Warmlaufen

Auf zum Tabellenführer

15.10.2022, 12:30 Uhr von:  kha
Stadion an der alten Försterei: im Vordergrund sieht man das Spielfeld, und mehrere Spieler vom BVB und Union im Spiel. Im Hintergrund sieht man den gefüllten, schwarzgelben Auswärtsblock.

Das nächste Spiel unserer Borussia findet am kommenden Sonntag beim Tabellenführer statt. Und Obacht! Bitte keine Karten für Züge nach München kaufen oder in die Navigationssysteme als Zielort „Allianz-Arena“ eingeben, denn es geht gen Osten. In die Hauptstadt. Aber nicht zum Big City Club, sondern in den Berliner Bezirk Köpenick. Und war dieser bundesweit bisher eigentlich nur durch die absurd komische Geschichte des Hauptmannes von Köpenick bekannt: Nun wird seit einiger Zeit in und um die alte Försterei hart daran gearbeitet, sich selbst, also den 1. FC Union Berlin, bekannter als diese Geschichte des Hauptmannes zu machen. Und als entfernter Beobachter kann man sagen, dass dieses Vorhaben überaus gut gelingt und das Ziel des Präsidenten Dirk Zingler, so hoch wie möglich zu spielen, jede Saison ein Stück weiter erreicht wird. Bundesliga Aufstieg, Europapokal-Qualifikation (sogar zweimal in Folge) und aktuell ganz oben in der höchsten deutschen Liga. Und das alles innerhalb weniger Jahre! Dass dies mit der Hilfe eines, sagen wir, nicht gerade unustrittenen Sponsors, der auch schon beim VfB Stuttgart aktiv war, gelungen ist und auch ein gewisses Risiko für den Verein bedeuten dürfte, geschenkt.

Denn dies dürfte auch den Unionern durchaus bewusst sein. Aber Fakt ist dennoch auch, dass Union an der Tabellenspitze steht und mittlerweile sogar so etwas wie einen Vorsprung erspielt hat.

Und was bedeutet dies für Borussia am Sonntag?

Für keinen Gegner, der in der alten Försterei antreten muss, ist es sehr angenehm dort zu spielen. Nicht nur, dass die Spielstätte Unions eine sehr lautstarke ist und die Fans in diesem quasi reinem Stehplatzstadion, noch enger am Spielfeld sind als im Westfalenstadion, sondern auch die Spielweise Unions ist alles andere als angenehm. Die Mannschaft von Urs Fischer spielt äußerst kompakt, tritt sehr aggressiv auf in den Zweikämpfen und schafft es, immer wieder extrem gefährliche Nadelstiche, in Form von sehr schnell vorgetragenen Kontern, zu setzen. Für Borussia bedeutet dies, dass man von Anpfiff an eine deutlich andere Körpersprache braucht als am Dienstag gegen Sevilla, sondern eher ein Auftreten wie am Samstagabend gegen die Bayern aus München. Personell verbessert sich die Situation bei Borussia ja durchaus. Nachdem zum Champions-League-Spiel bereits Kobel ins Tor zurück kehrte und auch Reyna an diesem Abend endlich wieder auflaufen durfte, selbst wenn dieser sehr blass blieb, und falls es sogar möglich sein könnte, das Marco Reus wieder ins Team zurückkehren würde, hat sich die Personalsituation doch deutlich entspannt. Dies ist auch nötig, denn am Dienstag konnte man doch beobachten, dass einige Spieler durchaus mal eine Pause gebrauchen könnten. Auf einem ganz anderen Blatt steht natürlich, ob es sinnvoll ist, die Spieler nach überstandener Verletzung direkt wieder länger spielen zu lassen. Auch das steht auf einem anderen Blatt.

Auf jeden Fall sollte man versuchen, das erste Tor zu erzielen denn, das zeigt sich in dieser Saison ganz deutlich, wenn Union einmal führt, ist es sehr schwer dort noch etwas zu erreichen. Und auch wenn Union am Donnerstag noch ein Spiel in der Europa League hat, würde ein 0:1 Rückstand es sehr, sehr schwer machen, dort noch etwas zu holen. Es könnte dann darauf hinauslaufen, auszuprobieren wer nach den langen Wochen die meisten Körner (wie man so schön sagt) hat, wenn es tatsächlich darauf ankommt, noch ein Spiel drehen zu müssen.

Besser wäre es definitiv (auch für die Nerven der Fans des BVB im Stadion oder am Radio, TV, Livestream oder wo auch immer), es dazu gar nicht erst kommen zu lassen. Deswegen sollte man versuchen, durch eine schnelle Spielweise, schnelle Seitenwechsel, direkte Kombinationen die Abwehr Unions ins Laufen zu bekommen und Lücken aufzureissen, um dorthin stoßen zu können, um sich Torchancen zu erspielen. Deshalb braucht es viel mehr Kreativität als am Dienstag und einen mitspielenden Stürmer. Denn Flanken helfen hier leider gar icht, dafür ist Unions Abwehr zu sattelfest.

