Gerichtsentscheid: Kosten für Hochsicherheitsspiele dürfen belastet werden
Für die DFL ist ein seit 2014 laufender Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden worden. Damals hat das Bundesland Bremen dem Ligaverband eine Rechnung von 425.718,11 € für Mehrkosten resultierend aus dem Polizeieinsatz im Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV zugestellt. Mehrere Jahre und Instanzen später jetzt das Urteil, das den Vereinen gar nicht schmecken dürfte: zwar wurde der Betrag zurück gewiesen, dennoch stellte das Gericht fest, dass die Belastung für Mehrkosten der Einsätze grundsätzlich rechtens sei. In Zukunft ist es den Bundesländern also möglich, den außernormalen Polizeieinsatz bei Hochrisikospielen der DFL in Rechnung zu stellen.
Mag das Urteil formal korrekt sein, entgegen wenig reflektierten, dafür aber populistischen Reaktionen wie der von Bremens Innensenator Mäurer, dass die Vereine diese Beträge doch aus der Portokasse zahlen könnten, ist es keins, das zu Jubelstürmen führen sollte. Die Grundproblematik besteht schon einmal darin, dass die Einschätzung eines Spiels als Hochrisikospiel in erster Linie von der Polizei selber vorgenommen wird. Wird dieser Aufwand zukünftig berechnet, ist die Versuchung größer, dieses Mittel, das der Polizei deutlich größere Eingriffsmöglichkeiten gibt, häufiger anzuwenden. Es mindert auch den Druck, mit den Einsatzmitteln möglichst sinnvoll und sparsam umzugehen. Wer schon einmal beim Derby bewundern durfte, wie sinnfrei riesige Wasserwerfer auf dem Stadionvorplatz, wo jeder Einsatz sofort eine Massenpanik auslösen würde, aufgefahren werden, hat mit Sicherheit nicht den Eindruck, dass man mit den Ressourcen sparsam umgeht. Je nachdem, ob sich die Bundesländer zu einer Inrechnungstellung entscheiden, wird hier eine Planung nach dem Motto „viel hilft viel“ verführerisch.
Dabei
kann man vordergründig, angesichts der immer horrenderen
Millionenbeträge, die im Profifußball umgesetzt werden, sogar
verstehen, dass der Ruf laut geworden ist, die Kosten für Einsätze
bei den Spielen nicht allein der Allgemeinheit anzulasten. Trotzdem
ist diese Sichtweise zu kurz gegriffen. „Der Fußball“ zahlt
diesen Schutz durch die Staatsmacht schon jetzt in Form von Steuern.
Die Einnahmen hieraus gehen deutlich über die direkten
Steuerzahlungen der Vereine und der dort beschäftigten
Einkommensmillionäre hinaus. Spieltag für Spieltag pilgern
hunderttausende Fans in die Stadien der ersten und zweiten
Bundesliga. Die Fans reisen dafür mit Autos und Bussen an und
verbrauchen Benzin. Sie frönen dabei festen Ritualen, haben
ihre festen Anlaufpunkte, an denen sie Getränke und Essen zu sich
nehmen. Und zwar in der Regel in deutlich größeren Mengen als sie
es sonst an einem Samstag Nachmittag zwischen 13 und 18 Uhr tun
würden. Sie kleiden sich für ihren Stadionbesuch ein, kaufen
Trikots, Schals und was die Merachdisinghölle sonst noch so
ausspuckt. Kurz gesagt: Fußball ist Konsum.
Dieser Konsum generiert dem Staat Einnahmen zum Beispiel aus Mehrwert- und Mineralölsteuer. Neben den direkten Transferzahlungen kommt so Spieltag für Spieltag ein deutlicher Betrag Steuereinnahmen hinzu, die im direkten Zusammenhang mit dem Spieltag bei anderen „Marktteilnehmern“ entstehen. Die Unternehmensberatung McKinsey hat eine Erhebung für die Saison 2013/2014 vorgenommen und dort eine Gesamteinnahme für den Staat aus Steuern von 2,3 Milliarden Euro ermittelt. In dieser Schätzung sind eben auch die nachgelagerten Konsumeffekte berücksichtigt. Mit dieser Zahl relativieren sich Beträge von 400.000 € sehr schnell und nehmen der Argumentation der Bundesländer viel von ihrer Stichhaltigkeit.
Trotzdem könnte man als Fan an dieser Stelle auch weiterhin denken: was kümmert es mich, wenn die Vereine mehr zahlen müssen? Es trifft ja nun wirklich keine Armen. Naja, wer denkt, dass die DFL als gesamtes oder die Vereine einzeln hier auch nur einen Euro mehr zahlen werden, auf den trifft auch der schöne Spruch mit den Zitronenfaltern und dem Zitronen falten zu. Diese Mehrkosten werden natürlich schleunigst Teil der Kalkulation und über Ticketpreise, Preiserhöhungen beim Stadioncatering und im Merchbereich an den Endverbraucher, sprich den Fußballfan, weitergereicht. Wahrscheinlich noch mit einem Zuschlag für den höheren bürokratischen Aufwand, einer Vorfinanzierungsgebühr und aufgerundet auf den nächsten Fünfer. Was die Fußballclubs heute vom Leipziger Gericht bekommen haben, ist im Grunde nicht viel mehr als ein Argument bei der nächsten Preiserhöhungsrunde. Die Rechnung wird am Ende den Leuten präsentiert, die mit ihren Steuern den Polizeibetrieb eh schon unterhalten. Ein Grund zur Freude sieht anders aus.