Warmlaufen

Vom Familienstreit auf Kuschelkurs

06.05.2022, 16:13 Uhr von:  Nina T.
Gästeblock in Führt beim Auswärtsspiel des BVB.
Voller Gästeblock in Fürth, Saison 12/13

Unser Vorbericht zum Spiel bei Greuther Fürth: Ein Match, in dem es für beide Beteiligten um nichts mehr geht, also hoffen wir auf ein respektvolles, faires, entspanntes Spiel, das einfach nur den Fußball feiert.

Wir sind weiterhin für die Champions League qualifiziert und personell tut sich nur wenig: Emre Can kommt nach seiner Sperre zurück, dafür war Erling Haaland wohl erkrankt und ist fraglich – one in, one out.

Das Projekt „erste Liga“ ist für unseren Gegner des Wochenendes längst Geschichte. Man versucht, die letzten Spiele noch respektabel zu absolvieren, trotz des frustrierenden Saisonverlaufs gelingt der Spielvereinigung Greuther Fürth das im Rahmen der Möglichkeiten gut. Sie verdienen ein Kompliment dafür, dass sie sich immerhin nie haben hängen lassen. Im Kader stehen mit Jeremy Dudziak und Tobias Raschl zwei ehemalige Dortmunder. Wirklich kennengelernt hat man die Kleeblätter in dieser zweiten Saison nach 12/13 wieder nicht, daher endet meine Gegneranalyse hier bereits.

Nachdem es also in diesem Match für beide Beteiligten um nichts mehr geht, hoffe ich auf ein respektvolles, faires, entspanntes Spiel, das einfach nur den Fußball feiert.

Watzke und Zorc sitzen auf der Auswechselbank und schauen nachdenklich.
Aki Watzke und Michael Zorc: Nicht sonderlich amüsiert

Und wo wir gerade von Respekt sprechen… Das Saisonfinale läuft und die nächste Transferperiode beginnt. Es wäre also Zeit für respektvollen Umgang: Mit jedem, der uns verlässt und mit jedem, der zu uns kommt!

Reißt Euch ein bisschen zusammen, selbst wenn es Euch schwerfällt – und klemmt Euch die Belehrungen, ich kenne unseren Saisonverlauf. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir die Qualifikation für die Champions League und möglicherweise die Vizemeisterschaft in diesem Jahr (bisher) ganzen 28 Spielern unseres aktuellen, erweiterten Kaders zu verdanken haben, nur einer davon hatte keinen Startelf-Einsatz*. Wir konnten auf niemanden verzichten!

Hier mal die Statistik der Startelf-Einsätze bis jetzt:

40+ Bellingham, Kobel
35+ Reus
30+ Akanji
25+ Hummels, Brandt, Witsel, Dahoud, Malen, Meunier
20+ Haaland, Guerreiro
15+ Can, Hazard, Wolf, Schulz
10+ Pongracic, Zagadou
05+ Reyna, Passlack
01+ Hitz, Tigges, Reinier, Moukoko, Bynoe-Gittens, Papadopoulous, Rothe,
*Semic

Sven Bender im gelben Trikot im Kopfballduell mit dem Fürther Gegenspieler im grün-weißen Trikot.
Fürther im Luft-Zweikampf mit Sven "Manni" Bender

Wir sind noch für zwei Spiele eine Schicksalsgemeinschaft – auch wenn es um nichts mehr geht, als sich auf den letzten, bedeutungslosen Metern vernünftig zu präsentieren. Man stelle sich vor, Spieler würden sich mit ähnlichen Worten verabschieden, wie sie teilweise (vorauseilend) verabschiedet werden: „Ein Glück habe ich diese Bayern-Schatten-frustrierten, arroganten und stark überbewerteten Fans mit ihren überzogenen Ansprüchen endlich hinter mir.“ Na, wie fühlt sich das an? Die Aussage enthält wohl ähnlich viel Wahrheit wie die Vorwürfe, die unseren Spielern gemacht werden. Niemand ruiniert sich absichtlich die Karriere.

Ich habe es vor vier Jahren schon geschrieben: Man geht nicht im Streit. Nun sind wir ehrlich, der emotionale Ausnahmezustand ist tatsächlich eher schlimmer als besser geworden – mit allem, was uns gefehlt hat und allem, was wir verarbeiten mussten und müssen. Natürlich ist das ein bisschen zu viel, ein bisschen zu lange, ein bisschen zu traurig und ein bisschen zu beängstigend. Trotzdem oder gerade deswegen ein weiterer Aufruf zu Respekt und Versöhnung und die Bitte, sich doch auf das Positive zu konzentrieren. Wir haben garantiert alle mehr davon, wenn wir uns für die letzten beiden Spieltage vornehmen, die Rückkehr ins Stadion und die vollen Ränge zu genießen, als uns über das zu ärgern, was wir verpasst haben. Dampfende Kacke haben wir schon an zu vielen Ecken und Enden und noch mehr Ärger braucht im Moment niemand: In diesem Fall können wir es uns wenigstens aussuchen und uns anders entscheiden. Einen Gegner wie PSG oder Madrid anzuschreien und auszupfeifen, hat etwas Entspannendes, weil es die „Richtigen“ trifft. Auf die eigene Mannschaft so sauer zu sein, ist eher wie ein Familienstreit zu Hause… auf die Dauer anstrengend, zermürbend und, scheißegal wie Recht man hat, den Preis irgendwann nicht mehr wert.

Mario Götze und Sven Bender klatschen sich nach einem Tor ab.
Mario Götze und Sven Bender feiern ein Tor

Aufarbeitung funktioniert ohnehin besser, wenn sich die erste, emotionale Aufregung gelegt hat und falls Ihr dann immer noch nicht wisst, wohin mit Euren Gefühlen: Reicht doch mal einen Artikel für „Eua Senf“ unter gastautor@schwatzgelb.de ein. Also zur Abwechslung mal „aufschreiben und abschicken“ statt „aufschreiben und abfackeln“ (ihr erinnert euch an den Spruch: „Wenn Dich jemand aufregt, schreib alles, was Dich stört, in einen Brief und verbrenne ihn.“)

In der Zwischenzeit lasst uns netter zueinander sein! Vielleicht weht ein bisschen zu viel Blumenduft durch mein Fenster, eventuell zwitschern ein paar zu viele Vögel davor und möglicherweise verursacht das etwas zu viele Frühlingsgefühle bei mir… Aber was soll’s? Kommt, gehen wir auf Kuschelkurs.

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel