss an die Tabellenspitze geschafft werden. Gestern Nachmittag um 17:17 Uhr waren alle guten Vorsätze dahin. Mit einer 4:0 Niederlage schlichen die Berliner vom Hamburger Rasen. Es war wieder eine ganz schwache Vorstellung der Hauptstädter. Und es war das falsche Signal in einer Zeit, in der bei Hertha über Personalien diskutiert und nicht mehr Fußball gespielt wird.
Der Hoffnungsträger einer ganzen Fußball-Nation stand auf der anderen Seite im Rampenlicht. Und es waren nicht nur die 43 129 Zuschauer im Stadion, die jede Aktion von Sebastian Deisler kritisch beobachtete. Ist er immer noch das unbekümmert aufspielende Talent oder bewegt er sich wie ein selbstverliebter, lauffauler Millionär?
Die „Bild“ - Zeitung hatte vor der Partie dem Wechsel-Wirrwarr um den Hertha-Spielmacher einen neuen Schwung gegeben. Eifrig hatten Deisler, sein Berater Jörg Neubauer, Hertha-Manager Dieter Hoeneß sowie sein Bruder und Gegenspieler auf Seiten von Bayern München mehr oder weniger glaubhaft dementiert. Dass der Wechsel des 21-Jährigen zum Saisonende zum Meister bereits perfekt sei, dass es eine Vorvereinbarung gäbe und dass bereits 20 Millionen Mark auf ein Konto des Noch-Berliners Deisler geflossen seien - als vorgestrecktes Handgeld auf den anstehenden Wechsel. Den Beweis dafür lieferte BILD gestern. Auf der Titelseite wurde ein Scheck-Einreichungsformular abgedruckt, das eine Geldbewegung von der Bayern-Hausbank auf ein Konto von Deisler in Höhe von 20 Millionen Mark dokumentierte. Doch wer glaubte, die Beteiligten würden den Vorgang nun bestätigen, wurde enttäuscht. „Wir können die Veröffentlichung nicht kommentieren. Das ist keine Sache von Hertha BSC“, erklärte Dieter Hoeneß sichtlich erregt. Und Neubauer gab sich mal wieder gewohnt gelassen: „Das ist doch nur ein scheinbarer Beweis. Wir bleiben dabei und verkünden unsere Entscheidung in der Winterpause.“ Von störenden Einflüssen der permanenten Spekulationen wollte der Spielerberater, der in Hamburg auf der Tribüne saß, nichts hören: „Sebastian kann damit umgehen. Es wird ihn nicht stören.“ Und Neubauer sollte zumindest für die Anfangsphase Recht behalten. Nach 56 Sekunden gelang der Nummer 26 das erste Dribbling und in der 17. Minute war es ausgerechnet Deisler, der die große Chance zur Führung vorbereitete. Nach einem gewonnenen Zweikampf gegen Hoogma passte der Nationalspieler den Ball auf den völlig freistehenden Michael Preetz in den Strafraum. Doch der Kapitän verstolperte diese hundertprozentige Chance zur Führung deppenhaft. Eine zugegeben unglückliche Szene. Und eine, die Signalwirkung hatte. Auch wenn sich Deisler, der in der 66. Minute mit einer schweren Knieverletzung ausgewechselt wurde, immer wieder bemühte, gelang Hertha in der Folgezeit kaum noch etwas. Über die linke Seite, auf der sich in den Anfangsminuten Michael Hartmann und Bart Goor noch ordentlich ergänzt hatten, kam wenig. Aus der Zentrale fehlten die Ideen. Doch die größten Schwächen offenbarte einmal mehr die völlig verunsicherte Abwehrreihe um Dick van Burik. Es war ein Offenbarungseid von Herthas Defensivabteilung. Ein Armutszeugnis für den ambitionierten Hauptstadtverein. Ein Grund mehr für Deisler, den Klub am Saisonende zu verlassen!
Sie machten es den Gastgebern leicht, sich aus der Krise zu schießen. Beim 1:0 durch Barbarez reklamierte Kostas Konstantinidis lieber das passive Abseits von Meijer als aktiv einzugreifen. Beim 2:0 ließ sich van Burik von Ketelaer vorführen. Als der unmittelbar nach der Pause seinen zweiten Treffer nach Vorarbeit von Meijer erzielte, irrte Keeper Gabor Kiraly planlos durch den Strafraum. Und beim 4:0 von Benyamin nach gute einer Stunde fühlte sich kein Berliner Abwehrspieler zuständig.
Der BVB ist auswärts eine Macht
Die Kosten für ein Segelflugzeug war es dem Mönchengladbacher Fanprojekt um den rührigen Holger Spiecker wert, um am letzten Heimspiel der vergangenen Saison über der Heimat von Borussia Dortmund, dem Westfalenstadion zu kreisen. "Es gibt nur eine Borussia", ließ man auf einem Banner die Dortmunder da wissen – in heller Vorfreude auf die scheinbar ewig sicheren Punkte! Aber diesmal kam die Anspielung auf das ewig junge Duell beider Teams, das es nach dem Aufstieg der Gladbacher erstmals wieder gab verfrüht, denn mit 2:1 hieß der Sieger diesmal Borussia Dortmund.
