Spielbericht Profis

BVB-Sieg gegen Darmstadt Reus im Herzen, Wembley im Kopf

18.05.2024, 20:37 Uhr von:  Michael
Marco Reus jubelt mit ausgebreiteten Armen

Als ich mich vor zwei Wochen spontan nach Augsburg und vor dem Rückspiel in Paris entschied, den Spielbericht gegen Darmstadt zu übernehmen, stand der Plan in meinem Kopf schnell.

Über das, schon damals tabellarisch bedeutungslose, Spiel bräuchte ich nicht viel zu schreiben. Das Drumherum mit der Verabschiedung von Marco Reus wäre ein Schwerpunkt und ansonsten würde sich ja ein erstes Saisonresümee anbieten. Schließlich war die Bundesligasaison mit „nicht zufriedenstellend“ noch sehr euphorisch beschrieben und nur der Einzug ins Champions League-Halbfinale kaschierte die doch dürftigen Leistungen. Dass man in Paris dann nach dem 1:0 im Hinspiel ausschied, ist sicherlich kein Makel. Da gab es mit Sicherheit einiges zu analysieren.

Addo, Wolf und Morey haben einen gelben Blumenstrauß in der Hand. Zudem sind unter anderem Rauball, Cramer, Ricken, Kehl und Lunow auf dem Bild zu sehen.
Verabschiedung von Otto Addo, Marius Wolf und Mateu Morey

Man sieht, ich bin eher auf der pessimistischen Seite des Lebens unterwegs. Der BVB strafte mich Lügen und zog ins Champions League-Finale ein. Konnte ich ja nicht ahnen. Und während um mich hektische Buchungsabenteuer begannen, durfte ich mich glücklich schätzen, dass eine kluge Person deutlich optimistischer war als ich und einfach schon vor dem Halbfinale Hotel und noch auf der Rückfahrt vom Paris-Hinspiel die Fähre für uns gebucht hatte. Danke dafür! Den Stress war ich also los, meinen Spielberichtsplan aber auch. Wer zieht schon vor dem Höhepunkt ein Fazit.

Streichen wir also das Saisonresümee, widmen wir uns den anderen Punkten.

Vorspiel

Vor dem Spiel gab es, wie üblich am letzten Spieltag, die Verabschiedungen. Marius Wolf und Mateu Morey auf Spielerseite und Otto Addo auf Trainerseite wurden mit warmen Worten und dem üblichen Blumenstrauß verabschiedet. An dieser Stelle bleibt nur zu sagen: Danke für euren Einsatz und alles Gute für euren weiteren Weg! Und insbesondere an Mateu: Junge, bleib gesund!

Emotionaler wurde es im Anschluss: Nach 427 Spielen und 169 Toren für den BVB stand Marco Reus ein letztes Mal im Westfalenstadion für die Borussia auf dem Rasen.

Den Blumenstrauß gab es auch hier, die warmen Worte fielen sehr kurz aus, da entweder die Technik oder Nobbys Stimme versagte. Die Südtribüne sprang kurzerhand ein und feierte den Dortmunder Jungen ausgiebig.

Choreographie auf der Südtribüne. Mit Papptafeln wird ein Trikot mit der Nummer 11 gezeigt. Darunter ein großes Spruchband mit der Aufschrift "Danke, Marco!"
Abschiedschoreografie für Marco Reus auf der Südtribüne

In Berichten über Marco Reus ist häufig vom „Unvollendeten“ die Rede. Dass er mehr Titel haben müsste, dass die Karriere dann am Ende vielleicht doch viel erfolgreicher hätte sein müssen. Und natürlich ist der Gedanke auch nachvollziehbar, haben doch Verletzungspech und Vereinsliebe mit Sicherheit den einen oder anderen Titel verhindert. Aber mal ehrlich: Wer mit so einer Choreo verabschiedet wird, hat verdammt viel richtig gemacht. Und der Fußballromantiker in mir (und auch die Romantikerin in Emily) glaubt immer noch, dass das mehr wert ist als zig Meistertitel mit den Bayern oder ein Karriereende bei Eintracht Frankfurt.

Zum Spiel

Karim Adeyemi steht hinter einem Darmstädter. Beide schauen auf den Ball.
Karim Adeyemi im Zweikampf

„Mind the gap“ würde der Londoner sagen. The gap ist in diesem Fall die Lücke zwischen dem Halbfinalrückspiel in Paris und dem Finale in London. Auf der einen Seite ging es darum, die Spannung aufrecht zu erhalten, gleichzeitig galt es, möglichst keine Verletzungen zu riskieren. In Mainz war das mit den Verletzungen gelungen, das mit dem Spannung aufrechterhalten so gar nicht. Umso mehr ging es nun darum, mit einem guten Gefühl und einem Erfolgserlebnis nach London zu fahren.

