Dämpfer gegen Bodø Ein gebrauchter Europapokalabend
Im Heimspiel gegen den norwegischen Vertreter Bodø/Glimt kam Borussia am Ende nicht über ein 2:2 hinaus. Nach zweifacher Führung schaffte es die Mannschaft nicht, das Spiel über die Runden zu bringen. Damit verpasst man eine große Chance, in Richtung Achtelfinale blicken zu können.
Es hätte alles so schön sein können. Europapokalabend, Heimspiel und eine gute Ausgangsposition. Nach dem Ausscheiden gegen Leverkusen schaffte man es, gegen Hoffenheim souverän wieder in die Erfolgsspur zu kommen. "Da kann doch wohl gegen Bodø nichts schief gehen”, sagte ich zu meinen Freunden auf dem Weg zum Stadion. Mein eigentlicher Borussia-Standard-Tipp 3:1 verwandelte sich durch mein gutes Gefühl sogar zu einem 4:0. Im schönsten Stadion der Welt angekommen, wurde ich von der Aufstellung zum Teil positiv überrascht. Fabio Silva bekam mal wieder den Vorzug vor dem momentan schwachen Guirassy. „Der Silva macht heute zwei Buden“, prognostizierte ich angekommen im Block voller Hoffnung.
Vor dem Spiel folgten dann für mich persönlich weitere Highlights. Neben dem grandiosen „Leuchte auf mein Stern Borussia“ als Einstimmung vor dem Spiel, bei dem ich immer wieder für diese paar Minuten eine Ganzkörper-Gänsehaut und ein nicht zu messendes Gefühl von Zusammengehörigkeit verspüre, kam es zu einem besonderen Moment zweier Ex-Spieler. Dede und Marco Reus wurden gebührend von der Süd gefeiert. Beide identifizieren sich komplett mit unserem BVB und gaben bei jedem Spiel alles. Immer wieder schön, solche Borussen vor der Süd feiern zu sehen. Und doch kam in diesem Moment der Wehmut auf. Denn solche Spieler vermisse ich bei unserer aktuellen Mannschaft.
Aber zurück zum gestrigen Abend: Der Rahmen war also perfekt. Dem Sieg und damit einem perfekten Abend stand meiner Meinung nach nichts mehr im Weg. Doch dann kam alles anders. In den Anfangsminuten traute ich meinen Augen kaum. Bodø spielte mutig nach vorne und kam sogar zu zwei guten Möglichkeiten. Die ersten kleineren Zweifel kamen bei mir auf. Sollte es doch nicht der von mir erwartete und vollmundig angekündigte Heimsieg werden? Nach 18 Minuten wurden die Sorgenfalten dank Julian Brandt kleiner. Denn unsere Nummer 10 veredelte einen Konter zur 1:0 Führung. Mit dieser im Rücken erspielte sich Borussia eine spielerische Überlegenheit, allerdings ohne Chancen im Minutentakt zu kreieren. Wenn etwas nach vorne ging, dann meist über den sehr aktiven Couto, der sich mehr und mehr in den Vordergrund spielt. Kurz vor der Halbzeit wurden meine Sorgenfalten doch wieder größer. Nach einer Ecke war es Haitam Aleesami, der für die Norweger zum Ausgleich einnickte.
„Die werden das schon noch gewinnen“ dachte ich mir als ich gerade einen Schluck aus meinem Halbzeit-Bier nahm. Mein Gefühl täuschte mich zu Beginn der zweiten Hälfte nicht. Wieder war es Julian Brandt, der per Abstauber zu erneuten Führung einschob. In der Phase danach hatte man noch ein paar Chancen, auf 3:1 zu erhöhen. Doch ich hatte mit fortlaufender Spieldauer ein Gefühl in mir, dass es noch in die Hose gehen könnte. Und ja, was soll ich sagen: Es kam, wie ich es befürchtet hatte: In der 75. Spielminute war es der Ex-Frankfurter Hauge, der zum Ausgleich einschob. Es war die Belohnung eines guten Auswärtsauftritts der Norweger auf dem Rasen und auf den Rängen. Nach dem Ausgleich kam in mir zu keiner Sekunde der Glaube auf, dass wir das Ding noch irgendwie ziehen werden. Und das frustriert mich am meisten. Wenn wir in der Schlussphase fast nur lange Bälle nach vorne schlagen und einfach hoffen, dass es dem schnellen Adeyemi gelingt, ein 1 vs. 1 zu gewinnen, dann ist das ein Armutszeugnis für unsere offensive Darbietung.
Und noch ein, zwei Dinge möchte ich gerne anmerken. Manche Spieler sind momentan nicht in Form. Beispielsweise spielt ein Jobe Bellingham maximal unglücklich und verunsichert. Man merkt ihm den Druck, den er sich bewusst oder unterbewusst selbst macht, deutlich an. Auch Serhou Guirassy ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Seine Einwechslung brachte 0,0 Input. Und Nico Schlotterbeck mag mit seiner Analyse Recht haben, doch auch er hinkt seit Wochen seiner Form hinterher. Das mag nach einer langen Verletzungspause normal sein, doch habe ich den Eindruck, dass ihm das Theater um seine Person sehr in seiner spielerischen Leistung beeinflusst. Man kann nur hoffen, dass in dieser Thematik zeitnah Klarheit herrscht.
Der gestrige Abend war zum Vergessen. Wir haben eine große Möglichkeit verspielt, möglicherweise direkt ins Achtelfinale einzuziehen. Mit Blick auf die weiteren Spiele gegen Inter und Tottenham wird es nicht einfacherer.
Und trotzdem gehen wir diese Spiele auch wieder mit voller Überzeugung an.
In diesem Sinne: Europapokal!
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