Bratwurst, Bier, Borussia - BVB Spiele ab September wieder mit Publikum?
Kaum haben wir den ersten kompletten Geisterspieltag der Fußballbundesliga hinter uns gebracht, gibt es von ein paar Politikern schon neue Bestrebungen, die Corona-Maßnahmen weiter zu lockern. Ist also wieder Zeit für Bratwurst, Bier, Borussia?
Kaum haben wir den ersten kompletten Geisterspieltag der Fußballbundesliga hinter uns gebracht, gibt es von ein paar Politikern schon neue Bestrebungen, die Corona-Maßnahmen weiter zu lockern. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer setzt es sich als Ziel, dass nach dem 1. September in Sachsen wieder Events, wie Konzerte und Aufführungen, sowie auch Fußballspiele wieder mit Publikum durchgeführt werden. Klappen soll das Ganze mit der Einhaltung der Abstandsregelung und den momentanen Hygienevorschriften, wie zum Beispiel Mund-Nasenmasken. Auch Fritz Sörgel, ein Nürnberger Pharmakologe hält dieses Ziel für erreichbar. Unter der Bedingung, die Zuschauerzahl so zu reduzieren, dass alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden können. Niedersachsens Ministerpräsident Weil schlägt eine Kontakt-Nachverfolgungs-App vor, für den Fall, dass doch ein Infizierter ins Stadion gelangt. All das würde aber zu vielfältigen Problemen führen, sowohl finanziellen, wie auch gesellschaftlichen.
Natürlich sind Fußballspiele vor stark reduziertem Publikum bis jetzt nur eine Gedankenspielerei, zumindest im öffentlichen Wissen, aber es lohnt sich trotzdem, einen Blick auf diese Idee oder eher dieses Ziel zu werfen. Eigentlich wollte ich hier Pro und Contra auflisten. Aber es kann schon mal vorweg genommen werden, dass die Argumente, die für dieses Ziel sprechen spärlich gesät und eigentlich nicht wirklich vorhanden sind. Ein kleiner Disclaimer vorweg: Es ist ein spekulatives Szenario. Rein hypothetisch. So eine Situation hat es davor nicht gegeben und man kann somit natürlich nichts belegen.
Zu allererst hoffen wir natürlich alle, dass eine zweite oder gar noch mehr Infektionswellen ausbleiben und die Zahlen der Infizierten und Todesopfer weltweit weiter runtergehen. Für das Szenario von Kretschmer und Co. gehen wir davon aus, dass sich unsere Hoffnung bewahrheitet und alle getroffenen Maßnahmen erfolgreich waren. Hier noch ein kurzer Appell, dass es weiterhin sehr wichtig ist, Abstand zu halten und auf seine Mitmenschen zu achten. Es geht nur miteinander und die Pandemie ist auch noch lange nicht vorbei.
8.000 für 81.365
Die Bundesliga Saison 2020/21 steht also in den Startlöchern. Das bedeutet, dass zum ersten Mal seit Anfang März wieder Fans ins Stadion können. Aber noch lange nicht alle. Es muss weiterhin ein Mindestabstand von 1,5m gehalten werden. Das würde bedeuten, dass im Westfalenstadion statt 81.365 nur etwa 8000 Fans Platz finden würden. Das kann man dann auf die anderen Stadien runter rechnen. Etwa 10% der Plätze dürften gefüllt werden, das entspricht dem normalen Auswärtskontingent. Und genau dann würde die große Frage aufkommen, wer zu entscheiden hat, wie diese 8000 Karten verteilt werden. Da gibt es sicher viele Szenarios. Eines wäre, dass man diese Tickets den Dauerkartenbesitzern zur Verfügung stellt. In Dortmund sind das 55.000, heißt, nach etwa sieben Spieltagen hätte man jedem Dauerkartenbesitzer einen Besuch im Stadion ermöglicht. Das würde aber verständlicherweise zu vielen Konflikten führen und zu einer noch größeren Kluft zwischen den Fans, als sie ohne hin schon ist. Fanclubs, Mitglieder und normale Fans würden zu Recht auch auf ihr Anrecht auf die Karten pochen. Nicht zu vergessen auch die Sponsoren und die Auswärtsfans. Jeder wird versuchen ein Stückchen von der Tickettorte ab zubekommen.
