Spielbericht Profis

BVB nutzt Bayern-Patzer: Tabellenführer Das magische Dreieck

23.04.2023, 00:56 Uhr von:  Michael
Adeyemi springt jubelnd auf die sich umarmenden Guerreiro und Hummels.

Immer wenn Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und Helene Fischer aufeinandertreffen, geht es gut für den BVB aus. So auch heute: Mit einem 4:0 im Westfalenstadion springt der BVB an die Tabellenspitze.

Vor dem Spiel

Es gab einige Warnungen vor dem Spiel. Das Heimspiel vor ausverkauftem Westfalenstadion, das gleichzeitige Konzert von Helene Fischer in der Westfalenhalle und irgendeine Messe stellten die Infrastruktur in Dortmund vor eine harte Probe. Das befürchtete Anreisechaos blieb jedoch aus. An dieser Stelle ein großes Lob an die Polizei, die mit einem immensen Kräfteaufgebot Übergriffe der berühmt-berüchtigten Helene-Hools auf unbescholtene Fußballfans verhindern konnte. Danke dafür!

Moment mal! Dortmund gegen Frankfurt und dazu singt Helene Fischer? Da gab es doch mal was. 2017 durfte besagte Schlagertante im DFB-Pokalfinale in der Halbzeit ihr Talent zum Besten geben. Eine hervorragende Marketingidee des DFB, die völlig überraschend und unerwartet in beiden Fanlagern nicht honoriert wurde. Nichtsdestotrotz durften die Schwarzgelben damals den Pokal in den Berliner Himmel recken. Ein gutes Omen also, dieses magische Dreieck.

War sonst noch was vor dem Spiel? Bis 16:52 Uhr nicht. In allen Spielen des Nachmittags führte die Auswärtsmannschaft und damit auch die Münchener in Mainz. 5 Punkte Rückstand also in der Blitztabelle, ein Sieg am Abend Pflicht, um den Abstand zu begrenzen.
Doch dann folgten für alle Schwarzgelben wohl die schönsten 14 Anfahrtsminuten in dieser Saison. Mainz zerlegte Tuchels Trümmertruppe nach allen Regeln der Kunst und behielt die 3 Punkte in Mainz. Und plötzlich war der Sieg am Abend nicht Pflicht, um den Abstand zu halten, sondern um zum ersten Mal seit der letzten Meistersaison 5 Spieltage vor Schluss an der Spitze der Liga zu stehen. Eine Vorlage, die die Südtribüne im Westfalenstadion bereits 30 Minuten vor Anpfiff lautstark aufnahm.

Apropos vor dem Spiel und Vorlage: Ulrich Leitermann, seines Zeichens tätig bei einem Versicherer und unter der Woche mit einem PR-Desaster erster Ordnung, gab den BVB-Fans eine Steilvorlage, die sowohl die Südtribüne, als auch der Rest des Westfalenstadions traumwandlerisch sicher verwandelte.

Bild der Südtribüne mit einem großen Plakat "Herzlich Willkommen im Westfalenstadion Dortmund" und vielen Spruchbändern zum Namen Westfalenstadion.
Klare Ansage der Südtribüne vor dem Spiel: Für immer Westfalenstadion

Erste Halbzeit

Der BVB begann zunächst abwartend, die Frankfurter, die ihrerseits mit einer Serie von 7 sieglosen Spielen am Stück, aber auch nur 3 Punkten Rückstand auf Platz 6 anreisten, setzen den BVB frühzeitig unter Druck. In der 3. Minute verlor Can den Ball im Mittelfeld an das frühe Frankfurter Pressing, doch Hummels konnte Kolo Muani im letzten Moment im Strafraum ausbremsen.
Die Marschrichtung schien klar, Frankfurt wollte den BVB früh zu Ballverlusten zwingen, eine Taktik, die den Schwarzgelben diverse Probleme in dieser Saison bereitete.
Doch heute sah es anders aus. Der BVB konnte sich immer wieder gut aus der Umklammerung befreien und übernahm nach und nach die Spielkontrolle.

Die erste gute Gelegenheit ergab sich dann nach 13 Minuten. Haller war von Lenz gelegt worden, Freistoß für den BVB aus halblinker Position. Wer noch ein GIF für das Verhalten des BVB in der 96. Minute in Stuttgart suchte, wurde nun fündig. Malen nahm den Ball und drosch ihn dem als Sichtbehinderung neben der Frankfurter Mauer stehenden Schlotterbeck voll auf die 12. Einmal mehr stand sich der BVB im wahrsten Sinne des Wortes selbst im Weg.

