Der kleine Ritter Keule
Wer hätte gedacht, dass der kleine Ritter Keule einmal seine Zelte im großen Westfalenstadion aufschlagen würde, um sich mit den ganz Großen seiner Gilde zu duellieren. Auf anderer Wettkampfebene um den goldenen Pokal war man sich bereits begegnet, doch unterlag jeweils knapp nach tapferem Kampf. Kaum angekommen in der Beletage der ganz großen Ritter, sorgte er gleich zu Beginn der Saison für eine große Überraschung, als man in heimischen Gefilden den großen schwatzgelben Ritter mit 3:1 niederstreckte.
Der Sieg gegen den sonst so übermächtigen Ritter in schwatzgelb, dessen Goldkammer um ein vielfaches größer und gefüllter war als die des kleinen Ritters Keule, kam einer kleinen Sensation gleich. In Windeseile verbreitete sich die Niederlage des schwatzgelben Ritters im ganzen Königreich. Die Geschichte glich der biblischen Überlieferung von David gegen Goliath. Doch statt den Mut und den absoluten Willen des Ritters Keule in den Vordergrund zu stellen, verbreitet sich das Gerücht, der schwatzgelbe Ritter hätte ein Mentalitätsproblem.
Auch wurden die Sympathien für den krassen Außenseiter leicht gedämpft, als herauskam, welch hinterhältige Bauern über den Dächern der „Alten Försterei“ ihr Unwesen trieben, um der Gefolgschaft des schwatzgelben Ritters einen üblen Streich zu spielen. Doch man hätte durch vorheriges Aufeinandertreffen bereits gewarnt sein können. Statt großzügigen Geschenken trug man teuflische Fackeln in das Westfalenstadion und randalierte auf dem Vorplatz. So plüschig Ritter Keule auch rüberkommen mag, umso härter sind sein Gefolge und seine Knappen.
Die Knappen selbst kennen keinen Freund auf dem Schlachtfeld. Brutal und unberechenbar schreiten sie zu Werke. Für sie zählt nur der Sieg- egal wie und mit welchen Mitteln. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, es handle sich bei ihnen um eine Ansammlung unsympathischer und schon mehrmals gescheiterter Krieger. Doch mit Sicherheit gibt es zumindest eine Ausnahme. Sein Name ist Neven. Nicht weil er bereits unter dem schwatzgelben Ritter treu und zuverlässig gedient hat, nicht, weil er noch heute in den höchsten Tönen von seiner damaligen Zeit in Dortmund spricht, sondern weil er einen feinen Charakter besitzt, indem er sich stets für die schwachen und hilfsbedürftigen Menschen auf dieser Welt einsetzt. Ein Knappe, der es sich längst leisten könnte, wie ein Fürst zu leben und durch Luxus seiner Individualität Ausdruck verleihen könnte. Kaum ein Knappe hat menschlich in den letzten Jahren so tiefe Spuren im Umfeld der Festung Westfalenstadion hinterlassen wie eben dieser Neven.
Doch Zeiten ändern sich. Knappen kommen und gehen, wie auch jetzt in den kalten Monaten des Jahres. Flüchtet der eine in die warmen Gefilde Spaniens, kommt der andere aus dem schönen Italien zurück, um seiner „Knappenkarriere“ neuen Aufschwung zu verleihen. Der stetige Austausch von Knappen unter den Rittern ist längst Alltagsgeschäft auf den Höfen, unabhängig wie groß oder klein dieser ist. Anders verhält es sich mit der Qualität der Knappen, denn Qualität hat halt seinen Preis. Auch Ritter Keule hat die Erfahrung gemacht, dass man sich mit schäbigen Immobilienunternehmen verbünden muss, um bei den ganz Großen des Ritterbusiness mitspielen zu dürfen, ganz zum Verdruss der eher antikommerziellen veranlagten Gefolgschaft.
Wohin die Kommerzialisierung führen kann, darf Ritter Keule am Samstag gleich aus nächster Nähe betrachten und am eigenen Leib erfahren. Der Slogan auf dem Schild des schwatzgelben Ritters – „echte Liebe“- dürfte bei Ritter Keule für leichte Verwirrung sorgen. Denn die Anhänger des schwatzgelben Ritters haben schon längst ihre Leidenschaft verloren. Statt unterstützender Gesänge versendet man lieber Botschaften mit einem kleinen Vögelchen namens „Twitter“ oder beschäftigt sich gebannt mit einem Gerät namens „Handy“. Regte man sich früher über diejenigen auf, von denen man glaubte, sie seien nur zum „Fressen“ und „Saufen“ in den Tempel der Glückseligkeit gepilgert, muss man heute feststellen, dass die schlechte Organisation der „Verkaufsstände“ im Westfalenstadion Wirkung zeigt. Wer steht schon gerne 30 Minuten an einem Bratwurststand an, um dann die letzte Bratwurst vor der Nase weggeschnappt zu bekommen.
Doch hungrig wird der kleine Ritter Keule sicher nicht den Heimweg antreten. Gleich neben dem Westfalenstadion, in den heiligen Hallen der Westfalen, findet am Samstag die Messe „Jagd und Hund“ statt. Dort sollte Keule sicher etwas Frischfleisch für sich finden, vorausgesetzt er reist pünktlich an und findet einen Parkplatz für seine Kutsche.
So könnten sie spielen
Borussia: Bürki – Piszczek, Hummels, Akanji – Hakimi, Witsel, Brandt, Guerreiro – Reus – Haaland, Sancho
Auf der Bank: Hitz, Schulz, Zagadou, Schmelzer, Balerdi, Morey, Dahoud, Götze, Alcácer, Reyna, Raschl, Hazard, Can
Fraglich: Zagadou (Rückstand)
Es fehlt: Delaney (Knieprobleme)
Union Berlin: Gikiewicz – Friedrich, Schlotterbeck, Subotic - Trimmel, Gentner, Andrich, Lenz – Ingvartsen –Bülter, Andersson
Auf der Bank: Busk, Nicolas, Hübner, Parensen, Reichel, Flecker, Kade, Kroos, Malli, Ryerson, Becker, Polter, Ujah
Es fehlen: Dehl (Knieverletzung), Gogia (Kreuzbandriss), Mees (Oberschenkelverletzung), Prömel (Trainingsrückstand), Schmiedebach (Bauchmuskelprobleme)
Schiedsrichter: Cortus (Röthenbach); Assistenten: Heft, Leicher; Vierter Offizieller: Christ; Video-Assistent: Brand