Meister wirste nicht vom zugucken
Der Spielbericht zum Heimsieg gegen Hannover 96. Während es in der Tabelle vorzüglich läuft, ist auf der Tribüne keinerlei Euphorie zu spüren. Stille über weit Strecken und Pfiffe gegen den eigenen Spieler. Ziemlich jämmerlicher Auftritt des Westfalenstadions.
Ok, der Titel passt irgendwie auch auf die erste Halbzeit unserer Borussen, in der wir, trotz Führung, seltsam passiv und zurückhaltend waren, aber dieses mal ist das Stadion gemeint. Wo bitte ist die Meisterschaftseuphorie und das Feuer bei unseren Heimspielen hin verschwunden? Wir sind Tabellenführer mit sechs Punkten Vorsprung und über weite Strecken des Spiels herrschte absolutes Schweigen auf den Tribünen. Ja, das Wetter war mies. Ja, es war „nur“ Hannover und somit ein Gegner, gegen den man unbedingt gewinnen musste. Aber trotzdem kann es doch nicht sein, dass ein Großteil der anwesenden Fans das Spiel in völligen Schweigen verfolgt.
Da braucht auch niemand den altbekannten Grund anführen, dass man einfach kein Bock auf permanenten Dauersingsang der Ultras habe. Wobei man sicherlich auch kritisch anmerken kann, dass man zum Beispiel die Adaption des griechischen Weins von Udo Jürgens, die eigentlich ein ziemlich toller Gesang ist, nicht gefühlte fünf Minuten intonieren muss, bis auch der Letzte von der getragenen und wenig schwungvollen Melodie ermüdet ist. Trotzdem wäre das eine ziemlich billige Ausrede, wenn selbst Wechselgesänge mit den Ecken nur schwerlich die Schwelle zum hörbaren Bereich überwinden. Der Großteil schaut sich das Spiel an und wartet auf das Tor, um dann endlich das Pipi-Langstrumpf-Lied singen und dabei hüpfen zu können. Aber so funktioniert das nicht. Wenn wir am Ende der Saison die Schale haben wollen, brauchen wir das volle Programm. Und dazu gehört auch eine Tribüne, die präsent ist und der Mannschaft in Phasen, in der es vielleicht nicht so gut läuft, den notwendigen Schwung verpasst.
Ganz besonders widerlich sind allerdings diese dummen Arschlöcher, die beim Stande von 4:0 nichts besseres zu tun haben, als die Einwechselung von Marcel Schmelzer mit lauten Pfiffen zu quittieren. Ja, da steht wirklich „dumme Arschlöcher“ und genau so ist es auch gemeint. Man kann über Schmelles spielerischen Wert geteilter Meinung sein, man kann sich an der Art der Ausübung seines Kapitänsamts in der letzten Saison stoßen und einige Äußerungen im Zusammenhang mit dem Pokalfinale nicht gutheißen. Alles kein Thema. Trotzdem werden die eigenen Spieler nicht ausgepfiffen, wenn sie für uns das Feld betreten. Das gilt ganz allgemein, aber besonders in einer Saison, in der die Mannschaft sich wieder als Team anschickt, etwas Großes zu schaffen. Wer nicht einmal diesen Minimalanspruch ans Fansein erfüllt, der sollte seine Karte abgeben und zuhause bleiben.
Und an dieser Stelle kommt man zu einer Frage, über die man trefflich streiten kann, wenn man nicht bei Favres Taktikbesprechungen dabei ist: sind diese schwächeren Phasen, die sich auch über einen längeren Zeitraum hinziehen, jetzt ein Zeichen noch fehlender Souveränität, oder bewusstes Stilmittel, um den Gegner in Sicherheit zu wiegen? Der Unterschied zwischen den ersten 60 Minuten und dem, was in den folgenden zehn abgehen sollte, ist fast schon zu krass, um purer Zufall zu sein. Wie häufiger im Laufe der Saison scheint die Mannschaft auf ein Signal gewartet zu haben, um dann den mächtigen Turbo anzuschmeißen. Diesmal kam das Signal vom Gegner selbst, wo Esser einen Ball auf die Außen mit nur wenig Wucht Richtung Albonorz spielte. Dabei übersah er, dass Hakimi mit absoluter Hochgeschwindigkeit aus dem Mittelfeld angewetzt kam und die Chance auf eine Balleroberung sah. Pass in die Mitte zu Reus, der den Ball kunstvoll mit dem Außenrist in die Lücke zwischen Pfosten und Verteidiger schnibbelte. Der Torschuss war dann wohl endlich kompliziert genug für Reus und es stand 2:0.
