BVB nutzt Bayern-Patzer: Tabellenführer Das magische Dreieck
Immer wenn Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und Helene Fischer aufeinandertreffen, geht es gut für den BVB aus. So auch heute: Mit einem 4:0 im Westfalenstadion springt der BVB an die Tabellenspitze.
Vor dem Spiel
Es gab einige Warnungen vor dem Spiel. Das Heimspiel vor ausverkauftem Westfalenstadion, das gleichzeitige Konzert von Helene Fischer in der Westfalenhalle und irgendeine Messe stellten die Infrastruktur in Dortmund vor eine harte Probe. Das befürchtete Anreisechaos blieb jedoch aus. An dieser Stelle ein großes Lob an die Polizei, die mit einem immensen Kräfteaufgebot Übergriffe der berühmt-berüchtigten Helene-Hools auf unbescholtene Fußballfans verhindern konnte. Danke dafür!
Moment mal! Dortmund gegen Frankfurt und dazu singt Helene Fischer? Da gab es doch mal was. 2017 durfte besagte Schlagertante im DFB-Pokalfinale in der Halbzeit ihr Talent zum Besten geben. Eine hervorragende Marketingidee des DFB, die völlig überraschend und unerwartet in beiden Fanlagern nicht honoriert wurde. Nichtsdestotrotz durften die Schwarzgelben damals den Pokal in den Berliner Himmel recken. Ein gutes Omen also, dieses magische Dreieck.
War sonst noch was vor dem Spiel? Bis 16:52 Uhr nicht. In allen
Spielen des Nachmittags führte die Auswärtsmannschaft und damit
auch die Münchener in Mainz. 5 Punkte Rückstand also in der
Blitztabelle, ein Sieg am Abend Pflicht, um den Abstand zu
begrenzen.
Doch dann folgten für alle Schwarzgelben wohl die
schönsten 14 Anfahrtsminuten in dieser Saison. Mainz zerlegte
Tuchels Trümmertruppe nach allen Regeln der Kunst und behielt die 3
Punkte in Mainz. Und plötzlich war der Sieg am Abend nicht Pflicht,
um den Abstand zu halten, sondern um zum ersten Mal seit der letzten
Meistersaison 5 Spieltage vor Schluss an der Spitze der Liga zu
stehen. Eine Vorlage, die die Südtribüne im Westfalenstadion
bereits 30 Minuten vor Anpfiff lautstark aufnahm.
Apropos vor dem Spiel und Vorlage: Ulrich Leitermann, seines Zeichens tätig bei einem Versicherer und unter der Woche mit einem PR-Desaster erster Ordnung, gab den BVB-Fans eine Steilvorlage, die sowohl die Südtribüne, als auch der Rest des Westfalenstadions traumwandlerisch sicher verwandelte.
Erste Halbzeit
Der BVB begann zunächst abwartend, die Frankfurter, die ihrerseits
mit einer Serie von 7 sieglosen Spielen am Stück, aber auch nur 3
Punkten Rückstand auf Platz 6 anreisten, setzen den BVB frühzeitig
unter Druck. In der 3. Minute verlor Can den Ball im Mittelfeld an
das frühe Frankfurter Pressing, doch Hummels konnte Kolo Muani im
letzten Moment im Strafraum ausbremsen.
Die Marschrichtung
schien klar, Frankfurt wollte den BVB früh zu Ballverlusten zwingen,
eine Taktik, die den Schwarzgelben diverse Probleme in dieser Saison
bereitete.
Doch heute sah es anders aus. Der BVB konnte sich
immer wieder gut aus der Umklammerung befreien und übernahm nach und
nach die Spielkontrolle.
Die erste gute Gelegenheit ergab sich dann nach 13 Minuten. Haller war von Lenz gelegt worden, Freistoß für den BVB aus halblinker Position. Wer noch ein GIF für das Verhalten des BVB in der 96. Minute in Stuttgart suchte, wurde nun fündig. Malen nahm den Ball und drosch ihn dem als Sichtbehinderung neben der Frankfurter Mauer stehenden Schlotterbeck voll auf die 12. Einmal mehr stand sich der BVB im wahrsten Sinne des Wortes selbst im Weg.
Schlotterbeck wurde lange behandelt, kehrte noch einmal auf den Platz
zurück, musste aber schlussendlich in der 25. Minute durch Niklas
Süle ersetzt werden. Ein Wechsel, der durchaus wehtat. Die
Entscheidung, Schlotterbeck trotz längerer Verletzungspause von
Anfang an zu bringen, dürfte ihren Ursprung in der Schnelligkeit von
Kolo Muani haben. Fortan durften also Süle und Hummels den
Frankfurter bremsen.
