Keine Tore an der Weser Ein Tag der schlechten Nachrichten
Die Vorfreude auf dieses Spiel war zunächst groß: Neuer Gästeblock, spätsommerliches Wetter und ein soweit gelungener Saisonauftakt. Die Partie an der Weser hielt leider nicht, was sie versprach. Und dem Sonnenschein folgten Langeweile und Bestürzung.
Als Auswärtsfahrer schielt man dieser Tage neidisch auf die 2. Liga: Dort tummeln sich mit Karlsruhe, Hannover, Köln und Kaiserslautern (um nur einige zu nennen) zahlreiche Traditionsvereine und ihre Stadien, die jederzeit und immer wieder eine Reise wert wären.
In der Bundesliga bietet sich dagegen seit vielen Jahren ein ähnliches und wenig attraktives Bild. Wiederkehrende und seelenlose Stadien wie in Mainz, Augsburg, Hoffenheim oder auf einem Acker Nähe der niederländischen Grenze lösen bei den wenigsten Fans Vorfreude auf das nächste Auswärtsziel aus. Abwechslung bietet da höchstens der nächste Aufsteiger (sofern die DFL die ersehnte Partie nicht unbedingt an einem Wochentag im Januar ansetzt) oder ein Stadionneubau wie zuletzt 2022 in Freiburg.
Manchmal gibt es sie dann aber doch: die Lichtblicke, die dazu sogar noch fanfreundlich daher kommen. In diesem Fall den neuen Gästeblock in Bremen. Nicht genug also, dass das Weserstadion endlich wieder Weserstadion heißen darf, idyllisch am ebenjenem Fluss gelegen ist und (dem deutschen Meister) die Anreise per Boot ermöglicht. Endlich sieht der geneigte Fan auch wieder was vom Spielgeschehen!
Dazu muss ich kurz ausholen: Besucher der Gastmannschaft mit Stehplatztickets durften sich in Bremen seit Jahren im oberen Bereich des Stadions hinter einer riesigen Videoleinwand (bzw. deren Rückseite) einfinden und hoffen, einen Platz zu erwischen, der bestenfalls einen eingeschränkten Blick aufs Spielfeld bot. Regelmäßig tummelten sich dort deshalb viele Fans am Bierstand außerhalb des Blocks - wenn man eh nichts sieht, dann wenigstens mit einem frischen Getränk in der Hand (und Sky-Livestream auf dem Bildschirm).
Nun also ist der Gästestehblock in den Unterrang gerückt und gleichzeitig in die Süd-West-Ecke des Stadions. Endlich keine Leinwand mehr vorm Gesicht, näher am Spielfeld ist man auch und sogar die zuvor sehr beengte Einlasssituation wurde optimiert. Rund 3 Mio. Euro hat Werder sich den Umbau kosten lassen – an der Stelle kann man konstatieren: Eine gute Investition. Den neuen Gästeblock weihten die 4.000 BVB-Fans mit einer „Schwarzgelb ist mein Verein“-Choreo gebührend ein.
Die verbesserte Sicht bot den Mitgereisten einen fast schon zu guten Blick auf ein 0:0 der ereignisarmen Sorte. (Negative) Highlights waren gelbe Karten für die komplette Viererkette und der ziemlich unnötige Platzverweis von Nico Schlotterbeck. Angesichts des Spielverlaufs, viel zu wenig herausgespielter Torchancen und rund 20 Minuten in Unterzahl ein leistungsgerechtes Ergebnis, bei dem man mit einem Punkt zufrieden sein musste. Das Unentschieden reichte zwar für die zwischenzeitliche Tabellenführung, nach der Länderspielpause sollte gegen Aufsteiger Heidenheim dennoch eine deutliche Leistungssteigerung her.
Für einen ausführlichen Spielbericht verweise ich hier auf die üblichen Onlineportale, denn im Nachhinein überschattet eine erschreckende Nachricht den Tag: Werder-Fan Hersh Goldberg-Polin ist tot. Hersh wurde 7. Oktober 2023 beim Angriff auf das Nova-Musikfestival entführt und befand sich seitdem in der Gewalt der Hamas. Noch während des Spiels widmete die Bremer Fanszene Hersh mehrere Banner, vor dem Stadion wehte seine Fahne – nur Stunden später die traurige Gewissheit, dass Hersh nicht mehr nach Hause zurückkehren wird. Ein Nachruf findet sich bei der Deichstube. Ruhe in Frieden, Hersh!