Warum es falsch von Christiano Ronaldo und Co. ist, nach Saudi-Arabien zu wechseln Saudi-Arabien und die Verantwortlichkeit der Spieler
Saudi-Arabien hat in diesem Sommer den Transfermarkt kräftig durcheinander gewirbelt. Anders als bei Versuchen von China, oder den USA lockte der Golfstaat auch Stars im besten Alter in die eigene Liga. Mit Gehältern, bei denen die Spieler nicht nein sagen konnten. Hätten sie aber tun sollen.
Während sich in Deutschland das Transferfenster an diesem Freitag schließt, hat es in Saudi-Arabien noch bis zum 20.09. geöffnet. Also noch massig Zeit für Vereine und Spieler von der großen Kohle aus dem Nahen Osten zu träumen. Egal ob alt oder jung, ob großer Star oder eher Sternchen, diese Geldquelle scheint aktuell genauso ergiebig und konstant zu sprudeln wie die Ölquellen des Scheich-Staates. Was für die einen ein Segen, ist für die anderen eine moralische Bankrotterklärung der wechselwilligen Kicker.
Zwar gibt es den ein oder anderen Kicker, der das fürstl… ähm… scheichliche Gehalt in seinem Heimatland auch teilweise zum Bau von Schulen und Krankenhäusern einsetzt, der Fall des Ex-Liverpoolers Henderson zeigt aber eindrücklich, was der Hauptbeweggrund für diese Wechsel ist: Geld. Darf man die Spieler verurteilen?
Für den Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft Ralf Rangnick ist der Fall klar: Er selbst würde dazu zwar nicht raten, aber angesichts der Summen sei das auch verständlich und der moralische Zeigefinger solle wieder eingepackt werden. Damit liegt er auf einer Linie mit anderen Vertretern aus dem Fußballbusiness wie dem Kölner Trainer Baumgart, oder leider auch unserem Spieler Marius Wolf.
Ein häufig genutztes Argument ist, dass man sich selber wohl ähnlich verhalten würde, wenn ein Kannst-du-nicht-ausschlagen-Angebot ins eigene Haus flattern würde. Eine Argumentation, die ebenso unsinnig – weil unrealistisch - wie falsch ist. Was wäre denn, wenn einem ein Angebot über beispielsweise 50 Millionen Euro Gehalt pro Jahr vorliegen würde und man würde es annehmen? Dann müsste man sich eben auch den Vorwurf gefallen lassen, die Gier über die Moral zu stellen. Es ist nicht so, dass man den grundsätzlichen Anreiz dieser Angebote nicht verstehen kann, oder dass man den Spielern den Erfolg nicht gönnt, aber diese Geldzahlungen stehen in einem direkten Zusammenhang mit schwerwiegenden Verstößen gegen die Menschenrechte.
Wenn wir ehrlich zu uns sind, ist das in unserer westlichen Lebensweise jedoch oft der Fall. Häufig unbewusst, aber nicht selten schauen wir auch angestrengt weg und wollen gar nicht so genau wissen, welche Schweinereien so in der Weltgeschichte passieren, von denen wir am Ende profitieren. Im Falle des Profifußballs und Saudi-Arabien ist das aber so eindeutig gelagert, dass niemand die Augen davor verschließen kann. Ein einfaches Experiment genügt dafür.
Googelt man „Saudi-Arabien“, dann sind die ersten Treffer nach dem obligatorischen Wikipedia-Link in der Mehrzahl thematisch im Profifußball beheimatet. Artikel zur desaströsen Lage der Frauenrechte, oder den mutmaßlichen Erschießungen von Flüchtlingen an der saudischen Grenze, findet man erst auf den Folgeseiten. Das ist kein Zufall, sondern bewusste und leider auch erfolgreiche Strategie des saudischen Königshauses. Selbst Kommentare darüber, wie schädlich diese obszönen Summen doch für den Fußball sind, dienen dieser Strategie. Dem Golfstaat ist es sicherlich lieber, man zerreißt sich das Maul über tatsächliche oder angebliche Wahnsinnsangebote für Kylian Mbappé, als dass man weiter mit der Ermordung von Journalisten auf fremden Staatsgebiet in Verbindung gebracht wird. Kurz gesagt: Es geht um Sportswashing. Über einen ganzen, widerlichen Haufen Scheiße sollen so lange kübelweise Nachrichten aus dem Sport geschüttet werden, bis der Gestank überdeckt und die Taten begraben sind.
Das muss auch dem am simpelsten gestrickten Fußballer klar sein, oder was soll sonst der Grund sein, warum plötzlich Milliarden in den Sport gepumpt und Stars zu Preisen weit über dem Markt in eine Liga gelockt werden, in der bis zur letzten Saison gerade einmal ein Verein einen Zuschauerschnitt von über 20.000 hatte?
Es ist eine gezielte Strategie und die Spieler sind nicht nur Teil dieser Strategie, sondern Kern. Sie sind die neuen „Markenbotschafter“ Saudi-Arabiens, die blinkende Diskokugel, die die Blicke von der Dunkelheit ablenken soll. Das darf und sollte man allen Spielern deutlich vorhalten. Vielleicht ändert der ein oder andere in der Folge ja tatsächlich seine Antwort auf die Frage, wie man selber entscheiden würde.