Der situative Hurensohn
Immer wieder was neues in der Causa Hopp. Jetzt aktuell: Manuel Neuer und der "situative Hurensohn".
Es dürfte keinen
Fußballfan geben, der nicht mitbekommen hat, was am letzten Spieltag
passiert ist. Landesweite Beschimpfungen von Dietmar Hopp, Spieler
der Bayern und Hoffenheimer, die sich lustlos den Ball zugespielt
haben, Rummenigges Gründung einer Anti-Hass-Kommission und die
Ankündigung des Schalker Sportvorstandes Schneider, aus dem
Drei-Stufen-Plan des DFB einen Ein-Stufen-Plan zu machen und bei
einer Wiederholung sofort den Platz zu verlassen – um nur ein paar
Aspekte des Bundesligaspieltags aus dem Irrenhaus zu nennen.
So durfte man gespannt
sein, was denn beim gestrigen Pokalspiel der Münchener Bayern in
Gelsenkirchen passieren würde. Und die Erwartungen wurden nicht
enttäuscht. Laut und deutlich waren aus dem Schalker Block Gesänge
über einen „Hurensohn“ zu hören. Nur war diesmal Manuel Neuer
gemeint und nicht der Hoffenheimer Mäzen. Die Welt hielt gespannt
den Atem an. Würde man in wenigen Minuten auf dem Videowürfel
sehen, wie die Spieler beider Mannschaften Arm in Arm im Kabinentrakt
„give peace a chance“ schmettern würden? Würde Kalle Rummenigge
auf der Tribüne hektisch sein Handy suchen, um Blauhelmtruppen
anzufordern? Oder gar Schalke-Boss Clemes Tönnies das Spielfeld
stürmen, um Rassismus wie wild die rote Karte zu zeigen?
Es passierte....
Trommelwirbel.... genau nichts. Keine Spielunterbrechung, keine
Ansage, kein Spielabbruch. Das einzige was passierte war, dass
Schalke flugs den selbstauferlegten Einstufenplan zu einem
Keinstufenplan redigierte und erklärte, dass es sich dabei um eine
„situative und situationsbedingte“ Beschimpfung gehandelt habe
und man das deshalb habe laufen lassen. Ein Satz von
außerordentlicher rhetorischer Brillianz. Kann man sich doch
herrlich im Sinnieren darüber, was denn bitte zur Hölle der
Unterschied zwischen „situativ“ und „situationsbedingt“ ist,
verlieren und so vergisst man darüber vielleicht, was für ein
grenzdebiler Unsinn dort verzapft wurde. Man will damit wohl sagen,
dass es bekämpfenswerter Hass ist, wenn ich mir vor dem
Stadionbesuch überlege, jemanden „Hurensohn“ zu nennen und das
vielleicht sogar auf ein Banner male – aber irgendwie okay, wenn
ich das spontan rufe. Nun, erst einmal dürfte eins der wenigen
Dinge, die Schalker und Borussen einigt, eine innige Abneigung gegen
den ehemaligen Buerschenschaftler im Tor der Bajuwaren sein, so dass
sicherlich nicht die ersten Gesänge dieser Art gegen Manuel Neuer
waren. Von Spontanität kann man da kaum sprechen.
Was aber noch
verblüffender ist, ist der Umstand wie schnell sich alle
Obermoralisten bei den Vereinen und den Verbänden selbst demaskiert
haben. Man ist bereit, so zu tun, als würde man bis zum Äußersten
gehen. Also, wenn das Spiel sportlich eh entschieden und der
Besungene Dietmar Hopp ist. Bei einem 1:0 geht man aber besser kein
Risiko ein und stellt den DFB, beziehungsweise seinen Schiedsrichter,
nicht vor die peinliche Frage, ob sie wirklich bereit sind, ein Spiel
abzubrechen und in die Wertung einzugreifen.
Leittragender ist natürlich der Spieler Manuel Neuer, der von Verband, Vereinsvorstand und Mitspielern schändlich im Stich gelassen wurde und den die Vorgänge so mitgenommen haben, dass er nach Spielende nur noch betroffen mit einem "So gehört sich das: Unterstützung für die Mannschaften und keine Anfeindungen." den Schalker Anhang loben konnte. So möchte man ihn als Borusse auch am liebsten in den Mittelkreis stellen, beklatschen und knuddeln – wenn er denn kein Blauer im Trikot der Bayern wäre.
In diesem Sinne: see you soon, Manu.