Die DFL und der Investor Gebrannte Kinder: Symbiose
Die DFL sagte weitere Verhandlungen mit einem Investor ab. Was heißt das nun?
"Der Investoren-Deal ist geplatzt"
Um 16:43 Uhr schickte mir meine Freundin kommentarlos den Artikel der Sportschau.
Meine Antwort war:
“Alles klar, wir sehen uns also in sechs Monaten wieder zu einer Infoveranstaltung.”
Sie lachte, ich lachte. Es war keine Fröhlichkeit. Wir hatten das alles schon vor nicht mal einem Jahr im Mai. Im November ging alles von vorne los. Aber nochmal beschleunigter als zuvor, dafür mit noch roteren roten Linien und vom neuen DFL-Geschäftsführer Marc Lenz in elegantes McKinsey-Sprech verpackt.
Trust issues: thoroughly and successfully implemented. Nicht nur in diesem letzten Jahr. Es ist alles ein wenig “Groundhog day” nach all den Jahren.
Auch sonst, zum Beispiel in der Redaktion, gab es zwar Applaus für den Erfolg der Vorreiter, die Fanszenen in Deutschland, dennoch blieb es seltsam verhalten. Ziemlich schnell war die Frage, was wohl als nächstes kommt. Zu groß sind die Bedenken gegenüber der mangelnden Kreativität, gegenüber den festgefahrenen Strukturen im deutschen Fußball. Zu klein ist das Vertrauen, dass jetzt ein Dialog möglich ist, dass Zuhören zur Option würde. “Out of the box” wird gerne bemüht, verliert aber alle Attraktivität, wenn es nicht die übliche Box ist.
Wir haben ja gesehen wie es gehandhabt wurde über die letzten Monate:
Erst diese Frackigkeit über die gescheiterte Abstimmung, dann die Eile der neuen und dann das konsequente Ignorieren und Kleinreden der erneuten Proteste.
Dabei standen wir, die nicht-Ultras, nicht mal in der ersten Reihe. Wir sind nicht bei jedem Spiel, aber wir sind im Stadion. Wir sind nicht organisiert, aber engagiert. Man hörte unsere Rufe laut und deutlich bei jeder Protest-Phase, aber wir blieben unsichtbar. Stimmen im Stadion sind nicht zählbar. Unsere Meinung wurde klar in sämtlichen Umfragen, aber sie wurde ignoriert. Wir hörten sämtliches, dämliches Gelaber über wenige, die in irgendeinem angeblichen Machtrausch versuchten zu diktieren, zu erpressen. An den Wünschen der Masse, die wir sind (!), wieder angeblich, vorbei.
Wir schnauzten wütend Talkrunden, YouTube-Videos und Podcasts an. Und blieben ungehört. Aber wir waren informiert, wir verstanden die Hintergründe, die Ideen und wir standen dahinter. Nicht, weil wir alles genauso gemacht hätten, sondern weil sogar wir über all die Jahre gelernt haben, dass allem Lustigen und Kreativen kaum Aufmerksamkeit zuteil wird. Es wird ignoriert. Wir sind nur einzelne oder kleine Gruppen, wir sind nicht (so) vernetzt. Aber wir wollten helfen. Wir nahmen nicht so große Risiken auf uns oder konnten es nicht, aber wir waren nicht minder frustriert und wollten sichtbar werden. Es sollte nicht alles allein an den Aktiven hängen bleiben…
Und weil ich weiß, wie sich in den nächsten Tagen und Wochen geäußert werden wird: Wie uns jetzt erklärt wird, warum es zur Absage kam. Es wird kein Take zu absurd sein! Den Anfang hat schon ein ehemaliger Einsatzleiter im Fokus gemacht. Uns wird noch schwindelig werden…
Also sei es wenigstens einmal gesagt, exemplarisch an die Reifs, Draxlers und Zornigers, die wahren Brandstifter, Spalter und Aufpeitscher, denen ich tatsächlich diesen Machtrausch in einem eigenartigen Anfall von Deutungshoheit unterstelle - vielleicht war es einfach ein Mikrofon zu viel vor der Nase für das Köpfchen:
Ohne uns, ob immer im Stadion oder auch (mal) vor dem Fernseher, denen viel an ihrem Verein liegt, die verbunden sind und die sich nicht groß um Liga, Tabellenplatz und Sieg oder Niederlage scheren, würden wir uns jedes Wochenende auf einem Ascheplatz und unter der Woche bei der Arbeit sehen. Dann wäre das euer Hobby, so wie es unseres ist! Wir sind das Ziel der Bandenwerbung, der Trikotwerbung, der Werbeunterbrechung, des Merchandising. Wir waren sogar das Ziel des Investors, sonst wäre der Deal nicht geplatzt. Denn wir sind ein riesiger Teil der Attraktivität der deutschen Ligen. Also an alle, die meinen, uns anzählen zu müssen, uns in irgendwelche Schranken weisen und einen Keil zwischen uns treiben zu wollen: Geht jeden Tag eine Kerze anzünden und dankt Wem-ihr-wollt dafür, dass es uns gibt! Wir lassen das nicht zu, wir sind keine Angestellten, wir verdienen nicht unseren Lebensunterhalt damit. Ohne uns gäbe es keine “Junkies für die Drogen”, die ihr verkauft, und ohne uns gäbe es auch nicht mehr oder neue Generationen. Wir nehmen unsere Freund:innen, unsere Verwandten und unsere Kinder mit… Und die werden auch nicht süchtig von einem kalten, verregneten, torlosen Unentschieden allein!
Je früher von den Märchen-von-der-Minderheit-Erzählern begriffen wird, dass es sich beim Profifußball im besten Fall um eine Symbiose, wenn nicht gar eine Eusymbiose, handelt, desto besser auch für sie selbst.
Der Fußball gehört natürlich den Fans.
Denn wer kein Fan ist, der hat im Fußball nichts zu suchen. Durch die Fan-Tür sind alle zuerst gegangen, ob Spieler, Trainer, Funktionäre, Beschäftigte oder Fans. Das ist die Gemeinsamkeit. Oder das sollte sie zumindest sein. Das haben manche vielleicht vergessen, aber dann ist es allerhöchste Zeit, dass sie sich daran erinnern.
Aber noch viel wichtiger ist es zu sagen: Danke. Danke für die Organisation, für die ganzen Ideen, für die endlosen Stunden und die kilometerlangen Banner, für den Mut und die Hartnäckigkeit, an die wir uns einfach nur anschließen konnten.
Es ist euer Erfolg. Und er ist fan-omenal!
Diese Symbiose der Fans geht weiter.
Ein anderer Fußball ist möglich.
Niemals aufgeben.