Und so schickte Terzic auf 10 von 11 Positionen die vermutliche Startelf von Wembley aufs Feld. Nur Reus dürfte in zwei Wochen durch Brandt ersetzt werden, heute durfte er jedoch ein letztes Mal die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führen.

Der Beginn war so, wie es sich für einen schönen Sommerkick gehörte. Es ging hin und her, die Lilien versteckten sich keineswegs und kamen schnell zu den ersten Abschlüssen. Die gefährlichste Aktion ging aber auf das Konto des BVB. Sancho legte quer auf Reus, der den Ball aus 13 Metern an die Latte nagelte. Der krönende Abschluss blieb ihm zunächst versagt. Nach 20 Minuten übernahm der BVB dann mehr und mehr die Kontrolle und belohnt sich schnell. Sancho legte erneut im Strafraum quer, Sabitzer nahm sich ein Beispiel an Reus und hämmerte den Ball ebenfalls an die Latte. Der BVB blieb jedoch im Ballbesitz, Reus tunnelte irgendeinen Darmstädter und Maatsen versenkte das Leder im rechten unteren Eck.

8 Minuten später klappte es dann doch mit dem krönenden Abschluss. Zimmermann foulte Reus an der Strafraumkante und der Gefoulte hob den Ball gefühlvoll über die Mauer ins Tor. Warum Schuhen im Darmstädter Tor so gar nicht reagierte, war nicht ganz klar. Vielleicht sah er den Ball zu spät, vielleicht wollte er auch einfach zu einem gelungenen Reus-Abschluss beitragen.

Maatsen läuft mit erhobenem Zeigefinger auf den Fotografen zu.
Ian Maatsen bejubelt seinen Führungstreffer zum 1:0

Mit Ausnahme eines kleinen Scharmützels zwischen Adeyemi und Gjasula passierte bis zur Halbzeit nichts mehr. In dieser konnte Nobby Dickel das 200.000 Vereinsmitglied ehren. Alle, die sich noch an die „Aktion 40.000“ erinnern, müssen diesen Artikel auf Facebook liken.

In der zweiten Halbzeit zeigte Darmstadt, warum es nicht zu unrecht den Gang in Liga zwei antreten muss. Ein BVB in Spiellaune konnte einigermaßen ungestört den Weg nach vorne suchen, von Gegenwehr oder gar gezielten Offensivaktionen war bei den Darmstädtern nichts zu sehen. Besonders Maatsen und Sancho genossen ihren Freiheiten und nur Schuhen im Darmstädter Tor war es zu verdanken, dass es nach 70 Minuten immer noch 2:0 stand.

In der 73. Minute war dann aber auch Schuhen machtlos. Sancho hob den Ball in den Lauf von Brandt, der Klarer locker mit dem Körper zur Seite drängte und in die lange Ecke vollendete.

Für Sancho war es die letzte Aktion, er hatte mit Ryerson Feierabend. Bynoe-Gittens und, ein letztes Mal, Marius Wolf, betraten den Rasen. Bereits zuvor hatten Malen und Brandt Füllkrug und Adeyemi ersetzt.

Malen war es dann auch, der in der 88. Minute nach einem schönen Doppelpass mit dem Pfosten das 4:0 erzielte. Doch der emotionale Höhepunkt war bereits 7 Minuten vorher erreicht. Marco Reus verließ den Platz durch das Dortmunder Spalier, unter tosendem Applaus nicht nur der Schwarzgelben. Auch die Darmstädter Spieler und Verantwortlichen, das Schiedsrichterteam und der Gästeblock spendeten Applaus. Und noch einmal die Frage: Wer so verabschiedet wird, soll unvollendet sein? Nur weil ihm irgendwelche Titel fehlen?

Nachspiel

Marco Reus steht im Trikot neben zwei Mitgliedern von The Unity.
Marco Reus feierte nach Abpfiff mit dem Fans vom Vorsängerpodest aus

Für Reus ging es, wie schon in Paris, wieder aufs Vorsängerpodest, von wo er die Einstimmung auf Wembley übernahm. Vielleicht bahnt sich ja da schon eine Anschlussverwendung als zukünftiger Capo an.

Auch Mats Hummels und Edin Terzic wurden noch ausgiebig gefeiert wurden, ehe die Mannschaft lautstark in Richtung Wembley verabschiedet wurde:

Keiner ahnt es, keiner ahnt es, keiner ahnt es, scheißegal…

Wir sehen uns in London!

Das Allerwichtigste zum Schluss

Marco Reus’ Abschied ist wichtig, Champions League-Finale ist sowieso wichtig, aber nichts ist wichtiger als das hier:

Kämpfen, Simon! Wir stehen an deiner Seite!

Spruchbänder mit der Aufschrift "Simon, du bist nicht allein!", "SOKO Buntstift grüßt Simon" und "Simon B. ist ein cooler Typ."
Kämpfen Simon!

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