Die
nächsten zwei Tore im Stenostil: Umschaltsituation über Sancho, der
erst an der Strafraumkante etwas tänzelte, um dann präzise in die
Mitte auf Götze abzulegen, der den Ball aus acht Meter Entfernung
locker und hart mit dem Innenrist ins Eck schob. Zwei Minuten später
lief Reus dann mehr oder weniger unbedrängt durch die Reste vom
Hannoveraner Mittelfeld und spielte den Ball raus auf Guerreiro.
Diesmal ging der Ball dann ins kurze Eck. 4:0 und binnen acht Minuten
war der Gegner abgefrühstückt.
Dass es auf Seite der Hannoverfans stimmungstechnisch in der zweiten Halbzeit nicht besonders lief, lag verständlicherweise am Spielverlauf. Leider musste jedoch auch ein weiblicher Fan im Gästeblock reanimiert werden, weshalb der Support auch nicht wieder aufgenommen wurde. Von unserer Seite die besten Wünsche. Komm wieder auf die Beine!
Aber jetzt mal rauf auf den Platz und rein ins Spiel. Für heute stand, genauso wie für die Bayern morgen mit Stuttgart, eine absolute Pflichtaufgabe auf dem Programm. Mit Hannover 96 gastierte der Tabellenvorletzte, der in der Hinrunde immerhin ein achtbares 0:0 gegen uns erreichte, im Westfalenstadion. Vordergründig eine leichte, aber dennoch auch sehr undankbare Aufgabe. Jeder erwartete einen klaren Sieg – und alles darunter hätte man dem BVB als Schwäche ausgelegt. Eins dieser Spiele, in der man deutlich mehr verlieren als gewinnen kann. Zum Glück zeigten die Hannoveraner dann auch gleich mal in der zweiten Minute, dass sie alles andere als ein Freilos sein wollten und Weydandt, dessen Story von der Kreisliga in den Profifußball jetzt jeder TV-Sender schon bis zum Erbrechen bemüht hat, köpfte eine Flanke aus dem Halbfeld Richtung langen Pfosten und zwang Roman Bürki gleich mal zum Beweis, warum Redaktionskollegin Nicky ihm mit einem extra Artikel huldigte.
Unsere Borussen wirkten durchaus beeindruckt und seltsam passiv. Es dauerte bis zur 20. Minute, bis man selber ernsthaft Torgefahr entwickeln konnte und sogar dafür brauchte man die Hilfe von Marvin Bakalorz, der sich wohl dran erinnerte, dass er aus seiner Paderborner Zeit noch einiges gut zu machen hatte, und einen abgewehrten Ball fast direkt in die Füße von Götze spielte. Kurzer Pass in die Gasse auf Reus und der tat aus ausrichtsreicher Situation das, was er in so einem Moment immer macht: er schießt entweder den Torwart an, oder dran vorbei. Diesmal ging der Ball über den Querbalken. Das ist auch so ziemlich das einzige, was man diese Saison unserem Kapitän vorhalten kann. Offenbar steigt die Wahrscheinlichkeit auf einen Treffer proportional mit der Schwierigkeit des Torschusses. Jeder einfacher, desto Fahrkarte.
Trotzdem zeigte sich in dieser kurzen Drangphase, wie gnadenlos effizient der BVB unter Lucien Favre geworden ist. Wenige Minuten später zockten Guerreiro und Hakimi an der gegnerischen Strafraumgrenze Doppelpass , Real Madrids Leihgabe guckte einmal hoch und versenkte dann die Murmel trocken im langen Eck. 1:0 und endlich das Pipi-Langstrumpf-Lied. Den Rest der ersten Halbzeit zog sich Borussia wieder zurück, wirkte dabei aber dieses Mal merkwürdig fahrig und passunsicher, so dass Hannover durchaus zu gefährlichen Situationen vor dem schwatzgelben Strafraum kam. Eins ums andere Mal dabei zog sich dabei Sarenren Bazee den Unmut der Südtribüne zu, weil er aus vermeidlichen Kleinkram jedes Mal eine große Sache zu machen schien und wiederholt auf dem Hosenboden sitzen blieb. Die Tatsache, dass er dann aber in der 44. Minute verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste, sprach ihn vom Vorwurf der Schauspielerei frei.
Unbedingt bemerkenswert aus Dortmunder Sicht war dann nur noch ein butterweicher und megapräziser Freistoß von Piszczek, der von der Mittellinie an die Grenze des Hannoveraner Sechszehners segelte und dort von Guerreiro volley aufs Tor geschossen wurde. Das Tor des Monats Januar wurde allerdings leider von Schlussmann Esser mit einer tollen Parade hinterhältig verhindert. Ein 2:0 wäre letztendlich auch etwas zu hoch gewesen, weil unsere Mannschaft nicht gerade die beste Halbzeit dieser Saison aufs Parkett legte.
