Warum der BVB sich einer Club-WM verweigern muss
Surprise, Surprise – letzten Freitag verabschiedete Gianni Infantinos williger Wahlverband, besser bekannt unter dem Namen FIFA Council, erwartungsgemäß die Einführung einer Weltmeisterschaft für Fußballvereine, die den ungeliebten Confed Cup ablösen soll.
Wie man sich dafür qualifizieren kann - oder überhaupt nur der Modus dieser Weltmeisterschaft -, sind dabei noch nicht einmal definiert. Das interessierte allerdings auch niemanden so wirklich, weil es dabei ausschließlich um die Generierung weiterer Einnahmen geht. Solange Leute viele, viele Millionen Euro für die Rechte an diesem Wettbewerb zahlen, hätte man vermutlich auch zugestimmt, wenn dort mit verbundenen Augen und einem Eishockeypuck gepöhlt werden sollte. Diese Leute gibt es und es sind eher Milliarden denn Millionen, die sie dort investieren. Auch hier ist ähnlich nebulös und unbekannt, wer diese Leute sind.
Möglich gemacht hat das für Infantino positive Abstimmungsergebnis der Umstand, dass in der FIFA jeder Mitgliedsverband eine gleichberechtigte Stimme hat. In der Folge reicht es dann auch nicht, wenn die Verbände aus dem Bereich der UEFA geschlossen gegen diese Maßnahme sind, wenn sie einer Übermacht großer Fußballnationen wie Vanuatu oder Guam gegenüberstehen. Man muss gar nicht viel nachdenken, wenn man darauf kommen will, warum diese Verbände für ein Projekt stimmen, an dem Vereine aus dem eigenen Land niemals teilnehmen werden. Die Lösung enthält das Wort „Gießkanne“.
Nicht direkt vertreten in diesem Abstimmungsorgan sind die Vertreter der Fußballvereine, von denen sich 232 in der ECA, der European Club Association, organisiert haben. Einem Nachfolger der ursprünglichen „G-14“, der auch der BVB angehörte. Im Vorstand der ECA tummelt sich alles, was im europäischen Fußball Rang und Namen hat. Kalle Rummenigge für die Bayern als Vorsitzender, Pedro Jimenez für Real Madrid, Andrea Agnelli für Juventus Turin u.s.w. Direkt nach der Entscheidung der FIFA stellte sich die ECA an die Seite der UEFA, die gegen die Einführung einer Club-WM war. In einem Brief an die FIFA erklärte man offen und scharf, gegen diesen neuen Wettbewerb zu sein und legte fest, dass kein europäischer Topclub „an so einem Wettbewerb“ teilnehmen werde. Unter anderem warf man der FIFA in diesem Schreiben, völlig berechtigt, vor, die Gestattung einer Prüfung der Wirtschaftsmodelle zu verweigern und kein Wort über die Geldgeber im Hintergrund zu verlieren. So klare Kante ist man in diesem Business eigentlich gar nicht mehr gewohnt.
Nur wenige Tage später war allerdings klar, dass es sich dabei um nichts anderes als bloßes Taktieren gehandelt hat. Erst begrüßte Real Madrids Präsident Perez die Entscheidung über die Einführung der Club-WM, dann konterkarierte der Vorsitzende der ECA, Karl-Heinz Rummenigge, höchst selbst das Papier der ECA, noch bevor die Tinte getrocknet war. Sekundiert natürlich von Uli Hoeneß, der gleich „Find ich super“ jubelte. Eine handvoll Spitzenclubs demonstriert damit eindrucksvoll, dass es ihnen rein nur noch ums Geld geht. Sportlicher Sinn, Belastung der Spieler, Solidarität untereinander und Herkunft der Finanzmittel? Darauf, entschuldigt die deftige Wortwahl, scheißt man an der Säbener Straße und in anderen Geschäftsstellen mittlerweile unverhohlen. Der Brandbrief an die FIFA war nichts weiter als eine Drohgebärde, dass man vom Kuchen das größte Stück abhaben will oder Infantino könne seine Pläne gleich wieder einpacken.
Ein wirklich widerliches Schauspiel, das europäische Vereine in aller Öffentlichkeit abgeben. Man ist offenbar auch der Meinung, dass es nicht einmal mehr das Feigenblatt vom Fußball als Wertevermittler, mit dem man Ländern mit zweifelhafter Auslegung der Menschenrechte den Anstrich der Normalität und Legitimität verpasst, braucht und nimmt das Geld, egal, wo es herkommt. Hinter den Geldgebern, die der Schweizer Präsident des Weltverbandes angeschleppt hat, kann alles Mögliche stehen. Länder, in denen die Bevölkerung unterdrückt wird, Konzerne, die ohne Rücksicht auf die Umwelt Bodenschätze plündern und kriminelle Kartelle, die eine Gelegenheit zum Geldwaschen suchen.
Die wirtschaftliche Seriosität des Investments kann man bezweifeln, wenn ursprünglich eine Summe von satten 25 Milliarden Dollar für zwei absolute Plastikwettbewerbe, bei denen das öffentliche Interesse noch gar nicht gesichert ist, geboten wurde. Es ist selbst den anderen Vereinen der ECA gegenüber zutiefst unsolidarisch, wenn ein paar Große für sich den Zugang zu weiteren Millionenbeträgen erpressen, mit denen der Abstand zwischen ihnen und dem ganzen Rest nur noch weiter wächst. Eine Taktik, die allerdings bei weitem nicht neu ist. Schon im Doppelpass mit Leo Kirch hebelten die Bayern ein Vorgehen als Solidargemeinschaft aus.
Vor diesem Hintergrund sei BVB-Chef Hans-Joachim Watzke gebeten, seine Einschätzung, dass „in diesem konkreten Fall“ ein solcher Wettbewerb „eine Überlegung wert“ sei, zu überdenken. Die Hintergründe dieser Club-WM und das Verhalten der Vereine aus der Belle Etage stehen allen Werten gegenüber, die Borussia Dortmund für sich reklamiert und für die der BVB einstehen sollte. Es geht dabei um weit mehr, als nur besser als der FCB zu sein – es geht darum, als Borussia Dortmund in den Spiegel gucken zu können, ohne sich dabei schamhaft wegzudrehen. Was gerade passiert, ist unseriös, unsolidarisch, hinterhältig und sehr wahrscheinlich auch zutiefst unmoralisch. Borussia Dortmund darf sich damit nicht gemein machen. Geld ist nicht alles.