Nach einer historischen Niederlage gegen Werder Bremen war die Mannschaft von Edin Terzic um Wiedergutmachung bemüht und sicherte sich den Dreier in der Hauptstadt.
Im Vorbericht hatte ich noch geschrieben, dass wir in unserer Situation jedes Recht auf "dreckige Punkte" hätten... Nun, dieser Sieg war, so gesehen, überraschend "sauber":
Am Ende stand ein klar über 90 Minuten erarbeiteter Sieg unserer Borussen, mit äußerst stabilem Auswärtssupport und alles begann mit einer wunderschönen Choreo. Heimspiel im Olympiastadion! Nicht nur ich war beeindruckt, auch Jude Bellingham sollte die phänomenale Unterstützung nach dem Spiel überschwänglich loben.
Nachdem Tony Modeste noch seine erste Abschlusschance in der dritten Minute nicht richtig traf, musste sich Gregor Kobel kurz danach bei einem Schuss von Kenny in der vierten Minute zum ersten Mal auszeichnen. In der 15. Minute lenkte ebenfalls Kenny einen Torschuss von Marco Reus an die Latte, nachdem Kempf seinen Klärungsversuch genau vor Marcos Füße köpfte. Nach 19 Minuten wehrte Christensen einen Schuss von Julian Brandt ab und kurz darauf stand Salih Özcan in der 20. Minute nach einer Ecke, ebenfalls von Julian, der Pfosten im Weg.
In Spielminute 21 verdaddelte Lukebakio einen Überzahl-Konter damit, den Kontakt für einen Strafstoß bei Nico Schlotterbeck zu suchen. Schiedsrichter Stieler ließ zurecht weiter spielen. Tony Modeste war in unser Spiel deutlich besser eingebunden: Seinen Abschluss in der 22. Minute lenkt Torwart Christensen noch um den Pfosten, der in der 25. ging am Tor der Berliner vorbei.
In der 32. Minute war es dann soweit: Zwar blockte Plattenhardt noch Marius Wolfs Flankenversuch, den folgenden Einwurf verarbeitete Salih Özcan zur Vorlage für Tony Modestes Kopfballtreffer zum 1:0 für unsere Borussia! Jude Bellingham nannte es später im Interview "A goal made in Cologne". Besonders rührend war dabei Tonys Lauf über den halben Platz, um mit Edin Terzic zu jubeln. Wobei Edin später in der Pressekonferenz seiner Erleichterung Ausdruck verlieh, dass Tony nicht zum Feiern (mit ihm) getanzt hätte. Tja, Edin, jetzt will ich das aber sehen…
Auch die nächste bemerkenswerte Szene gehörte Tony Modeste: Wurde bei seiner Verpflichtung noch angezweifelt, dass er Anlaufen in seinem Repertoire hätte, belehrte er seine Kritiker eines Besseren und setzte in der 40. Minute Keeper Christensen so unter Druck, dass er ihm den Ball abnehmen konnte. Dass daraus nicht das 2:0 in ein leeres Tor folgte, lag hauptsächlich daran, dass mit Karim Adeyemi leider nicht der perfekte Kopfball-Abnehmer am zweiten Pfosten wartete.
Vor Ende der ersten Halbzeit köpfte dann nur noch Marco Reus eine Flanke von Marius Wolf über das Berliner Tor.
Beide Teams kamen unverändert aus der Kabine.
Marco hatte nach der letzten Chance nun auch die erste, nach 48 Minuten, leider war er dabei zu uneigennützig und versuchte quer zu legen, anstatt selbst abzuschließen. In der 55. Minute wechselten die Berliner zum ersten Mal, Jovetic kam für Boetius: Ein offensiver Wechsel - die 1:0-Führung war offensichtlich zu dünn. Wieder ist Tony Modeste an einer Großchance beteiligt: Er erobert den Ball in der 58. Minute an der Außenlinie und bedient Karim Adeyemi, dessen Abschluss zunächst von Christensen pariert wurde und im Nachschuss über das Tor ging.
Man hätte meinen können, der zweite Treffer unserer Borussia sei nur noch eine Frage der Zeit. Ich nehme Euch die Überraschung: Nein, war es nicht. Ärgerlicherweise blieb jede Chance der Herthaner bis zum Ende eine Chance auf den Ausgleich... Nach dem Wechsel von Bynoe-Gittens für Adeyemi in der 61. Minute, schoss zunächst Tousart in der 63. Minute seinen Volley am Tor von Gregor Kobel vorbei. Julian Brandt fand zwar Mats Hummels' Kopf mit einer Ecke in der 64. Minute, aber auch dieser Kopfball ging vorbei. Thomas Meunier kam für Marius Wolf in Spielminute 67, eine Minute später parierte Gregor Kobel souverän eine gute Chance von Jovetic zum Ausgleich. In der 72. und 74. Minute scheiterte Jude Bellingham nach Vorlagen von Julian Brandt und Marco Reus, seinen ersten Abschluss blockte Kempf noch so gerade für seinen bereits geschlagenen Torhüter Christensen auf der Linie. Judes Chancen-Serie wurde unterbrochen von einem Doppelwechsel der Berliner - in der 75. Minute kamen Richter für Lukebakio und Boateng für Serdar. Nach 76 Minuten verfehlte Jude Bellingham das Tor wieder nur knapp. Es war zum ins Trikot beißen! Wörtlich.
In der 79. Minute lenkte Gregor Kobel einen Ball von Richter an die Latte – eine weitere Ausgleichsmöglichkeit. Eine Minute später wurde Selke für Kempf eingewechselt. In der 83. Minute schepperte Jude Bellingham erneut einen Ball auf das Berliner Tor, auch dieser Schuss wurde von Christensen pariert. Nach unserem Doppelwechsel Niklas Süle und Thorgan Hazard für Tony Modeste und Raphael Guerreiro in der 86. Spielminute, verhinderte Christensen die Chance zum 2:0 von Jamie Bynoe-Gittens. Kurz vor der Nachspielzeit wurde noch ein Freistoß von Marco Reus abgefälscht und es hätten nahezu ereignislose +4 Minuten bleiben können, hätte sich nicht Richter noch die einzige gelbe Karte des Spiels für ein Foul an Jamie abgeholt und Jovetic die letzte Gelegenheit zum Ausgleich in die dritte Etage geschossen.
Auf dieser Leistung lässt sich durchaus aufbauen, die Puzzlestücke scheinen sich langsam zusammen zu fügen. Unsere Defensiven bereiten vor und unsere Kreativen grätschen und gewinnen Zweikämpfe am eigenen Strafraum. Aber ich bin vielleicht am Ende nicht unglücklich, dass wir "den Sack nicht zu machen konnten": Möglicherweise hat das unserer Konzentration sehr gutgetan.
