Thomas Tuchel-Die Biografie
„Fußball bleibt ein Player`s Game“. Thomas Tuchel wird respektiert für seine Arbeit. Aber geliebt wird er nie. Wir haben uns die kürzlich erschienene Tuchel Biographie von Daniel Meuren und Tobias Schächter angeschaut.
Von der Leinwand spricht Al Pacino. Vier Minuten und 20 Sekunden lang peitscht der Hollywoodstar in „Any given Sunday“ („An jedem verdammten Sonntag“) in der Rolle des Footballtrainers Tony D`Amato ein krisengeschütteltes Team derart auf, dass es anschließend aus der Kabine stürmt und den hochfavorisierten Gegner besiegt. Mit dieser Szene versucht der neue Cheftrainer der Bundesligamannschaft des FSV Mainz 05 zu Beginn seiner Laufbahn als jüngster Trainer der Bundesliga, sein Team gegen den FC Bayern München einzustimmen. Am Ende steht ein 2:1 Sieg gegen die Bayern.
Hier in Mainz beginnt die eigentliche Biographie des Trainers Thomas Tuchel, und sie endet mit den jüngsten Erfolgen bei Paris Saint-Germain. In ihrem gerade erschienen Buch gehen die Verfasser Daniel Meuren und Tobias Schächter nur stichpunktartig auf die Zeit davor ein. Daniel Meuren kennt Thomas Tuchel seit der Zeit, als dieser U19-Trainer von Mainz 05 war und mit seiner Mannschaft den deutschen A-Juniorenmeistertitel 2009 errang. Davor war Tuchel als U15-Trainer beim VfB Stuttgart und später als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim FC Augsburg tätig.
Tobias Schächter begegnete zu seiner aktiven Zeit dem späteren BVB-Trainer auf dem Rasen. Mitte der 90-er Jahre spielte er in der Regionalliga mit dem VfR Mannheim gegen Tuchel und den SSV Ulm. Der „lange Schlaks“ begann mit dem Fußball in seiner Heimatstadt Krumbach und wechselte im Alter von 15 Jahren zum FC Augsburg, bevor er sich der A-Jugend der Stuttgarter Kickers anschloss, um schließlich beim SSV Ulm zu landen. Hier lernte er den späteren BVB-Torwart und jetzigen Sportpsychologen Philipp Laux kennen. Sein Trainer war ein gewisser Ralf Rangnick. In Ulm endete verletzungsbedingt seine Fußballkarriere bereits mit nur 24 Jahren.
Tuchel gefällt sich in der Rolle des Regelbrechers.
Ein Besessener, der Mittelmaß verabscheut
So wird er von Helmut Badstuber beschrieben, der damals in der Stuttgarter Kaderschmiede tätig war. Aber auch der Jähzorn bleibt ein ständiger Begleiter, gepaart mit einem extremen Siegeswillen und einem extremen Selbstbewusstsein. Tuchel zeigt oft Züge von „Jekyll and Hyde“. Seine Trainerstationen waren von Abschieden ohne Emotionen geprägt. Selten hat er am Ende eines Engagements Freunde hinterlassen. Tuchel sieht sich als “Ewiglernender“ und glaubt trotz aller Detailliebe und bei aller Offenheit für wissenschaftliche Zugänge, dass der Trainerberuf auch ein Lehrberuf ist.
Fußball ist ein Player`s Game
Dieser Satz bestimmt seine Handlungsweise und er meint damit, dass ein Trainer ein Talent nur bis an die Hürde führen kann, darüber springen müsse der Spieler aber selbst. Der Weg dahin und die damit verbundenen Methoden sind auch bei Thomas Tuchel strittig. Sie tangieren Überforderung, Härte und Worte der Beleidigung. Selbstzweifel des Trainers führen zu Wutreden und stellen vereinbarte Ergebnisziele in Frage. Gleichzeitig scheint ihn die Rolle als Dauer-Nachfolger eines übergroßen Volkshelden zu missfallen. Vielleicht war auch dies ein Grund, den späteren Wechsel nach Paris Saint-Germain zu bevorzugen und nicht in die Premier League zu wechseln.
Bei Borussia Dortmund führte die Personalie Thomas Tuchel fast zur Spaltung des Vereins. Zunächst begann alles mit perfektem Hochgeschwindigkeitsfußball und der Trainer wurde von den Spielern sehr positiv aufgenommen. Doch bald sprengte er jegliches soziale Konstrukt durch seine Nichtempathie. So beschreiben die Autoren sehr akribisch die Gründe seines Scheiterns beim schwarzgelben Traditionsclub. Als Leser des Buches stellt man sich unwillkürlich die Frage, wieso ein Club, der sich „Echte Liebe“ auf die Fahne schreibt, auf die Idee kommen konnte, sich für diesen Übungsleiter zu entscheiden.
Das Buch gewinnt an Aktualität, da es mit dem Geisterspiel des BVB in Paris endet und anders als beim Spiel mit dem BVB gegen Liverpool und im Jahr zuvor gegen Manchester United mit einem Triumph für Tuchel endet. Die Verpflichtung von Thomas Tuchel bei Paris Saint-Germain basiert reduziert auf der Tatsache, dass es sich bei Ihm um einen Unterschiedstrainer handelt. Sein Berater Olaf Meinking hat einmal gesagt:“ Die Kraft, über die Thomas verfügt, bringt die stärksten Effekte. Sie hat andererseits auch problematische Seiten“. So wird dieses Buch keinen Gegner von Thomas Tuchel zum Sympathisanten machen und umgekehrt genauso. Auf den 192 Seiten beschreibt es „Mister Jekyll and Hyde“ genauso wie wir ihn kennen, jedoch nur detaillierter. Und dies macht das Buch lesenswert. Thomas Tuchel-Die Biografie ist im Verlag Die Werkstatt erschienen und auch über den Buchhandel zu beziehen.Das Buch kann auch über Amazon bestellt werden.