Auf der Pressekonferenz fasste sich der Gladbacher Coach Hans Meyer auch relativ kurz: "Über diese Niederlage muss ich mich nicht so sehr ärgern." Sowohl individuell als auch in Sachen mannschaftlicher Geschlossenheit sah er gegenüber den "sehr starken Dortmundern" Defizite. "Wir waren objektiv die schwächere Mannschaft", gab Meyer unumwunden zu. Den „Dortmunder Brasilianern“, den Amorosos, Evanilsons, Dedés und Ewerthons hatte der rheinische Rivale an diesem Tag nichts adäquates entgegenzusetzen. Selbst nach der Gelb-Roten Karte von Tomas Rosicky hatten die Bierstädter aus einer in der 2. Hälfte defensiv gewählten Ausrichtung die klareren Möglichkeiten. Die Rheinländer spielten zwar gefällig mit und ließen den Ball in den eigenen Reihen laufen, vermochte es aber nicht die Dreier- resp. Viererkette der starken Hintermannschaft der Schwatzgelben ernsthaft in Gefahr zu bringen. Und da war ja schließlich auch noch ein bärenstarker Philipp Laux...
Trainer Matthias Sammer dagegen verwies darauf, dass seine Mannschaft nicht so gut sei, wofür sie immer gehalten wird, "aber auch nicht so schlecht.“ Weil er am Bökelberg auf Offensive setzte, musste Jürgen Kohler in seiner Abschiedstournee aus der Viererkette weichen und auf der Bank Platz nehmen - dort, wo er zuletzt im November 2000 saß (2:6 gegen Bayern). Der „Kokser“, der in der zweiten Halbzeit dann eingewechselt wurde, nahm es gelassen. Vielleicht auch in dem Wissen, dass sie langsam anfangen müssen, ohne ihn klar zu kommen. Denn er hört am Saisonende auf und wechselt definitiv als Trainer zum Deutschen Fußball-Bund, wo er bereits bis Juni 2007 unterschrieben hat.
Die „kleine“ Gladbacher Borussia wird nach fünf Spielen ohne Sieg immer weiter nach unten durchgereicht. Fatal: Alle Gegner-Trainer loben die Gastgeber immer über den grünen Klee, aber erst nachdem sie die Punkte auf dem Bökelberg mitgenommen haben... Coach Meyer: „Alle Trainer gegen die wir verlieren sagen das, langsam kann ich dieses ganze Lob nicht mehr hören, denn kaufen können wir uns gar nichts dafür.“
Köln völlig von der Rolle
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der grün gekleideten Mannschaften, die ihren Gegnern in Rot keine Chance ließen. Während Werder Bremen beim 3:0-Heimerfolg gegen den 1. FC Nürnberg keine Mühe hatte, feierte der VfL Wolfsburg einen 4:0-Triumph bei einem völlig desolaten 1. FC Köln. Mit dem Verlassen der Abstiegsränge verschafften sich die 'Wölfe' etwas Luft. Da sieht es für Köln als Tabellen-15. und Nürnberg als 16. wesentlich düsterer aus. Schwere Zeiten für den 1. FC Köln. Die sportliche Krise bei den Domstädtern nimmt immer schlimmere Ausmaße an. Beim 0:4 Debakel gegen den VfL Wolfsburg präsentierten sich die Rheinländer am Sonntagabend wie ein Abstiegskandidat. Lange Zeit war von den Kölnern überhaupt nichts zu sehen. Mit dilettantischen Abwehrfehlern luden die Hausherren den VfL Wolfsburg geradezu zum Toreschießen ein. Und die "Wölfe", die kurzfristig auf den angeschlagenen Torjäger Andrzej Juskowiak und Mittelfeld-Stratege Dietmar Kühbauer verzichten mussten, ließen sich nicht zwei Mal bitten. Nach einem schweren Schnitzer von Spasoje Bulajic lief Petrow dem Kölner Thomas Cichon davon und markierte das 0:1. Vier Minuten später war ein Fehlpass von Christian Springer Ausgangspunkt des zweiten Tores durch Ponte, der ebenso wie Petrow zum ersten Mal in der Bundesliga im VfL-Trikot ins Schwarze traf.
Hätte nicht Alexander Bade im Kölner Tor mit einer Glanzparade den Freistoß des früheren FC-Spielers Dorinel Munteanu an den Pfosten gelenkt, wäre nach 13 Minuten das 0:3 perfekt gewesen. Erst nach einer halben Stunde begannen die Gastgeber, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen. Doch vor dem Tor von Claus Reitmaier präsentierten sich die "Geißböcke" ausgesprochen harmlos. Die beste Chance vor der Pause vergab der eingewechselte Marco Reich (44.) mit einem Kopfball aus wenigen Metern kläglich.
Fünf Minuten nach Wiederbeginn war das Schicksal der Kölner nach einem Foul von Matthias Scherz an Tobias Rau endgültig besiegelt. Petrow verwandelte den fälligen Strafstoß zum dritten Wolfsburger Treffer. Gegen die nun alles nach vorne werfenden Hausherren fanden die "Wölfe" reichlich Platz zum Kontern. Den sich bietenden Spielraum nutzten Ponte und Karhan zu einer Kombination, die der Slowake mit seinem zweiten Bundesliga-Tor zum 0:4 abschloss. Der Stuhl von „Dauernörgler“ Ewald „ich schreibs mal auf“ Lienen hat auch schon mal fester gestanden in der Domstadt, allen Casper´schen Beteuerungen zum trotz...