Zwei Kölner Jungs: Licht und Schatten?
Der BVB hat zur Saison 2022/23 zwei Spieler vom 1. FC Köln verpflichtet. Während Salih Özcan ein Wunschspieler des BVB war, wurde Anthony Modeste als Notlösung rund um die schwere Erkrankung von Top-Transfer Sébastien Haller geholt. Und wie es scheint blüht der „Wunschspieler“ Özcan auf und „Notnagel“ Modeste bleibt blass. Licht und Schatten also? So leicht ist es nicht.
Salih Özcan
Bei Özcan ist die Geschichte schnell erzählt. Der 24-jährige, der für 5 Millionen Euro aus Köln an die Strobelallee wechselte, erweist sich als absoluter Volltreffer. Özcan ist, seitdem er spielen kann, eine feste Größe in der Mannschaft. Er hat von Beginn an eine koordinierende Rolle im zentralen Mittelfeld des BVB eingenommen und verteilt die Bälle an die Spieler um sich herum auf höchstem Niveau. Er ist robust in den Zweikämpfen, macht Bälle fest wo sie schon lange verloren schienen und spielt exzellente Pässe in die Tiefe. Selten war in der jüngeren Transfergeschichte unserer Borussia ein Spieler direkt so integriert und sportlich eine Bereicherung wie Salih Özcan. Während einige Fans den Transfer damals wohl nur etwas naserümpfend akzeptierten (auch ich hatte meine kleineren Bedenken ob es z.B. für die Champions League reicht) zeigt uns Özcan bisher in (fast) jedem Spiel, warum sie ihn in Köln auf jeden Fall halten wollten. Özcan hat ein sehr hohes Bundesliga-Niveau und zeigte auch in den ersten zwei CL-Spielen eine sehr gute Leistung. Ich entschuldige mich an dieser Stelle für jeden Zweifel, lieber Salih!
Umso ärgerlicher war nach dem Derby die Meldung rund um eine erneute Fuß-Verletzung, die jetzt wohl doch keine keine neue, sondern eine alte Verletzung ist. Verwirrend. In jedem Fall gute Besserung und Daumen drücken, dass Özcan zügig wieder am Start ist.
Anthony Modeste
Anthony Modeste nicht, anders als unsere schwarz-gelben Twitter-Ultras behaupten.
Es ist richtig, dass Modeste vor allem als 9er bisher enttäuscht. Ein Tor in sechs Bundesligaspielen und keins in der Champions League ist als BVB-Stürmer schlicht zu wenig, vor allem wenn man ständig mit Flanken von Links und Rechts gefüttert wird. Darüber hinaus wirkt der stämmige Modeste bei unseren tempointensiven Kontern extrem verloren. Er bringt schlicht nicht das Tempo eines Erling Haaland mit. Und da sind wir auch schon bei dem Thema und meiner Pro-Modeste-Argumentation.
Anthony Modeste ist der Nachfolger von Erling Haaland, dem wohl vielversprechendsten Stürmer-Juwel der Welt. Das sind Fußstapfen, die es selbst einem Sébastien Haller schwer gemacht hätten. Von unserem gewohnten Bild vom langen Ball auf den Tempo-Panzer Haaland, der aus allen Lagen ein Tor erzielen kann, müssen wir uns verabschieden. Das war eine absolut einmalige Ausnahme. Diese Lücke hätte auch Haller nicht alleine ausfüllen können, sodass es ein gutes Zeichen ist, dass die ganze Mannschaft die Tore von Haaland auffängt.
Zurück zu Modeste. Während die Tore noch fehlen, zeigt Modeste einen enormen Einsatz. Seine Arbeit nach hinten ist gut, teilweise hervorragend. Vor allem bei gegnerischen Ecken köpft er Bälle am laufenden Band aus unserm 16er. Er bindet in der Spitze immer 1-2 Spieler, was uns wiederum die Flügel öffnet. Auch wenn er fußballerisch extrem limitiert ist kann er den ein oder anderen Ball vorne festmachen, was unsere Spieler nachrücken lässt. Vor dem Kasten war er zudem auch ein wenig vom Pech verfolgt. Ihm hätten mit etwas Glück auch 2 oder 3 Saisontore zu buche stehen können.
Einsatz und Teamdienlichkeit hin oder her, letztendlich wird er als Stümer natürlich immer an Toren gemessen werden, sodass da zukünftig mehr kommen muss. Aber ein Totalausfall ist er trotzdem nicht.
Ausblick
Ich bin überzeugt, dass beide Spieler noch Spaß machen werden, sofern Özcans Verletzung nicht zu schwer ist und auch Modeste verletzungsfrei bleibt. Während sich Özcan jedoch dauerhaft in der ersten Elf festspielen wird, wird es Modeste mit der Zeit schwerer haben seine Einsätze zu rechtfertigen, vor allem wenn die Tore ausbleiben. Hinter ihm scharrt nämlich schon Moukoko mit den Hufen und Sébastien Haller könnte womöglich auch im Laufe der Saison noch eine Option werden, was jedoch abzuwarten bleibt. Modeste sehe ich mittelfristig eher als Joker á la Adrián Ramos, der von 2014 bis 2017 als Ergänzungsstürmer hinter Aubameyang für uns das ein oder andere Tor erzielte.
Kein Grund zur Panik also. Oder: Et hätt noch emmer joot jejange.