Zuhause
Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl. Vor vielen Jahren habe ich diesen Spruch mal im Internet gefunden und seither ist er mir immer mal wieder spontan eingefallen, weil ich ihn so unglaublich zutreffend finde.
Mit Zuhause verbinde ich Wärme, Familie, Geborgenheit und vor allem den Ort, an den ich immer wieder gerne hin will und mich nach sehne, wenn ich länger nicht dagewesen bin. Ich weiß nicht, ob es allen so geht, aber ich habe auf jeden Fall mehrere „Zuhause“. Bei meinen Eltern, in meinem Elternhaus, wo alles irgendwie noch ist wie früher und sich auch genau so anfühlt. In meinem eigenen Haus, wo alles genau so ist, wie ich es haben möchte (wenn ich denn zum Aufräumen komme). Bei meinen Schwiegereltern, wo zwar alles etwas fremder ist, aber dafür vieles die Eigenheiten meines Freundes widerspiegelt und mir deshalb so vertraut ist. Auch an der Arbeit, wo ich gerne bin und mich wohl fühle, weil ich gebraucht werde und was bewirken kann. Manchmal sogar in einem Hotelzimmer, das mir gefällt. Ich sage oft „ich geh nachhause“, wenn ich an meinen Schlafplatz zurück will, auch wenn der zeitlich nur sehr beschränkt „zuhause“ ist. Und mehr als fast alles andere, ist zuhause natürlich auch das Westfalenstadion.
Wenn ich nach Dortmund hinein fahre, dann kommt fast immer der Moment, in dem die strahlenden gelben Pylonen des Westfalenstadions vor mir in der Ferne auftauchen. Das wohlige Gefühl des Heimischen, Vertrauten stellt sich ein. Anfangs wirken sie wie Zündhölzchen im Dortmunder Himmel, doch je näher ich dem Stadion dann komme, umso größer und imposanter werden sie. Am Stadion angekommen sind sie riesige, kräftige Stützen, die nichts erschüttern kann. Hier wirkt auch die Fassade plötzlich auf mich: die Betonwände scheinen fast unendlich in den Himmel zu ragen, die ganze Erscheinung ist so enorm, wenn man sich die Zeit nimmt sie wahrzunehmen. Ich schaue fast immer einmal hoch, lasse es auf mich einwirken, bevor ich die erste Treppe hochgehe, unter die Süd.
Das bekannte Gewusel der Menschen dort gibt mir ein warmes Kribbeln im Bauch, es begeistert mich, macht mich aber auch etwas nervös. Die Spannung steigt, das Adrenalin beginnt zu pumpen. Noch schnell was zu essen und zu trinken geschnappt, dann geh ich die nächste Treppe hoch und stehe auf der Süd. Am Liebsten bin ich dort, wenn sie noch fast leer ist. Unten riecht der nasse Rasen und nach oben zieht sich Stufe um Stufe, Wellenbrecher um Wellenbrecher, der schönste Ort der Welt. Wenn man einen Moment stehen bleibt und nach oben schaut, sich die Zeit nimmt um das Stadion in sich aufsaugt, dann ist es einfach unglaublich beeindruckend und bereitet mir immer wieder aufs neue eine Gänsehaut. Ich setze mich auf die leeren Stufen und werde Teil des großen Ganzen. Ich bin zu Hause. Langsam füllt sich der Raum um mich herum, Bekannte und Freunde kommen. Die Familie. Man umarmt sich, wünscht sich ein schönes neues Jahr, denn im Stadion beginnt das Jahr Ende Januar – und Mitte August. Es sind Leute, die ich größtenteils wieder jede zweite Woche sehen werde und damit häufiger als fast alle anderen Menschen in meinem Leben. Ich kenne nicht einmal von allen die Namen, dennoch teilen wir so häufig so viele Emotionen. Wir liegen uns in den Armen, wir verstehen unsere Frustrationen. Wir jubeln und schimpfen zusammen. Manchmal reden wir auch nur, unterhalten uns über das Spiel oder – wenn es wirklich mal langweilig ist – auch über andere Dinge.
Es gibt nicht viele Orte auf der Welt, die sich so nach zuhause anfühlen, wie die Südtribüne, das Westfalenstadion. Und es ist so wunderbar, dass die westfalenstadionlose Zeit endlich vorbei ist!
Voraussichtliche Aufstellung
Borussia Dortmund: Bürki – Piszczek, Hummels, Akanji – Hakimi, Witsel, Brandt, Guerreiro – Reus – Hazard, Sancho
1. FC Köln: Horn – Ehizibue, Bornauw, Czichos, Katterbach – Skhiri, Hector – Thielmann, Uth, Jakobs – Cordoba
Schiedsrichter: Osmers (Hannover)