Schreckgespenst Auswärtsspiel "Die Südtribüne werden wir nicht mitnehmen können"
Zwischen Estadio Santiago Bernabéu in der Königsklasse und DFB-Pokal in Wolfsburg steht grauer Bundesliga-Alltag in Augsburg auf dem Programm. Am Samstag soll endlich der erste Auswärtssieg der Saison eingetütet werden. Nicht mithelfen kann Niklas Süle, auch Julian Ryerson ist fraglich.
Nach dem Flutlichtabend in der Champions League steht nun wieder grauer Bundesliga-Alltag an. Estadio Santiago Bernabéu klingt sexyer als WWK Arena. Die Namen Kylian Mbappe und Vini Junior klingen nach Ballon D’Or-Vergabe im Theatre du Chatelet in Paris, während Kristijan Jakić und Elvis Rexhbecaj hingegen nach Kampf und Einsatz und nach schmerzenden Knochen nach Abpfiff klingen. Nach genau dem, was ich beim BVB hin und wieder schmerzlich vermisse: Mentalität.
Ein Ausblick auf das bevorstehende Spiel ist selten ohne einen Rückblick auf die vorangegangene Partie möglich. Eigentlich hat der BVB in Madrid ein gutes Spiel gemacht. Zumindest 45, vielleicht auch 55 Minuten. Das von Trainer Nuri Sahin auserkorene Personal war gut ausgewählt und eingestellt. Die Mannschaft bekommt die öfter auftretenden, guten und souveränen Leistungen nicht konstant auf die Straße, biegt hin und wieder mal während des Spiels irgendwo falsch ab, oder findet bei Auswärtsspielen die richtige Ausfahrt einfach überhaupt nicht. Die Auftritte bei Union und in Stuttgart waren Totalausfälle, auch zu Saisonstart in Bremen becklerte sich die Mannschaft nicht gerade mit Ruhm. Dafür hielt man nun immerhin gegen Real mehr als eine Halbzeit gut mit, bevor der BVB dann in den letzten 30 Minuten doch noch komplett überfahren wurde.
13 erfahrene Spieler sind fit
"Die Mannschaft hat schon sehr oft das gespielt, was ich sehen möchte“, fasst Sahin die bisherige Saison auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FCA zusammen, „aber nicht immer über 90 Minuten und in der Konstanz. Wir müssen klar bleiben und arbeiten. Jeder Tag, jedes Spiel, jede Einheit und jede Analyse sind wichtig. Es ist ruckelig, aber das ist der Weg, den wir gehen müssen."
Ruckelig könnte auch der Abstecher am Samstag in die WWK-Arena werden. Nebst den anstrengenden englischen Wochen mit Dreifach-Belastung hat der BVB auch mal wieder das Verletzungspech gepachtet. Zu den den ohnehin schon Langzeitverletzten Karim Adeyemi, Giovanni Reyna, Yan Couto und Julien Duranville hat sich nun auch Niklas Süle seinen Platz auf der Krankenstation gebucht. Der Verteidiger, der überraschend in Madrid den Vorzug vor Waldemar Anton erhielt, fällt wegen eines Anrisses des Syndesmosebandes mehrere Wochen aus. Auch auf den Außenverteidiger-Positionen wird es langsam eng. Julian Ryerson musste in Madrid mit „leichten Problemen“ vom Feld, der Coach hofft auf Einsatzfähigkeit am Samstag. Viel rotieren kann Sahin gerade nicht.
Das lässt der 36-Jährige aber auch nicht als Ausrede gelten. „Wir müssen versuchen, unser Ding durchzuziehen, viele Abschlüsse zu haben und das Spiel zu gewinnen“, gibt er die Marschroute vor. Weiß aber auch um die Qualitäten des Gegners, der den BVB in den letzten Spielen in Augsburg immer wieder vor Probleme stellte. Der FCA „verteidigt viel zu fünft“ und auf der anderen Seite des Platzes gibt es „zwei Stürmer, die die Bälle festmachen können, wo die Jungs nachrücken.“
Die nackten Zahlen sprechen im Moment nicht für den BVB. In der Ferne ergatterte man in drei Spielen nur einen Punkt, dazu der Sieg in Brügge und in der ersten Pokalrunde gegen Phönix Lübeck. Zwischen den Heim- und Auswärtsspielen gibt es ein auffälliges Leistungsgefälle. „Die Südtribüne werden wir nicht mitnehmen können. Die Energie muss aus uns selbst kommen, auch in schwierigen Momenten“, betont Sahin und räumt gleichzeitig ein: „da hatten wir Probleme in den ersten Auswärtsspielen.“ Nun haben die Spieler am Samstag die Chance, eine Teil-Antwort auf die Mentalitäts-Frage zu liefern.