Warmlaufen

BVB nach Paris und vor Augsburg Gott sei Dank, nun ist‘s vorbei, mit der Punkterechnerei

03.05.2024, 21:01 Uhr von:  Michael
Spruchband der Südtribpüne mit der Aufschrift "Greedy old bastards - UEFA Mafia"

Ich hasse die UEFA. Nun gut, damit bin ich im Fußballuniversum wohl in guter Gesellschaft, wer mag schon das organisierte Verbrechen. Seit einigen Wochen gibt es noch einen weiteren Grund für meinen Hass: Die UEFA zwingt mich, Dinge gegen meine tiefste Überzeugung zu tun.

Am späten Dienstagabend ging ich gerade eine Runde mit dem Hund, als mein Handy vibrierte. Ein kurzer Blick, in München hatten die Bayern gegen Real ausgeglichen. Normalerweise ein valider Grund sich ordentlich zu ärgern. Ich mag die Bayern nicht, ich mochte sie nie und ich werde sie auch aller Voraussicht nach nie mögen. Und doch ballte ich in diesem Moment innerlich die Faust und jubelte, während ich mich ein bisschen dafür schämte. Nur wenige Momente später wiederholte sich die Situation als die Bayern in Führung gingen. Erneut innerer Jubel und insgeheim die Hoffnung, dass der Hund mich zur Strafe mal feste ins Bein beißt. Tat er nicht.

Doch nicht nur meine plötzliche Zuneigung zu Bayerntoren störte mich. Ich beobachtete vor zwei Wochen an mir selbst, dass ich mich über ein Tor von Leverkusen gegen West Ham freute. Normalerweise schaue ich Fußball unter strengsten Sympathiepunkten. Es ist mir scheißegal, ob ein Verein die bessere Spielanlage hat oder eine wirklich tolle Saison spielt, gewinnen soll der, den ich lieber mag oder zumindest weniger hasse. Und jetzt? Freute ich mich, dass ein Werksverein, der noch nicht einmal das Auswärtskontingent in einem Halbfinale der Europa League abruft, gegen einen Verein trifft, der 50.000 Dauerkarten pro Saison verkauft.

Bereits zuvor hatte ich mir ein Elfmeterschießen zwischen Lille und Aston Villa angesehen und war mir nicht sicher, ob Frankreich oder England jetzt gefährlicher ist und wem ich jetzt gerade die Daumen drücken musste. Gleiches geschah nur wenige Stunden später beim Elfmeterschießen von Fenerbahce gegen Olympiakos. Wer von den beiden würde wohl bessere Chancen gegen Villa haben? Und zwischendurch zwang die UEFA mich, dass ich mich über das Ausscheiden von Klopps Liverpool gegen Atalanta Bergamo freute.

Und warum überhaupt diese ganze absurde Gedankenspielerei? Weil die UEFA die Champions League aufgepumpt hat und sich eine ganz einfache Regelung ausgedacht hatte, wie man diese zusätzlichen Plätze denn verteilen könnte. Na gut, wirklich einfach wäre es gewesen, diese Plätze kleineren Landesverbänden zu geben, aber das würde ja dem hehren Ziel der Gewinnmaximierung widersprechen. Also dachte man sich eine niedliche kleine Formel aus, irgendwas mit Integralen und komplexen Zahlen, anhand derer zwei ausgewählte Landesverbände einen zusätzlichen Startplatz in der Champions League bekommen. So weit, so uninteressant. Zumindest für mich.

Bis zu dem Zeitpunkt, als sich abzeichnete, dass der geliebte Ballspielverein die aktuelle Bundesligasaison aufgrund von Schiedsrichterbetrug, schlechtem Wetter und zu hart aufgepumpten Bällen eventuell nur auf Platz 5 beenden könnte. Plötzlich musste ich mich mit dem Abschneiden englischer und französischer Teams in der Conference League auseinandersetzen und komplexe Divisionen anstellen, um die Wahrscheinlichkeiten auszurechnen, dass der geliebte BVB im nächsten Jahr in der Champions League spielt.

Na gut, ich habe nicht selbst gerechnet, sondern mich auf die herausragende Arbeit von Chaled Nahar verlassen, der bei Twitter quasi in Echtzeit neue Berechnungen anstellte.

Und so passierte das, was eigentlich nie passiert: ich drückte den Bayern die Daumen. Gegen Arsenal und auch gegen Madrid. Nun bin ich moralisch flexibel, wenn es dem BVB hilft und kann mich auch über ein 4:3 von blauen Absteigern gegen Frankfurt freuen, wenn es dem BVB die CL-Quali sichert. Aber gerade international gab es eigentlich keinen Grund, für Bayern oder andere unsympathische deutsche Vereine zu sein. Bis die UEFA mich dazu zwang.

Doch seit Mittwoch ist dies vorbei. Ab sofort kann ich wieder meinen Gefühlen nachgehen und hoffen, dass Thomas Tuchel nach der 4:0-Niederlage in Madrid die halbe Mannschaft in der Pressekonferenz vor den Bus wirft und Pierre-Emerick Aubameyang Bayer Leverkusen im Europa-League-Finale drei Dinger einschenkt. Der ist mir nämlich immer noch sympathischer als Robert Andrich.

Ironischerweise bedeutet das Ende des absurden Dortmunder Daumendrückens, dass plötzlich die Sympathien für einen Dortmunder Champions League-Gewinn in Frankfurt deutlich in die Höhe gehen, wäre dieser doch Voraussetzung, dass auch die Eintracht in der nächsten Saison in der Königsklasse spielt. Dies würde bedeuten, dass ein Drittel der Bundesliga im ehemaligen Pokal der Landesmeister starten würde…

Aber nicht nur in Frankfurt, auch in Freiburg, Augsburg und Hoffenheim bestehen noch theoretische Chancen auf die Champions League. Moment mal, wo wir gerade von Augsburg sprechen, klingelt irgendwas bei mir. Aber was? Irgendwie sollte dieser Text doch was mit Augsburg zu tun haben. Aber warum? Keine Ahnung, Augsburg interessiert mich nicht. London is calling and Paris is waiting. Der Rest ist egal.

Halt Stopp!

Es ist nicht alles egal. Am Samstag organisiert das Bündnis Südtribüne zusammen mit der DKMS eine Registrierungsaktion für Stammzellspender*innen. Ihr seid noch nicht registriert? Dann schaut Samstag auf jeden Fall vorbei. Alle Infos gibt es hier!

Grafik mit einem angedeuteten Westfalenstadion und dem Schriftzug Borussia Dortmund - FC Augsburg am 04. Mai 2024 um 15:30 Uhr im Westfalenstadion.

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