Und an dieser Stelle kommt man zu einer Frage, über die man trefflich streiten kann, wenn man nicht bei Favres Taktikbesprechungen dabei ist: sind diese schwächeren Phasen, die sich auch über einen längeren Zeitraum hinziehen, jetzt ein Zeichen noch fehlender Souveränität, oder bewusstes Stilmittel, um den Gegner in Sicherheit zu wiegen? Der Unterschied zwischen den ersten 60 Minuten und dem, was in den folgenden zehn abgehen sollte, ist fast schon zu krass, um purer Zufall zu sein. Wie häufiger im Laufe der Saison scheint die Mannschaft auf ein Signal gewartet zu haben, um dann den mächtigen Turbo anzuschmeißen. Diesmal kam das Signal vom Gegner selbst, wo Esser einen Ball auf die Außen mit nur wenig Wucht Richtung Albonorz spielte. Dabei übersah er, dass Hakimi mit absoluter Hochgeschwindigkeit aus dem Mittelfeld angewetzt kam und die Chance auf eine Balleroberung sah. Pass in die Mitte zu Reus, der den Ball kunstvoll mit dem Außenrist in die Lücke zwischen Pfosten und Verteidiger schnibbelte. Der Torschuss war dann wohl endlich kompliziert genug für Reus und es stand 2:0.
Die nächsten zwei Tore im Stenostil: Umschaltsituation über Sancho, der erst an der Strafraumkante etwas tänzelte, um dann präzise in die Mitte auf Götze abzulegen, der den Ball aus acht Meter Entfernung locker und hart mit dem Innenrist ins Eck schob. Zwei Minuten später lief Reus dann mehr oder weniger unbedrängt durch die Reste vom Hannoveraner Mittelfeld und spielte den Ball raus auf Guerreiro. Diesmal ging der Ball dann ins kurze Eck. 4:0 und binnen acht Minuten war der Gegner abgefrühstückt.
Als sich dann alle damit abgefunden hatten, dass der Kick langsam austrudelt, fiel dann aus heiterem Himmel noch das 1:4 für die 96er. Zu dem Zeitpunkt waren Heim- und Gästefans schon längst dazu übergegangen, Hannovers Präsident Kind die wohlverdienten Wünsche für einen baldigen Abgang zu übermitteln. Da wollte Axel Witsel dann doch nicht so stehen lassen und wemmste ganz bosslike noch direkt mit dem Abpfiff an den Innenpfosten und von da ins Tor. Einfach ein ganz fantastischer Kicker, von dem wir mit Sicherheit später mal unseren Enkeln erzählen werden.
Letztendendes ein überzeugender und auch deutlicher Sieg gegen Hannover, der uns bis morgen erst einmal einen Vorsprung von neun Punkten bringt. Jetzt heißts noch Daumendrücken für Stuttgart, dass sie vielleicht doch entgegen aller Wahrscheinlichkeit zumindest nicht in München verlieren.
Und da ich den Spielbericht mit Meckerei begonnen habe, möchte ich ihn auch gerne auch so abschließen. Auf dem Heimweg im Radio noch WDR2 im Interview mit André Breitenreiter gehört. Jeder weiß, dass der Trainer der Gäste eigentlich so gut wie entlassen war und wohl nur deshalb heute noch auf der Bank sitzen durfte, weil man den Nachfolger nicht gleich mit einer wahrscheinlichen Niederlage in Dortmund starten lassen wollte. Welchen Mehrwert hat es dann bitte, mehrmals bei Breitenreiter nachzubohren, ob er denn selber noch daran glaube, weiter Coach der Niedersachsen zu bleiben, in der Hoffnung, dass er dann doch bitte selber eingestehen möge, gescheitert zu sein? Der Mann verliert gerade seinen Job, was sich sicherlich nicht gerade gut anfühlt. Kann man ihm dann nicht einfach seine Würde lassen und sich Versuche klemmen, ihn zu Kreuze kriechen zu lassen? Was für ein armseliges Würstchen muss man sein, um so ein Verhalten als wertvollen journalistischen Beitrag zu sehen? Hätten die Damen und Herren des Radiosendes wirklich einen Hintern in der Hose, hätte man stattdessen Herrn Kind hartnäckig löchern können, warum sich unter seiner Herrschaft Trainer und Spordirektoren die Klinke in die Hand geben, die Anhängerschaft gespalten ist und der Verein den Bach runtergeht.