Warmlaufen

Sevilla nur den Derbysieg

16.02.2021, 20:00 Uhr von:  Nadja
Die komplette Mannschaft von Borussia Dortmund jubelt nach dem Abpfiff vor dem Gästeblock in der Arena von Gelsenkirchen. Im Hintergrund sieht man das Stadion und ein Banner "Kurve Gelsenkirchen".
Gelb jubelt bei Blau - darum geht es am Ende

Es fällt mir im Moment schwer, einen Text zum BVB zu schreiben, ohne dabei laut fluchend und schimpfend auf die Mannschaft einzuprügeln. Ursprünglich sollte dieser Vorbericht daher aus einem einzigen Satz bestehen: „Scheiss auf Sevilla – wehe ihr verkackt das Derby!“, doch mein Redaktionskollege fand das zu kurz, also werde ich versuchen, das Ganze in etwas nettere Worte und längere Sätze zu packen.

Die letzten paar Spiele waren nur schwer erträglich. Nicht so sehr wegen der Resultate, das kann jedem Mal passieren (was die Liga im Moment auch ziemlich eindrücklich Spieltag für Spieltag zeigt). Mein Hauptproblem gegenwärtig ist vor allem die Körpersprache der Mannschaft: lustlos, unmotiviert, träge. Es passieren am laufenden Band Fehler, die auf diesem Niveau normalerweise nicht passieren sollten und der Kampf um die Championsleague-Plätze für nächste Saison mutet derzeit so an, als würde die Mannschaft darauf warten, dass sie ihnen zufliegen, weil sie ihnen zustünden.

Und als wäre die Gesamtsituation nicht schon schlimm genug, findet es der BVB angebracht, vor dem CL-Spiel ein Interview mit Marc Bartra online zu stellen, das einem so wunderbar vor Augen führt, was uns im Moment fehlt. Welche Art von Spielertyp wir bräuchten. Was alles besser sein könnte. Marc ist hunderte Kilometer weit weg von Dortmund und trotzdem scheint er mehr mit dem Herzen beim BVB zu sein als manch einer, der gerade das Trikot trägt.

Ich will es jetzt auch nicht jedem unserer jetzigen Spieler absprechen, dass ihm der Verein etwas bedeutet. Gerade bei den Spielern aus der eigenen Jugend oder bei den Spielern aus der Meistermannschaft (Hummels ausgeschlossen), ist diese Zuneigung sicherlich vorhanden, teilweise sogar sehr ausgeprägt. Nur leider spielen diese Spieler keine große Rolle in der Mannschaft, bis auf Marco Reus vielleicht, der aber momentan aber auch eher seiner eigenen Form hinterher rennt, statt den Gegenspielern.

Bartra reckt nach dem Spiel gegen Bremen vor der Süd seinen eingegipsten Arm in die Luft, während der Rest der Mannschaft verschwommen im Hintergrund applaudiert.
Marc ist hunderte Kilometer weit weg von Dortmund und trotzdem scheint er mehr mit dem Herzen beim BVB zu sein als manch einer, der gerade das Trikot trägt.

Haaland wiederum ist sicher ein echter Leader in Sachen Motivation, kämpft aber derzeit auch mehr gegen sich selbst, als mit jemand anderem. Außerdem dürfte er kein besonders großes Interesse daran haben, für welchen Verein er gerade auf dem Platz steht. Andere Spieler sind zwar irgendwie glaubhaft am BVB interessiert und kommen neben dem Platz total sympathisch rüber (Delaney, Witsel, Guerrero, Bellingham, Brandt, um nur ein paar Namen zu nennen), bringen das auf dem Platz aber selten rüber – oder kämpfen halt alleine auf weiter Flur, wie es bei Delaney manchmal scheint. Anders gesagt: man sieht auf dem Platz sehr gut, dass jeder entweder für oder mit sich selbst kämpft. Nicht füreinander und erst recht nicht für den Verein. Und dann reicht es halt auch nicht gegen Mainz, Freiburg oder Hoppenheim.

Letztendlich ist das aber alles verzeihlich – sogar das verpassen der Championsleague Qualifikation wäre es – solange man am Wochenende die Blauen weg haut. Ein peinlicher Auftritt im Derby und der Baum brennt so viel schlimmer, als sich unsere liebe Mannschaft das im Moment vorstellen kann. Ja, das hier ist ein Vorbericht über das CL-Spiel gegen Sevilla. Aber mal ernsthaft: das Spiel interessiert mich nicht! So groß der Wunsch nach der Auslosung auch war, diese Unsympathen raus zu schmeißen, so egal ist es mir im Moment. Wir haben größere Sorgen als Sevilla. Meine größte ist es, dass wir den Blauen in irgendeiner Weise helfen könnten, den Klassenerhalt zu schaffen oder sich zumindest wieder Hoffnung darauf zu machen. Das darf einfach nicht passieren! Die liegen am Boden, da braucht man wirklich nur einfach mit etwas Motivation und Kampfgeist drauf zu treten, denn wir sind auf dem Papier spielerisch haushoch überlegen. Aber wenn die mehr für dieses Spiel brennen als wir, dann wird es eng. Es macht mir Magenschmerzen und bereitet mir schlaflose Nächte, während sich die Herren für eine Nacht in der Championsleague wie die Könige von Europa fühlen wollen. "Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen", hat man uns früher immer gesagt.

Das wichtigste ist der Derbysieg, über alles andere können wir nachher reden. Zum Beispiel darüber, ob die Truppe es verdient hat, überhaupt Championsleague zu spielen.

Voraussichtliche Aufstellungen

FC Sevilla: Bono – Vidal, Koundé, Diego Carlos, Escudero – Jordan, Fernando, Rakitic – Suso, Gomez – En-Nesyri

Borussia Dortmund: Hitz – Morey, Akanji, Hummels, Guerreiro – Dahoud, Delaney – Reyna, Reus, Sancho – Haaland

Schiedsrichter: Makkelie (Niederlande)

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