Also wären wir dann doch eher bei einem freien Vorverkauf, oder einer anderen Prozentreglung. Auch das wäre unfair. Bei allen möglichen Lösungen müsste man sich damit auseinander setzen, wer überhaupt das Stadion betreten dürfte. Damit die Vereine bei einem möglichen Corona-Fall oder gar einer Infektionswelle der Stadionbesucher nicht haften, müssen alle Vorschriften genau erfüllt werden. Der Abstand im Eingangsbereich, auf den Tribünen, den Toiletten etc. muss eingehalten werden und auch die Hygienemaßnahmen müssen erfüllt werden. An den Eingängen würde es bestimmt, ähnlich wie momentan bei den Journalisten, Kommentatoren und Vereinsoffiziellen, zu Temperaturkontrollen kommen. Auch hier würde das ganze Konstrukt auf sehr wackeligen Beinen stehen. Ein Fall und Spiele mit ein paar Fans wären dann erstmal wieder Geschichte. Von daher müsste dafür gesorgt werden, dass wirklich kein Infizierter ins Stadion kommen kann und das geht nur mit Tests. Müsste also jeder vorher aus eigener Tasche einen Test zahlen oder einen Antikörpernachweis vorlegen? Ich denke, dass das weder machbar, noch in irgendeiner Form erstrebenswert ist.
Alle oder keiner
Auch müsste man den Risikogruppen vorab ans Herz legen, aufgrund der erhöhten Ansteckungsgefahr, keinem Spiel beizuwohnen. Da wären wir also bei einer schönen Zweiklassengesellschaft. Ich bin der Meinung, dass entweder alle ins Stadion können sollten oder keiner.
Auch für die kleineren Vereine, sowohl in der Bundesliga, wie auch in den unteren Ligen, würden Spiele vor einer reduzierten Fananzahl kaum Sinn machen, weder gesellschaftlich noch finanziell. Natürlich generieren diese Vereine viel von ihrem Geld durch Ticketeinnahmen, aber wenn man die Summe der verkauften Tickets, wir erinnern uns an diese 10% oder weniger, gegen die Summer der Kosten für Hygienemaßnahmen, Sicherheitspersonal etc. rechnet, dürfte es sich wohl kaum lohnen. Vor allem wenn nachher nur 50 Fans überhaupt zu dem Spiel dürften. Diesen Vereinen kann man mit Spenden sicher mehr helfen. Unterstützung bedeutet nicht nur, ins Stadion zu gehen, sondern sich auch mal so umzuhören wie man seinen Heimat- oder Herzensvereinen helfen kann.
Richtig freuen über einen solchen Ligastart würden sich indes die Schwarzmarkthändler, die schon beim normalen Ligabetrieb eine Plage sind. Topspiel, Bayern gegen Dortmund und das nur mit limitierten 8.000 Karten. Da wird sicher jeder Ticketdealer gleich vor Aufregung schweißnasse Hände bekommen. Wenn die Preise bei einem solchen Spiel unter normalen Umständen teilweise pro Ticket schon in astronomische Höhen stoßen, wird es eine solche Limitierung nicht besser machen. Eher im Gegenteil, es gibt dann keine Grenze mehr nach oben. Angebot und Nachfrage. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, die Leute, die sich solch ein Spiel unter den Umständen im Stadion anschauen würden, würden doch fast jeden Preis für solche Tickets bezahlen.
Bratwurst, Bier, Borussia
Ich bleibe also dabei, entweder alle oder keiner. Ich möchte erst wieder ins Stadion, wenn ich mich keinem großen Risiko aussetze und vor allem wenn ich kein Risiko für andere Menschen darstelle. Fußball ist Leidenschaft, Fußball ist Spaß, Fußball spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. Aber lange keine so wichtige, wie die Gesundheit. Davon mal ganz abgesehen, möchte ich wenn dann nur den Fußball zurück, den ich auch liebe. Wenn der irgendwann möglich ist, erst dann möchte ich wieder ins Stadion. Der Fußball an sich mag vielleicht zurück sein, aber das Fußballgefühl ist es noch lange nicht. Das ganze Drumherum fehlt. Das, was den Stadionbesuch für uns alle doch eigentlich ausmacht. Der Platz im Stadion, bei den Freunden die man seit Ewigkeiten dort hat, der Jubel mit komplett fremden Menschen. Dieses Gefühl, Teil eines Großen und Ganzen zu sein. Ohne das ist der Fußball für mich kein Fußball. Ohne Bratwurst, Bier und 81.364 andere geht es einfach nicht. Ich möchte nicht mit 2000 Leuten bei uns im Stadion stehen. Sind wir doch mal ehrlich, das wäre doch auch keine Stimmung und nichts. Da wäre ja jeder Testkick gegen Hinterpusemuckel stimmungsvoller und leidenschaftlicher. Deshalb sage ich da ganz klar nein danke. Und ich glaube ehrlich auch nicht, dass die Vereine das ernsthaft in Erwägung ziehen würden.