
Ja, tatsächlich, der BVB hat den Einzug in die Champions League am letzten Spieltag zuhause gegen Kiel in der eigenen Hand. Hätte man mir das nach dem Hinspiel in Kiel erzählt, ich hätte wohl ziemlich unflätig auf solch offensichtlichen Unsinn reagiert.
Allerdings ist diese beeindruckende Aufholjagd in der zweiten Saisonhälfte nicht ansatzweise das Außergewöhnlichste, was in den letzten Jahren passiert ist.
Dass der BVB 2023 zum letzten Spieltag als Tabellenführer antrat, war lächerlich, wenn man die Saison gesehen hat.
Dass der BVB 2024 ins Champions League Finale einzog, war absurd, wenn man die Mannschaft regelmäßig spielen gesehen hat.
Dass der BVB 2025 eine Chance hat in die Champions League einzuziehen ist nur deshalb so bemerkenswert, weil er bisher größtenteils um den 10. Platz herumgedümpelt ist.
Doch auf einmal ist alles wieder möglich. Ein bisschen mehr Konstanz, etwas mehr Fitness, ein bisschen Glück und ne Konkurrenz, die sich an Absurditäten überbietet und schon ist alles wieder so wie immer. Oder eben doch nicht ganz…

Ein Spiel um die Meisterschaft oder ein Champions League Finale ist unglaublich mitzuerleben. Wer 1997 in München, 2013 oder 2024 in London oder bei einer Meisterschaft im Westfalenstadion war weiß ganz genau, wie unfassbar das ist. Die Nervosität, die Emotionen, Dramatik, Spannung, und wenn es klappt diese unbändige Freude.
Weitaus weniger bedeutend und emotional ist dagegen ein Spiel um einen Platz, den wir vor der Saison als mehr oder weniger selbstverständlich erachtet hätten.
Und doch reißt mich dieses Endspiel gegen Kiel und im Allgemeinen die letzten Wochen weit mehr mit, als alle Spiele der letzten drei Saisons, bei denen es nicht ganz direkt um einen Titel ging. Weil ich wieder etwas fühle. Etwas, was trotz aller Erfolge der letzten zwei Jahre gefehlt hat: Kampf, Wille und allen voran das Gefühl, es schaffen zu können. Es verdient zu haben. Es wäre nicht lächerlich oder absurd, wenn wir Vierter würden, es wäre hart erkämpft, erarbeitet, errungen.

Dafür braucht es aber einen letzten Schritt, einen letzten großen Kampf, denn niemand darf davon ausgehen, dass eine Saison, die so schwer war, mit einem Selbstläufer endet.
Der BVB braucht idealerweise einen Sieg mit drei Toren Unterschied, um alle möglichen Absurditäten wie ein 6:5 zwischen Freiburg und Frankfurt und die geschossenen Auswärtstore über die gesamte Saison als Entscheidungsfaktor auszuschließen.
Um das zu schaffen, braucht die Mannschaft das Stadion. Ein Stadion, das erwiesenermaßen Tore schiessen, Gegner einschüchtern und Spiele entscheiden kann.
Wir müssen das lange Bein von Kohler heraufbeschwören: Alles scheint verloren, doch dann geschieht ein Wunder und die verlorene Hoffnung wendet sich zum Triumph!
Den gehaltenen Elfmeter gegen Robben: Hass, der nur im Fußball so pur tolerierbar ist und dann umschlägt in dieses unglaublich befriedigende Gefühl von Rache.
Málaga: Leute, die so weit über ihren Sitzen lehnen, dass nur die pure Körperspannung und ein paar blaue Schienbeine sie halten.
Das 4:4 gegen Stuttgart: Lärm von den Tribünen so unfassbar laut und voller Energie, dass die Viererkette am gegnerischen Strafraum steht und der Ball von selbst ins Netz fliegt.
Das 1:0 für Köln: das Stadion explodiert in einem einzigen Schrei der Emotionen und Freude, die in der Luft greifbar wird.
Im Westfalenstadion ist alles möglich, solange die Tribünen daran glauben!
Und jetzt stehen wir hier, die Woche ist vorbei, es ist soweit.
Mehr als alle und alles andere, haben wir es in der Hand. Die Fans, die Mannschaft, gemeinsam, endlich wieder gemeinsam. Wir können dieses Ziel erreichen, ein Ziel das noch vor wenigen Wochen unmöglich weit weg schien.
Das Leben beginnt, wenn die Kurve singt, hüpft und springt.
Ein letztes Mal diese Saison alles geben, sich nicht alleine oder verloren, frustriert oder genervt fühlen, wie in so vielen Spielen diese Saison, sondern Teil des Ganzen, des Großen, des BVB.
Borussia mein Verein, werd immer bei dir sein
Wer die Spieler auf dem Platz oder der Trainer auf der Bank, der Sportdirektor in der VIP Loge oder der Vorsänger auf dem Podest ist, spielt keine Rolle, weil es einzig um den Verein geht, für den wir hier noch einmal alles abreißen.
Nur du ganz allein, Ballspielverein!
Borussia Dortmund geh voran, geh voran, spiel den Gegner an die Wand! Borussia Dortmund du wirst Sieger sein!
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