Spielbericht Profis

Fußball ist immer noch wichtig…

08.08.2022, 11:19 Uhr von:  cka
Die BVB-Spieler stehen in gelben Trikots vor der Südtribüne und haben die arme einander eingehakt.

Der BVB schlägt Bayer Leverkusen am ersten Spieltag mit 1:0. Und irgendwie ist Fußball immer noch wichtig. Unser Spielbericht zum Auftaktsieg gegen die Werkself.

Zweieinhalb Jahre. So lange ist es ungefähr her, dass ich das letzte Mal ein volles Westfalenstadion erlebt habe. Nur die wenigsten ahnten damals wohl, dass ein Virus ausgebrochen ist, welches unser aller Leben für viele Monate beherrschen würde. Mein Interesse an Borussia und dem Fußball im Allgemeinen sank im Frühjahr 2020 schlagartig auf null. Als Mitte Mai Spiele vor leeren Rängen stattfanden, bekam ich wenig davon mit. Prioritäten hatten sich in meinem Leben sehr schnell verschoben und die Frage, ob der BVB am Ende der Saison Zweiter, Zweiter oder vielleicht ausnahmsweise Zweiter werden würde, juckte mich überhaupt nicht. Dieses Desinteresse, diese Unlust, verschwand auch in der darauffolgenden Saison nicht. Der Pokalsieg war nett, nicht mehr, nicht weniger. Spätestens an diesem Abend im Mai 2021 merkte ich einfach: Fußball ist gar nicht mehr so wichtig.

Das heißt aber ja nicht, dass man auf das ganze Geschehen vollkommen verzichten muss. Ganz im Gegenteil: Nach zweieinhalb Jahren hatte ich dann doch mal wieder massiv Bock, dem Westfalenstadion einen Besuch abzustatten. Leider ging es zum Auftakt gegen Bayer Leverkusen. Während alle selbsternannten Experten das Duell zwischen dem Vorjahreszweiten und Vorjahresvierten zum absoluten Topspiel hochjazzten, hielt sich meine Vorfreude in Grenzen. Leverkusen ist einfach ein einziger seelenloser Scheißverein, den niemand braucht. Aber naja, muss man durch.

Für viele Borussen begann der Spieltag bereits einige Stunden zuvor. Die Südtribüne Dortmund rief zum gemeinsam Treffpunkt und Marsch vom Alten Markt zum Stadion auf. Es war tatsächlich ganz nett, die Innenstadt mal wieder komplett in schwarz-gelb zu sehen und mindestens genauso nett, so eine Vielzahl von Menschen mit guter Laune zu erleben und dabei gleichzeitig nicht „Layla“ oder irgendwelchen anderen Ballermann-Rotz ertragen zu müssen.

Blick auf die Südtribüne mit schwarz-gelben Fahnen und einem Banner "Herzlich Willkommen im Westfalenstadion".
Herzlich Willkommen im Westfalenstadion!

Das Westfalenstadion war offiziell zwar ausverkauft, faktisch dürften aber doch einige Karten nicht genutzt worden sein. Während die Sitzplatztribünen noch ganz gut ausgelastet waren, gab es auf der Süd doch an einigen Stellen relativ ungewohnte große Lücken. Vielleicht ist das angesichts der Tatsache, dass wir immer noch in einer Pandemie leben und die Maskenträgerquote auf den Rängen im niedrigsten Promillebereich gelegen haben dürfte, aber auch gar nicht so schlimm. Der Gästeblock war ganz gut gefüllt, bis auf ein kleines schwarz-rotes Fahnenmeer-Intro beim Spielereinlauf fielen die Bayer-Anhänger allerdings auch nicht sonderlich auf.

Schlotterbeck im gelben und Schick im roten Trikot springen hoch zum Kopfball. Schlotterbeck kommt an den Ball.
Nico Schlotterbeck im Zweikampf gegen Patrik Schick

Viele Diskussionen in der Sommerpause drehten sich um die Frage, ob der BVB mit seinem neuen alten Trainer Edin Terzic und den Neuzugängen rund um Niklas Süle und Nico Schlotterbeck endlich anfangen würden, auch mal etwas mehr Mentalität zu zeigen und das Image der Schönwettermannschaft würden abschütteln können. Und in der Tat zeigte Dortmund zu Beginn einige Tugenden, die man doch gerne sieht. Aggressive Zweikämpfe, die Lust, den Ball zu bekommen und damit für Gefahr zu sorgen und gleichzeitig hinten stabil zu stehen – alles funktionierte in den ersten Minuten ganz gut. Fast schon folgerichtig ging die Borussia schon nach zehn Zeigerumdrehungen mit 1:0 in Führung. Eine kleine Portion Glück war bei Reus Treffer dabei, aber das interessiert am Ende niemanden. Mit der unglücklichen Verletzung und Auswechslung von Adeyemi schien der BVB dann aber komplett seinen Faden verloren zu haben. In der Folge entwickelte sich dieses Topspiel eher zu einem recht mauen Kick. So durfte man bis zur Pause nur wenige Torchancen, dafür aber umso mehr Ungenauigkeiten und Missverständnisse auf beiden Seiten beobachten.