Adeyemi, Guerreiro, Brandt und Haller gratulieren Jude zu seinem Tor.
Jubel um Judes Führungstreffer

Schlotterbeck wurde lange behandelt, kehrte noch einmal auf den Platz zurück, musste aber schlussendlich in der 25. Minute durch Niklas Süle ersetzt werden. Ein Wechsel, der durchaus wehtat. Die Entscheidung, Schlotterbeck trotz längerer Verletzungspause von Anfang an zu bringen, dürfte ihren Ursprung in der Schnelligkeit von Kolo Muani haben. Fortan durften also Süle und Hummels den Frankfurter bremsen.
Was die Sache erleichterte: Der BVB führte mittlerweile 2:0. Bellingham nahm in der 19. Minute per Pirouette Brandts Pass mit und seinen Gegenspieler aus dem Spiel und versenkte den Ball trocken rechts unten. Erste Chance, erstes Tor und laute „Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufe im Westfalenstadion.

Nur 5 Minuten später wurde es noch spitzenreitiger. Einen langen Kobelabschlag verlängerte Haller mehr hoch als lang mit dem Kopf. Adeyemi helikopterte sich in die Luft und legte den Ball per Kopf perfekt auf Malen, der den Ball per Direktabnahme versenkte. Eine Co-Produktion zweier vermeintlicher Fehleinkäufe, die zum richtigen Zeitpunkt ihren Wert unter Beweis stellen.

Hummels breitet nach seinem Treffer jubelnd die Arme aus.
Mats Hummels sorgte mit seinem Treffer zum 3:0 für die Vorentscheidung

Das Westfalenstadion kochte, allerdings wachte die SGE nun richtig auf. Der BVB zog sich etwas mehr zurück und überließ den Frankfurtern den Ball. Insbesondere ein in Dortmund nicht ganz unbekannter Mario Götze initiierte Angriff um Angriff, bei denen sich die Dortmunder Defensive alles andere als sattelfest zeigte. Immer wieder kamen die Hessen zu gefährlichen Abschlüssen, scheiterten jedoch an Kobel oder sich selbst.
Auffällig in dieser Phase: Brach ein Frankfurter über den Flügel zur Grundlinie durch, war der Rückraum rund um den Elfmeterpunkt völlig frei, ein Umstand, den sich Mario Götze in der 37. Minute zunutze machte, sein Schuss verfehlte das Dortmunder Tor nur knapp.
Die Dortmunder kamen in dieser Phase kaum zu Entlastungsangriffen, waren dann allerdings brandgefährlich. Adeyemi scheiterte in der 31. Minute noch frei vor Trapp an selbigem, bereitete dann aber wunderschön in der 41. Minute für Guerreiro vor, dessen Flanke Mats Hummels per Kopf zum 3:0 versenkte.

In normalen Sphären wäre das Spiel damit wohl entschieden gewesen, aber was sind beim BVB schon normale Sphären. Nichtsdestotrotz feierte sich das Westfalenstadion in die Halbzeit, während der anfangs saustarke Gästeblock einiges an Lautstärke einbüßte.

Zweite Halbzeit

Die Südtribüne mit einem großen Spruchband "Nein zu Investoren in der DLF" und vielen kleineren Spruchbändern zum Thema Investoreneinstieg.
Ansage der Südtribüne zur zweiten Halbzeit: Nein zu Investoren in der DFL

Auf der Südtribüne gab es zunächst erneut lautstarken Protest gegen die Pläne der DFL. Wer noch Fragen zu diesem Thema hat, kann sich hier oder hier informieren.
Anschließend dominierte die Frage: Würde der BVB erneut wie gegen Stuttgart, Hertha, Blau oder Hoppenheim schlafmützig aus der Kabine kommen und das Spiel so wieder spannend machen?
Kurz gesagt: Nein. Im Gegenteil. Die Dortmunder spielten zielstrebig nach vorne, standen hinten konzentriert und hätten bereits kurz nach der Pause durch Bellingham erhöhen können. Bei den Frankfurtern machte sich Frust breit. Rode, bereits in der ersten Halbzeit mit einigen Grätschen, grätschte rüde gegen Brandt, erhielt die gelbe Karte und gab sofort das Signal, ausgewechselt zu werden. Scheinbar war er nur für das Foul und die gelbe Karte nach der Pause noch einmal aus der Kabine gekommen.

Emre Can im Zweikampf mit einem Frankfurter um den Ball.
Gewohnt zweikampfstark: Emre Can

Anschließend plätscherte das Spiel dahin. Die Stimmung im Westfalenstadion hatte sich ebenfalls beruhigt, die Liedauswahl trug ihren Teil dazu bei.
Während die Südtribüne diverse Mal über den gesamten Kontinent latschte und dabei alle Großen sah, machte Malen den Deckel auf das Spiel: Erneut gewann Haller das Kopfballduell nach Kobelabschlag, Adeyemi spielte auf Malen und der traf ohne größere Probleme (66.) Wie beim 2:0, nur ohne Hubschrauber.

