Spielbericht Profis

VfB Stuttgart wirft BVB aus dem DFB-Pokal Vier Verletzte und ein Pokalaus

07.12.2023, 22:06 Uhr von:  Nina T.
Unsere Fans im Gästeblock in Stuttgart mit einer Schalparade
Der tapfere Gästeblock

Dieser Spielbericht lag “im Regal wie ein Brot aus Juni”. Um 15:13 Uhr habe ich mir dann den Ruck gegeben und damit wäre bewiesen, dass meine Redaktionskolleg:innen Ahnung haben und ich nur die unverbesserliche Optimistin bin. Mein Spielbericht zum Pokalspiel vom Nikolaustag:

Eines vorweg:

Der Kommentator machte mich kirre, anstatt dass ich mich in Ruhe über das Spiel hätte ärgern können, habe ich nach 60 Minuten (Abseitstor von Jamie Bynoe-Gittens) mit diesem Glanzstück den Ton abgeschaltet: "Die Stuttgarter Fans halten die ganze Zeit ein Plakat hoch ‘Videobeweis abschaffen.’ Aber jetzt, wo er ihnen zugute kommt, haben sie es schnell wieder eingerollt." Alter, wie wenig Ahnung kann man haben? Sie hätten das Gegentor akzeptiert, sie hätten sich geärgert, aber die Emotionen wären ungebremst gewesen und deswegen halten Fans dieses Plakat immer wieder hoch. Ganz egal, ob es zu ihrem Vorteil oder Nachteil sein könnte. Das kann man jetzt langsam mal wissen und dieses bescheuerte Framing endlich lassen.

Stuttgart, die im Flow

Stuttgart spielte und sang schon in den ersten Minuten, wie man halt so spielt und singt, mitten im Punkte- und Siegesrausch. Es war einfach Feuer drin und die Euphorie der Stuttgarter ging mir immer mehr auf den Keks. Was müssen wir vor zehn, zwölf Jahren Menschen zum Kotzen gebracht haben, schoss mir durch den Kopf.

Die euphorische Cannstatter Kurve
Die Euphorischen

Das ist nicht zu erklären und das muss auch nicht erklärt werden: Das ist Fußball. Und das ist auch gut so. Es war mit Frankfurt zu sehen, es war mit Union zu sehen. Irgendwann wird es diese selbsterfüllende Prophezeihung und dann spielen alle Hindernisse nur noch eine untergeordnete Rolle. Und gerade DASS sie aus der Relegation kommen, sorgt erst dafür, dass es so läuft. Ich glaube nicht, dass unser Abseits-Ausgleich viel geändert hätte. Denn in diesem Zustand gelingt im Zweifel auch das Unmögliche - wie Last-Minute-Malaga, wie Takeover-Camp Nou.

Sie werden ins Finale einziehen, es sei denn, sie treffen auf Leverkusen, die anderen mit dem Flow.

Guirassy läuft auf die Kamera zu, er hält den Zeigefinger seiner behandschuhten, rechten Hand an sein rechtes Ohr
Guirassy mit seinem Torjubel zum 1:0

Es ist halt nur widerlich, wenn deine Mannschaft auf so ein Team trifft. Stuttgart ist völlig verdient weiter gekommen.

Wir, die Angestrengten

Die oben beschriebenen Zeiten sind bei uns im Moment vorbei. In der letzten Rückrunde hatten wir einen Anflug davon und natürlich hat uns das alle wieder angefixt. Aber so ein Flow lässt sich weder erzwingen, noch herbei reden. Auch das ist Fußball, auch das ist gut so. Wir müssen uns halt anstrengen.

Da hilft es dann nicht, wenn wir nach 25 Minuten Youssoufa Moukoko verletzungsbedingt auswechseln müssen. Einen Plan nach kurzer Zeit wieder umstellen zu müssen, ist schlicht nie hilfreich. Und es tut einem auch einfach leid, dass er schon wieder mit einer Verletzung kämpfen muss.

Youssoufa Moukoko wird von unseren Physios vom Platz begleitet, der links von ihm legt ihm den Arm auf die Schulter. Youssoufas Blick ist starr.
Verletzt raus: Youssoufa Moukoko

Nach 33 Minuten rutschte Marius Wolf blöde weg und knickte seinen linken Fuss fies um. In der Wiederholung war klar, das war nicht gut, aber er biss noch bis zur Halbzeit auf die Zähne. Ob das klug war, wird sich noch zeigen. Die dritte Verletzung dieser Halbzeit fiel nicht so deutlich ins Auge, der Verdacht drängte sich mit den Wechseln in der Halbzeit jedoch auf: Marcel Sabitzer blieb draußen.

