Historischer Sieg und Kapitäns-Posse
Borussia Dortmund ist nach einem holprigen Start letzten Endes stürmisch in die neue Saison gestartet. Am Ende steht ein historischer 5:1-Sieg über den FC Augsburg – und eine fragwürdige Kapitänsentscheidung.
Der deutliche Erfolg über die Fuggerstädter war zugleich der höchste Auftaktsieg, den der BVB jemals in der Bundesliga eingefahren hat. Vermutlich ebenfalls historisch: Der BVB kassiert bereits zum zweiten Mal in Folge sein erstes Gegentor nach genau 31 Sekunden. In der vorherigen Spielzeit brachte Jean-Kévin Augustin RB Leipzig nach 31 Sekunden am ersten Spieltag gegen den BVB in Front. Gegen Augsburg war es Florian Niederlechner, der früh zur Stelle war.
Die frühe Führung für die Augsburger hielt allerdings nicht lange. Nach nur zwei weiteren Zeigerumdrehungen war Paco Alcácer zur Stelle und egalisierte den Gegentreffer – 1:1 (3.). FCA-Schlussmann Tomas Koubek machte hier eine etwas unglückliche Figur. Erst lässt er den Ball vor die Füße des Spaniers abklatschen, um dann mittels Beinschuss düpiert zu werden.
Die Augsburger schienen allgemein ein wenig von ihrem eigenen Tor überrascht zu sein und schafften es nicht, das Abwehrbollwerk rechtzeitig hochzuziehen – sehr zur Freude des BVB, der mit zunehmender Spielzeit seiner Favoritenrolle immer gerechter wurde.
In der Folge spielte im Westfalenstadion also nur noch eine Mannschaft. Zwar nicht immer mitreißend, aber zuweilen doch mehr als souverän. Kurz nach der Pause belohnte sich der BVB dann auch für seinen Aufwand: Eine Hereingabe von Axel Witsel landete bei Jadon Sancho, der aus fünf Metern trocken ins lange Eck vollendete (51.) und somit für den berühmten Dosenöffner sorgte.
Marco Reus (57.) und nochmal Alcácer (59.) besorgten mit ihren beiden Treffern dann früh die Entscheidung in diesem Spiel. Für den Schlusspunkt sorgte der eingewechselte Julian Brandt (82.). Hier zeigte Axel Witsel seine Spielübersicht: Mit einer butterweichen Flanke aus dem Halbfeld in die Schnittstelle bediente er den deutschen Nationalspieler mustergültig. Brandt musste nur noch mit dem Innenrist einschieben.
Nach dem Spiel zeigte sich Mittelfeldspieler Julian Weigl an den Sky-Mikrofonen gut gelaunt: "Es ist natürlich ein geiles Gefühl. Besser hätten wir nicht starten können, auch wenn die ersten zwei Minuten nicht so liefen, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber wir sind ruhig geblieben und haben danach unsere Qualitäten gezeigt."
Euphorisiert vom deutlichen Sieg ließ sich der 23-Jährige auch schon die erste Kampfansage der neuen Saison in Richtung FC Bayern entlocken. "Wir haben natürlich wahrgenommen, dass Bayern nicht gewonnen hat. Es hat uns umso mehr angespornt, gleich ein Zeichen zu setzen – und das ist uns auch gelungen."
Die Geschichte mit der Kapitänsbinde
Trotz des deutlichen und keinesfalls gefährdeten Erfolges schaffte es die Mannschaft dennoch, bei einem Teil der Fans für großes Unverständnis zu sorgen. Grund dafür war die Auswechslung von BVB-Kapitän Marco Reus in der 79. Spielminute. Der Nationalspieler reichte die Kapitänsbinde dann an Axel Witsel weiter, von wo aus sie letzten Endes den Weg zu Mats Hummels fand.
Das zeigt, welches Standing sich der Rückkehrer in der kurzen Zeit in der Mannschaft erarbeitet haben muss. Die Rolle als Führungsspieler scheint Hummels also direkt angenommen zu haben. Andererseits standen zu diesem Zeitpunkt noch zehn weitere Spieler auf dem Rasen, die die Kapitänsbinde hätten übernehmen können. Manuel Akanji zum Beispiel hat die Binde ebenfalls schon am Arm getragen und hätte diese Rolle für die letzten zehn Minuten auch problemlos ausfüllen können.
Die Situation wirkte so, als wüsste die Mannschaft gerade nicht genau, wer die Binde nun übernehmen soll, da auch Łukasz Piszczek schon nicht mehr auf dem Rasen stand. In dieser Situation hätte allen Beteiligten etwas mehr Feingefühl vermutlich nicht geschadet. Vielleicht haben wir als Fans aber auch einfach andere Ansprüche an die Rolle des Kapitäns von Borussia Dortmund, die die Spieler ganz anders wahrnehmen.
Für uns ist die Kapitänsbinde zumeist mehr als ein Stück Stoff, das reguliert, wer bei der Seitenwahl zu Beginn des Spiels mitmischen darf. Für uns als Fans hat die Binde eine Vorbildfunktion. Sie tragen zu dürfen sollte keine Selbstverständlichkeit sein. Nicht etwas, dass du dir nach wenigen Einsatzminuten nach deiner Rückkehr verdient hast. Sondern durch Werte wie Integrität oder die Identifikation mit Borussia Dortmund und der Region.
Vielleicht hat die Mannschaft sich bei dieser Aktion gar nichts gedacht, weil alles schnell weitergehen musste. Immerhin lief das Spiel ja noch. Vielleicht war das aber auch ein bewusstes Zeichen in Richtung Anhängerschaft und in den Verein hinein. Vielleicht war es aber auch einfach nur das falsche Zeichen zur falschen Zeit.