Der Sargnagel des internationalen Vereinsfußballs
Die Ankündigung einer Superleague hat viele Fans empört. Auch Gastautor Jannick hat eine klare Meinung dazu.
Als am gestrigen Sonntagmorgen (18.04.2021) in meinem Newsfeed wieder einmal das Wort „Super League“ aufploppte, dachte ich wieder einmal an ein Säbelrasseln der Topklubs im Zuge der Champions League-Reform. Ich dachte, dass sie der Zustimmung zur Reform noch einmal Nachdruck verleihen wollen. Als ich am heutigen Montagmorgen meinen Newsfeed gecheckt habe, traute ich meinen Augen nicht. 12 Topklubs aus Europa haben sich dazu entschieden die Champions League zu verlassen und eine neue „Super League“ zu gründen.
Oft wurde in den letzten Jahren davon gesprochen, dass diese oder jene Maßnahme jetzt der „letzte Sargnagel des Fußballs“ sei. Nie ist es dazu gekommen; alle haben weiter fleißig Fußball geguckt. Jedoch bewegten sich alle bisherigen Maßnahmen mehr oder weniger im Rahmen des Systems Champions League und man ertrug dies zähneknirschend, weil das Grundprinzip des Turniers erhalten blieb.
Nun ist das anders. Die Champions League bekommt eine Konkurrenzveranstaltung und nicht nur das: Sie verliert große Teile ihrer Filetstücke, die dieses Turnier so attraktiv gemacht haben. Bei allem Respekt für kleinere Vereine, aber bei den Partien Midtjylland gegen Atalanta Bergamo sind die Einschaltquoten sicher nicht durch die Decke gegangen. Daher dachten sich die großen Klubs Europaswohl, dass man durch ein eigenes Turnier, wo ausschließlich Topteam gegen Topteam spielt, die Zuschauer*innen wohl locker auf seine Seite ziehen kann. Die CL lebte jedoch auch immer von dem Reiz des Seltenheitswertes dieser Partien und die Gefahr einer Übersättigung wurde dadurch ein Stück weit abgewendet. Die „Super League“ wird diese Übersättigung in Kauf nehmen und fest daran glauben, dass das internationale Publikum nicht genug bekommen kann von dem 10mal Barca gegen Juventus hintereinander.
Was erhofft man sich auf Seiten der 12 Gründervereine? Natürlich lautet die Antwort Geld. Dieses Geld ist planungssicherer als bei der CL, da man als Gründerverein immer gesetzt ist und sich nicht erst qualifizieren muss. Die CL hingegen bot auch Ausreißervereinen, welche eine tolle Saison gespielt haben, einmal im Orchester der großen mitspielen zu könne und einen kleinen Geldregen zu erfahren. Dadurch blieb die finanzielle Schere zwischen kleinen und großen Vereinen, insbesondere Länderübergreifend immer in einem gewissen Rahmen. Diese Zeiten scheinen nun vorbei. Die großenVereine wollen nicht mehr teilen, sondern den riesigen Geldkuchen nun komplett unter sich aufteilen.
Besonders perfide und zynisch, um den Wortlaut der UEFA wiederzugeben, ist der Zeitpunkt der Gründung: während der Corona-Pandemie und damit leerer Fußballstadien. Die Corona-Pandemie hat die eklatante Misswirtschaft vieler Topklubs offen gelegt und diese fühlten sich offenbar gezwungen dem entgegenzuwirken, indem dem man die Einnahmen deutlich erhöhen will. Das perfide und zynische daran ist, dass hier Vereine etwas unter Fans höchst umstrittenes, wenn nicht sogar mehrheitlich abgelehntes, ohne den Widerstand von den Rängen im Stadion entscheiden. Als Fan ist das Transparent auf der Tribüne unterstützt durch weitere Protestformen im Block eine Möglichkeit Druck auf Vereine auszuüben. Diese Möglichkeit ist Fans, welche sich sowieso schon seit Monaten ohnmächtig fühlen, momentan komplett verwehrt. Den Vereinen wird das nicht ungelegen kommen. Dass Vereine eigentlich die Interessen der Mitglieder*innen vertreten sollen, spielt schon lange keine Rolle mehr.
Nur am Rande ist zu erwähnen, dass die deutschen Topklubs Borussia Dortmund und FC Bayern München zwar nicht Teil der Gründung waren, was zunächst sehr löblich ist, aber eine spätere Teilnahme, bspw. in Form einer Gastteilnahme, nicht ausschließt.
Letztendlich lässt sich sagen, dass der Fußball auseinandergerissen wird. Die CL verliert viele ihrer Zugpferde und es entsteht ein neues Turnier, wo das, was Fußball ausmacht, nämlich David gewinnt auch mal gegen Goliath, nicht mehr stattfindet. Besonders betroffen sind die kleineren Ligen, wie Polen oder auch die Niederlande, denen jegliche Teilnahme verwehrt scheint. Die CL wird auf lange Sicht nicht konkurrieren können und damit deutlich weniger Geld an kleinere Ligen auszahlen können. Ein Ergebnis, was man als Fußballfan nicht wollen kann. Und damit geht der internationale Fußball einen riesen Schritt Richtung Selbstzerstörung.