Nein zur Reform der Champions-League
In Kürze will die UEFA eine Reform der Champions-League beschließen, die den Vereinen mehr Spiele garantiert, den sportlichen Wert der nationalen Ligen weiter verwässert und die Finanzvormacht der großen Vereine weiter ausbaut.
Das UEFA-Exekutivkomitee wird vermutlich in den nächsten Tagen eine Reform der UEFA Champions League mit Wirkung zum Jahr 2024 beschließen. Mit dieser Reform wird sie in weiten Teilen dem Druck der europäischen Clubvereinigung ECA nachgeben, die es mal wieder mit der Drohung einer Super League geschafft hat, den Wettbewerb einnahmenträchtiger und -sicherer zu gestalten.
Mit der Umgestaltung wird sich die UEFA am sogenannten Schweizer Modell orientieren, nachdem in Zukunft 36 statt bisher 32 Vereine über eine Tabellenwertung die Teilnehmer des Achtelfinals ermitteln werden. Jede Mannschaft spielt garantiert fünf Heim- und fünf Auswärtspartien. Die jeweiligen Partien werden nicht mehr per Losverfahren ermittelt, sondern anhand der Vorjahresplatzierung. Die ersten acht Teams ziehen direkt ins Achtelfinale ein, weitere 16 Teams sollen in einer Playoff-Runde die restlichen acht Startplätze für die nächste Runde austragen.
Zur Diskussion steht noch die Vergabe der vier neuen Startplätze. Während die UEFA mehr nationale Meister in die Königsklasse aufnehmen möchte, die ECA würde gerne zumindest einen Teil über eine Zehnjahreswertung vermitteln, so dass Vereine aus den Topligen auch dann dort auflaufen könnten, wenn sie die Qualifikation sportlich verpassen würden. Aktuell hätte der BVB nach diesem Modus zum Beispiel gute Chancen, auch ohne Erreichen von Platz 4 nächste Saison wieder in der Champions League vertreten zu sein. Damit würde die Reform auch direkt in das Spielgeschehen der nationalen Ligen eingreifen. Es fördert zumindest nicht den fairen Wettbewerb, wenn Teams schon weit vor Ablauf der Saison ihr eigentliches Saisonziel schon gesichert hätten. Welchen Grund hätten unsere Spieler schließlich, in den letzten zehn Spielen alles zu geben, um noch unter die Top 4 zu rutschen, wenn die Meisterschale eh außer Reichweite ist und die erneute Teilnahme am europäischen Wettbewerb schon feststünde.
Fraglich ist zudem auch, wo die vier zusätzlichen Spieltermine herkommen sollen. In England könnte der Ligapokal abgeschafft werden, für Deutschland wäre eine deutlich verkürzte Winterpause denkbar. Egal wie man die Sache löst, die Mannschaften der nationalen Ligen werden mal wieder Nachteile in Kauf nehmen müssen, um die Geldbeschaffung ihrer vorgeblichen Zugpferde zu unterstützen. In England würde das in diesem Falle weniger Spiele und somit weniger Einnahmen für alle Mannschaften, die nicht am Europapokal teilnehmen, bedeuten, in Deutschland kürzere Regenerationszeiten für die Spieler. Und natürlich wird sich das finanzielle Ungleichgewicht noch deutlicher in Richtung der Topclubs verschieben. Die Höhe der Solidaritätszahlungen an die nationalen Ligen ist zwar noch in der Diskussion, aber der ECA-Vorsitzende Agnelli erteilte Forderungen nach einer Verdoppelung der Zahlungen bereits eine Absage. Das Gros der erhofften Zusatzeinnahmen durch mehr garantierte Spiele wird bei den ständigen Teilnehmern der UCL verbleiben, so dass sich die Einnahmenschere weiter öffnet.
BVB-Chef Watzke erklärte eine Zustimmung zu dieser Reform vom Rheinlanddamm so, dass dadurch eine Super League abgewendet werden würde. Eine Argumentation, die angesichts der Entwicklung durchaus ein wenig lahm ist. Mit diesem Schreckgespenst haben die führenden Vereine in Europa in den letzten Jahren und Jahrzehnten bereits permanent den sportlichen Wert des Wettkampfes verwässert und die nationalen Ligen sportlich erodieren lassen. Aus dem Europapokal der Landesmeister im KO-Modus wurde die Champions League mit garantierter Gruppenphase. Nach und nach wurden die Meister der kleinen Ligen vom Kuchentisch verdrängt und die Anzahl der Startplätze für die großen Ligen erhöht. Im gleichen Zug wurden auch die Prämienzahlungen an die Teilnehmer immer weiter erhöht, so dass heute allein die Qualifikation für die Gruppenspiele Beträge garantieren, die 50 % und mehr des Gesamtetats vieler kleiner Vereine, die nicht an die Fleischtöpfe kommen, ausmachen.
So zu tun, als würde man hier einmalig in den sauren Apfel beißen, um eine Entwicklung aufzuhalten, ist mehr als fragwürdig. Viel mehr wäre auch diese Umgestaltung nur ein weiterer Schritt in Richtung eines Wettbewerbs, der mittelfristig eh in einem Modell enden würde, das der angedrohten Super League zum Verwechseln ähnlich sähe. Die weiteren Schritte wären vermutlich die Vergabe fester Startplätze auf Dauer, die Erhöhung der Anzahl an Spieltagen und natürlich: mehr Geld für die Teilnehmer. Letztendlich alles durchschaubare Salamitaktik.
Man wird das Rad leider nicht in die Zeiten zurückdrehen können, in denen ein europäisches Schwergewicht auch in der ersten Runde überraschend ausscheiden konnte und in denen Spiele wie Real Madrid gegen Chelsea seltene Leckerbissen waren, für die man abends gerne den Fernseher eingeschaltet hat, statt das sportliche Alltagspendant zu Nudeln mit Tomatensoße. Aber dennoch wird es Zeit, diesen wettbewerbsfressenden Moloch Champions League zu stoppen. Heißt: maximal die Beibehaltung des aktuellen Modus, Reduzierung der Startplätze der Topligen und Umverteilung auf die Meister der kleineren Ligen, sowie eine deutliche Erhöhung der Solidaritätszahlungen an die heimischen Ligen und damit verbundene Reduzierung der Prämienzahlungen an die Teilnehmer der Champions League. Es ist die Aufgabe der Topclubs, ihr außer Kontrolle geratenes System irrwitziger Gehälter und Ablösesummen wieder einzufangen und nicht die aller anderen Vereine, dessen Finanzierung zu gewährleisten.
Die ECA sollte sich eins vor Augen führen: Am wichtigsten ist nicht ihre Champions League, sondern der nationale Wettbewerb. Hier reisen die Fans Spieltag für Spieltag ihren Vereinen in großer Zahl hinterher, hier gibt es die regionalen Rivalitäten, die die Menschen bewegen. Eine Reform, die wirklich sinnvoll ist, kann nur eine sein, die die nationalen Ligen stärkt und wieder mehr echten Wettbewerb schafft.
Diese jetzt angedachte Reform ist nur rundherum abzulehnen.