Selbstversuch: Das erste Auswärtsspiel seit 514 Tagen
Zählt man das Spiel in Paris mit, war seit 514 Tagen kein Auswärtsspiel als Fan mehr möglich. Unser Autor nahm die Möglichkeit wahr, als BVB-Fan das Pokalspiel in Wiesbaden zu besuchen. Er sprach mit seinen Mitreisenden über das ungewohnte Erlebnis.
Zählt man das Spiel in Paris mit, war seit 514 Tagen kein Auswärtsspiel als Fan mehr möglich. Bei Mönchengladbach wären es noch ein paar Tage mehr. Nun ging es also endlich mal wieder auswärts. Nächster Halt: Wiesbaden. Genau das macht eigentlich die erste Pokalrunde aus: Ein Spiel auf dem Dorf, ein kleines Stadion, die Dorfjugend muckt auf. Normalerweise würde man vor dem Stadion noch ein paar Wurst- und Bierstände erwarten, in Wiesbaden wurde man diesbezüglich aber enttäuscht. Es gab schlicht und ergreifend nichts. Immerhin konnte man in einem nahegelegenen Supermarkt komplett vertrocknete Brötchen kaufen. Zum Glück hat es geregnet, sodass das Gebäck etwas aufgeweicht wurde.
Nun war man also endlich mal wieder im Stadion und im Auswärtsblock. Rund 800 Boruss:innen sind nach Wiesbaden gefahren. Einer davon war ich, ein paar Bekannte von mir gehörten ebenfalls zu diesen 800. Ich war schon ca. eine Stunde vor dem Anpfiff im Block, wo einige bekannte Gesichter standen. Es war genau das, was in der letzten Zeit fehlte: Mit Freund:innen im Block zu stehen, zu reden, ein Bierchen zu trinken (im Stadion gab es sogar richtiges Bier), Borussia Dortmund live.
"Ich hatte Gänsehaut"
Die erste Stimmung kam schon beim Einlaufen von unseren Torhütern und der kompletten Mannschaft auf. Richtig laut wurde es dann kurz vor dem Anpfiff, als „Heja BVB“ angestimmt wurde. „Ich hatte Gänsehaut“, sagte mir ein Mit- und früherer Allesfahrer bei diesem Gesang. Ein Gefühl aus fast vergessenen Tagen. Trotzdem war es im Stadion ganz anders als sonst. Es gab keinen organisierten Support und die Fanszene ist nicht mitgefahren bzw. war nicht als Gruppe im Stadion aufgetreten. In der ersten Halbzeit gab es ein paar laute Gesänge, später verflachte die Stimmung mehr oder weniger. "Im Vorfeld bin ich nicht davon ausgegangen, dass es mir gefällt", gibt mein Mitfahrer ehrlich zu. "Ich bin eher zum groundhoppen da. Wenn ich in dem Stadion schon mal gewesen wäre, dann wäre ich nicht mitgefahren."
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Dieses Stimmungsbild zeichnete sich auch bei einem anderen Fan im Gästeblock ab. "Das erinnerte mich eher an die Amateure bei einem Auswärtsspiel oder an Groundhopping", gab auch er einen fast identischen Einblick in seine Gefühlswelt. "Im vollen Zustand könnte der Gästeblock aber ordentlich scheppern." Nach 514 Tagen ohne Auswärtsspiel hätte der Gästeblock das in seiner gewohnten Besetzung sehr wahrscheinlich auch getan.
In Wiesbaden war auch ein weiterer Redakteur von uns mit seinen Kindern im Stadion. Beide waren schon im Westfalenstadion und auf der Südtribüne, aber es war das erste Auswärtsspiel für beide.
Paul, 11 Jahre alt: "Ich fand die Stimmung super im Stadion. Bei den ganzen Geisterspielen war es ja sehr leise im Stadion und ich habe nur noch eine blasse Erinnerung, wie es in einem vollen Westfalenstadion war. Jetzt wieder im Block zu sein, auch wenn nicht so viele Leute da waren, war es wirklich cool, weil das ganze Stadion wieder mitgefiebert hat und wenn ein Tor gefallen ist, haben alle mitgejubelt."
Leo, 9 Jahre alt: "Nach dem Spiel bin ich auf den Zaun geklettert und wollte ein Trikot haben, aber die Spieler haben die leider auf der anderen Tribüne verteilt. Die Atmosphäre war richtig cool. Als Haaland die ganze Tore geschossen hat, hat der ganze Block "Erling, Erling, Erling" gerufen. Es war einfach schön wieder im Stadion zu sein"
Nach 18 Monaten Pandemie, waren viele froh einfach wieder Rasen zu riechen, Bier zu kosten und – in diesem Fall – trockene Brötchen zu genießen. Es war auch schön, ein paar Leute wieder dort zu sehen, wo man sich sehen sollte. Trotzdem war es wieder schön dabei zu sein, die Mannschaft wieder spielen zu sehen. Ich hatte auch den Eindruck, dass die Spieler sich ebenfalls gefreut haben, dass die nicht mehr vor den leeren Rängen spielen müssen. Mit diesen Verhältnissen müssen wir vermutlich noch länger leben. Man kann nur hoffen, dass sich mehr Menschen impfen lassen, damit wir bald wieder in einer Normalität landen.