Tradition verpflichtet
Fußballfans kennen das. Da haut man sich einmal auf dem Weg zum Stadion mangels Alternativen das widerliche warme Dosenpils des Kollegen rein, obwohl man weiß, dass das die nächsten 5 Stunden lang den Magen auf links dreht und dann gewinnt der eigene Verein völlig überraschend und souverän das Spiel. Anschließend ist klar was passiert: Die Mitstadiongänger und -gängerinnen sowie das eigene abergläubische Fußballherz zwingen einen ab sofort bei jedem Spiel zum Genuss der Büchsenplörre mit Körpertemperatur. Schließlich war das schon immer ein gutes Omen und man will ja nicht Schuld an der Niederlage sein. Und so ist man hilflos ausgeliefert…zumindest bis die nächste Niederlage dem Ganzen ein Ende bereitet.
Auch wir bei schwatzgelb.de sind nicht gefeit vor unnützen Ritualen und dementsprechend kommt traditionell hier, wie gewohnt, der allzeit erfolgreiche spezielle Wolfsburg-Vorbericht mit vielen Stimmen aus der Redaktion. Also genau so, wie wir es immer schon gemacht haben. In dieser Saison. Gegen Wolfsburg. Bei dem einen Spiel. In der Hinrunde. Aber da wir da gewonnen haben, soll es ja nicht an uns scheitern.
Viel Spaß beim Dosenbier!
Vanni (meinungsloser Pragmatiker)
Ich bin weiter auf der Suche nach meiner Meinung zu den Geisterspielen. Am letzten Wochenende habe ich außer unserem Spiel nichts gesehen, dafür hatte ich am Derby - wohl auch aufgrund des Ergebnisses - meinen Spaß. Wenn es jetzt gegen einen relativ willkürlichen Gegner wie den VfL Wolfsburg geht, werde ich wohl eher merken, ob ich mich für diese Art von Bundesligafußball erwärmen kann. Rein sportlich erwarte ich mir einen Sieg und hoffe, dass die gute Leistung aus dem Derby bestätigt werden kann - und beim Rest lasse ich mich überraschen. Es ist nicht der Fußball, den ich will, aber der einzige, den ich aktuell bekommen kann.
Michi (füllt weder Bier noch Adrenalin aber dafür Melancholie in Dosen ab)
Und schon wieder läuft im Radio ein Lied, das mich kurz erschaudern lässt, als die gelben Pylonen an mir vorbeirauschen. Traurig, dass sie vorbeirauschen. Eigentlich sollte ich im Rausch auf sie zu laufen. Stattdessen hocke ich wieder auf der Couch und schaue nebenbei verstohlen auf Menschen, die einem Ball hinterherlaufen. Packen wird mich nichts, beim Derby habe ich mich kurz und schmerzlos gefreut, bei einem so attraktiven Gegner wie morgen wird es sich wohl auf ein müdes Lächeln beschränken. Nein, das macht so keinen Spaß. Ich will auch nicht Meister werden, nicht so. Beklatschen wir sie dann auch vom Fernseher aus wenn sie allein ihre Runden um den Borsigplatz drehen? Fußball, du bist so unattraktiv gerade. Morgen spielt Borussia, allein, für niemand, um nichts. Ein Trauerspiel.
Sascha (hat dank verkniffener Wolfsburggags ein Loch in der Zunge)
Man muss sich wirklich auf die Zunge beißen, um nicht reflexartig irgendwelche billigen Gags über Geisterspiele und WOB abzusondern. Stimmungsmäßig war es ja vor Corona schon keine Hochburg. So wird sich auch diesmal wieder alles rein auf den sportlichen Vergleich fokussieren. Und da ist die gute Nachricht aus dem Derby, vom Ergebnis mal abgesehen, dass man ganz vernünftig aus den Startlöchern gekommen ist. Keine gute Nachricht wiederum für den Gastgeber, weil unsere Mannschaft auch ohne die verletzten Spieler noch deutlich überlegen ist. Da mit Leverkusen und Gladbach zwei Konkurrenten um die CL-Plätze gegeneinander spielen, sollte man dieses Spiel auch tunlichst gewinnen. Um viel mehr geht es gefühlt ja eigentlich auch nicht. Läuft für uns bei den Wölfen.