Der Rest des Spiels ist schnell erzählt, auf dem Platz passierte nichts gravierendes mehr, das Westfalenstadion fragte immer wieder, wer Deutscher Meister wird und beantwortete die Frage auch direkt. Der Frankfurter Block antwortete ebenfalls: „Deutscher Meister wird nur die SGE.“ Eigene Wahrheiten und so.

Einzelkritik

Malen schirmt den Ball vor dem Frankfurter Lenz ab.
Donny Malen: 2 Tore und damit mit nun 09 Scorerpunkten in den letzten 6 Spielen.

Kobel: Immer da, wenn er gebraucht wurde, ebenfalls stark im Dribbling gegen Kolo Muani, dazu mit zwei Pre-pre-Assists auf den Kopf von Haller.

Ryerson: Marschierte rauf und runter und malochte Fußball gegen Mario Götze.

Hummels: Also mit der Leistung definitiv ein Kandidat für eine Vertragsverlängerung. Starkes Stellungsspiel, saubere Spieleröffnung, zudem nun 15 Spielzeiten in Folge mit mindestens einem Treffer.

Schlotterbeck (bis 25.): Zeigte schnell, warum er mit seiner Schnelligkeit gegen Kolo Muani die richtige Wahl war. Schien auch wieder komplett fit zu sein. Malen hatte da allerdings wohl seine Zweifel und schoss ihn kurzerhand aus dem Spiel.

Guerreiro (bis 70.): Bereitete das 3:0 vor, ansonsten offensiv heute weniger auffällig als zuletzt. Dafür defensiv ohne Fehl und Tadel aber mit einigen gut getimten Grätschen.

Can: Hatte teilweise mit dem Frankfurter Pressing zu kämpfen, fand jedoch fast immer gute Lösungen. Zudem, wie mittlerweile üblich, defensiv stark im Zweikampf und mit großem Bewegungsradius.

Bellingham (bis 77.): Fußballerisch über jeden Zweifel erhaben. Taktisch wie üblich mit wilden Ausflügen, die aber heute von der Restdefensive aufgefangen werden konnten. Holte sich aber völlig unnötig seine 8. gelbe Karte ab, da er einen Frankfurter provozierte. Laberte anschließend noch minutenlang auf Aytekin ein. Wenn er dies nicht schleunigst in den Griff bekommt, wird er vermutlich noch ein Spiel im Saisonendspurt aufgrund einer Gelbsperre aussetzen dürfen.

Brandt (bis 70.): Bereitete das 1:0 vor und zeigte sich deutlich verbessert gegenüber dem Stuttgartspiel. Bekam ansonsten deutlich weniger Bälle als sonst, da es entweder direkt über die außen oder lang auf Haller ging.

Malen: 2 Tore und damit mit nun 09 Scorerpunkten in den letzten 6 Spielen. Auch ansonsten an vielen guten Angriffen beteiligt und mit dem erkennbaren Willen, sich auch defensiv einzubringen. Hier fehlte manchmal die Abstimmung mit Ryerson, was die Frankfurter aber nicht nutzen konnten.

Adeyemi: 2 direkte Vorlagen, einmal mit dem Pre-Assist, das war schon saustark, besonders die Sprungkraft beim 2:0, verbunden mit der punktgenauen Kopfballablage. Allerdings auch diesmal wieder mit einem unnötigen Andy Möller-Gedächtnismoment.

Haller (bis 77.): Zeigte, warum er auch ohne Tore immens wichtig für den BVB sein kann und erinnerte an die gute alte Jan Koller-Taktik. War so an zwei Toren indirekt beteiligt.

Süle (ab 25.): Ersetzte früh den verletzten Schlotterbeck. Überstand die Frankfurter Drangphase und spielte in der zweiten Halbzeit die Sache souverän runter.

Reus, Moukoko, Wolf, Özcan:
Durften sich alle noch die Auflaufprämie sichern.

Stimmung

Fahnen auf der Südtribüne
Richtig guter Auftritt der Südtribüne

Westfalenstadion: Wer vor dem Spiel befürchtet hatte, die Niederlage der Bayern würde die Nervosität steigern und damit die Stimmung hemmen, sah sich getäuscht. Bereits vor dem Spiel wurde es brachial laut, insbesondere in der ersten Halbzeit, auch bedingt durch den Spielverlauf, blieb es auch fast durchgehend laut. Die zweite Halbzeit plätscherte dann etwas mehr dahin, ehe es gegen Ende wieder anzog.

Gästeblock: Der Anfang war schon stark, auch optisch mit Choreo und unzähligen schwarzweißen Fahnen. Dazu war es im Laufe der ersten Halbzeit auch immer wieder richtig laut mit hohem Pöbelfaktor. In der zweiten Halbzeit war es dann deutlicher leiser, dafür wurde sehr viel über Dortmunder Eltern gesungen.

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