Bierbecherwerfer sind asozial
Bierduschen gibt es im Fußball seit Ewigkeiten. Neuerdings werden die Becher oft aber gezielt geworfen, um andere Fans zu treffen. Ein echt asoziales Verhalten.
Auf der Tribüne gibt es Regeln, die nirgends festgeschrieben sind. Wer regelmäßig ins Stadion geht, kennt sie, akzeptiert sie und verhält sich danach. Eine dieser Regeln ist, dass man sich nicht gerade die allerbesten Klamotten anzieht, wenn man auf der Süd steht und mit dem Haarewaschen vielleicht auch bis nach dem Spiel wartet. Denn egal wie das Wetter ist, bei einem Tor kann es regnen: die berühmt-berüchtigte Bierdusche. Man muss kein Fan davon sein, wenn ein Bierbecher beim Torjubel hoch in die Luft geworfen wird, aber mit der Zeit lernt man, damit zu leben. In den letzten Jahren hat sich jedoch immer mehr eine ziemlich asoziale Unart auf den Rängen breit gemacht: das Becherwerfen.
Während bei der Torjubelbierdusche der Becher mit beliebigem Füllstand hoch in die Luft flog und der Inhalt gerecht gleichmäßig auf die Umstehenden herniederregnete, wird mittlerweile bei jedem Spiel eine Vielzahl von vollen Bechern bewusst weggeschleudert. Eine möglichst flache Flugbahn und der Becher möglichst voll, damit sich der komplette Becherinhalt gezielt auf eine, maximal zwei Personen ergießt. Das ist für die Betroffenen nicht nur unangenehm, sondern im schlimmsten Fall schmerzhaft und kann vor allem bei Kopftreffern zu fiesen Verletzungen führen.
Die Würfe sollen gezielt anderen Fans schaden
Mittlerweile muss man auch nicht nur im Herzen der Süd bei emotional aufgeladenen Situationen damit rechnen, von so einem Geschoss getroffen zu werden – auch in den Ecken kann zu jeder Zeit ein Becher fliegen. Selbst auf die Pressetribüne regnen immer wieder volle Bierbecher nieder, was nicht selten auch zu Schäden an den elektronischen Arbeitsgeräten führt, wie ein Mitglied unserer Redaktion bereits erfahren musste. Wenn man sich umschaut, kann man dann aus der Richtung, aus der der Becher angeflogen kam, hämisch grinsende Menschen sehen. Bei diesen Aktionen geht es nämlich nicht mehr um einen Ausdruck der Freude bei einem Tor für Borussia oder um Ärger bei einer vermeidlich skandalösen Schiedsrichterentscheidung, sondern um den boshaften Spaß daran, anderen Menschen zu schaden und ihnen wehzutun. Die Werfer outen sich dabei nicht nur als Vertreter des grenzdebilen Anteils der Bevölkerung, denen selbst Mario Barth als Possenreißer zu anspruchsvoll ist, sondern auch als im wahrsten Sinne des Wortes asozial.
Zuerst einmal zeugt es von einem bemitleidenswerten Mangel an Respekt vor Nahrungsmitteln. Gerade in der heutigen Zeit fällt es vielen Menschen immer schwerer, allein ihren Bedarf an Grundnahrungsmitteln zu decken. Wenn man sich dann ein verhältnismäßig teures Genussmittel einzig und allein zum Zweck kauft, es zur Belustigung wegzuschmeißen, dann ist das mit dekadent noch sehr freundlich umschrieben.
Man stellt sich bewusst außerhalb der Gemeinschaft
Man muss aber gar nicht erst auf diese moralische Schiene gehen, um festzustellen, wie endlos scheiße ein derartiges Verhalten ist. Man geht ins Stadion, um Teil der Gemeinschaft zu werden. Man kann sich mit wildfremden Menschen unterhalten, ärgern und in den Armen liegen – einfach weil alle ein schwatzgelbes Herz haben und man für diese 90 Minuten des Spiels eine Einheit bildet. Diesen Gemeinschaftsgedanken treten die Becherschleuderer mit Füßen, indem sie anderen Mitgliedern der Gemeinschaft mutwillig einen Schaden zufügen, um sich selber an diesem Schaden zu belustigen. Was anderes als asozial ist es, wenn man sich freiwillig in eine Gemeinschaft begibt, aber nicht einmal ansatzweise gewillt ist, die Werte und Regeln dieser Gesellschaft zu akzeptieren?
In früheren Zeiten wäre es eine weitere Regel der Tribüne gewesen, dass diese „Spaßvögel“ auf kurzem Dienstweg mittels einer saftigen Ordnungsschnelle eingenordet werden. Aber da derartige Gewaltanwendung natürlich abzulehnen ist, wäre es wünschenswert, wenn der Ordnungsdienst konsequent gegen Becherschleuderer vorgehen würde. Wer sich nicht tribünenadäquat benehmen kann, hat dort nichts zu suchen.