Dauerfrust in der Fremde Wir fahren weit, wir fahren viel, und wir verlieren jedes Spiel
Das gezwungene "Jugend forscht"-Projekt in Wolfsburg ist gescheitert, der Finaltraum früh geplatzt. Der BVB erleidet den späten Knock-Out, das 0:1 nach Verlängerung ist die fünfte Auswärtsniederlage in Folge. Passend zu Halloween treibt das Schreckgespenst des Auswärtsspiels sein Unwesen.
Völlig übermüdet sitze ich am Schreibtisch und frage mich, was ich mir da schon wieder reingeschraubt habe. Und damit meine ich nicht zwingend die drei Tassen Kaffee bis 10 Uhr, um die Müdigkeit aus dem Körper zu treiben. 700 Kilometer von Duisburg nach Wolfsburg und zurück haben ihre Spuren hinterlassen. Nicht nur körperlich hänge ich heute durch. Die Auftritte von Schwarz-Gelb lassen bei mir von Spiel zu Spiel immer größere Fragezeichen entstehen.
Nach einem kämpferisch akzeptablem, aber spielerisch schwachen Auftritt fliegt der BVB bereits in der 2. Pokalrunde aus dem Wettbewerb, der theoretisch wohl die größtmögliche Aussicht auf einen Titel verspricht. Jonas Wind besiegelt in der 117. Minute das, womit viele schon vor dem Spiel gerechnet haben. Mich eingeschlossen. Vor Anpfiff habe ich im Stadionumfeld mit vielen bekannten Gesichtern gesprochen und der Optimismus hielt sich wirklich in Grenzen. Getreu dem Motto: Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden. Das Spiel reiht sich in eine unglaubliche Serie ein, die unserer Reisegruppe auf der Rückfahrt erstmal so bewusst geworden ist. Von den letzten fünf Spielen hat der BVB vier verloren, nur zuhause gegen den FC Sankt Pauli waren drei Punkte drin. Auswärts bei Union, in Madrid, in Augsburg und nun auch in Wolfsburg war nichts zu holen. Wir fahren weit, wir fahren viel, und wir verlieren jedes Spiel.
Zugegeben: In Madrid kann man definitiv verlieren. Ob es aber fünf Gegentore nach eigener Zwei-Tore-Führung sein müssen, darf man zumindest hinterfragen. Und auch in Wolfsburg würde ein Teil von mir gerne mildernde Umstände geltend machen. Irgendwie hat man zumindest noch elf gesunde Profis auf den Platz bringen können. Dass hinten raus über 120 Minuten mit diesem Rumpf-Kader die Frische fehlen wird, war abzusehen. In dieselbe Kerbe schlägt auch BVB-Trainer Nuri Sahin nach dem Spiel am Sky-Mikrofon: „Es ist leider auch Fakt, dass Wolfsburg heute im Spiel fünf erfahrene Spieler reinbringen konnte. Und wir können im Moment nicht wie gewohnt nachschießen. Das ist einfach nur extrem bitter.“ Seiner Mannschaft macht der Coach keine Vorwürfe: „Sie hat gekämpft bis zum Umfallen, ist an die Grenzen gegangen mit den personellen Möglichkeiten, die wir aktuell haben. Es gab keinen Spieler, der heute nicht wollte, einige Jungs sind über Grenzen hinweg gegangen.“
Kehl stärkt Sahin den Rücken
Nach der nun fünften Auswärtsniederlage in Folge werden die kritischen Stimmen in Richtung BVB-Trainer Sahin lauter. Dem schiebt Sebastian Kehl direkt nach Abfpfif aber direkt einen Riegel vor. Der Funktionär betont, dass die Wolfsburg-Partie getrennt von der aktuellen Gesamtsituation analysiert werden muss. Was die fünfte Auswärtsniederlage in Folge für den Trainer bedeutet? "Nichts. Außer, dass wir alle enttäuscht sind", sagte Kehl. "Der Trainer ist auch sehr enttäuscht. Der Druck ist bei Borussia immer da, das zeigt die Reaktion der Fans. Wir hinken unseren Ansprüchen hinterher, daran werden wir arbeiten." Dann richtet der ehemalige Mannschaftskapitän den Blick auch schon auf kommenden Samstag und das Heimspiel gegen Leipzig: "Das ist keine Situation, die der BVB in der Vergangenheit nicht schon gemeistert hätte. Wir gehen da zusammen durch. Der Kader ist aktuell verletzungsbedingt klein, aber wir werden alles tun, dieses Spiel zu gewinnen. Ich sehe uns auch in der Lage dazu."