Auf zum Tabellenführer
Das nächste Spiel unserer Borussia findet am kommenden Sonntag beim Tabellenführer statt. Und Obacht! Bitte keine Karten für Züge nach München kaufen oder in die Navigationssysteme als Zielort „Allianz-Arena“ eingeben, denn es geht gen Osten. In die Hauptstadt. Aber nicht zum Big City Club, sondern in den Berliner Bezirk Köpenick. Und war dieser bundesweit bisher eigentlich nur durch die absurd komische Geschichte des Hauptmannes von Köpenick bekannt: Nun wird seit einiger Zeit in und um die alte Försterei hart daran gearbeitet, sich selbst, also den 1. FC Union Berlin, bekannter als diese Geschichte des Hauptmannes zu machen. Und als entfernter Beobachter kann man sagen, dass dieses Vorhaben überaus gut gelingt und das Ziel des Präsidenten Dirk Zingler, so hoch wie möglich zu spielen, jede Saison ein Stück weiter erreicht wird. Bundesliga Aufstieg, Europapokal-Qualifikation (sogar zweimal in Folge) und aktuell ganz oben in der höchsten deutschen Liga. Und das alles innerhalb weniger Jahre! Dass dies mit der Hilfe eines, sagen wir, nicht gerade unustrittenen Sponsors, der auch schon beim VfB Stuttgart aktiv war, gelungen ist und auch ein gewisses Risiko für den Verein bedeuten dürfte, geschenkt.
Denn dies dürfte auch den Unionern durchaus bewusst sein. Aber Fakt ist dennoch auch, dass Union an der Tabellenspitze steht und mittlerweile sogar so etwas wie einen Vorsprung erspielt hat.
Und was bedeutet dies für Borussia am Sonntag?
Für keinen Gegner, der in der alten Försterei antreten muss, ist es sehr angenehm dort zu spielen. Nicht nur, dass die Spielstätte Unions eine sehr lautstarke ist und die Fans in diesem quasi reinem Stehplatzstadion, noch enger am Spielfeld sind als im Westfalenstadion, sondern auch die Spielweise Unions ist alles andere als angenehm. Die Mannschaft von Urs Fischer spielt äußerst kompakt, tritt sehr aggressiv auf in den Zweikämpfen und schafft es, immer wieder extrem gefährliche Nadelstiche, in Form von sehr schnell vorgetragenen Kontern, zu setzen. Für Borussia bedeutet dies, dass man von Anpfiff an eine deutlich andere Körpersprache braucht als am Dienstag gegen Sevilla, sondern eher ein Auftreten wie am Samstagabend gegen die Bayern aus München. Personell verbessert sich die Situation bei Borussia ja durchaus. Nachdem zum Champions-League-Spiel bereits Kobel ins Tor zurück kehrte und auch Reyna an diesem Abend endlich wieder auflaufen durfte, selbst wenn dieser sehr blass blieb, und falls es sogar möglich sein könnte, das Marco Reus wieder ins Team zurückkehren würde, hat sich die Personalsituation doch deutlich entspannt. Dies ist auch nötig, denn am Dienstag konnte man doch beobachten, dass einige Spieler durchaus mal eine Pause gebrauchen könnten. Auf einem ganz anderen Blatt steht natürlich, ob es sinnvoll ist, die Spieler nach überstandener Verletzung direkt wieder länger spielen zu lassen. Auch das steht auf einem anderen Blatt.
Auf jeden Fall sollte man versuchen, das erste Tor zu erzielen denn,
das zeigt sich in dieser Saison ganz deutlich, wenn Union einmal
führt, ist es sehr schwer dort noch etwas zu erreichen. Und auch
wenn Union am Donnerstag noch ein Spiel in der Europa League hat,
würde ein 0:1 Rückstand es sehr, sehr schwer machen, dort noch
etwas zu holen. Es könnte dann darauf hinauslaufen, auszuprobieren
wer nach den langen Wochen die meisten Körner (wie man so schön
sagt) hat, wenn es tatsächlich darauf ankommt, noch ein Spiel drehen
zu müssen.
Besser wäre es definitiv (auch für die Nerven der Fans des BVB im
Stadion oder am Radio, TV, Livestream oder wo auch immer), es dazu
gar nicht erst kommen zu lassen. Deswegen sollte man versuchen, durch
eine schnelle Spielweise, schnelle Seitenwechsel, direkte
Kombinationen die Abwehr Unions ins Laufen zu bekommen und Lücken
aufzureissen, um dorthin stoßen zu können, um sich Torchancen zu
erspielen. Deshalb braucht es viel mehr Kreativität als am Dienstag
und einen mitspielenden Stürmer. Denn Flanken helfen hier leider gar
icht, dafür ist Unions Abwehr zu sattelfest.
Und wie sieht es der Gegner?
Dazu haben wir mit Sebastian vom Podcast „Textilvergehen“ gesprochen.