Wir hatten nun also Niclas Füllkrug für Youssoufa Moukoko, Mitte der Hälfte und Rami Bensebaini und Julian Brandt in der Halbzeit eingewechselt. Natürlich war es trotzdem schon vorher insgesamt unerklärlich fahrig, seltsam unkonzentriert und wir hätten uns trotz Marcel Sabitzers Lattentreffer nicht beschweren können, mit einem Rückstand in die Halbzeit zu gehen. Gregor Kobel hatte an seinem Geburtstag einiges zu tun.

Das Geburtstagskind Gregor Kobel nach Abpfiff mit konsterniertem Blick vor dem Gästeblock, er hält seine Handschuhe in der linken Hand. Im Hintergrund sind vlnr Emre Can, Marco Reus und Alex Meyer zu erkennen.
Ein Geburtstagskind, dessen Geschenk vergessen wurde

Dennoch trägt es ganz bestimmt nicht zur Selbstverständlichkeit bei und die Anstrengung wird nicht weniger.

Auch in der zweiten Halbzeit wurde nichts besser. Der Rückstand war ja überfällig und so reichte auch ein Ausgleich, der dann wegen Abseits wieder zurückgenommen wurde, nicht um sich selbst Mut zu machen. Unsere Jungs und Mädels und alle dazwischen und außerhalb im Gästeblock waren bestimmt nicht leise, denn zwischendurch waren sie durchaus mal zu hören, aber was bei mir ankam, war eine Dauerbeschallung mit VfB-Gesängen. Ich weiß, das sind alles nur Puzzlestücke. Wie auch die Unruhen in letzter Zeit und der Umgang damit. Aber in Summe kommt da einfach keine Leichtigkeit, keine Spielfreude auf, auch nicht bei uns Fans. Natürlich knirscht es und mit jedem Kommentar will man das mehr zum Verstummen bringen und verkrampft ein bisschen mehr. Ich kann da gestern niemanden ausnehmen, alle standen ein Stück neben sich.

Silas läuft auf die Kamera zu und hält beide behandschuhten Hände hinter seine Ohren
Silas jubelt über sein 2:0

Und dann fängt man sich eben auch das zweite, verdiente Tor von Silas in 77. Spielminute und damit fühlt es sich vorbei an, selbst wenn Minuten zuvor Donny Malen für Jamie Bynoe-Gittens gekommen war und kurz später mit Marco Reus für Salih Özcan die letzte offensive Option eingewechselt wurde.

Zum traurigen Abschluss schrie Julian Ryerson deutlich vernehmbar, nachdem er im Zweikampf unterlaufen wurde: Die letzte Verletzung des Tages. Danach kam der Abpfiff.

Chris Führich am Ball vor Emre Can, der beide Arme in die Luft streckt. Im Hintergrund kommt Julian Ryerson zur Hilfe.
Der Schritt zu spät

Fazit

Für mich machte die Stimmung im Verein an diesem Abend den entscheidenden Unterschied. Denn eines steht mal fest: Dass unser Kader schlechter ist als der von Stuttgart, kann mir niemand erzählen. Ich finde, man hatte den wunderbaren Vergleich von "läuft" zu "läuft nicht". Was sogar okay ist, meiner Meinung nach, denn ich möchte nicht nur einfach zu fett sein, um abzustürzen, weil wir in schlicht der Felsspalte stecken bleiben. Dann endet es auch irgendwann mit so einer ungesunden Inzucht wie im europäischen Adel früher, damit die Macht bloß erhalten bleibt. Ich will, dass wir oben sind, weil wir gut sind, nicht weil wir "Borussia Dortmund" sind.

Wir fangen im Moment jedes Spiel wieder bei Null an. Wir sollten das ebenfalls akzeptieren und auch annehmen, dass wir das gerade nicht konstant sind, dass wir durchhalten müssen, sonst bleiben wir in dieser Spirale gefangen. Und ich verspreche euch, es wird nur schlimmer, wenn wir es nicht tun. Also schreit, lauft oder heult die Wut raus, denn am Samstag geht es weiter.

Edin Terzic applaudiert dem Gästeblock nach Abpfiff
Der Trainer applaudiert dem Anhang

Manchmal ist unsere Millionen-Hochglanz-Fußballwelt halt auch nur “ganz normales Leben”, wo du keine Ahnung hast, wie und trotzdem einfach weitermachen musst.

…auch in ganz schweren Zeiten...

Sonst noch wichtig:

Für Samstag wurde ein Aktionsspieltag des Bündnis Südtribüne Dortmund ausgerufen, denn am kommenden Montag ist bereits die Abstimmung zum zweiten Anlauf “DFL-Investor”.

Und natürlich:

Das Banner "Niemals aufgeben, Marcel!" im Gästeblock

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