Lino (Hoffnungssucher in schweren Zeiten)
Dass Fußballspiele ohne Fans sich einfach falsch anfühlen, werden wir in den nächsten Wochen leider in sehr regelmäßigen Abständen feststellen müssen. Vielleicht kann unsere sportliche Leistung zumindest ein bisschen trösten, denn der Derbysieg gibt einige Gründe zum Optimismus. Für das Spiel gegen Wolfsburg wünsche ich mir eine ähnliche Effizienz in der Offensive. Gegen Schalke war quasi jeder Schuss ein Treffer – das, und einen ebenso schwachen Torhüter, kann man natürlich nicht erwarten. Die Zielstrebigkeit vor den Toren hat aber einen richtig guten Eindruck gemacht. Es ist nicht davon auszugehen, dass Wolfsburg nach sieben Ligaspielen ohne Niederlage und dem Last-Minute-Sieg gegen Augsburg eine ähnlich schwache Leistung wie die Blauen abliefert. Außerdem werden sie einiges daran setzen, die Negativserie gegen uns (neun Spiele - acht Niederlagen - ein Unentschieden) aufzubessern. Wenn wir aber einen soliden bis guten Tag erwischen, den Eindruck aus dem Derby bestätigen und vor allem nicht (wie so oft) schläfrig in die Partie starten, bin ich davon überzeugt, dass wir die Punkte aus dem VW-Land mitnehmen werden. Etwas Druck auf die Bayern vor dem direkten Duell kann nicht schaden. Personell hat mich gegen die Blauen vor allem die Leistung im defensiven/zentralen Mittelfeld beruhigt. Dahoud und Delaney als Zweitbesetzung haben abgeliefert. Derbysieger, mit Piszczek verlängert und in guter Form - klingt gut, wäre mit Fans aber deutlich besser. Mein Tipp für Samstag: 3:1.
CHS (liefert mehr Fakten ab als VW Autos aus)
Wolfsburg gegen BVB, das hört sich nach Plastik gegen Tradition an. Trotzdem ist es ein Spitzenspiel zwischen den Tabellensechsten und den ersten Jäger der Bayern. Damit das so bleibt, müssten die Dortmunder wieder gewinnen. Die Chancen sind da, denn die Niedersachsen belegen in der Heimtabelle nur den 11. Platz, während die Dortmunder mit sechs Auswärtssiegen auf den fünften Platz liegen. Doch Vorsicht, in der Rückrunde waren die Wolfsburger mit Platz sechs relativ erfolgreich.
Der BVB wird wohl wieder auf Can, Hazard und Sancho zurückgreifen können. Definitiv fehlen werden Reus, Schulz, Witsel und Zagadou. Für Reyna dürfte das Spiel gegen VW zu früh kommen. Bei den Wolfsburgern kommt der Top-Torjäger Weghorst wieder zurück. Fehlen werden weiterhin William und Camacho. Bei Gerhardt bleibt noch eine kleine Hoffnung. Sicher dabei sein wird der ehemalige BVB-Spieler Daniel Ginczek, der vor seinem 100. Spiel steht.
Beim letzten Auswärtsspiel gab es ein 1-0 Sieg durch ein Tor von Marco Reus. In der Hinrunde gewann man klar vor über 80.000 mit 3-0 durch Tore von Hazard, Guerreiro und einen gewissen Mario Götze. Am Samstag sind leider weniger da...
Alexey (Bratwurst, Bier, Borussia? Buch, Bier, Serie!)