Reus sieht man von hinten, wie er den Ball kurz vor der Linie ins Netz schiebt. Der Leverkusener Torwart liegt auf dem Boden.
Marco Reus mit der Treffer zum 1:0

Leider wurde dies in den zweiten 45 Minuten nicht viel besser. Leverkusen machte echt kein gutes Spiel, aber Schwarz-Gelb wusste es nicht zu nutzen. So entwickelte sich das Ganze leider doch noch zu einer Zitterpartie. Die Gäste merkten, dass vielleicht doch etwas mehr möglich war und kamen immer öfter gefährlich vor das Tor. Man konnte an diesem Tag froh sein, Gregor Kobel im Tor stehen gehabt zu haben. Die Borussen-Nr. 1 rettete gleich mehrfach und verhinderte so den inzwischen gar nicht mehr so unverdienten Ausgleich. Alles in allem blieb es aber ein relativ schwaches Fußballspiel, was sich leider auch auf die Stimmung im Stadion übertrug. Zwar gab es vereinzelt immer wieder Highlights bei so Klassikern wie „Unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz“, insgesamt hat man das Westfalenstadion aber auch schon stimmungsvoller erlebt.

Aranguiz im roten und Bellingham im gelben Trikot berühren beide den Ball knapp über dem Boden im Zweikampf.
Jude Bellingham im Zweikampf gegen Charles Aránguiz

Leider gehört es zu einem Spiel im tollen, modernen Profifußball ja doch dazu, dass sich irgendwann der Videoschiedsrichter einschalten muss. So auch diesmal, das letztlich dazu führte, dass Leverkusens Keeper Hradecky wegen Handspiels außerhalb des Strafraums nachträglich vom Platz gestellt wurde. Auch wenn die Borussia davon profitierte: Die Einführung des Videobeweises ist und bleibt die wohl beschissenste Maßnahme im Profifußball. Es zerstört einfach alles, was zu einem schönen und emotionalen Fußballspiel dazu gehört! Da Bayer zu dem Zeitpunkt bereits fünfmal gewechselt hatte, musste Feldspieler Tapsoba für die verbleibenden paar Sekunden zwischen die Pfosten. Reus wusste dies aber nicht zu nutzen: Statt den Ball einfach irgendwie aufs Tor zu bugsieren und Tapsoba so mindestens mal ordentlich in Bedrängnis zu bringen, drosch er das Leder einfach deutlich über den Kasten. Am Ende aber auch egal, es blieb beim hart umkämpften 1:0-Sieg. Und auch wenn es kein hochklassiges Spiel war, auch wenn es keine herausragend gute Stimmung war, es war trotzdem einfach nur geil. Auch wenn der Fußball vielleicht nicht mehr ganz so wichtig ist wie er es vor drei Jahren mal war: Ohne ist eben auch scheiße!

Was bleibt vom sportlichen Geschehen sonst noch zu sagen? Die Außenverteidigerpositionen bleiben eine Baustelle bei der Borussia. Meunier macht Laufwege, die wohl außer ihm niemand versteht. Guerreiro ist ein guter Techniker, ein richtig guter Linksverteidiger wird er aber auch nicht mehr. Schlotterbeck und Bellingham machen (weiterhin) richtig Bock. Von Adeyemi kann man sich etwas erhoffen, Hazard und Brandt sind zurzeit völlig zurecht kein Teil der ersten Elf. Moukoko machte eine solide Partie, man kann hoffen, dass er unter Terzic langsam den nächsten Schritt macht.

Was bleibt abseits des sportlichen Geschehens sonst noch zu sagen? Minuten vor Schluss gab es eine Durchsage im Stadion, dass die Zuschauer dieses nach Spielende aufgrund eines Polizeieinsatzes nicht verlassen sollten. Auch wenn wohl für die meisten Zuschauer unklar blieb, worum es bei diesem Einsatz ging, gab es keinerlei Unruhe im Stadion. BVB und Polizei lösten die Sache ordentlich und rund 20 Minuten nach Spielende durfte man dann auch problemlos das Stadion verlassen.

Statistiken

Borussia Dortmund: Kobel – Meunier, Hummels, Schlotterbeck, Guerreiro (84. Wolf) – Bellingham, Dahoud – Adeyemi (23. Hazard), Reus, Malen (84. Can) - Moukoko (68. Brandt)

Bayer 04 Leverkusen: Hradecky – Frimpong, Tah, Tapsoba, Hincapie (79. Bakker) – Demirbay (66. Azmoun), Andrich (13. Araguiz) – Bellarabi (46. Hlozek), Palacios (78. Amiri), Diaby – Schick

Tore: 1:0 Reus (10.)

Gelbe Karten: Schlotterbeck – Tah, Hincapie, Palacios

Rote Karten: Hradecky

Zuschauer: 81.365 (aber auch nur offiziell)

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