Unsa Senf

Die Schuld des Trainers?!

07.04.2022, 14:30 Uhr von:  Seb
Marco Rose gestikuliert am Spielfeldrand
Marco Rose

Der BVB tritt auf der Stelle. Nahezu jedes Jahr folgt ein Umbruch, dann wieder der Umbruch vom Umbruch. Die Probleme bleiben jedoch die gleichen. Und am Ende liegt die Schuld beim Trainer?

BVB-Fans der jüngeren Vergangenheit zehren immer noch von den Klopp-Jahren. Eine Zeit, die so vielleicht nicht wiederkommt. Märchenhaft, magisch und zum Ende schwierig. Diese Zeit hat Spuren hinterlassen und wirkt, ob man es glaubt oder nicht, immer noch nach.

Die Saison 2014/2015 war eine schwierige Saison. Wir trudelten Richtung Abstieg und konnten uns am Ende noch mit letzter Kraft in die Europa League retten. Eine letzte Kraftanstrengung auch von Jürgen Klopp, dessen Mannschaft sich verändert hatte. Keine Truppe von No Names, kein Kindergarten mehr, der durch die Liga rockt, sondern eine Mannschaft gespickt mit Spielern, die sich zur (inter-)nationalen Spitze entwickelt hatten, fünf Weltmeister, aber auch ein entscheidender Abgang: Robert Lewandowski. Ohne ihn veränderte sich die Statik des Spiels. Vorne stand niemand mehr, der die Bälle festmacht. Die Transfers schlugen nicht wie gewünscht ein. Nach all den Jahren machte sich Katerstimmung breit. Die Mannschaft war längst nicht mehr so ein verschworener Haufen wie in den Meisterjahren. Die selbst gegebenen Regeln, die am Trainingsgelände hingen, wurden mehr und mehr zu Worthülsen. Risse in der Mannschaft machten sich breit.

Jürgen Klopp guckt schräg nach oben und lacht dabei
Jürgen Klopp

Das Jahr und der anschließende Abgang Klopps sorgten aber nicht nur für Risse in der Mannschaft. Jürgen Klopp wurde zum BVB und hatte inzwischen weitreichenden Einfluss. Eine enge Bindung zur Chefetage, markige Sprüche, die ihren Weg auf T-Shirts und Wände fanden, Kommunikation und Pressekonferenzen sind viel leichter mit einem Entertainer an der Seite. Auch Transfers wurden im Dreigestirn entschieden und passten oft genau in die Pläne von Klopp. Allerdings war auch klar, dass so eine Bindung zwischen Chefetage und Trainer wohl nicht mehr kommen wird.

Die Risse sollte Thomas Tuchel kitten, dem das auch zunächst gut gelang. Mit seiner anderen Art und seiner anderen Ansprache konnte er neue Reizpunkte setzen und entfaltete wieder das Potenzial der Mannschaft – wenigstens für eine Zeit, denn am Ende gab es eine gute Chance auf drei Titel. In der Bundesliga weniger aussichtsreich, aber durch zu viel Rotation im Derby die Ausgangsposition verschenkt. In der Europa League an den Emotionen gescheitert und im DFB-Pokal am Mut und dem unbedingten Willen, Guardiola taktisch zu schlagen. Schrittweise kam die andere Art und die andere Ansprache von Thomas Tuchel nicht mehr so gut an. Im Gegenteil: seine Reizpunkte wirkten zu extrem, ihm drohte die Situation zu entgleiten. Dazu kam, dass das Vertrauen zwischen Trainer und Chefetage wie es unter Klopp war, nicht mehr vorhanden war. Transfers wurde nicht mehr im Dreigestirn entschieden, sondern nach persönlichen Befindlichkeiten. Die Risse, die Versäumnisse, alles, was im letzten Klopp-Jahr aufgebrochen war, verstärkte sich unter Thomas Tuchel. Die gute Anfangsstimmung war dahin und hatte sich ins stärkere Gegenteil verkehrt. Mehr noch: Es schliffen sich Dinge im Verein und in der Mannschaft ein, die sich auch über das reine Austauschen von Trainern und Spielern scheinbar nicht mehr ausbügeln ließen.

Thomas Tuchel mit einem ernsten Blick vor einem Mikrofon bei einer Pressekonferenz
Thomas Tuchel

Peter Bosz sollte sportlich und in der Menschenführung einen grundlegend anderen Ansatz verfolgen. So grandios wie sein Start, so hart war seine Bauchlandung. Unter ihm traf alles zusammen, was nur zusammentreffen konnte: Ein neuer Spielstil, der überhaupt nicht zum Spielermaterial passte. Eine Mannschaft, die in der Zusammenarbeit schwierig war, Anweisungen nicht umsetzte und zu sehr auf eigene Befindlichkeiten bedacht war. Ein Trainer, der zu wenig Rückendeckung genoss. Am Ende brachte Peter Stöger den kaputten Boliden über die Ziellinie.

Mit Lucien Favre kam dann ein ausgewiesener „Fußballfachmann“. Einer, der Erfolg verspricht, solange er nicht ins Zaudern gerät. Zurückhaltend, die Mannschaft im Mittelpunkt, akribisch, kein Schauspieler, sondern eher ein Mediator – vielleicht der etwas verschrobene Papa. Auch seine Art kam zunächst gut an und führte fast zur Meisterschaft. Aber auch hier entstand ein gewisser Bruch und alle Jahre wieder traten dieselben Probleme zu Tage. Diesmal brachte Terzic das Konstrukt noch mit einem Pokalsieg und der Champions-League-Qualifikation über die Linie.

Favre und Rose klatschen sich mit den Unterarmen coronakonform ab
Favre und Rose

Jetzt ist also Marco Rose da und mit den gleichen Problemen wie seine Kollegen konfrontiert.

Obwohl sie eine grundsätzlich unterschiedliche Ausrichtung hatten, eint die Trainer nach Klopp eines: ein guter Start (Ausnahme vielleicht Peter Stöger). Alle brachten frischen Wind in den Verein und starteten mit Siegesserien, mit schönem Fußball, mit einer Mannschaft, die diesem Namen scheinbar auch gerecht wurde. Danach kamen wieder die alten Muster zum Vorschein. Und dann ist natürlich die berechtigte Frage, inwiefern man das dem Trainer anlasten kann? Letztendlich mussten immer die Trainer den Kopf hinhalten (Terzic und Stöger mal ausgeklammert). Natürlich ist ein Trainer immer ein Zahnrad im gesamten Prozess und sicher waren die genannten Trainer auch nicht schuldlos an den jeweiligen Situationen. Ein solcher Trainerverschleiß, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg und auch die teuren Umbauten am Kader zeigen bei gleichbleibenden Problemen aber vor allem, dass die Probleme tiefer liegen als nur beim Trainer.

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