Und wie sieht es der Gegner?

Dazu haben wir mit Sebastian vom Podcast „Textilvergehen“ gesprochen.

Wie geht es Dir, wenn Du die Tabelle anschaust?

Ich versuche es mal so: Als wir 2016 im DFB-Pokal erstmals in Dortmund zu einem Pflichtspiel antraten (wohlgemerkt gegen die erste Mannschaft, nicht die zweite, gegen die Union zuvor schon öfter gespielt hatte), trennten den BVB und unseren Club mehrere Welten und nicht nur eine Liga. Jetzt sind wir zwar in einer Liga, aber uns trennen trotzdem noch Welten, nur nicht mehr so viele wie vor 6 Jahren.

Der Platz 1 ist ein bisschen wie ein Dauerrausch, weil wir das alle nicht glauben können. Alle machen Witze darüber und freuen sich, wohl wissend, dass das nur eine Momentaufnahme ist und sich daraus gar kein Anspruch ableitet. Wie gesagt, uns trennen Welten von der Bundesliga-Spitze. Da muss man nur auf die Ausgaben für den Profibereich schauen, um das zu erkennen.
Wenn wir auf die Tabelle schauen, dann sehen wir vor allem die bereits erreichten Punkte. 20. Also die Hälfte des Saisonziels. Dass das bereits erreicht wurde, nimmt viel Druck vom Team in diesen anspruchsvollen Zeit bis zur WM-Pause mit 13 Spielen in 6 Wochen.

Wie erklärst Du Dir den Durchmarsch?

Naja, von Durchmarsch kann nicht die Rede sein. Denn Union wird, wie gesagt, nicht dauerhaft dort oben landen. Die Mannschaft von Urs Fischer macht das, was sie kann. Und offensichtlich gibt es nicht allzu viele Teams in der Bundesliga, die dieser Spielweise aktuell etwas entgegensetzen können. Das spricht nicht besonders für die Qualität der Liga, wenn es um das Spiel in Ballbesitz geht.

Was für ein Spiel erwartest Du gegen den BVB?

Ich hoffe, wie immer, auf ein intensives Spiel. Sollte es nach Unions Geschmack laufen, so werden wir wenig Tormöglichkeiten auf beiden Seiten sehen. Es wird darum gehen, die BVB-Spieler in Zweikämpfe zu verwickeln.

Welche taktische Ausrichtung erwartest Du von den Mannschaften?

Von Union erwarte ich eine konsequente Verteidigung, die den BVB vom Strafraum fernhält und den Versuch, mit Ballgewinnen aus dem Mittelfeld die schnellen Spieler in Szene zu setzen. Wenn Dortmund etwas dagegen unternehmen möchte, erwarte ich schnelle und direkte Seitenverlagerungen, um Unions Defensive aus der Ordnung zu bringen.

Und auf welche Duelle freust Du dich am meisten?

Ehrlich gesagt, auf keins besonders. Jeder Gegenspieler ist in dem Moment derjenige, den es zu bezwingen gilt. Namen und Status sind mir da relativ egal. Aber ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Nico Schlotterbeck. Ich fand ihn schon vor 2 Jahren bei uns so fantastisch, dass ich ihn am liebsten behalten hätte. Aber die Qualität und sein Potential war schon damals klar, weshalb Freiburg bei der Leihe keine Kauf-Option angeboten hatte.

Wer könnten die spielentscheidenden Akteure werden?

Ich glaube, dass die Frage falsch gestellt ist. Unions Mannschaft funktioniert nur, wenn alle Spieler in dieselbe Richtung arbeiten. Würde ein Spieler ausscheren, gäbe es keine Kompaktheit. Deswegen glaube ich nicht, dass es den einen spielentscheidenden Akteur gibt. Klar, haben die Dortmund-Spieler, wie Bellingham oder andere, eine viel höhere individuelle Klasse. Aber ich beschäftige mich wenig mit gegnerischen Spielern oder bekomme Panik vor ihnen. Denn von der individuellen Klasse her, sind 2/3 der Bundesliga-Teams deutlich besser aufgestellt als Union. Da müssten mir ja permanent die Knie schlottern.

Wie geht das Spiel aus?

1:0 für Union, 0:1 für Dortmund. Es wird ein bisschen vom Spielglück abhängen. Sollte Dortmund das erste Tor schießen, dürftet ihr euch freuen, denn nach einem Rückstand kam Union diese Saison noch nicht zurück. Das Team ist eine hervorragende 1:0-Mannschaft und kann diesen Vorsprung mittlerweile sehr gut verteidigen. Allerdings ist Union aktuell keine 0:1-Mannschaft. Ich hoffe natürlich auf ein 1:0.

Vielen Dank an Sebastian für den Blick von Seiten Unions auf das Spiel.

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