Was die Sache erleichterte: Der BVB führte
mittlerweile 2:0. Bellingham nahm in der 19. Minute per Pirouette
Brandts Pass mit und seinen Gegenspieler aus dem Spiel und versenkte
den Ball trocken rechts unten. Erste Chance, erstes Tor und laute
„Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufe im Westfalenstadion.
Nur 5 Minuten später wurde es noch spitzenreitiger. Einen langen Kobelabschlag verlängerte Haller mehr hoch als lang mit dem Kopf. Adeyemi helikopterte sich in die Luft und legte den Ball per Kopf perfekt auf Malen, der den Ball per Direktabnahme versenkte. Eine Co-Produktion zweier vermeintlicher Fehleinkäufe, die zum richtigen Zeitpunkt ihren Wert unter Beweis stellen.
Das Westfalenstadion kochte, allerdings wachte die SGE nun richtig
auf. Der BVB zog sich etwas mehr zurück und überließ den Frankfurtern den
Ball. Insbesondere ein in Dortmund nicht ganz unbekannter Mario Götze
initiierte Angriff um Angriff, bei denen sich die Dortmunder
Defensive alles andere als sattelfest zeigte. Immer wieder kamen die
Hessen zu gefährlichen Abschlüssen, scheiterten jedoch an Kobel
oder sich selbst.
Auffällig in dieser Phase: Brach ein
Frankfurter über den Flügel zur Grundlinie durch, war der Rückraum
rund um den Elfmeterpunkt völlig frei, ein Umstand, den sich Mario
Götze in der 37. Minute zunutze machte, sein Schuss verfehlte das
Dortmunder Tor nur knapp.
Die Dortmunder kamen in dieser Phase
kaum zu Entlastungsangriffen, waren dann allerdings brandgefährlich.
Adeyemi scheiterte in der 31. Minute noch frei vor Trapp an selbigem,
bereitete dann aber wunderschön in der 41. Minute für Guerreiro
vor, dessen Flanke Mats Hummels per Kopf zum 3:0 versenkte.
In normalen Sphären wäre das Spiel damit wohl entschieden gewesen, aber was sind beim BVB schon normale Sphären. Nichtsdestotrotz feierte sich das Westfalenstadion in die Halbzeit, während der anfangs saustarke Gästeblock einiges an Lautstärke einbüßte.
Zweite Halbzeit
Auf der Südtribüne gab es zunächst erneut lautstarken Protest
gegen die Pläne der DFL. Wer noch Fragen zu diesem Thema hat, kann
sich hier oder hier informieren.
Anschließend dominierte die
Frage: Würde der BVB erneut wie gegen Stuttgart, Hertha, Blau oder
Hoppenheim schlafmützig aus der Kabine kommen und das Spiel so
wieder spannend machen?
Kurz gesagt: Nein. Im Gegenteil. Die
Dortmunder spielten zielstrebig nach vorne, standen hinten
konzentriert und hätten bereits kurz nach der Pause durch Bellingham
erhöhen können. Bei den Frankfurtern machte sich Frust breit. Rode,
bereits in der ersten Halbzeit mit einigen Grätschen, grätschte
rüde gegen Brandt, erhielt die gelbe Karte und gab sofort das
Signal, ausgewechselt zu werden. Scheinbar war er nur für das Foul
und die gelbe Karte nach der Pause noch einmal aus der Kabine
gekommen.
Anschließend plätscherte das Spiel dahin. Die Stimmung im
Westfalenstadion hatte sich ebenfalls beruhigt, die Liedauswahl trug
ihren Teil dazu bei.
Während die Südtribüne diverse Mal über
den gesamten Kontinent latschte und dabei alle Großen sah, machte
Malen den Deckel auf das Spiel: Erneut gewann Haller das
Kopfballduell nach Kobelabschlag, Adeyemi spielte auf Malen und der
traf ohne größere Probleme (66.) Wie beim 2:0, nur ohne
Hubschrauber.
Der Rest des Spiels ist schnell erzählt, auf dem Platz passierte nichts gravierendes mehr, das Westfalenstadion fragte immer wieder, wer Deutscher Meister wird und beantwortete die Frage auch direkt. Der Frankfurter Block antwortete ebenfalls: „Deutscher Meister wird nur die SGE.“ Eigene Wahrheiten und so.
