Pokal in der Pampa
Rose gegen Terzic. Land gegen Stadt. Borussia Dortmund steht nach einem 1:0 Sieg im Halbfinale des DFB Pokals.
Na, also. Geht doch. Endlich mal wieder Halbfinale im DFB-Pokal für unsere Borussia. Auch wenn die Vorstellung an ein Finale ohne lustige Anreise und vor leeren Rängen ziemlich schmerzt, für den BVB ist weiterhin ein Titel drin und dass man auf dem Weg dahin ausgerechnet die kleine Borussia vom Niederrhein, die wir an dieser Stelle natürlich erst einmal ausgiebig Stein um Stein beschmeißen wollen, ausgeschaltet hat, macht diesen Sieg im Viertelfinale noch süßer.
Die beherrschende
Personalie vor diesem Spiel war natürlich der Gladbacher
Noch-Trainer Marco Rose, der bekanntermaßen im Sommer zur hellen
Seite der Macht wechselt und gestern vor einem Spiel stand, bei dem
er eigentlich nur verlieren konnte. Eine Niederlage gegen seinen
neuen Arbeitgeber hätte relativ wahrscheinlich einen Auflauf der
Rheydter Landjugend mit Fackeln und Mistgabeln bedeutet, mit einem
Sieg hätte er seinem neuen Arbeitgeber eine Möglichkeit zum Einzug
in die Europa League und somit eine weitere Chance auf die
Generierung von Einnahmen, mit denen er seinen Kader zusammenstellen
kann, genommen. Auf der anderen Seite saß natürlich Edin Terzić
auf der Trainerbank, der zur neuen Saison als Co in Roses Stab
wechseln wird. Oder auch nicht. In den letzten Minuten des Spiels
konnte man Zorc auf der Tribüne in einem Dokument mit dem Titel
„Rücktrittsarten vom Kaufvertrag“ blättern sehen…
Aber jetzt nochmal die Stutzen zurecht gezupft und rauf auf den Acker. Dort schien in den ersten Minuten vornehmlich die Ponyelf präsent zu sein, während unsere Schwatzgelben merkwürdig schläfrig und fahrig wirkten. Immer einen Schritt und einen Gedanken zu langsam. Bereits in der zweiten Minute kombinierten sich die Gladbacher nach einem missratenen Abschlag von Hitz über die Außenbahn, so dass Hofmann die Murmel in die Mitte zu Thuram flanken konnte, der sie innerhalb des Fünfers neben den Kasten schob. Unsere Truppe nahm dabei die Rolle des interessierten Zuschauers ein. Doppelt scheiße in dieser Szene: Irgendwie verletzte sich Raphael Guerreiro und musste bereits zu diesem frühen Zeitpunkt den Platz verlassen. Herber Schlag ins Kontor und mit Sicherheit kein gutes Zeichen für die schweren Spiele in naher Zukunft. Die linke Seite mit Sancho und Guerreiro im Duett ist so ziemlich die Schokoladenseite in unserem Spiel.
Sancho war es dann auch, der mit einem Chip in die Mitte die ersten Großchance für unsere Mannschaft einleitete. Thuram (der scheint irgendwie überall zu sein) köpfte den Ball in Richtung Marco Reus. Die Wissenschaft nimmt an, dass es irgendwo Paralleluniversen gibt, in denen Reus das richtige tat: den Ball in Ruhe runterholen, den Keeper fragen, wo er ihn rein haben will und dann die Murmel reingemacht. In diesem Universum nahm er den Ball volley und fabrizierte etwas, das mit Torschuss so viel zu tun hat wie Pommes Schranke mit Nouvelle Cuisine und der Ball verabschiedete sich in den Gladbacher Nachthimmel.
Danach beruhigte sich das Spiel und es passierte bis auf eine, relativ unberechtigte, gelbe Karte für Mo Dahoud in der 29. Minute erst einmal nicht mehr viel. Dass Dahoud nur ein paar Augenblicke später auch noch Leitpony Stindl im Mittelkreis umriss, war einerseits brutal doof und ließ andererseits die Fans böses erahnen. Immerhin hat er den drohenden Platzverweis dann ja bis ein paar Minuten vor Abpfiff hinauszögern können.