Am Samstag steht für unsere Borussia ein Auswärtsspiel an, unter normalen Umständen würde ich zu diesem Spiel fahren. So war es ja auch für diese Begegnung im März geplant. Die Zugtickets waren schon gebucht, mit acht Leuten wollten wir nach Wolfsburg fahren. Dass es nicht ging, ist ja allen bekannt. Nun geht es mit dem Fußball weiter und ich verspüre weiterhin keine Lust auf Fußball, auf Borussia. Schon am letzten Samstag haben wir mit ein paar Freunden, mit denen wir immer auswärts fahren, eine kleine Wanderung unternommen und saßen in einem großen Kreis (mit genügend Abstand) auf einer Wiese und tranken lieber ein paar Bierchen. Was im Westfalenstadion passiert ist, war uns relativ egal. Irgendwann mitbekommen, dass Borussia das Spiel 4-0 gewonnen und es wurde einfach hingenommen. Nun spielen wir gegen einen deutlich langweiligeren Gegner und das Spiel(geschehen) wird mich vermutlich noch weniger interessieren. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass Borussia gewinnt (aber das will ich auch in jedem Freundschaftsspiel), nehme das Ergebnis um 17.21 wahr und widme mich wieder einem Bier, einem Buch oder einer Serie.
DocKay (hat in der Rückrunde am Westfalenstadion schon mehr Meter gemacht als Mario Götze)
Spaziergang zum Westfalenstadion: So oft wie in den vergangenen Wochen bin ich noch nie zum Westfalenstadion spaziert. Ich wollte für mich eine Entscheidung finden, ob mir Fußball wirklich fehlt. Geisterspiele und Fußball war ich der Meinung, das passt nicht zusammen. Ich bin es übrigens immer noch. Doch der immer wiederkehrende Blick auf den Tempel und der Besuch der Fanwelt, auch wenn es nur dazu diente einen Mundschutz zu kaufen, erweckte immer mehr die alte Liebe. Eigentlich wollte ich mir kein Spiel anschauen, aber uneigentlich saß ich dann beim Derbysieg vor der Flimmerkiste. Ich konnte es einfach nicht aushalten irgendwie nicht dabei zu sein. Und so werde ich auch morgen alleine mit mir und diesem Bezahlsender um den Sieg kämpfen. Der VfL Wolfsburg ist für mich eine Mannschaft, die auch eine Geisterliga nicht braucht. Wir aber brauchen die 3 Punkte gegen diese Abgasbetrüger. Ich merke schon, die Lust kommt immer mehr zurück. Auf geht´s, haut sie aus dem Stadion:
Ich drück euch beide schwatzgelben Daumen.
Michael (ist in keinster Weise abergläubisch)
Hab ich hier gerade Aberglaube gehört? Da hab ich natürlich nichts mit am Hut. Das Spiel schaue ich übrigens da, wo ich auch das Derby gesehen habe. Nicht, dass da noch etwas schiefgeht…
Vor zwei Wochen habe ich noch getönt, dass ich mir das alles nicht antun werde. Fußball im Fernsehen ist eh fürn Arsch und Geisterspiele noch viel mehr. Aber naja, auch die besten Vorsätze überstehen keine postoperative Langeweile. Und rein sportlich geht es ja doch um einiges. Die Hoffnung, die CL-Quali zügig einzutüten, scheint sich, trotz einer hervorragenden Rückrundenbilanz, nicht zu bestätigen. Leverkusen hat sich mit Bosz bislang gut arrangiert und auch der vielprognostizierte Gladbach-Einbruch lässt auf sich warten. Immerhin die sächsisch-österreichische Kombo des Grauens ließ letzte Woche Punkte liegen.
3 Punkte in Wolfsburg sollten es schon sein, schließlich ist am nächsten Dienstag ein Dreier nicht zwangsläufig zu erwarten. Also gilt es, den Abstand nach hinten auszubauen, mindestens einer aus dem Pony-Pillen-Duo wird Federn lassen.
Aber apropos Aberglaube: Im Hinspiel hab ich grandios vorbeigetippt mit meinem Pessimismus. Also bleib ich dabei: Dortmund verliert. Alles scheiße.
Was soll jetzt noch schiefgehen?