Immer weiter, Borussia!
Die Sehnsucht ist groß, doch am heutigen Dienstag muss der BVB wieder einmal vor leeren Rängen in der Champions League antreten. Es bleibt die Erinnerung an grandiose Abende und die Hoffnung, dass wir sie irgendwann wieder gemeinsam genießen können.
Der BVB kommt erstklassig zurück aus der Länderspielpause. Nachdem die erste Halbzeit gegen Hertha noch etwas mühselig daherkam, brachte Halbzeit 2 das schwarzgelbe Herz zum Hüpfen. Vor dem Hintergrund der Haaland-Gala wäre das Moukoko-Debüt fast untergegangen. Fast.
Heute wird die Form auf internationalem Parkett geprüft. Zuhause im Westfalenstadion. Da träumt man doch glatt von vergangenen Abenden vor ausverkauftem Haus. Ich musste in den letzten Tagen immer wieder an meine letzten Stadionerlebnisse denken, bevor Corona uns allen einen Strich durch die Rechnung machte. Mein letztes Heimspiel: Freiburg (29.02.2020). Mein letztes Auswärtsspiel: Bremen (22.02.2020). Mein letztes Champions-League-Spiel: Paris (18.02.2020).
Und wie gerne denke ich an Paris zurück! Okay, klammern wir mal das Rückspiel aus. Aber im Hinspiel war echt alles gegeben. Ein Gegner, den man einfach nur zum Kotzen findet, mit Unsympathen á la Neymar auf dem Platz. Champions League, das Höchste der Gefühle. Mit einer grandiosen Choreo vor Anpfiff. Und einem Haaland, der einen die Seele aus dem Leib schrien ließ. Wie geil war das bitte?
Ich liebe Hass-Spiele. Wenn man komplett nervös ist als Fan, weil man weiß, wie stark der Gegner ist. Wenn man gleichzeitig aber dieses Spiel unbedingt gewinnen will und muss, weil es um mehr geht als nur den sportlichen Erfolg, weil man den Gegner schlichtweg nicht ausstehen kann. Und dann brennt es im Stadion. Der Gegner wird bei Ballbesitz gnadenlos ausgepfiffen. Es wird jeder Ballgewinn, jeder gewonnene Zweikampf von den Tribünen abgefeiert wie ein Tor. Dann zittert man plötzlich nicht mehr als Fan, sondern höchstens der Gegner. Weil dieses Stadion Spiele entscheiden kann. Weil diese Dynamik, die sich dann von den Fans auf den Platz und umgekehrt überträgt, Spiele gewinnen kann. Und so war es an diesem Abend im Februar. Es brodelte im Westfalenstadion.
Die Mannschaft wurde von den Rängen nach vorne gepeitscht. Und man könnte meinen, mit dem 1:0 war schon die höchste Eskalationsstufe erreicht, doch die darauffolgenden 8 Minuten hatten noch mehr zu bieten.
6 Minuten später erzielte ausgerechnet Neymar den Ausgleich und ließ es sich nicht nehmen, provokant in Richtung der Dortmunder Fans zu jubeln. Umso gereizter natürlich die Stimmung, aber was Neymar wohl nicht ahnte: Mit seinem Tor und seinem Jubel stachelte er das Stadion und auch die Mannschaft an. In der Konsequenz wurde es lauter, viel viel lauter. Und jeder der es mit dem BVB hielt, schrie die Mannschaft in Richtung des gegnerischen Tors. Und so hatte der Ausgleich nicht mal drei Minuten Bestand. Haaland, immer wieder Haaland. Wie er diesen Ball einfach mal volles Rohr in die Maschen drischt. Wie wir eskaliert sind in diesem Moment. Ich weiß gar nicht, welche Menschen ich alle in den Armen hatte. Ich habe jeden gepackt, der um mich herum in Block 13 stand – meine Freunde, aber auch wildfremde Menschen. Dass ich am nächsten Tag überhaupt noch sprechen konnte, grenzt wohl an ein medizinisches Wunder.
Es sind aber nicht nur die Tore, die diese Spiele besonders machen. Es sind auch die Zweikämpfe und Balleroberungen. Und wie schön war bitte der Moment, als Emre Can Neymar an der Seitenlinie mal locker ins Aus laufen ließ, den Ball sicher zum Mitspieler passte und sich anschließend zur Tribüne drehte, um mit den Fans diese geile Aktion zu feiern?
Man kommt ins Träumen… und auch wenn wir noch lange warten müssen, bis wir diese besonderen Momente wieder miteinander teilen können, so kann man sich sicher sein: Egal wie der Gegner im ersten Spiel vor ausverkauften Haus lauten wird, egal in welchem Wettbewerb – wir werden positiv eskalieren.
Doch bis dahin spielt Borussia weiterhin vor leeren Rängen, aber im Hinspiel gegen Brügge haben sie bereits mit einem souveränen Auswärtssieg bewiesen, dass sie diesem Gegner – auch ohne Unterstützung des Publikums – gewachsen sind. Mit einem Haaland in dieser Form darf man sich nicht nur auf das heutige Champions-League-Spiel freuen, auch in der Bundesliga stehen noch so einige Tore, in die der Norweger gerne doppelt und dreifach (oder einfach vierfach) treffen kann!
Immer weiter und LAUTER, Borussia!