Kurze Zeit später die Megachance für uns: Man muss kein Hummels Fanyboy, oder -girl sein, um dessen langen Ball in die Spitze für die ledergewordene Wichsvorlage für Technikfetischisten zu halten. Ganz feines Dingen. Die Linie entlang über Freund und Feind hinweg und dann in Höhe der Mittellinie mit genau der perfekten Kurvenflugbahn, um Haaland ein freies Zulaufen auf den Gladbacher Kasten zu ermöglichen. Eigentlich kann man da schon jubelnd abschalten, aber der Norweger schien sich da beim Kick gegen Bielefeld einiges von Cordova abgeschaut zu haben und schob den Ball frei vor Sippel sogar relativ deutlich am Tor vorbei. Scheißendreckscheiße.
Besser machte es der Gladbacher Thuram (klar, wer sonst?) direkt mit dem Pausenpfiff. Aber bereits in der ersten Zeitlupe war eine klare Abseitsstellung zu sehen. Warum Schiri Stegemann dann zusammen mit dem VAR das übliche Minutentheater veranstalten musste, blieb deren Geheimnis.
Noch viel mysteriöser wurde es in der 53. Minute. Sancho schickte Reus auf die linke Seite in den Strafraum und der Dortmunder Kapitän traf eine seiner wenigen richtigen Entscheidungen an diesem Abend und legte den Ball zurück auf Haaland. Diesmal ließ sich die blonde Naturgewalt nicht lange bitten und machte das Ding weg. Dann griff der VAR ein, da Haaland auf dem Weg zum Tor dem Gladbacher Bensebaini in die Quere kam, der daraufhin hinfiel. Sky-Kommentator Fuss erkannte dann auch sofort ein Foul. Wolff… Alter… hast du Lack gesoffen? Wenn die Bilder, die das TV zu dieser Szene zeigte, die einzigen waren, die Stegemann und dem Kölner Keller zur Verfügung standen, hätte das Tor zählen müssen. Der Bewegungsablauf ließ es sehr wahrscheinlich erscheinen, dass Haaland seinen Gegenspieler leicht berührt, so dass Bensebaini über die eigenen Füße stolperte. Aber das ist der Punkt: es war nur sehr wahrscheinlich. Eine Berührung ließ sich anhand der gezeigten Bilder konkret nicht erkennen. Das V im VAR steht neuerdings also wohl für „vermutlich“.
Die ganze Problematik mit dieser VAR-Kacke wurde dann in der 73. Minute deutlich, als Gladbachs Torwart Sippel unseren Delaney am Fünfer umrempelte. Es war kein böses Foul und erst Recht keine klare Torchance. Trotzdem war es ein eindeutiges Foul. Dass sowas nicht ebenfalls geprüft wird, ist dann kaum verständlich.
VAR abschaffen!
Dazwischen dann mal eben noch das 1:0 für uns. Nico Schulz konnte nach einer Gladbacher Ecke den Ball erobern und über die für ihn eigentlich falsche rechte Seite ins Mittelfeld bringen. Pass auf Haaland, raus auf Reus, der dann in die Mitte zu Sancho spielte. Freie Bahn zum Tor und dann Millimeterarbeit. Den Ball an Sippel vorbei geschoben und vom Innenpfosten kullerte der Ball für die Gladbach-Fans wohl herrlich quälend langsam über die Torlinie. Auch die letzte Aktion für Jadon, der danach mit bandagierten Oberschenkel auf der Bank Platz nahm. Hoffentlich ist da nichts zurückgeblieben. Sancho hat sich Stück für Stück aus seinem Leistungsloch gearbeitet und liefert wieder bekannt zuverlässig und in hoher Frequenz Torvorlagen und eigene Tore. Ein Ausfall von ihm und Guerreiro wäre ziemlich katastrophal.
Wer etwas vom restlichen Spiel wissen möchte, muss das jetzt leider im Kickerticker nachlesen. Mein Nervenkostüm ist für diesen Quatsch nicht gemacht und so begann ich eilig, schon mal die Anziehsachen für den nächsten Tag rauszulegen, die Zähne zu putzen und mich dann im Schlafzimmer zu verbarrikadieren, um auf den Schlusspfiff zu warten. Bange Blicke auf den Radiowecker. Ok, jetzt sollten die 90 Minuten um sein. Kurzer Blick ins Wohnzimmer und Fuss’ Stimme vernommen, der was von 5 Minuten Nachspielzeit erzählte. Hatte er von der Tafel des vierten Offiziellen abgelesen und dabei kann selbst ein heutiger TV-Kommentator nicht viel falsch machen. Also wieder zurück ins Schlafzimmer und weiter den Radiowecker angestarrt. Was ich nicht sehe, das passiert auch nicht.
War dann auch so. Ende und Pokalhalbfinale.