Einzelkritik
Kobel: Immer da, wenn er gebraucht wurde, ebenfalls stark im
Dribbling gegen Kolo Muani, dazu mit zwei Pre-pre-Assists auf den
Kopf von Haller.
Ryerson: Marschierte rauf und runter und
malochte Fußball gegen Mario Götze.
Hummels: Also mit
der Leistung definitiv ein Kandidat für eine Vertragsverlängerung.
Starkes Stellungsspiel, saubere Spieleröffnung, zudem nun 15
Spielzeiten in Folge mit mindestens einem Treffer.
Schlotterbeck (bis 25.):
Zeigte schnell, warum er mit seiner Schnelligkeit gegen Kolo Muani
die richtige Wahl war. Schien auch wieder komplett fit zu sein. Malen
hatte da allerdings wohl seine Zweifel und schoss ihn kurzerhand aus dem
Spiel.
Guerreiro (bis 70.): Bereitete das 3:0 vor, ansonsten
offensiv heute weniger auffällig als zuletzt. Dafür defensiv ohne
Fehl und Tadel aber mit einigen gut getimten Grätschen.
Can:
Hatte teilweise mit dem Frankfurter Pressing zu kämpfen, fand jedoch
fast immer gute Lösungen. Zudem, wie mittlerweile üblich, defensiv
stark im Zweikampf und mit großem Bewegungsradius.
Bellingham (bis 77.):
Fußballerisch über jeden Zweifel erhaben. Taktisch wie üblich mit
wilden Ausflügen, die aber heute von der Restdefensive aufgefangen
werden konnten. Holte sich aber völlig unnötig seine 8. gelbe Karte
ab, da er einen Frankfurter provozierte. Laberte anschließend noch
minutenlang auf Aytekin ein. Wenn er dies nicht schleunigst in den
Griff bekommt, wird er vermutlich noch ein Spiel im Saisonendspurt
aufgrund einer Gelbsperre aussetzen dürfen.
Brandt (bis 70.):
Bereitete das 1:0 vor und zeigte sich deutlich verbessert gegenüber
dem Stuttgartspiel. Bekam ansonsten deutlich weniger Bälle als
sonst, da es entweder direkt über die außen oder lang auf Haller
ging.
Malen: 2 Tore und damit mit nun 09 Scorerpunkten in
den letzten 6 Spielen. Auch ansonsten an vielen guten Angriffen
beteiligt und mit dem erkennbaren Willen, sich auch defensiv
einzubringen. Hier fehlte manchmal die Abstimmung mit Ryerson, was
die Frankfurter aber nicht nutzen konnten.
Adeyemi: 2
direkte Vorlagen, einmal mit dem Pre-Assist, das war schon saustark,
besonders die Sprungkraft beim 2:0, verbunden mit der punktgenauen
Kopfballablage. Allerdings auch diesmal wieder mit einem unnötigen
Andy Möller-Gedächtnismoment.
Haller (bis 77.): Zeigte, warum er
auch ohne Tore immens wichtig für den BVB sein kann und erinnerte an
die gute alte Jan Koller-Taktik. War so an zwei Toren indirekt
beteiligt.
Süle (ab 25.): Ersetzte früh den verletzten
Schlotterbeck. Überstand die Frankfurter Drangphase und spielte in
der zweiten Halbzeit die Sache souverän runter.
Reus,
Moukoko, Wolf, Özcan: Durften sich alle noch die Auflaufprämie
sichern.
Stimmung
Westfalenstadion: Wer vor dem Spiel befürchtet hatte, die Niederlage
der Bayern würde die Nervosität steigern und damit die Stimmung
hemmen, sah sich getäuscht. Bereits vor dem Spiel wurde es brachial
laut, insbesondere in der ersten Halbzeit, auch bedingt durch den
Spielverlauf, blieb es auch fast durchgehend laut. Die zweite
Halbzeit plätscherte dann etwas mehr dahin, ehe es gegen Ende wieder
anzog.
Gästeblock: Der Anfang war schon stark, auch optisch mit Choreo und unzähligen schwarzweißen Fahnen. Dazu war es im Laufe der ersten Halbzeit auch immer wieder richtig laut mit hohem Pöbelfaktor. In der zweiten Halbzeit war es dann deutlicher leiser, dafür wurde sehr viel über Dortmunder Eltern gesungen.