Wie geht es Dir, wenn Du die Tabelle anschaust?
Ich versuche es mal so: Als wir 2016 im DFB-Pokal erstmals in Dortmund zu einem Pflichtspiel antraten (wohlgemerkt gegen die erste Mannschaft, nicht die zweite, gegen die Union zuvor schon öfter gespielt hatte), trennten den BVB und unseren Club mehrere Welten und nicht nur eine Liga. Jetzt sind wir zwar in einer Liga, aber uns trennen trotzdem noch Welten, nur nicht mehr so viele wie vor 6 Jahren.
Der
Platz 1 ist ein bisschen wie ein Dauerrausch, weil wir das alle nicht
glauben
können. Alle machen Witze darüber und freuen sich, wohl
wissend,
dass
das nur eine Momentaufnahme ist und sich daraus gar kein Anspruch
ableitet.
Wie gesagt, uns trennen Welten von der Bundesliga-Spitze. Da muss
man
nur auf die Ausgaben für den Profibereich schauen, um das zu
erkennen.
Wenn
wir auf die Tabelle schauen, dann sehen wir vor allem die bereits
erreichten
Punkte. 20. Also die Hälfte des Saisonziels. Dass das bereits
erreicht
wurde, nimmt viel Druck vom Team in diesen anspruchsvollen Zeit
bis
zur WM-Pause mit 13 Spielen in 6 Wochen.
Wie erklärst Du Dir den Durchmarsch?
Naja,
von Durchmarsch kann nicht die Rede sein. Denn Union wird, wie
gesagt,
nicht
dauerhaft dort oben landen. Die Mannschaft von Urs Fischer macht das,
was
sie kann. Und offensichtlich gibt es nicht allzu viele Teams in der
Bundesliga,
die dieser Spielweise aktuell etwas entgegensetzen können. Das
spricht
nicht besonders für die Qualität der Liga, wenn es um das Spiel in
Ballbesitz
geht.
Was
für ein Spiel erwartest Du gegen den BVB?
Ich
hoffe,
wie immer,
auf ein intensives Spiel. Sollte es nach Unions
Geschmack
laufen, so werden wir wenig Tormöglichkeiten auf beiden Seiten
sehen.
Es wird darum gehen, die BVB-Spieler in Zweikämpfe zu verwickeln.
Welche taktische Ausrichtung erwartest Du von den Mannschaften?
Von
Union erwarte ich eine konsequente Verteidigung, die den BVB vom
Strafraum
fernhält und den Versuch, mit Ballgewinnen aus dem Mittelfeld die
schnellen
Spieler in Szene zu setzen. Wenn Dortmund etwas dagegen
unternehmen
möchte, erwarte ich schnelle und direkte Seitenverlagerungen,
um
Unions Defensive aus der Ordnung zu bringen.
Und auf welche Duelle freust Du dich am meisten?
Ehrlich
gesagt,
auf keins besonders. Jeder Gegenspieler ist in dem Moment
derjenige,
den es zu bezwingen gilt. Namen und Status sind mir da relativ
egal.
Aber ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Nico Schlotterbeck. Ich
fand
ihn schon vor 2 Jahren bei uns so fantastisch, dass ich ihn am
liebsten
behalten hätte. Aber die Qualität und sein Potential war schon
damals
klar, weshalb Freiburg bei der Leihe keine Kauf-Option angeboten
hatte.
Wer könnten die spielentscheidenden Akteure werden?
Ich
glaube, dass die Frage falsch gestellt ist. Unions Mannschaft
funktioniert
nur, wenn alle Spieler in dieselbe Richtung arbeiten. Würde
ein
Spieler ausscheren, gäbe es keine Kompaktheit. Deswegen glaube ich
nicht,
dass es den einen spielentscheidenden Akteur gibt. Klar, haben die
Dortmund-Spieler,
wie Bellingham oder andere, eine viel höhere individuelle
Klasse.
Aber ich beschäftige mich wenig mit gegnerischen Spielern oder
bekomme
Panik vor ihnen. Denn von der individuellen Klasse her, sind 2/3
der
Bundesliga-Teams deutlich besser aufgestellt als Union. Da müssten
mir
ja
permanent die Knie schlottern.
Wie geht das Spiel aus?
1:0
für Union, 0:1 für Dortmund. Es wird ein bisschen vom Spielglück
abhängen.
Sollte Dortmund das erste Tor schießen, dürftet ihr euch freuen,
denn
nach einem Rückstand kam Union diese Saison noch nicht zurück. Das
Team
ist eine hervorragende 1:0-Mannschaft und kann diesen Vorsprung
mittlerweile
sehr gut verteidigen. Allerdings ist Union aktuell keine
0:1-Mannschaft.
Ich hoffe natürlich auf ein 1:0.
Vielen
Dank an Sebastian für den Blick von Seiten Unions auf das Spiel.